Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2014, Az. VI ZR 141/13

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1277

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]/13
Verkündet am:

18. November 2014

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] §§ 104, 108, 110
Die unanfechtbare Entscheidung des für den Verleiher zuständigen [X.], in der der Unfall eines -
auf Grund eines wirksamen Vertrags
-
entliehenen Arbeitnehmers (§
1 Abs.
1 Satz 1 [X.]) im Unternehmen des Entleihers als Ar-beitsunfall anerkannt wird, hindert die Zivilgerichte nicht, den Unfall haftungsrecht-lich dem Unternehmen des Entleihers zuzuordnen und diesen als haftungsprivile-giert anzusehen.
[X.], Urteil vom 18. November 2014 -
VI [X.]/13 -
OLG Schleswig

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2014 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.], [X.] und Offenloch und die Richterin Dr.
Oehler

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 14.
März 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, eine Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, nimmt den [X.]n als Inhaber eines Unternehmens für [X.] gemäß §
110 Abs.
1 [X.] auf Ersatz von Aufwendungen für einen Arbeitsunfall des Zeugen M. (im Folgenden: der Geschädigte) in Anspruch.
Am 9. Juni 2008 führten ein Mitarbeiter des [X.]n, der Zeuge S., sowie zwei vom [X.]n bei einer Zeitarbeitsfirma georderte Leiharbeitneh-mer, der Zeuge [X.] und der Geschädigte, Arbeiten auf dem Dach einer Reithalle aus, auf dem eine Photovoltaikanlage installiert werden sollte. Sicherheitsnetze und ein Schutzgerüst waren an diesem Tag noch nicht angebracht. Der Ge-schädigte trat auf eine zum Dach gehörende [X.], wodurch diese zer-1
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brach. Er stürzte etwa sieben Meter tief auf den Hallenboden und verletzte sich schwer.
Das [X.] hat die Klage nach Vernehmung der drei Zeugen abge-wiesen, weil der [X.] den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig [X.] habe. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das landge-richtliche Urteil ohne weitere Beweisaufnahme abgeändert. Es hat einen [X.] erklärt und festgestellt, dass der [X.] verpflichtet ist, der Kläge-rin auch alle weiteren gemäß §
110 [X.] erstattungsfähigen Aufwendungen zu ersetzen, die ihr wegen des Unfalls entstanden sind oder künftig entstehen werden. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklag-ten, mit der dieser seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterver-folgt.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 409 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Anspruchsvoraussetzungen des §
110 Abs.
1 Satz 1 [X.] lägen dem Grunde nach vor. Aus dem Bescheid der Klägerin vom 27. Juli 2009 ergebe sich mit bindender Wirkung, dass der Unfall des Geschädigten ein Versicherungsfall sei, für den die Klägerin zuständig sei. Auch sei die Haftung des [X.]n gemäß §
104 [X.] beschränkt. Der Geschädigte habe zum Unfallzeitpunkt in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung zum [X.]n gestanden, weil er als Leiharbeiter auf einer Baustelle des [X.] tätig gewesen sei und dort dessen Weisungen unterlegen habe.
