Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.05.2014, Az. 4 StR 143/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 5455

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Gegenstand

Kreditbetrug: Vermögensschaden bei Stellung von Sicherheiten durch den Schuldner


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. November 2013 im gesamten Strafausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in 13 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete und auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der Strafausspruch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das [X.] den Schuldumfang der 13 Haupttaten, zu denen der Angeklagte Beihilfe geleistet hat, nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat.

3

a) Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des [X.] unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen [X.] seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung; [X.], Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, [X.]St 53, 199, 201 mwN). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung ([X.], Beschluss vom 14. April 2011 - 2 [X.], [X.], 638, 639). Ob und in welchem Umfang die Hingabe eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, ist daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden [X.] mit dem Rückzahlungsanspruch des [X.] zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht nur insoweit, als die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht ([X.], Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 576/08, [X.]R StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 69) und auch gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind (vgl. [X.], Beschlüsse vom 17. August 2005 - 2 StR 6/05, [X.], 374, 375, und vom 5. März 2009 - 3 StR 559/08, [X.], 206). Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht demnach insoweit kein Schaden, als der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die - ohne dass der Schuldner dies vereiteln könnte - mit nur unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind ([X.], Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 3 [X.], [X.], 150). Ein Minderwert des Rückzahlungsanspruchs kann mithin durch den Wert hinreichend werthaltiger und liquider Sicherheiten kompensiert werden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 17. August 2005 und 5. März 2009, jeweils aaO; [X.], StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 133).

4

Dieser Minderwert des im [X.] ist dabei nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bestimmen ([X.], Beschlüsse vom 23. Oktober 2012 - 5 StR 307/12, [X.], 20, vom 13. April 2012 - 5 [X.], [X.]R StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 76, vom 14. April 2011 und 18. Februar 2009, jeweils aaO). Entsprechend der Rechtsprechung des [X.] ([X.] 126, 170, 229; 130, 1, 47) ist er konkret festzustellen und zu beziffern. Die banküblichen [X.] für Wertberichtigung können hierbei Anwendung finden; denn ist aufgrund fehlender Bonität des Schuldners und nicht ausreichender Sicherheiten mit einem teilweisen Forderungsausfall zu rechnen, so müssen entsprechende bilanzielle Korrekturen vorgenommen werden ([X.], Beschluss vom 14. April 2011, aaO; vgl. auch [X.], Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 55/12, [X.]St 58, 102, 114 f.). Sofern genaue Feststellungen zur Einschätzung des Ausfallrisikos nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen, um den dadurch bedingten Minderwert und den insofern eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des [X.] zu schätzen.

5

b) Diesen Maßstäben wird das landgerichtliche Urteil nicht in vollem Umfang gerecht, wenn es zur Bezifferung der Schäden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB allein auf den Vermögensverlust abstellt, der den geschädigten Finanzinstituten durch die [X.] der Immobilienkredite entstanden ist und den es mit insgesamt 1.642.100 € beziffert. Die [X.] hätte vielmehr den Wert der [X.] unter Berücksichtigung der Werthaltigkeit der als Sicherheiten bestellten Grundschulden zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung ermitteln müssen ([X.]). Nur soweit jeweils ein täuschungsbedingter Minderwert des gesicherten Darlehensrückzahlungsanspruchs vorliegt, ist die Annahme eines Schadens - ohne dass es auf den tatsächlichen Verlauf des [X.] (noch) ankommt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12, [X.], 711, und vom 4. Februar 2014 - 3 StR 347/13, [X.], 166) - gerechtfertigt.

6

c) Dieser Mangel führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. Angesichts der mit erheblichem Aufwand durchgeführten Vortäuschung der Personalien nichtexistenter Personen auf Seiten der [X.] sowie der Vortäuschung überhöhter Verkehrswerte und Kaufpreise schließt der [X.] aus, dass in den zur Aburteilung gelangten Fällen überhaupt kein Schaden entstanden ist. Da somit der Rechtsfehler allein in der unterbliebenen Bezifferung des Schadensumfangs liegt, sind lediglich die Strafaussprüche aufzuheben (vgl. [X.], Beschlüsse vom 29. Januar 2013, [X.], 711, 713, und vom 4. Februar 2014, aaO, Rn. 4). Der [X.] kann letztlich nicht ausschließen, dass die - milden - Strafen auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruhen.

7

2. Die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe müssen daher neu zugemessen werden. Einer Aufhebung der Feststellungen zur Strafzumessung bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen bleiben zulässig und sind zur Frage des Schuldumfangs notwendig.

[X.]                           Roggenbuck                        Cierniak

                       Mutzbauer                              [X.]

Meta

4 StR 143/14

20.05.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bielefeld, 28. November 2013, Az: 9 KLs 11/13

§ 263 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.05.2014, Az. 4 StR 143/14 (REWIS RS 2014, 5455)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5455

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