Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.02.2020, Az. IX R 7/18

9. Senat | REWIS RS 2020, 3431

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Gegenstand

Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften - Veräußerungspreis - rückwirkendes Ereignis nach Erbringung der Gegenleistung - Aktienoptionsrecht


Leitsatz

1. NV: Verändert sich der Wert der Gegenleistung nach vollständiger Erfüllung der Gegenleistungspflicht, beeinflusst dies die Höhe des Veräußerungspreises grundsätzlich nicht mehr. Anders ist dies nur, wenn der Rechtsgrund für die spätere Änderung im ursprünglichen Rechtsgeschäft bereits angelegt war .

2. NV: Der Rechtsgrund für die spätere Änderung ist im ursprünglichen Rechtsgeschäft u.a. dann angelegt, wenn diese auf einem dem Veräußerungsvorgang selbst anhaftenden Mangel beruht .

3. NV: Eine nachträgliche Leistung, die Gegenstand eines selbständigen Rechtsgeschäfts ist, das nicht in sachlichem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung steht, wirkt nicht auf den Veräußerungszeitpunkt zurück .

4. NV: Ist die Gegenleistungspflicht mit Einräumung eines Aktienoptionsrechts bereits vollständig erfüllt, ist die spätere Ausübung des Optionsrechts regelmäßig nicht mehr im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt und wirkt dann auch nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns zurück .

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 11.10.2017 - 11 K 1978/15 E aufgehoben.

Der Einkommensteuerbescheid 1997, zuletzt geändert durch Bescheid vom 28.11.2017, wird geändert.

Die Einkommensteuer wird auf den Betrag festgesetzt, der sich ergibt, wenn die Einkünfte des [X.] aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus Veräußerungsgewinnen, in Höhe von … DM berücksichtigt werden.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wird im Jahr 1997 (Streitjahr) mit seiner [X.]hefrau zusammen veranlagt.

2

Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom [[[[X.].].].] veräußerten die [X.]heleute ihre Beteiligungen an der [[[[[X.].].].].] und der P-GmbH für insgesamt 7.752.756 USD an die [[[[[X.].].].].], eine Tochtergesellschaft der [[[[X.].].].] mit Sitz in den [[[[X.].].].]. Der Kläger war am Stammkapital der [[[[[X.].].].].] von 100.000 [X.] zu 98 % und am Stammkapital der P-GmbH von 100.000 [X.] zu 90 % beteiligt. Die übrigen Anteile hielt seine [X.]hefrau.

3

[X.]benfalls am [[[[X.].].].] schlossen der Kläger, die [[[[[X.].].].].] und die [[[[X.].].].] einen Geschäftsführervertrag, dessen § 3 Abs. 3 lautet: "Darüber hinaus wird [[[X.].].] [[[[X.].].].] ... hiermit die Option eingeräumt 15.000 Aktien an dieser zu dem Preis zu erwerben, welcher der letzten Börsennotierung dieser Aktien an der [[[X.].].] vor Unterzeichnung dieses Vertrages entspricht. [[[X.].].] hat diese Option binnen fünf Jahren nach Abschluss dieses Vertrags durch einfache Anzeige per Post oder per Fax geltend zu machen." [X.]ine Übertragung dieser Aktienoption war allein durch den Kläger nicht möglich. Hintergrund der Vereinbarung der Aktienoption in dem Geschäftsführervertrag war der bereits vollzogene Genehmigungsprozess im [[[X.].].] Mutterkonzern und die verbindliche Information der [[[X.].].]naufsicht, die einer [X.]rhöhung des Veräußerungspreises im Kauf- und Abtretungsvertrag entgegenstand.

4

Der Börsenkurs der [[[[X.].].].]-Aktien notierte am [[[[X.].].].] bei 22,50 USD je Aktie.

5

Der Geschäftsführervertrag wurde im Januar 1998 in gegenseitigem [X.]invernehmen aus betriebsbedingten Gründen aufgehoben mit der Vereinbarung, dass die Aktienoption des [[[X.].].] unberührt blieb.