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Der [X.] habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, da er Unfallverhütungsvorschriften nicht beachtet habe, die elementare Siche-rungspflichten zum Inhalt hätten. Angesichts der Firsthöhe des Daches von [X.] und der nicht tragfähigen Lichtbänder seien Sicherungseinrichtun-gen zur Verhinderung eines Durchbruchs notwendig gewesen, die jedoch zum Unfallzeitpunkt nicht vorhanden gewesen seien. Insbesondere seien nach den nicht angegriffenen, bindenden Feststellungen des [X.]s jedenfalls zum Unfallzeitpunkt keine Aluprofile mehr in den Sicken des betreffenden Lichtban-des vorhanden gewesen; die Profile seien zuvor von dem Lichtband entfernt worden, um sie zwischen den Lichtbändern zu montieren. Bei einem derart schwer wiegenden Verstoß sei der Schluss auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden gerechtfertigt. Die
vom [X.]n behauptete Anweisung, nicht auf die Lichtbänder zu treten, sei unzureichend gewesen, da bei [X.] auf einem Hallendach auch Vorsorge gegen unbedarfte Bewegungen ge-troffen werden müsse.
Auch die angebliche weitere Anweisung, Aluprofile in die Sicken der Lichtbänder zu legen, sei entgegen der Auffassung des [X.]s nicht ge-eignet, den [X.]n subjektiv zu entlasten. Der [X.] habe nicht davon ausgehen dürfen, dass die angeordnete Maßnahme geeignet gewesen sei, den Durchbruch eines Mitarbeiters durch ein Lichtband zu verhindern. Denn bei der Durchführung der geplanten Arbeiten hätten die Profile zwangsläufig wieder von den Lichtbändern entfernt werden müssen. Soweit das [X.] die vor [X.] der Arbeiten erfolgte Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern als Verstoß gegen die Anordnungen des [X.]n angesehen habe, sei der Senat daran nicht gebunden, weil den Aussagen der im ersten Rechtszug ver-nommenen Zeugen konkrete Anhaltspunkte zu entnehmen seien, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen begründeten. Aus den protokollierten [X.] des Zeugen S. und des Geschädigten ergebe sich, dass die Aluprofile 5
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nach dem vom [X.]n erteilten Arbeitsauftrag zwischen den Lichtbändern befestigt werden sollten, damit am nächsten Tag mit der Montage der [X.] begonnen werden konnte; dazu hätten die Profile von den [X.] entfernt werden müssen. Eine nochmalige Vernehmung der Zeugen sei nicht erforderlich, da das [X.] den Aussagen gefolgt sei.
Der [X.] behaupte zwar nunmehr, die Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern sei weder geplant noch notwendig gewesen, weil die Alu-schienen im Bereich unterhalb der Lichtbänder erst am nächsten Tag hätten montiert werden sollen. Dieser
neue Vortrag sei jedoch nicht zuzulassen und ändere im Übrigen auch nichts an der Ungeeignetheit der angeordneten Maß-nahme. Die für den Bereich unterhalb der Lichtbänder vorgesehenen Profile könnten, da dieser schmale Streifen allenfalls ein Viertel der Dachfläche aus-mache, nicht zur Abdeckung aller Lichtbänder ausgereicht haben. Daher hätte auf jeden Fall ein Teil der zur Abdeckung der Lichtbänder verwendeten Profile im Laufe der Arbeiten wieder entfernt werden müssen. Die in die Sicken der Lichtbänder gelegten Aluprofile seien außerdem auch nicht gegen ein Abrut-schen gesichert gewesen und eine seitliche Absturzsicherung habe weitgehend gefehlt. Unter diesen Umständen seien die behaupteten Sicherungsmaßnah-men derart lückenhaft und ungeeignet gewesen, dass die Pflichtverletzung un-ter Berücksichtigung der auf der Hand liegenden tödlichen Gefahren als subjek-tiv unentschuldbar angesehen werden müsse.
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II.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass der [X.] eine Person ist, deren Haftung nach §
104 Abs.
