Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2000, Az. V ZR 285/99

V. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 793

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:20. Oktober 2000K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:jaBGHZ:[X.]:[X.] § 123a) Sind dem Verkäufer eines Grundstücks Altlasten bekannt, so genügt er [X.] nicht dadurch, daß er dem Käufer von einem bloßen Altlasten-verdacht Mitteilung macht. Infolgedessen besteht die Offenbarungspflicht fort,wenn dem Käufer Umstände bekannt sind oder durch eine Besichtigung hättenbekannt werden können, aus denen sich ein Altlastenverdacht ergibt.b) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß der Verkäufer den Käufer über offen-barungspflichtige Umstände aufgeklärt hat, trifft den Käufer. Dieser muß [X.] nicht alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräu-men. Vielmehr genügt er seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er die vondem Verkäufer vorzutragende konkrete, d.h. räumlich, zeitlich und inhaltlich spe-zifizierte, Aufklärung [X.], [X.]. v. 20. Oktober 2000 - [X.] - OLG [X.] Bautzen- [X.] hat auf die mündliche [X.] 20. Oktober 2000 durch [X.] [X.] und dieRichter [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des [X.] vom 2. Juli 1999 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Mit notariellem Vertrag vom 17. September 1993 kaufte der Kläger vonder Rechtsvorgängerin der [X.] für 200.000 DM ein Grundstück, auf demderen Rechtsvorvorgänger, ein VEB, einen metallverarbeitenden Betrieb [X.] hatte. Die Gewährleistung für Sachmängel, auch für Altlasten, wurdeausgeschlossen. Wegen des Kaufpreises unterwarf sich der Kläger in der [X.] der sofortigen Zwangsvollstreckung.Wie die Verkäuferin wußte, war das Grundstück in erheblichem Maßedurch Mineralkohlenwasserstoffe verunreinigt, die beim Betrieb der [X.] 4 -arbeitung in den Boden des Hauptgebäudes und in den darunter liegendenGraben gelangt waren. Ob der Kläger hierüber vor dem Kauf oder bei [X.] aufgeklärt worden ist, ist unter den Parteien streitig.Nach den von dem Kläger in Auftrag gegebenen Gutachten von Juli/August 1997 sind erhebliche Sanierungskosten zu erwarten. Die Schätzungenbelaufen sich auf etwa 270.000 DM bis etwa 480.000 DM.Am 5. Mai 1998 focht der Kläger den Kaufvertrag wegen arglistiger [X.] an. Seiner Klage auf Erklärung der Zwangsvollstreckung als unzulässighat das [X.] stattgegeben. Das [X.] hat sie abgewiesen.Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtli-chen [X.]eils. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hält die Voraussetzungen einer Anfechtung nach§§ 123, 142 BGB nicht für gegeben. Es fehle an einer Täuschungshandlung,weil eine Aufklärung über Mängel, die einer Besichtigung zugänglich bzw. [X.] erkennbar seien, vom Käufer nicht erwartet werden könne. So lägendie Dinge hier, da der Kläger bei Anwendung der im eigenen Interesse zu [X.] Sorgfalt habe erkennen können, daß ein Altlastenverdacht bestehe.Im Rahmen einer "ordnungsgemäßen Besichtigung" habe er die Ölverschmut-zungen erkennen können, auf die verschiedene Indizien (Färbung des [X.] 5 -fußbodens, Ölspuren an der Wand, Geruchsbildung) hingewiesen hätten. [X.] dessen könne es dahingestellt bleiben, ob die Verkäuferin den [X.] auf das Vorhandensein der Altlasten oder [X.] auf den bestehenden Altlastenverdacht hingewiesen habe.[X.] Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.1. Das Berufungsgericht verkennt nicht, daß den Verkäufer eine Offen-barungspflicht hinsichtlich solcher Umstände trifft, die für die [X.] von entscheidender Bedeutung sind und deren Mitteilung [X.] der Verkehrsauffassung erwarten durfte (st. [X.]., [X.]. v.2. März 1979, [X.], NJW 1979, 2243; [X.]. v. 25. Juni 1982,V [X.], [X.], 960 m.w.[X.]). Es geht ferner zutreffend davon aus, [X.] einem Grundstücksverkauf die Kontaminierung des Grundstücks mit Altöl-rückständen einen solchen offenbarungspflichtigen Umstand darstellt und daßder Verkäufer arglistig handelt, wenn er diesen Umstand verschweigt, obwohler ihn kennt oder ihn jedenfalls für möglich hält und dies in Kauf nimmt (s. [X.], [X.]. v. 10. Juni 1983, [X.] 292/81, [X.], 990). Schließlich ist [X.] nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht eine [X.] hinsichtlich solcher Mängel der [X.] verneint, die einer Besichti-gung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind. Der Käufer kanninsoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei einer im ei-genen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann (vgl. nur Senat,[X.], 30, 34).- 6 -2. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze im konkreten Fall abernicht fehlerfrei [X.]) Es unterscheidet schon nicht ausreichend zwischen dem offenba-rungspflichtigen Umstand eines Altlastenverdachts und dem einer vorhandenenKontaminierung. Sind dem Verkäufer Altlasten bekannt, genügt er seiner Auf-klärungspflicht nicht dadurch, daß er dem Käufer von einem bloßen Altlasten-verdacht Mitteilung macht. Der Käufer kann vielmehr erwarten, daß er über ei-ne konkret vorhandene Kontamination Aufklärung erhält. Infolgedessen bestehtdie Offenbarungspflicht fort, wenn dem Käufer Umstände bekannt sind [X.] eine Besichtigung hätten bekannt werden können, aus denen sich [X.] ergibt. Hält der Verkäufer in einer solchen Situation mit kon-kretem Wissen über vorhandene Altlasten zurück, so handelt er arglistig, [X.] es für möglich hält, daß der Käufer lediglich einen Altlastenverdacht hat.b) Darüber hinaus rechtfertigen die vom Berufungsgericht getroffenenFeststellungen weder den Schluß auf einen Altlastenverdacht, geschweigedenn auf konkrete Altlasten.aa) Nach dem Gutachten des Sachverständigen [X.]vom 20. [X.] war eine durchgehend dunkle Färbung des Betonfußbodens im Erdge-schoß des Hauptgebäudes zu sehen. Diese hätte auch der Kläger bei einerBesichtigung vor Abschluß des Kaufvertrages erkennen können. Es ist jedochnicht ersichtlich, wieso sich für einen Laien - daß der Kläger besondere [X.] hatte oder daß er wußte, was früher auf dem Gelände [X.], ist nicht festgestellt - hieraus der Schluß auf konkrete Altlasten ergeben- 7 -sollte. Die Färbung konnte vielfache Ursachen haben und mußte nicht auf ei-nen unsachgemäßen Umgang mit Öl schließen lassen. Jedenfalls läßt das Be-rufungsgericht Feststellungen vermissen, die diesen Schluß nahelegen und beider [X.] die Erwartung begründen konnte, der Kläger wisse [X.] bedürfe keiner weiteren Aufklärung.bb) Der Sachverständige [X.] hat ferner festgestellt, daß Öl bzw.[X.] "an der Wand heruntergelaufen ist". Aus dem [X.] ergibt sich jedoch, daß diese Ölspuren bei einer Besichtigungnicht erkennbar waren, sich dem Sachverständigen vielmehr erst nach [X.] offenbarten. In dem darunter liegenden Hohlraum von 1,5bis 2 m zeigten sich diese Rückstände von heruntergelaufenem Öl. Als [X.] für die vom Berufungsgericht angenommene Erkennbarkeit fürden Kläger scheidet dieser Umstand daher aus, unabhängig davon, ob [X.] hieraus überhaupt auf Altlasten größeren Ausmaßes schließen kann.cc) Die Annahme, man habe die Kontaminierung durch Öl riechen [X.], hat das Berufungsgericht nicht nachvollziehbar belegt. Einerseits geht [X.] davon aus, der Kläger habe bei einer Besichtigung der [X.], und zwar auch bei trockener Witterung, [X.] wahrnehmen [X.], da dies eine Bodenprobe ergeben habe. Dabei übersieht es jedoch, daßdie Bodenprobe irgendwo außerhalb des Gebäudes entnommen wurde [X.] über [X.] innerhalb des Gebäudes besagt.Zum anderen stellt das Gericht selbst darauf ab, daß die Probe aus [X.] außerhalb der Gebäude entnommen wurde. Dann aber ist eben-sowenig naheliegend, daß dem Kläger [X.] hätte auffallen müssen. Zwarist nachvollziehbar, daß eine kontaminierte Bodenprobe nach Öl riecht. Das- 8 -bedeutet aber nicht, daß in gleicher Weise [X.] wahrnehmbar ist, wenndie Probe nicht entnommen ist und ein etwaiger [X.] durch andere [X.] oder Umstände überdeckt oder zumindest erheblich gemindert wird.dd) Daß das Herumliegen von geringen Mengen von verwitterten Metall-spänen nichts über eine Kontaminierung aussagt, sondern allenfalls die vageÜberlegung rechtfertigt, daß bei der Produktion mit Öl gearbeitet worden seinkönnte und daß es dabei - wie vielfach - zu unsachgemäßem Umgang hiermitgekommen sein kann, bedarf keiner näheren Darlegung.[X.] es somit an einer Grundlage für die Annahme, daß die [X.] durfte, der Kläger bedürfe keiner weiteren Aufklärung, da er sich beieiner Besichtigung selbst ein Bild über die vorhandenen - und ohne weitereserkennbaren - Kontaminationen hätte machen können, kann das angefochtene[X.]eil nicht bestehen bleiben. Es kommt daher auf die Frage an, ob die [X.] den Kläger hinreichend aufgeklärt hat. Entgegen der Meinung des[X.]s ist hierfür nicht die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.Vielmehr muß der Kläger, der für den gesamten [X.] die [X.] und Beweislast trägt, vortragen und nachweisen, daß die Beklagte ihnnicht gehörig aufgeklärt hat (vgl. nur [X.]/Laumen, Handbuch der Be-weislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 123 Rdn. 5 m.w.[X.]). Dabei muß er allerdingsnicht alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräumen.Vielmehr genügt- 9 -er seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er die von der [X.] vorzutra-gende konkrete, d.h. räumlich, zeitlich und inhaltlich spezifizierte, Aufklärungwiderlegt.[X.] [X.] [X.] Klein Gaier

Meta

V ZR 285/99

20.10.2000

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2000, Az. V ZR 285/99 (REWIS RS 2000, 793)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 793

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