6

Der Kläger übte sein Optionsrecht, das sich aufgrund eines zwischenzeitlichen Aktiensplits von 2:3 bei der [[[[X.].].].] nunmehr auf 22 500 Aktien erstreckte, am 12.07.1998 schriftlich aus. Der Börsenkurs der Aktien notierte am 12.07.1998 bei 27,50 USD je Aktie.

7

Nach einem Streit über die Durchführung der Optionsausübung und Abschluss einer Generalbereinigung wurden am 26.11.1998  22 500 Aktien in ein Bankdepot des [[[X.].].] gegen [[X.].] Zahlung von 337.500 USD eingebucht. Der Börsenkurs der Aktien notierte am 26.11.1998 bei 41,50 USD je Aktie. Bei der [X.]inbuchung fielen Bankgebühren in Höhe von 268 USD an.

8

In dem zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden [X.]inkommensteuerbescheid 1997 wurde beim Kläger erklärungsgemäß ein Veräußerungsgewinn für die GmbH-Anteile in Höhe von … [X.] berücksichtigt, ohne dass dabei die Aktienoption Berücksichtigung fand. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde später aufgehoben.

9

Die Ausübung der Aktienoption wurde sodann durch Änderung des zunächst erklärungsgemäß erlassenen [X.]inkommensteuerbescheides 1998 berücksichtigt, indem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[[X.].]--) die [X.]inkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des [[[X.].].] als Geschäftsführer wegen des geldwerten Vorteils aus der Optionsausübung um 1.007.664 [X.] erhöhte.

Die gegen diesen Bescheid u.a. wegen der [X.]inkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erhobene Klage wies das [[X.].] ([[X.].]) Münster mit Urteil vom 21.04.2010 - 11 K 262/08 [X.], F ([X.]ntscheidungen der [[X.].]e --[X.][[X.].]-- 2011, 49) insoweit ab. Die Aktienoption sei dem Kläger im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt worden. Der geldwerte Vorteil aus der Ausübung des Optionsrechts sei deshalb zu Recht als Arbeitslohn angesetzt worden.

Der [[X.].] ([[X.].]) hob mit Urteil vom 30.06.2011 - VI R 80/10 ([[X.].][X.] 234, 195, [[X.].], 948) das finanzgerichtliche Urteil insoweit auf, als darin die einkommensteuerliche [X.]rfassung der Aktienoption im Rahmen der [X.]inkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Jahr 1998 bestätigt worden war, und verwies die Sache an das [[X.].] zurück. Das [[X.].] war zu Unrecht zu dem [X.]rgebnis gelangt, dass der geldwerte Vorteil aus der Ausübung der Aktienoption zu [X.]inkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt. Die getroffenen Feststellungen trugen diese Würdigung nicht.

Nach Zurückverweisung der Sache gab das [[X.].] mit Urteil vom 07.03.2014 - 11 K 3273/11 [X.] --nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der vom Kläger benannten [[X.].] der Klage statt und änderte den [X.]inkommensteuerbescheid 1998 dahingehend, dass die [X.]inkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des [[[X.].].] um 1.007.664 [X.] zu mindern sind. Der in dieser Höhe durch das [[X.].] errechnete Vorteil aus der Ausübung des Aktienoptionsrechts sei nicht bei den [X.]inkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen. Nach dem [X.]rgebnis der mündlichen Verhandlung und insbesondere der Vernehmung der Zeugen sei dem Kläger der in der Aktienoption liegende Vorteil nicht mit Rücksicht auf sein mit der [[[[X.].].].] begründetes Dienstverhältnis eingeräumt worden. Dieser Vorteil beruhe auf der Veräußerung der Anteile an der [[[[[X.].].].].] und der [X.] Alle Personen, die an den Verhandlungen zum Abschluss des Kauf- und [X.] beteiligt gewesen seien, hätten übereinstimmend erklärt, ihre subjektiven Vorstellungen seien dahin gegangen, dass die [X.]inräumung der Aktienoption zu Gunsten des [[[X.].].] als von der [X.] zu erbringende zusätzliche Gegenleistung für den [X.]rwerb der Anteile an der [[[[[X.].].].].] und der P-GmbH gedacht gewesen sei.

