Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.05.2014, Az. XII ZB 539/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5570

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 539/11

vom

14. Mai 2014

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§
104, 106 Abs.
1
Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch [X.] nur dann im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können (im [X.] an Senatsbeschluss vom 9.
Dezember 2009
XII
ZB
79/06
NJW-RR 2010, 718).
[X.], Beschluss vom 14. Mai 2014 -
XII ZB 539/11 -
O[X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
14.
Mai 2014 durch den
Vor-sitzenden
Richter
Dose, die
Richterin
Weber-Monecke
und [X.],
Dr.
Nedden-Boeger
und Guhling
beschlossen:
Auf die
Rechtsbeschwerde
des Beklagten wird der
Beschluss des 18.
Zivilsenats des [X.] vom 3.
August
2011
aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde
der Klägerinnen
gegen den [X.] des [X.] vom 18.
April 2011 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel werden den Klägerinnen auferlegt.
[X.]: 3.258

Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Berücksichtigung einer Aufrechnung im [X.].

Die Klägerinnen haben gegen den Beklagten zu
1 (im Folgenden: [X.]) gemäß
rechtskräftigem Urteil des [X.] nach teilweisem Obsie-gen einen Zahlungsanspruch in Höhe von 4.188,80

aus diesem Prozess einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 90
% seiner außergerichtlichen Kosten, die das [X.] mit Kostenfestsetzungsbe-1
2
-
3
-

schluss
I vom 18.
April 2011 in Höhe von 3.258,15

gegen die Klägerinnen
festgesetzt hat.
Dieser [X.] wurde den Klägerinnen am 27.
April 2011 zugestellt. Mit weiterem Beschluss vom 19.
April 2011 hat das [X.] die von dem Beklagten an die Klägerinnen
zu erstattenden Kosten unter Ausgleichung der Gerichtskosten auf 206,07

Die Klägerinnen
haben außergerichtlich am 10. Mai 2011 "vorsorglich"
für den Fall der Nichtzahlung der Hauptforderung durch den Beklagten die Aufrechnung gegenüber den
[X.]n des Beklagten aus beiden [X.] mit ihrem Zahlungsanspruch erklärt
und sodann
sofortige Beschwerde gegen den [X.] eingelegt. Der Beklagte wendet ein, die Aufrechnung sei im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Überdies
habe
er
den Kostenerstattungsanspruch bereits mit der Vollmachtser-teilung am 24.
Mai 2010 an seinen Prozessbevollmächtigten abgetreten
und die Vollmacht mit der Abtretung am 28.
September 2010 an die Klägerinnen über-sandt.
Das [X.] hat den [X.] des Land-gerichts aufgehoben und die Kosten des Beschwerdeverfahrens den Klägerin-nen zu je ½ auferlegt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte die Aufhebung des Beschlusses und Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat
Erfolg.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung aus-geführt, der Kostenerstattungsanspruch des Beklagten sei einschließlich der Zinsen durch Aufrechnung erloschen. Die Abtretung der Kostenerstattungsan-3
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5
-
4
-

sprüche in der Vollmachtserteilung an den Prozessbevollmächtigten sei nach §
305
c Abs.
1 BGB unwirksam, da es sich um eine überraschende Klausel in einem Formularvertrag handele. Nach §
571 Abs.
2 Satz
1 ZPO
könne die Be-schwerde auf neue Angriffsmittel gestützt werden, so dass unschädlich sei, dass die Aufrechnung erst nach Erlass des [X.]es erklärt worden sei. Zwar beschränke sich das Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich auf die Berücksichtigung kostenrechtlicher Aspekte. [X.] finde aber eine Aufrechnung aus prozessökonomischen Gründen Be-rücksichtigung, wenn die zur Aufrechnung gestellte Forderung außer [X.] oder rechtskräftig festgestellt sei. Hier sei die Forderung rechtskräftig [X.], da die Berufung des Beklagten gegen das die Kostengrundentscheidung enthaltende landgerichtliche Urteil
zurückgewiesen worden sei. Die zur [X.] gestellte Forderung könne sich auch aus dem Titel ergeben, der gleichzeitig die für die Festsetzung maßgebliche Kostengrundentscheidung darstelle, und zwar auch in Fällen, in denen die Kostenentscheidung wie hier eine Kostenquote vorsehe. Soweit vertreten werde, eine Aufrechnungslage lie-ge mangels Bestimmbarkeit des Erstattungsanspruchs erst mit Erlass des [X.] vor, könne dem nicht gefolgt werden. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch entstehe aufschiebend bedingt bereits zu Beginn des [X.] und werde mit rechtskräftiger Entscheidung unbedingt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei er der Aufrechnung zugänglich. §
106 ZPO sehe nur die Verrechnung vor, berühre aber die Existenz zweier [X.] nicht. Nach §
106 Abs.
2 ZPO sei zum einen auch eine einseitige Festsetzung möglich und vorliegend sogar durchgeführt worden, zum anderen gingen der Verrechnung zwei Festsetzungsentscheidungen vo-raus, die jeweils selbstständig mit der Beschwerde anfechtbar seien. Hinrei-chende Bestimmtheit der Forderung liege vor, sobald die Parteien ihre Kosten-festsetzungsanträge eingereicht hätten und der Rechtspfleger in der Lage sei, das Verrechnungsergebnis festzustellen.