1 Satz 1 [X.] be-schränkt ist. Nach dieser Bestimmung sind Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, zum Ersatz des [X.], den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach §
8 Abs.
2 Nr.
1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Danach haftet der [X.] vorliegend nicht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat er die Verletzungen des Geschädigten weder vorsätzlich herbeigeführt noch handelt es sich um ei-nen Wegeunfall. Der Unfall ist haftungsrechtlich auch dem Unternehmen des [X.]n zuzuordnen, denn der Geschädigte war zum Unfallzeitpunkt auf [X.] als ein ihm überlassener Leiharbeitnehmer eingesetzt und damit als Versicherter für ihn tätig.
Dies gilt unbeschadet
des Umstands, dass die Klägerin als für das Unternehmen des Verleihers zuständige [X.] den Unfall des Geschädigten als Arbeitsunfall anerkannt hat.
a) Zwar ist der Zivilrichter gemäß § 112 i.V.m. §
108 Abs.
1 [X.] an unanfechtbare Entscheidungen der Unfallversicherungsträger hinsichtlich der Frage gebunden, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats erstreckt sich die Bindungswirkung auch auf die Entscheidung darüber, ob der Verletzte den Unfall als Versicherter auf-grund eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
1 oder 8
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Abs.
2 Satz 1 [X.] erlitten hat und welchem Unternehmen der Unfall zuzu-rechnen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 -
VI
ZR 202/07, [X.], 820 Rn.
9, 13; vom 19. Mai 2009 -
VI
ZR 56/08, [X.]Z 181, 160 Rn.
17, 21; vom 30. April 2013 -
VI
ZR 155/12, [X.], 862 Rn.
9, jeweils mwN). An der Zuordnung des Unfalls zu einem anderen Unternehmen gemäß §
2 Abs.
2 Satz 1 [X.] sind die Zivilgerichte danach gehindert (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 -
VI
ZR 202/07, [X.], 820 Rn.
13; vom 19. Mai 2009
-
VI
ZR 56/08, [X.]Z 181, 160 Rn.
17, 20 f.; [X.], [X.] 2010, 123 Rn.
27, 54 f.).
b) Die unanfechtbare Entscheidung des für den Verleiher zuständigen [X.], in der der Unfall eines -
auf Grund eines wirksamen Ver-trags
-
entliehenen Arbeitnehmers (§
1 Abs.
1 Satz 1 [X.]) im Unternehmen des Entleihers als Arbeitsunfall anerkannt wird, hindert die Zivilgerichte jedoch nicht, den Unfall haftungsrechtlich dem Unternehmen des Entleihers zuzuord-nen und diesen als haftungsprivilegiert anzusehen.
aa) Der Senat hat seine Auffassung, die Bindungswirkung des §
108 [X.] erstrecke sich auch auf die Entscheidung darüber, welchem Unter-nehmen der Unfall zuzurechnen ist, damit begründet, dass durch die -
im Zuge der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozial-gesetzbuch VII neu
geschaffenen
-
Konkurrenzregelungen des §
135 [X.] nicht nur die Zuständigkeit mehrerer Unfallversicherungsträger und ein mehrfa-cher Versicherungsschutz, sondern auch die Zuordnung eines Arbeitsunfalls zu mehreren Unternehmen verhindert werden solle (Urteile vom 22. April 2008
-
VI
ZR 202/07 aaO und vom 19. Mai 2009 -
VI
ZR 56/08, aaO Rn.
13, 18; zu-stimmend [X.]/[X.], 14.
Aufl., §
108 [X.] Rn.
3; Bereiter-Hahn/[X.], Gesetzliche Unfallversicherung, §
104 Rn.
4.4 [Stand: Mai 2011]; Waltermann in [X.]/[X.], [X.], §
108 Rn.
4; ablehnend Ricke in [X.] 11
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Kommentar, §
104 [X.] Rn.
10 [Stand: Dezember 2011]; [X.]., [X.] 2011, 454; von [X.], [X.] 2013, 373; Burmann/[X.], [X.], 5, 10; an[X.] auch [X.], aaO).
bb) Diese Erwägungen lassen sich jedoch nicht auf die erlaubte Arbeit-nehmerüberlassung übertragen. Sie ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die der Annahme entgegenstehen, dass die Beschränkung der Zuordnung ei-nes Arbeitsunfalls zu einem Unternehmen auch in dieser
