Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 210/07

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1494

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.]/07 Verkündet am: 14. Oktober 2008 [X.], Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Gb Zur Verpflichtung zur Einholung von Vergleichsangeboten bei Konkurrenzunterneh-men, obwohl dem Verkehrsunfallgeschädigten bei der Anmietung eines [X.] vom Autovermieter Einblick in Preislisten anderer Anbieter gewährt wird. [X.], Urteil vom 14. Oktober 2008 - [X.]/07 - [X.] AG [X.] - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 15. August 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.], Pauge, [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 11. Juli 2007 wird auf Kosten des [X.] zurück-gewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger nimmt den beklagten Haftpflichtversicherer seines Unfallgeg-ners auf Zahlung restlicher [X.] aus einem Verkehrsunfall vom 10. Oktober 2005 in Anspruch, bei dem sein Kfz beschädigt wurde und sich an-schließend für 12 Kalendertage in Reparatur befand. Für die Reparaturdauer hat der Kläger am 11. Oktober 2005 bei der [X.] ein Ersatzfahrzeug der Mietwagengruppe 5 angemietet, wofür ihm diese einschließlich Haftungs-beschränkungs- sowie Zustell-/Rückführungskosten einen Betrag in Höhe von 2.352,48 • in Rechnung stellte. Bei der Anmietung des [X.] wurde der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt über keine Vorkenntnisse über die [X.] auf dem [X.] verfügte, durch einen Mitarbeiter der [X.] darauf hingewiesen, dass Wettbewerber auf dem Gebiet des [X.] - 3 - fallersatzwagengeschäfts keine oder allenfalls nur geringfügig günstigere Preise für eine solche Anmietung anböten und die von der Autovermietung [X.] erhobenen Preise ortsüblich und angemessen seien. Hierzu wurde ihm Einblick in Preislisten anderer Anbieter und in den [X.] gewährt. Vergleichsangebote bei Konkurrenzunternehmen holte der Kläger selbst nicht ein. Die Beklagte zahlte an den Kläger auf die [X.] vorgericht-lich lediglich einen Betrag von 1.490 •. Mit seiner Klage hat der Kläger Mietwa-genkosten in Höhe von insgesamt 2.153,42 • geltend gemacht und beantragt, die Beklagte zur Zahlung des Differenzbetrages in Höhe von 663,42 • nebst Zinsen zu verurteilen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Beru-fung des [X.] hat das [X.] dem Kläger in entsprechender Abände-rung des erstinstanzlichen Urteils einen weiteren Betrag von 8 • nebst Zinsen zugesprochen. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebe-gehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu seinem Nachteil erkannt hat. 2 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hält [X.] lediglich in Höhe von 1.498 • für erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Darüber hi-nausgehende [X.] könne der Kläger nicht ersetzt verlangen, da er nicht dargelegt und bewiesen habe, dass ihm ein günstigerer Tarif nicht zu-gänglich gewesen sei. Der Kläger habe insoweit seiner Pflicht zur Erkundigung nach günstigeren Preisen nicht genügt. Eine [X.] in die Preislisten, 3 - 4 - die ihm zur Einsicht vorgelegt worden seien, reiche insoweit nicht aus. Es kön-ne vielmehr vom Geschädigten erwartet werden, dass er selbst zwei (bis drei) Vergleichsangebote bei [X.] unbeeinflusst einhole, ohne dass er damit Marktforschung betriebe. Der Geschädigte genüge nicht seiner Obliegen-heit zur Schadensminderung, wenn er sich insoweit durch die von ihm aufge-suchte Autovermietung Mietpreisübersichten anderer Anbieter zeigen lasse, denn es sei aus dem Blickwinkel eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Geschädigten mehr als nahe liegend, dass das aufgesuchte, den potenziellen Vertragspartner darstellende Mietwagenunternehmen, günstigere Tarife von Konkurrenzunternehmen nicht aufnehmen werde, um einem Vertragsschluss nicht entgegenzuwirken. Es müsse vielmehr jedem wirtschaftlich denkenden Bürger klar sein, dass eine solche Liste - dies gelte gerade auch in Anbetracht der speziellen Anmietsituation - das tatsächlich vorhandene Preisniveau der einzelnen Mietwagenunternehmen nicht wiedergeben könne, da davon auszu-gehen sei, dass im Hinblick auf den Konkurrenzkampf der Mietwagenunter-nehmen in eine dem potentiellen Kunden vorgelegte Liste nur vergleichbar teu-ere Tarife anderer Anbieter aufgenommen würden. Dem wirtschaftlich denken-den Bürger müsse sich insoweit ohne weiteres erschließen, dass eine solche, durch den angesprochenen Autovermieter vorgelegte Preisliste, der Prüfung der Angemessenheit des ihm angebotenen Tarifs nicht dienen könne. I[X.] Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. 4 1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellungen des [X.], dass sich die erforderlichen [X.] im Sinne des 5 - 5 - § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB auf 1.498 • belaufen. Hiervon ist mithin revisions-rechtlich auszugehen. 