In Umsetzung dieses Urteils erließ das [[X.].] am 30.06.2014 einen entsprechenden [X.] 1998.

Am 12.01.2015 erließ das [[X.].] den [X.] 1997, mit dem es u.a. den Veräußerungsgewinn um 500.068 [X.] erhöhte. Dieser Betrag errechnete sich aus dem Börsenwert der Aktien am 12.07.1998, dem Tag der Ausübung der Aktienoption, mit 618.750 USD abzüglich der vom Kläger gezahlten 337.500 USD, d.h. 281.250 USD, was zum damaligen Umrechnungskurs 500.068 [X.] entsprach. Das [[X.].] war der Auffassung, die Ausübung der Aktienoption erhöhe rückwirkend den Veräußerungspreis i.S. des § 17 des [X.]inkommensteuergesetzes ([X.]StG). Der Bescheid dürfe nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung ([[[[[X.].].].].]) geändert werden. Im Rahmen des [X.] stützte das [[X.].] die Änderung auf § 174 Abs. 4 [[[[[X.].].].].]; den [X.]inspruch wies es mit [X.]inspruchsentscheidung vom 22.05.2015 als unbegründet zurück.

Die hiergegen erhobene Klage hatte nur zu einem geringen Teil [X.]rfolg. Das [[X.].] änderte mit Urteil vom 11.10.2017 ([X.][[X.].] 2018, 1106) den [X.] 1997 vom 12.01.2015 in Gestalt der [X.]inspruchsentscheidung vom 22.05.2015 insoweit ab, als der Veräußerungsgewinn i.S. des § 17 [X.]StG um 453 [X.] reduziert wurde. Im Übrigen wies es die Klage ab.

Das [[X.].] hat den angefochtenen [X.]inkommensteuerbescheid für 1997 vom 12.01.2015 mit [X.] vom 28.11.2017 geändert.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 17 [X.]StG.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [[X.].] Münster vom 11.10.2017 - 11 K 1978/15 [X.] insgesamt aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden, die geänderte Festsetzung der [X.]inkommensteuer und des Solidaritätszuschlags für 1997 vom 12.01.2015 in Gestalt der [X.]inspruchsentscheidung vom 22.05.2015 aufzuheben;
hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und [X.]ntscheidung zurückzuverweisen.

Das [[X.].] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

1. Nach dem [[[[X.].].].] ist das Begehren des [[[[X.].].].] darauf gerichtet, den Einkommensteuerbescheid für 1997 nur (beschränkt) insoweit anzufechten, als das [[[[X.].].].] den Veräußerungspreis nachträglich erhöht hat. Gegen weitere nachträgliche Änderungen (wie z.B. Verlustrücktrag aus 1998) richtet sich das Begehren nicht.

2. Ausgehend von diesem Revisionsgegenstand ist die Revision begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abänderung des Einkommensteuerbescheids für 1997, zuletzt geändert mit [[[[X.].].].] vom 28.11.2017 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[[[[X.].].].]O--). Das [[[[X.].].].] hat zu Unrecht angenommen, dass die Wertsteigerung der [[[[X.].].].] zwischen Einräumung und Ausübung des [[[[X.].].].] bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG im Streitjahr 1997 zu berücksichtigen sei. Die Einkommensteuer ist daher mit der Maßgabe zu ermitteln, dass die Einkünfte des [[[[X.].].].] aus Veräußerungsgewinnen in Höhe von … DM angesetzt werden.