Fallkonstellation dem Willen des Gesetzgebers entspricht und den Schutzzwecken der §§
104 ff. [X.] Rechnung trägt (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2009 -
VI
ZR 56/08, [X.]Z 181, 160 Rn.
20).
So wird ein mehrfacher Versicherungsschutz bei der Arbeitnehmerüber-lassung in erster Linie durch die spezielle Vorschrift des §
133 Abs.
2 [X.] verhindert, wonach sich die Zuständigkeit des [X.] nach der Zuständigkeit für das Unternehmen des Verleihers bestimmt (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
133 Rn.
10; [X.] in jurisPK-[X.], 2.
Aufl., §
133 Rn.
29). An[X.] als §
135 [X.] (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2009 -
VI
ZR 56/08, [X.]Z 181, 160 Rn.
13) hat die Bestimmung des §
133 Abs.
2 [X.] ein Vorbild in der [X.]. Sie entspricht im Wesentlichen dem mit Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 ([X.]) geschaffenen §
648 [X.], wonach eine Be-rufsgenossenschaft Arbeitsunfälle bei Tätigkeit in einem Unternehmen, das
für Rechnung eines ihr nicht angehörigen Unternehmers geht, dann zu [X.] hat, wenn ein ihr angehöriger Unternehmer den Auftrag gegeben und das Entgelt zu zahlen hat (vgl. BT-Drucks. 13/2204, S.
108). Trotz dieser Regelung bestand unter der Geltung
der [X.] kein Zweifel daran, dass ein Arbeitsunfall haftungsrechtlich dem Unternehmen des [X.] werden konnte und diesem deshalb das Haftungsprivileg des §
636 13
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Abs.
1 [X.] zugute kam. Dies ergab sich bereits aus der ausdrücklichen ge-setzlichen Regelung in §
636 Abs.
2 [X.], durch die klargestellt werden sollte, dass der grundsätzliche Ausschluss der Haftung des Unternehmers gemäß §
636 Abs.
1 [X.] auch für den Entleiher im Verhältnis zu dem für ihn tätigen Leiharbeitnehmer gilt (BT-Drucks. 3/758 S. 60; vgl. [X.]E 42, 194, 200). Diesen Rechtszustand wollte der Gesetzgeber mit dem Erlass des [X.] nicht ändern. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist er davon ausgegan-gen, dass dem Entleiher die Haftungsprivilegierung auch nach neuem Recht zugute kommt. Wegen des vermeintlich klaren Wortlauts des §
104 Abs.
1 Satz
1 [X.] -
"Versicherte, die für ihre Unternehmen tätig sind"
-
hat er eine besondere Regelung für Leiharbeitnehmer für entbehrlich gehalten (BT-Drucks. 13/2204 S. 100; vgl. [X.], [X.], 391, 392; [X.], NJW 2010, 2311, 2315; Ricke, [X.] 2011, 454, 457; von [X.], [X.] 2013, 373, 378; Burmann/[X.], [X.], 5, 10).
Auch steht der Schutzzweck des §
133 Abs.
2 [X.], insbesondere für Leiharbeitnehmer ständig wechselnde Zuständigkeiten zu verhindern ([X.], [X.], 411, 412; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
133 Rn.
5), in keinem Bezug zu Sinn und Zweck der Haftungsprivilegierung. Diese dient zunächst als Ausgleich für die allein von dem Unternehmer getragene Bei-tragslast. Darüber hinaus bezweckt sie die Wahrung des [X.], in-dem Streitigkeiten über die Unfallverantwortung vermieden werden (vgl. Se-natsurteile vom 16. Januar 1953 -
VI
ZR 161/52, [X.]Z 8, 330, 338; vom 24.
Januar 2006 -
VI
ZR 290/04, [X.]Z 166, 42 Rn.
11; vom 16. Dezember 2003 -
VI
ZR 103/03, [X.]Z, 157, 213, 218, jeweils mwN; [X.] 34, 118, 129 f., 132). Schließlich soll sie auch dem Umstand Rechnung tragen, dass die Betriebsgemeinschaft
eine Gefahrengemeinschaft darstellt (vgl. [X.] 34, 118, 136; Ricke in [X.] Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, §
104 15