6 2. Darüber hinausgehende, mithin nicht erforderliche [X.] kann der Geschädigte nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsurteile [X.] 160, 377; vom 9. Mai 2006 - [X.] ZR 117/05 - [X.], 986; vom 4. Juli 2006 - [X.] ZR 237/05 - [X.], 1425; vom 30. Januar 2007 - [X.] ZR 99/06 - [X.], 516; vom 13. Februar 2007 - [X.] ZR 105/06 - [X.], 661; vom 11. März 2008 - [X.] ZR 164/07 - [X.], 699) aus dem Blickwinkel der [X.] nur ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkei-ten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-) Tarif zugänglich war. Dabei kommt es insbe-sondere für die Frage der Erkennbarkeit der [X.] für den Geschä-digten darauf an, ob ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter unter dem Aspekt des [X.] zu einer Nachfrage nach einem günstigeren Tarif gehalten gewesen wäre. Dies ist der Fall, wenn er Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Unfallersatztarifs haben muss, die sich insbesondere aus dessen Höhe ergeben können. Dabei kann es je nach Lage des Einzelfalls auch erforderlich sein, sich nach anderen Tarifen zu erkundigen und ggf. ein oder zwei [X.] einzuholen. In die-sem Zusammenhang kann es eine Rolle spielen, wie schnell der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug benötigt. Allein das allgemeine Vertrauen darauf, der ihm vom Autovermieter angebotene Tarif sei "auf seine speziellen Bedürfnisse zu-geschnitten", rechtfertigt es dagegen nicht, zu Lasten des Schädigers und [X.] ungerechtfertigt überhöhte und nicht durch unfallbe-dingte Mehrleistung des Vermieters gedeckte Unfallersatztarife zu akzeptieren. - 6 - 3. Nach diesen Grundsätzen ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstan-den, dass das Berufungsgericht aufgrund des Vorbringens des [X.] nicht davon ausgegangen ist, dass diesem unter den Umständen des [X.] der vom Berufungsgericht für erforderlich erachtete Tarif nicht zugänglich gewesen wäre. 7 8 a) Nach den [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts [X.] sich beim Kläger bei einem [X.] von rund 181 • (brutto ohne Nebenkosten) für einen Mietwagen der [X.] (hier: [X.] 2,0) Zweifel an der Angemessenheit und die Notwendigkeit einer Nachfrage nach günstigeren Tarifen - auch bei anderen Anbietern - aufdrängen müssen. b) Diesen Anforderungen an seine Pflichten zur Schadensgeringhaltung im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Kläger - entgegen der [X.] der Revision - nicht dadurch genügt, dass er sich von einem Mitarbeiter der Autovermietung [X.] über vergleichbare Unfallersatztarife von [X.] beraten ließ und in ihm vorgelegte Preislisten sowie in die [X.] Einblick genommen hat. 9 Die Beratung und die Preise betrafen nach dem von der Revision selbst herangezogenen Vorbringen des [X.] lediglich das Unfallersatzgeschäft bei der Anmietung infolge eines unverschuldet erlittenen Verkehrsunfalls und waren deshalb für den Vergleich mit einem günstigeren "Normaltarif" für Selbstzahler ungeeignet (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - [X.] ZR 164/07 - [X.], 699, 701). Bereits aus diesem Grunde machten sie aus der Sicht eines wirt-schaftlich vernünftig denkenden Geschädigten die Nachfrage nach einem güns-tigeren Tarif für Selbstzahler nicht entbehrlich. Daran vermag auch der Hinweis der Revision nichts zu ändern, dass sich der vom Vermieter des [X.] gefor-derte Preis noch im Rahmen der in der [X.] ausgewiesenen 10 - 7 - Normaltarife bewege, welche für das entsprechende Postleitzahlgebiet und die Wagenklasse 5 eine Preisspanne zwischen 345,00 • und 1.196,00 • für die wöchentliche Anmietung und eine Preisspanne zwischen 87,00 • und 176,00 • für die eintägige Anmietung ausweise. Zum einen handelt es sich bei der von der Revision insoweit in Bezug genommenen Anlage zur Berufungsbegründung um einen Auszug aus der [X.] 2006, die dem Kläger nach seinem Unfall im Jahre 2005 noch nicht vorgelegt worden sein kann. Zum ande-ren hätte eine solche Preisspanne dem Kläger - wenn sie ihm bekannt gemacht worden wäre - erst recht Veranlassung geben müssen, nach einem günstigeren Tarif als dem ihm zunächst angebotenen zu fragen und ggf. - bei anderen [X.] - ein oder zwei [X.] einzuholen (vgl. Senatsurteile [X.] 163, 19; 25; vom 14. Februar 2006 - [X.] ZR 126/05 - [X.], 669, 671, vom 13. Februar 2007 - [X.] ZR 105/06 - [X.], 661 und vom 11. März 2008 - [X.] ZR 164/07 - [X.], 699; 701, jeweils m.w.N.). Eine [X.] in Preislisten anderer Mietwagenunternehmen, die dem [X.] dem zunächst angesprochenen Vermieter vorgelegt werden, reicht dabei nicht aus, denn daraus ergibt sich noch kein konkretes Angebot eines Konkurrenten. Darüber hinaus liegt es - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nach der Lebenserfahrung auf der Hand, dass bei einem Autovermieter, bei dem aufgrund der Höhe seiner Preise Zweifel an deren Angemessenheit bestehen, wenig Neigung bestehen wird, einen potentiellen Kunden auf günsti-gere [X.] hinzuweisen, wozu er im Übrigen auch nicht ver-pflichtet ist (vgl. [X.] 168, 168, 178). 11 - 8 - II[X.] 12 [X.] ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. [X.] [X.] Pauge [X.] Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.11.2006 - 1 C 234/06 - [X.], Entscheidung vom 11.07.2007 - 1 S 482/06 -

Meta

VI ZR 210/07

14.10.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 210/07 (REWIS RS 2008, 1494)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1494

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