-
5
-

2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Beschwerdegericht angenom-men, dass materiell-rechtliche Einwendungen,
wie die Aufrechnung der Kläge-rinnen,
außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend zu machen
sind. Denn dieses Verfahren, das mit dem Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlus-ses endet, ist eine Umsetzung der zwischen den Parteien ergangenen Kosten-grundentscheidung; es hat allein die Frage
zum Gegenstand, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten ist. Deshalb ist das Kosten-festsetzungsverfahren auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und aus diesem Grund auf den Rechtspfleger übertragen. Die Klärung von zwischen den [X.] streitigen Tatsachen und von komplizierteren Rechtsfragen ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrens-rechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich (Senatsbeschluss vom 9.
Dezember 2009

XII
ZB
79/06

NJW-RR 2010, 718
Rn.
9; [X.]
Beschlüsse
vom 23.
März 2006

V
ZB
189/05

FamRZ 2006, 854
f. und vom 22.
Novem-ber 2006

IV
ZB
18/06

NJW-RR 2007, 422
Rn.
8). Materiell-rechtliche Ein-wendungen
gegen den Kostenerstattungsanspruch sind daher grundsätzlich nicht zu berücksichtigen; vielmehr sind diese vorrangig mit der Vollstreckungs-gegenklage geltend zu machen ([X.] Beschluss vom 22.
November 2006

IV
ZB
18/06

NJW-RR 2007, 422
Rn.
8).
b) Allerdings kann es aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein, den [X.] nicht auf die

einen ungleich höheren Aufwand erfordernde

[X.] zu verweisen, wenn es um materiell-rechtliche Einwendungen
geht, die keine Tatsachenaufklärung erfor-dern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehen-den Mitteln ohne Weiteres klären lassen. Das kann etwa der Fall sein, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig sind oder vom 6
7
8
-
6
-

Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können. Solche Einwendungen können deshalb [X.] auch im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben und beschieden werden (Se-natsbeschluss vom 9.
Dezember 2009

XII
ZB
79/06

NJW-RR 2010, 718
Rn.
10; [X.]
Beschluss vom
23.
März 2006

V
ZB
189/05

FamRZ 2006, 854
f. und vom 22.
November 2006

IV
ZB
18/06

NJW-RR 2007, 422
Rn.
9).

c) Ein solcher Ausnahmefall ist hier jedoch entgegen der Ansicht des [X.] nicht gegeben.
Die Klägerinnen haben zwar einen rechtskräf-tig festgestellten Anspruch gegen den Beklagten. Ob sie jedoch mit diesem [X.] gegen den Kostenerstattungsanspruch des Beklagten aufrechnen [X.], bedarf materiell-rechtlicher Prüfung
und weiterer Tatsachenaufklärung, da der Beklagte
einwendet, alle
[X.]
an seinen Prozess-bevollmächtigten abgetreten und die Klägerinnen davon in Kenntnis gesetzt zu haben.
Die hieran anschließende Prüfung des [X.], ob die Ab-tretung in der [X.] im Hinblick auf §
305
c BGB wirksam war, zeigt, dass eine materiell-rechtliche Prüfung erforderlich war; eine solche ist dem Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren aber verwehrt. Auch eine

9
-
7
-

Prüfung der Frage, ob der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Aufrech-nung der Klägerinnen nach §§
406 oder 407 BGB gegen sich gelten lassen müsste, betrifft materielles Recht und erfordert weitere Tatsachenaufklärung, da der Rechtspfleger zu prüfen hätte, ob der Schuldner von der Abtretung der [X.] wusste. Diese Fragen lassen sich mit den im [X.] zur Verfügung stehenden Mitteln nicht ohne Weiteres klären. Die Klägerin-nen sind daher mit
ihrer Aufrechnung auf die [X.] zu [X.].

Dose

Weber-Monecke

Schilling

Nedden-Boeger

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.04.2011 -
2-04 O 211/09 -

O[X.], Entscheidung vom 03.08.2011 -
18 [X.]/11 -

Meta

XII ZB 539/11

14.05.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.05.2014, Az. XII ZB 539/11 (REWIS RS 2014, 5570)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5570

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XII ZB 79/06 (Bundesgerichtshof)


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