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[X.] Rn.
2 [Stand: Dezember 2011]; [X.] in jurisPK-[X.], 2.
Aufl., §
104 Rn.
9; von [X.], [X.] 2013, 373, 377).
Diese Schutzzwecke würden im Fall der Arbeitnehmerüberlassung weit-gehend verfehlt, wenn eine Haftungsprivilegierung des Entleihers verneint wür-de. Denn bei Arbeitsunfällen von Leiharbeitnehmern kommt eine Haftung der Verleiher unabhängig von einer Haftungsbeschränkung typischerweise nur
selten in Betracht (vgl. [X.], [X.], 3.
Aufl., Einf. Rn.
78; [X.] in [X.]./Hamann, [X.], 4.
Aufl., [X.]. Rn.
758). Demgegenüber wären die [X.] auf Grund der sie treffenden Fürsorgepflicht (vgl. [X.]E 25, 514,
522; [X.], [X.], 340, 341; [X.] 2010, 123 Rn.
43 f.) -
insbesondere der Pflicht, die Arbeit in den Unternehmen durch Beachtung der Unfallverhütungsvorschrif-ten unfallsicher auszugestalten (vgl. bereits BT-Drucks. 3/758 S. 60)
-
und infol-ge der Eingliederung der Leiharbeitnehmer in ihr Unternehmen (vgl. [X.]E 25, 514, 520; 77, 102, 110; 144, 222 Rn.
13) bei einer Verneinung der Haftungsbe-schränkung einem erheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt. Es steht in Einklang mit den Schutzzwecken des [X.], dieses Risiko als durch die für die Leiharbeitnehmer gezahlten [X.] abgelöst anzuse-hen (vgl. bereits BT-Drucks. 3/758 S.
60).
[X.]) Dem steht nicht entgegen, dass der Entleiher die Beiträge regelmä-ßig nicht selbst an die zuständige Berufsgenossenschaft abführt, weil der Ver-leiher Beitragsschuldner ist ([X.], [X.], 4.
Aufl., §
150 Rn.
11; Schlaeger in [X.], §
150 [X.] Rn.
7 [Stand: Juni 2014]). In den praktisch be-deutsamen Fällen der entgeltlichen Arbeitnehmerüberlassung wird der Verleiher die Beiträge bei der Kalkulation des Entgelts berücksichtigen und an den [X.] weiterreichen (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 1953 -
VI
ZR 161/52, [X.]Z 8, 330, 333; Lehmacher, r+s-Beil. 2011, 79, 81). Darüber hinaus haftet der Entleiher dem Unfallversicherungsträger gegenüber wie ein selbstschuldne-16
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11

