Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.06.2013, Az. 1 StR 581/12

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 5255

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Gegenstand

Ausschließung eines Strafrichters von der Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch wegen Vernehmung in der "Sache" als Zeuge oder Sachverständiger


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 5. April 2012 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Die sofortige Beschwerde gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung im vorbezeichneten Urteil wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen, weil diese Entscheidung der Sach- und Rechtslage entspricht.

Ergänzend bemerkt der [X.]:

1. Zur Rüge, über ein Ablehnungsgesuch habe eine fehlerhaft besetzte Kammer entschieden:

Die Rüge ist jedenfalls unbegründet.

Die Kammer, die über das Ablehnungsgesuch entschieden hat, war richtig besetzt. Entgegen der Auffassung der Verteidigung durfte der nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständige Beisitzer der [X.] an der Entscheidung nicht mitwirken, weil er zuvor als Zeuge in dieser Sache ausgesagt hatte und daher gemäß § 22 Nr. 5 StPO von der Mitwirkung ausgeschlossen war. Der Begriff der „Sache“ in § 22 Nr. 5 StPO ist nicht auf den Kernbereich von Schuld und Strafe beschränkt, sondern umfasst alle richterlichen Entscheidungen, die im Verlauf einer Hauptverhandlung zu treffen sind und sich auf die abschließende Entscheidung auswirken können. Dazu zählt auch die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch gegen die erkennenden [X.]. § 22 StPO will jeden Anschein von Parteilichkeit vermeiden (vgl. [X.], Urteile vom 29. April 1983 - 2 StR 709/82, [X.]St 31, 358, 359 mwN, und vom 25. Mai 1956 - 2 [X.], [X.]St 9, 193, 194 f.). Diesem Zweck widerspräche es, könnte der als Zeuge vernommene [X.] über den Verbleib desjenigen [X.]s in der Spruchkammer entscheiden, der auch seine Aussage zu würdigen hat.

2. Zur (weiteren) Rüge der Mitwirkung eines befangenen [X.]s - hier: des Vorsitzenden der Spruchkammer - wegen der Bestimmung einer (nur) einwöchigen Frist zur Stellung weiterer Beweisanträge:

Auch diese Rüge ist unbegründet.

Der [X.] kann offen lassen, ob sich die dem Ablehnungsgesuch zugrundeliegende Fristsetzung durch den Vorsitzenden noch im vollen Umfang in den Grenzen des durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gestalteten Rahmens (vgl. [X.], Beschlüsse vom 23. September 2008 - 1 [X.], [X.]St 52, 355 ff., vom 19. Juni 2007 - 3 StR 149/07, [X.]R StPO § 246 Abs. 1 Fristsetzung 2, und vom 9. Mai 2007 - 1 StR 32/07, [X.]St 51, 333, 344) hielt. Das Festhalten des Vorsitzenden an der gesetzten Frist rechtfertigte bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der zur Fristsetzung führenden Verfahrensumstände (dazu [X.], Urteil vom 9. Juli 2009 - 5 [X.], [X.]R StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 20) kein Misstrauen in dessen Unparteilichkeit. Soweit die Verteidigung entscheidend darauf abstellt, dass der als Ziffer 1 angeklagte Tatvorwurf noch nicht zu einer - wenngleich erwarteten und später auch durchgeführten - Verfahrenseinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO gelangt war, begründet dies nicht die Besorgnis der Befangenheit. Die Einstellung dieses [X.] war ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden zum Ablehnungsgesuch unter allen Verfahrensbeteiligten abgesprochen und konnte am Tag der Fristsetzung nur deshalb nicht realisiert werden, weil der zuständige Dezernent der Staatsanwaltschaft nicht in der Sitzung anwesend war und auch nicht erreicht werden konnte; das Gericht hatte sich indes ausdrücklich um eine entsprechende Erklärung bemüht.

Wahl                         Jäger                     Cirener

              [X.]                     [X.]

Meta

1 StR 581/12

06.06.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Stuttgart, 5. April 2012, Az: 10 KLs 211 Js 62034/09

§ 22 Nr 5 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.06.2013, Az. 1 StR 581/12 (REWIS RS 2013, 5255)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5255

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