Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.12.2010, Az. V B 78/09

5. Senat | REWIS RS 2010, 176

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Gegenstand

Vernehmung eines ausländischen Zeugen - Verwertung von Ergebnissen einer strafrechtlich veranlassten Telefonüberwachung für Zwecke des Besteuerungsverfahrens


Leitsatz

NV: Im Ausland ansässige Zeugen in Auslandssachverhalten sind nicht durch das FG zu laden, sondern durch den Beteiligten, der dessen Vernehmung beantragt, in der mündlichen Verhandlung zur Verfügung zu stellen.

Gründe

1

Die auf Verfahrensmängel i.[X.]. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) gestützte Beschwerde des [X.] und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg.

2

1. Ob die vom Kläger als verfahrensfehlerhaft gerügte Telefonüberwachung des [X.] zu einem vom Finanzgericht ([X.]) nicht beachteten Verwertungsverbot geführt hat, ist nicht zu entscheiden, da der Kläger insoweit den Rügeanforderungen nicht genügt hat.

3

a) Die Beschwerdebegründung muss gemäß § 116 Abs. 3 [X.]atz 3 [X.]O die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 [X.]O darlegen. Wird das Vorliegen eines Verfahrensfehlers i.[X.]. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O aufgrund des Verstoßes gegen ein Verwertungsverbot geltend gemacht, muss sich aus der Beschwerde ergeben, aus welchen Gründen von einem Verwertungsverbot auszugehen ist (Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 19. Juni 2006 [X.], [X.], 1691).

4

b) Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht.

5

aa) Der Kläger stützt den Verstoß gegen ein Verwertungsverbot darauf, dass das [X.] sein Urteil auf die Vernehmung des im Ausland ansässigen Zeugen [X.] gestützt habe, wobei die "in [X.] erhobenen Beweise ... ihre Grundlage in einer in [X.] durchgeführten Telefonüberwachung [haben]". Zudem habe [X.] seine Aussage widerrufen.

6

bb) Diesem Vortrag lässt sich ein Verstoß gegen ein Verwertungsverbot nicht entnehmen. Zwar können die Ergebnisse einer strafrechtlich veranlassten Telefonüberwachung für Zwecke des Besteuerungsverfahrens unverwertbar sein ([X.] vom 26. Februar 2001 [X.]/00, [X.], 40, B[X.]tBl II 2001, 464). Nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) kommt [X.] aber im Allgemeinen keine Fernwirkung zu. Daher können z.B. bei einer unter Verstoß gegen § 100a der [X.]trafprozessordnung angeordneten Telekommunikations-Überwachungsmaßnahme Geständnisse der aufgrund dieser Überwachungsmaßnahme ermittelten Angeklagten verwertet werden, soweit sie nicht durch einen unzulässigen Vorhalt aus der Telekommunikations-Überwachungsmaßnahme --im [X.]inne einer Fortwirkung des [X.] beeinflusst sind ([X.]-Beschluss vom 7. März 2006  1 [X.]tR 316/05, [X.][X.]t 51, 1).

7

Im Hinblick hierauf hätte der Beschwerdeführer darlegen müssen, aus welchen Gründen sich ein Verwertungsverbot hinsichtlich der von der Beschwerde behaupteten Telefonüberwachung auf ein späteres Geständnis auswirkt. Im Übrigen hat das [X.] sein Urteil nicht nur auf das später widerrufene Geständnis des [X.], sondern auch auf die Angaben gestützt, die [X.] bei diesem Widerruf gemacht hat.

8

2. [X.]oweit der Kläger die Verletzung der [X.]achaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 [X.]O rügt, da das [X.] den Zeugen [X.] nicht vernommen hat, ist die Beschwerde unbegründet, da der Zeuge [X.] nach dem Beweisangebot des [X.] in seiner Klagebegründung im Ausland ansässig war. Für das [X.] bestand daher keine Verpflichtung, den Zeugen zu laden; der Kläger hätte den Zeugen vielmehr in der mündlichen Verhandlung stellen müssen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist ein im Ausland ansässiger Zeuge vom [X.] nicht zu laden, sondern ist vom Beteiligten, der die Vernehmung dieses Zeugen beantragt, nach § 76 Abs. 1 [X.]atz 4 [X.]O i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung zu stellen (vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 12. Oktober 2000 VIII [X.]/99, [X.]/NV 2001, 463; vom 3. April 2007 [X.]/06, [X.]/NV 2007, 1341, sowie vom 6. Februar 2007 [X.]/06, juris, jeweils m.w.[X.]). Dies gilt zumindest dann, wenn es wie im [X.]treitfall um die Unternehmereigenschaft einer im Ausland ansässigen Firma und damit um einen Auslandssachverhalt geht.

9

3. [X.]oweit der Kläger im Übrigen rügt, dass das [X.] "die beteiligten Personen ohne Probleme hätte laden und vernehmen können" und allgemein unterbliebene [X.]achaufklärung rügt, entspricht dies nicht den Darlegungserfordernissen.

Hierfür wären Angaben zu den ermittlungsbedürftigen Tatsachen, den außer dem Zeugen [X.] anderen angebotenen Beweismitteln und den dazu angegebenen Beweisthemen, den genauen Fundstellen ([X.]chriftsatz mit Datum und [X.]eitenzahl, Terminprotokolle), in denen die Beweisthemen angeführt worden sind, dem voraussichtlichen Ergebnis der Beweisaufnahme und zum Beruhenkönnen des [X.]-Urteils auf der unterbliebenen Beweisaufnahme unter Berücksichtigung der sachlich-rechtlichen Auffassung des [X.] erforderlich gewesen (ständige [X.]-Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Beschlüsse vom 9. Dezember 1998 [X.]/97, [X.]/NV 1999, 802, m.w.[X.], und vom 20. März 1997 [X.], [X.]/NV 1997, 775, m.w.[X.]).

4. Ohne Erfolg rügt der Kläger mangelnde [X.]achaufklärung und "eine Aktenwidrigkeit", weil das [X.] sich nicht von der Richtigkeit des "von ihm dargelegten und unter Beweis gestellten" [X.]achverhalts überzeugt hat, denn (angebliche) Mängel der Beweiswürdigung sind materiell-rechtliche Fehler; damit kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (z.B. [X.] vom 19. Mai 2010 IX B 198/09, [X.]/NV 2010, 1647).

5. [X.]chließlich ist auch die Rüge rechtsfehlerhafter Rechtsausführungen unzulässig und genügt nicht den Darlegungserfordernissen.

Meta

V B 78/09

18.12.2010

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG München, 27. Mai 2009, Az: 3 K 4089/04, Urteil

§ 76 Abs 1 FGO, § 90 AO, Art 10 GG, § 100a StPO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.12.2010, Az. V B 78/09 (REWIS RS 2010, 176)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 176

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