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rischer Bürge (§
150 Abs.
3 Satz 1 [X.] i.V.m. §
28e Abs.
2 Satz 1 SGB IV). Die Loslösung des [X.] von der Beitragspflicht ist im Übrigen eine Folge der Aufspaltung
der Arbeitgeber-Stellung, die für die spezielle Situation der Leiharbeitnehmer kennzeichnend ist (vgl. [X.]E 144, 340 Rn.
26).
Vor diesem Hintergrund ist ein hinreichender Sachgrund dafür, [X.] im Verhältnis zum Entleiher
haftungsrechtlich an[X.] zu behandeln als Arbeitsunfälle der in gleicher Gefahrenlage arbeiten-den eigenen Arbeitnehmer des Entleihers, nicht zu erkennen (so bereits [X.], 393, 398 und Senatsurteil vom 16. Januar 1953 -
VI
ZR 161/52, aaO).
c) Der Geschädigte war zum Unfallzeitpunkt als Versicherter gemäß §
2 Abs.
2 Satz 1 [X.] für den [X.]n tätig. Er war als ein ihm überlassener Leiharbeitnehmer gemeinsam mit einem eigenen Arbeitnehmer des [X.]n auf dessen Baustelle eingesetzt und damit wie
ein Beschäftigter des [X.]n tätig (§
2 Abs.
2 Satz 1 [X.]). Für die Beantwortung der Frage, ob der Ge-schädigte wie ein Beschäftigter im Sinne des §
2 Abs.
2 Satz 1 [X.] tätig geworden
ist, ist entscheidend, ob er Aufgaben des anderen Unternehmens wahrgenommen hat und die Aufgaben seiner Tätigkeit bei wertender Betrach-tung der Einzelfallumstände auch das Gepräge gegeben haben (Senatsurteil vom 23. März 2004 -
VI
ZR 160/03, [X.], 1045, 1046 f.; [X.], [X.] 2010, 123 Rn.
35). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn ein dem Entleiher zur Arbeitsleistung überlassener Arbeitnehmer im
Unternehmen des Entleihers eingesetzt
wird
(vgl. [X.], 285 Rn.
17; OLG Jena r+s 2010, 533; LAG
Berlin-Brandenburg, [X.], 48; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.]./
Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, § 104 Rn.
11 [Stand: September 2010]; [X.], [X.], 4.
Aufl., §
104 Rn.
8; Waltermann in [X.]/
[X.], [X.], §
104 Rn.
10; Grüner in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
104 Rn.
11 f.;
[X.] in jurisPK-[X.], 2.
Aufl., §
104 Rn.
25; Schü-18
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ren in [X.]./Hamann, [X.], 4.
Aufl., [X.]. Rn.
756; [X.], [X.], 3.
Aufl., Einf. Rn.
77; [X.]/[X.], [X.], 26.
Aufl., Kap.
31 Rn.
81; [X.], Haftungsbeschränkungen bei Personenschäden nach dem Unfallversicherungs-recht, [X.] f.). Die von dem Leiharbeitnehmer wahrgenommenen Aufgaben werden nämlich -
an[X.] als bei einem Dienst-
oder Werkvertrag
-
nicht auf-grund des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags von dem Verleiher übernommen. Dessen Verpflichtung beschränkt sich vielmehr darauf, dem Entleiher Arbeits-kräfte zur Verfügung zu stellen, die dieser nach seinen Vorstellungen und Zie-len in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer einsetzt ([X.]E 77, 102, 110 f.; 87, 186, 189; 96, 150, 153).
2. Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt.
a) Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein solcher Verstoß lässt sich nicht allein mit der Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften begründen. Vielmehr ist auch in solchen Fällen eine Wertung des Verhaltens des Schädigers geboten, in die auch die weiteren Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind. So kommt es darauf an, ob es sich um
eine Unfallverhütungsvorschrift handelt, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befasst und elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hat. Auch spielt insbesondere eine Rolle, ob der Schädiger nur unzureichende Sicherungsmaßnahmen getroffen oder von den vorgeschriebenen Schutzvorkehrungen völlig abgesehen hat, ob-wohl die [X.] eindeutig waren. Im letzteren Fall kann der objektive Verstoß gegen elementare Sicherungspflichten ein solches Gewicht 20
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haben, dass der Schluss auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden ge-rechtfertigt ist (Senatsurteile vom 30. Januar 2001 -
VI
ZR 49/00, [X.], 985, 986 und vom 18. Februar 2014 -
VI
ZR 51/13, [X.], 481 Rn.
7 f.; vgl. auch Senatsurteil vom 18. Oktober 1988 -
VI
ZR 15/88, [X.], 109, 110 zu §
640 [X.]).
b) Diese rechtlichen Grundsätze hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision nicht verkannt. Es hat nicht allein daraus, dass an der Unfallstelle keinerlei Absturzsicherung vorhanden war und somit objektiv ein Verstoß gegen elementare Sicherungspflichten vorlag, auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden des [X.]n geschlossen. Vielmehr hat es sich konkret mit der persönlichen Verantwortung des [X.]n für den objektiv vor-schriftswidrigen Zustand befasst und hat geprüft, ob die vom [X.]n behaup-teten Anweisungen geeignet waren, ihn wenigstens subjektiv zu entlasten.
c) Die diesbezügliche Würdigung beruht aber auf einem Verfahrensfeh-ler. Dies rügt die Revision mit Erfolg.
Das Berufungsgericht hat angenommen, der [X.] habe nicht davon ausgehen dürfen, dass die angebliche Anweisung, Aluprofile in die Sicken der Lichtbänder zu legen, geeignet gewesen sei, den Durchbruch eines Mitarbeiters durch ein Lichtband zu verhindern. Dies hat es -
