Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.10.2011, Az. VII ZB 20/11

7. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1891

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Gegenstand

Erteilung der Klausel an den Zessionar als Rechtsnachfolger: Prüfung des Eintritts des Zessionars in die Sicherungsvereinbarung zwischen Schuldner und Zedent; Annahme einer Vollstreckungsbedingung aufgrund einer Interessenabwägung


Tenor

Auf die Rechtsmittel der Antragstellerin werden der Beschluss der 2. Zivilkammer des [X.] vom 10.[X.] und der Bescheid der [X.]vom 27. Dezember 2010 aufgehoben.

Die Notarin wird angewiesen, die Umschreibung der Vollstreckungsklausel aus der Grundschuldbestellung vom 24. September 1998 ([X.].      /1998 [X.]) auf die Antragstellerin nicht mit der Begründung zu verweigern, die Antragstellerin habe den Nachweis des (Fort-)Bestehens einer treuhänderischen Zweckbindung der Grundschuld nicht gemäß § 727 ZPO erbracht.

Gerichtskosten für die Rechtsmittelverfahren werden nicht erhoben. Eine Erstattung der zur Durchführung der Rechtsmittelverfahren notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin findet nicht statt.

Der Gegenstandswert für das gesamte Verfahren wird unter Abänderung des Beschlusses der 2. Zivilkammer des [X.] vom 10. [X.] auf 48.061,44 € festgesetzt, § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt als Rechtsnachfolgerin die Erteilung einer Vollstreckungsklausel für eine notarielle Urkunde, in der sich der Schuldner wegen der Ansprüche aus einer Grundschuld und persönlichen Haftungserklärung der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat.

2

Der Schuldner ist Eigentümer des Grundstücks [X.]-Straße 15 in [X.] Mit notarieller Urkunde vom 24. September 1998 bestellte er an diesem Grundstück eine [X.] in Höhe von 94.000 DM (48.061,44 €) zugunsten der K.-Sparkasse [X.] (im Folgenden: Zedentin). In Ziffer 2. der Urkunde unterwarf sich der Schuldner wegen des Grundschuldkapitals nebst Zinsen und sonstigen Nebenleistungen der sofortigen Zwangsvollstreckung in das belastete Grundeigentum ("dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung"). In Ziffer 3. übernahm er die persönliche Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages, dessen Höhe der Grundschuld nebst Zinsen und sonstigen Nebenleistungen entspricht, und unterwarf sich gleichzeitig deswegen der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen ("persönliche Haftungsübernahme und Zwangsvollstreckungsunterwerfung").

3

Ausweislich des von der Antragstellerin vorgelegten Vertrages schloss der Schuldner mit ihr am 27. April 2005 einen Darlehensvertrag über 64.000 €. Zur Darlehenssicherung sollte nach Ziffer [X.] dieses Vertrages unter anderem die am 24. September 1998 bestellte [X.] an die Antragstellerin abgetreten werden. Nach der von der Antragstellerin in einfacher Kopie vorgelegten Abtretungserklärung trat die Zedentin die Grundschuld nebst Zinsen sowie alle sonstigen Rechte und persönlichen Ansprüche aus der Grundschuldbestellungsurkunde am 26. Mai 2005 an die Antragstellerin ab.

4

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2010 hat die Antragstellerin bei der Notarin die Umschreibung der Vollstreckungsklausel auf sich als neue Gläubigerin in dinglicher und persönlicher Hinsicht beantragt. Hierzu hat sie neben der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde unter anderem Kopien der Abtretungserklärung vom 26. Mai 2005 und des Darlehensvertrages vom 27. April 2005 sowie einen Grundbuchauszug vorgelegt. Die Notarin hat den Antrag abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Antragstellerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Klauselumschreibung.

II.

5

Die gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 BeurkG, § 70 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 FamFG statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie des die [X.] ablehnenden Bescheids der Notarin.

