Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.11.2021, Az. 5 StR 90/21

5. Strafsenat | REWIS RS 2021, 9902

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafverfahren: Urteilszustellung gegen Empfangsbekenntnis an den Verteidiger ohne Vollmacht bei den Akten


Tenor

1. Der Beschluss des [X.] vom 18. Februar 2021, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben.

2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 8. Dezember 2020 wird als unbegründet verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in acht Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit sexueller Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt.Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Zudem beantragt er die Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist.

2

1. Mit Beschluss vom 18. Februar 2021 hat das [X.] die Revision als unzulässig verworfen, weil das rechtzeitig eingelegte Rechtsmittel des Angeklagten nicht innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO begründet worden sei. Dieser ist aufzuheben. Der [X.] hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

1. Der Verteidigerin des Angeklagten war das Urteil des [X.]s Berlin vom 8. Dezember 2020 am 15. Januar 2021 zugestellt worden. Eine Vollmacht der Verteidigerin, die im Ermittlungsverfahren ihre Bevollmächtigung lediglich anwaltlich versichert hatte, befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht bei den Akten. Die mit Telefax übermittelte Revisionsbegründung der Verteidigerin ging am 16. Februar 2021 beim [X.] Berlin ein. Dieses verwarf daraufhin die Revision des Angeklagten mit Beschluss vom 18. Februar 2021 gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. Februar 2021 beantragt der Angeklagte nun Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision und erstrebt die Aufhebung des Urteils mit der allgemeinen Sachrüge.

Eine Vollmacht ist auch in der Zwischenzeit nicht zu den Akten gelangt; indessen hat das [X.] Berlin dem Angeklagten das Urteil vom 8. Dezember 2020 unter dem 4. Mai 2021 erneut zugestellt.

2. Der als ein solcher nach § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO auszulegende Antrag des Angeklagten (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Januar 1958 - 1 [X.] - [X.]St 11, 152, 154) hat Erfolg, weil die Frist zur Begründung der Revision nicht versäumt worden war.

Die Zustellung des Urteils an die Verteidigerin des Angeklagten war mangels Vorliegens einer Vollmacht (§ 145a Abs. 1 StPO) unwirksam (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Oktober 1995 - 1 StR 474/95 -, [X.]St 41, 303 f.). Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Verteidigerin ein von ihr datiertes und unterschriebenes Empfangsbekenntnis zur Akte gereicht hat. Denn aus diesem ergibt sich im hier gegebenen Fall (siehe demgegenüber BayObLG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 St RR 188/2003) nicht, dass sie im Vorhinein bereits rechtsgeschäftlich auch zur Entgegennahme von Zustellungen bevollmächtigt gewesen wäre. Die Zustellung des Urteils am 15. Januar 2021 konnte daher die Monatsfrist des § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht in Lauf setzen.

3

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an.

4

2. Die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

[X.]     

        

[X.]     

        

Köhler

        

Resch     

        

von Häfen     

        

Meta

5 StR 90/21

15.11.2021

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 8. Dezember 2020, Az: 508 KLs 7/20

§ 145a Abs 1 S 1 StPO, § 345 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.11.2021, Az. 5 StR 90/21 (REWIS RS 2021, 9902)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9902

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 209/20 (Bundesgerichtshof)

Revision in Strafsachen: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zwecks Heilung einer Verfahrensrüge


5 StR 391/23 (Bundesgerichtshof)


1 StR 245/13 (Bundesgerichtshof)


4 StR 269/23 (Bundesgerichtshof)


6 StR 465/21 (Bundesgerichtshof)

Versuchter sexueller Missbrauch einer Jugendlichen: Unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.