gestützt auf die protokollierten Aussagen des Geschädigten und des Zeugen S. vor dem [X.]
-
damit begründet, dass die Aluprofile nach dem vom [X.]n erteilten Arbeitsauftrag im Zuge der Arbeiten wieder von den Lichtbändern entfernt werden mussten; dies ist im Falle des [X.], durch das der [X.] gestürzt ist, auch tat-sächlich geschehen. Allerdings verweist die Revision mit Recht darauf, dass der [X.] nach seinem Vortrag Sicherheitsnetze und ein Schutzgerüst bestellt hatte, die am Tag nach dem Unfall montiert wurden; davon ist auch das Land-22
23
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gericht ausgegangen. In Ermangelung gegenteiliger Feststellungen ist für das Revisionsverfahren zu unterstellen, dass die Lichtbänder nach der Montage der Netze und des Gerüsts allein durch diese ausreichend gesichert waren. Die auf die Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern abstellende Begründung des Berufungsgerichts ist deshalb schon im Ansatz nur dann tragfähig, wenn es angenommen haben sollte, dass es dem Arbeitsauftrag des [X.]n [X.], bereits am Unfalltag -
also vor der Montage der anderen Sicherungsein-richtungen
-
Aluprofile von den Lichtbändern zu entfernen oder dass der [X.] dies jedenfalls nicht in der gebotenen Weise verhindert hat. Die Ausfüh-rungen des Berufungsgerichts sind insoweit nicht eindeutig.
Versteht man das Berufungsurteil gleichwohl in dem genannten Sinne, so hat das Berufungsgericht die von ihm herangezogenen Zeugenaussagen an[X.] gewürdigt als das [X.]. Es wäre deshalb verpflichtet gewesen, die beiden Zeugen erneut zu vernehmen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. Juli 2009 -
VIII
ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn.
5; vom 10. November 2010
-
IV
ZR 122/09, NJW 2011, 1364 Rn.
6; vom 21. März 2012 -
XII
ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn.
6 f.; Urteil vom 29. September 2011 -
VII
ZR 87/11, NJW 2011, 3780 Rn.
16). Denn das [X.] hatte die vor der Montage der anderen Sicherungseinrichtungen erfolgte Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern als Verstoß gegen die Anordnungen des [X.]n gewertet, der diesem nicht zugerechnet werden könne. Zu dieser Einschätzung hätte das [X.] nicht gelangen können, wenn es den auch von ihm für glaubhaft gehaltenen Zeugenaussagen entnommen hätte, dass die fraglichen Aluprofile nach dem vom [X.]n
erteilten Arbeitsauftrag noch am Unfalltag wieder von den Lichtbändern entfernt werden sollten oder der [X.] dies jedenfalls nicht in der gebotenen Weise verhindert hat. Dies lässt sich den protokollierten [X.] im Übrigen auch nicht, jedenfalls nicht eindeutig entnehmen, so dass schon deshalb eine erneute Vernehmung geboten gewesen wäre.
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Das angefochtene Urteil beruht auf dem Verfahrensfehler, weil das [X.] seine Würdigung maßgeblich auf die beiden Zeugenaussagen ge-stützt hat. Soweit es hilfsweise den nicht zugelassenen neuen [X.]nvortrag gewürdigt und soweit es ergänzend auf die fehlende Sicherung der Aluprofile gegen ein Abrutschen abgestellt hat, lässt sich dem Berufungsurteil nicht ent-nehmen, dass dies allein seine Annahme trägt, die angebliche Anordnung, [X.] in die Sicken der Lichtbänder zu legen, sei nicht geeignet, den [X.]n subjektiv zu entlasten. Da das Lichtband, durch das der Geschädigte gestürzt ist, zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht gesichert war, war eine fehlende Be-festigung der Profile im Übrigen auch nicht unfallursächlich. Dies gilt auch für das Fehlen einer seitlichen Absturzsicherung, so dass darauf allein der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ebenfalls nicht gestützt werden kann.
3. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Die Sache ist gemäß §
563 Abs.
1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen. Dies gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit zu einer erneuten Prüfung des in den Urteilsgründen nicht behandelten Feststellungsinteresses (§
256 Abs.
1 ZPO). Da der [X.] aus der Verletzung eines auch de-liktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsgutes resultiert, wäre ein Feststel-lungsinteresse allerdings entgegen der Auffassung der Revision -
an[X.] als bei reinen Vermögensschäden (dazu [X.], Urteil vom 24. Januar 2006 -
XI
ZR 384/03, [X.]Z 166, 84 Rn.
27 mwN)
-
nur zu verneinen, wenn aus der Sicht der Klägerin bei verständiger Würdigung kein Grund bestünde, mit weiteren Auf-wendungen wenigstens zu rechnen (vgl. Senat, Urteil vom 16.
Januar 2001

26
27

-

16

-

-
VI
ZR 381/99, [X.], 874, 875 und Beschluss vom 9.
Januar 2007
-
VI
ZR 133/06, [X.], 708 Rn.
5 für Schadensersatzansprüche).
Galke
[X.]
[X.]

Offenloch
Oehler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.12.2010 -
17 O 121/10 -

OLG Schleswig, Entscheidung vom 14.03.2013 -
11 [X.] -

Meta

VI ZR 141/13

18.11.2014

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2014, Az. VI ZR 141/13 (REWIS RS 2014, 1277)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1277

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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