6

1. Das Beschwerdegericht führt aus, die Notarin habe die [X.] zu Recht versagt. Nach der Entscheidung des [X.]. Zivilsenats des [X.] vom 30. März 2010 ([X.] ZR 200/09, [X.], 133) sei bereits im [X.]sverfahren zu prüfen, ob der neue Grundschuldinhaber den Eintritt in den [X.] nach Maßgabe des § 727 Abs. 1 ZPO nachgewiesen habe. Diese qualifizierte Prüfung gelte auch in Fällen der Umschuldung bzw. Neuvalutierung. Sowohl bei der Umschuldung als auch bei der Neuvalutierung sei normalerweise kein Eintritt des Neugläubigers in den bestehenden [X.], sondern ein neuer [X.] gewollt. In diesen Fällen bedürfe es zur Klauselumschreibung der Vorlage des beurkundeten oder doppelt unterschriftsbeglaubigten neuen [X.]es zwischen Zessionar und Eigentümer oder einer in öffentlich beglaubigter Form vorgelegten, als Geständnis zu wertenden, einseitigen Erklärung des Schuldners, dass ein neuer [X.] mit dem Zessionar geschlossen worden sei. Der von der Antragstellerin vorgelegte privatschriftliche Darlehensvertrag vom 27. April 2005 nebst Sicherungszweckerklärung entspreche nicht den Erfordernissen des § 727 ZPO und reiche zum Nachweis der Rechtsnachfolge nicht aus.

7

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

8

a) Entgegen der Ansicht des [X.] setzt die Erteilung der Vollstreckungsklausel gegenüber der Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin nicht den Nachweis ihres Eintritts in eine der Grundschuldbestellung zugrunde liegende Sicherungsvereinbarung bzw. in Fällen der Umschuldung und Neuvalutierung den Nachweis des Abschlusses eines neuen [X.]es voraus. Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses inzwischen entschieden ([X.], Beschluss vom 29. Juni 2011 - [X.], NJW 2011, 2803, zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgesehen), dass im [X.]sverfahren gemäß § 727 ZPO ein Eintritt des Zessionars in die zwischen Schuldner und Zedenten geschlossene Sicherungsvereinbarung nicht zu prüfen ist. Der Senat hat ebenfalls in seinem Beschluss vom 29. Juni 2011 entschieden, dass für den Notar die Annahme einer Vollstreckungsbedingung im Sinne des § 726 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht kommt, wenn diese - wie hier - im Wortlaut der notariellen Urkunde nicht angelegt ist und allein auf einer Interessenabwägung beruht. Wegen der weiteren Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 29. Juni 2011 ([X.], aaO) verwiesen.

9

b) Der Senat ist an einer Entscheidung in der Sache in Form der Anweisung der Notarin zur [X.] gehindert, weil anhand der Aktenlage ein formgerechter Nachweis der Rechtsnachfolge durch die Antragstellerin gemäß § 727 Abs. 1 ZPO nicht festgestellt werden kann. Die Abtretungserklärung der Zedentin vom 26. Mai 2005 liegt lediglich in einfacher Kopie vor. Eine Eintragung der Abtretung in das Grundbuch - wie in Ziffer [X.] des Darlehensvertrages vom 27. April 2005 vorgesehen - ist nicht feststellbar, weil ein Grundbuchauszug nicht zur Akte gelangt ist.

Nach der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des ablehnenden Bescheides der Notarin wird die Antragstellerin im [X.]sverfahren Gelegenheit haben, der Notarin ihre Rechtsnachfolge formgerecht nachzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 3, Abs. 7 [X.], § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Da nach derzeitigem Stand offen ist, ob die Antragstellerin mit ihrem Begehren durchdringt, kommt eine Erstattung ihrer zur Durchführung der Rechtsmittelverfahren notwendigen Aufwendungen nicht in Betracht.

[X.]

Der Gegenstandswert des Verfahrens richtet sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin und ist daher mit dem Wert des zu vollstreckenden Anspruchs festzusetzen (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., § 3 Rn. 16 "Vollstreckungsklausel").

Kniffka                                             Kuffer                                         Safari Chabestari

                           Halfmeier                                       [X.]

Meta

VII ZB 20/11

27.10.2011

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Görlitz, 10. März 2011, Az: 2 T 22/11, Beschluss

§ 726 Abs 1 ZPO, § 727 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.10.2011, Az. VII ZB 20/11 (REWIS RS 2011, 1891)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1891

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Referenzen
Wird zitiert von

VII ZB 20/11

Zitiert

XI ZR 200/09

VII ZB 89/10

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