3. Der vom [[[[X.].].].] geänderte Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 28.11.2017 ist Gegenstand des Revisionsverfahrens (vgl. § 68 [[[[X.].].].]O i.V.m. § 127 [[[[X.].].].]O). Das angefochtene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil sich der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das [[[[X.].].].] zu entscheiden hatte, geändert hat (vgl. z.B. [[[[X.].].].]-Urteil vom 10.12.1992 - [[[X.].].]I R 34/91, [[[[X.].].].], 149, [[[[X.].].].] 1994, 158, unter III., und [[[[X.].].].] in [[[[X.].].].]/[[[[X.].].].]/[[[[X.].].].] --[[[[X.].].].]--, § 127 [[[[X.].].].]O Rz 3). Das vorinstanzliche Urteil ist damit gegenstandslos geworden; die vom [[[[X.].].].] getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind hierdurch jedoch nicht weggefallen (vgl. [[[[X.].].].]-Urteil vom 28.06.2012 - III R 86/09, [[[[X.].].].], 68, BStBl II 2013, 855, Rz 9, m.w.[[[[X.].].].], und Gräber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 127 Rz 3). Einer Zurückverweisung der Sache an das [[[[X.].].].] bedarf es im Streitfall nicht, da der Streitstoff unverändert geblieben und die Sache aufgrund der fortwirkenden Feststellungen des [[[[X.].].].] spruchreif ist (vgl. z.B. [[[[X.].].].]-Urteil in [[[[X.].].].], 149, [[[[X.].].].] 1994, 158, unter III., und [[[[X.].].].] in [[[[X.].].].], § 127 [[[[X.].].].]O Rz 14 ff.; Gräber/Ratschow, a.a.[[[[X.].].].], § 127 Rz 2, m.w.[[[[X.].].].]). Der [[[[X.].].].] entscheidet nach Maßgabe der Feststellungen des [[[[X.].].].] in der Sache selbst (§§ 100, 121 [[[[X.].].].]O; vgl. Gräber/Ratschow, a.a.[[[[X.].].].], § 127 Rz 3, m.w.[[[[X.].].].]).

4. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb --unter weiteren, vorliegend nicht streitigen [[[[X.].].].] auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft.

a) Veräußerungsgewinn ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Veräußerungspreis i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Wert der Gegenleistung, die der Veräußerer durch Abschluss des dinglichen [[[[X.].].].] erlangt. Dazu gehört alles, was der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erhält.

b) Der Veräußerungsgewinn ist grundsätzlich für den Zeitpunkt zu ermitteln, in dem er entstanden ist. Dies ist regelmäßig der Zeitpunkt der Veräußerung, d.h. der Zeitpunkt, zu dem das rechtliche oder zumindest wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Anteilen auf den Erwerber übergegangen ist (z.B. [[[[X.].].].]surteil vom 31.01.2017 – I[[[X.].].] R 40/15, [[[[X.].].].], 572, Rz 14, m.w.[[[[X.].].].]). Auf den Zufluss des Entgelts kommt es grundsätzlich nicht an ([[[[X.].].].]surteil vom 11.05.2010 - I[[[X.].].] R 26/09, [[[[X.].].].], 2067, Rz 35).

c) Vor allem die punktuelle Ermittlung des Veräußerungsgewinns und seine Abgrenzung vom laufenden Gewinn gebieten es, im Interesse einer sachgerechten, an der individuellen Leistungsfähigkeit ausgerichteten Besteuerung auf den tatsächlich erzielten Erlös abzustellen. Das schließt die Bewertung einer Sachleistung am [[[[X.].].].] ein, denn vorher hat der Veräußerer tatsächlich nichts erhalten (vgl. [[[[X.].].].]surteil vom 06.12.2016 - I[[[X.].].] R 7/16, [[[[X.].].].], 724, Rz 14, m.w.[[[[X.].].].]). Verändert sich der Wert der Gegenleistung nach vollständiger Erfüllung der Gegenleistungspflicht, beeinflusst dies die Höhe des [[[[X.].].].] grundsätzlich nicht mehr. Anders ist dies nur, wenn der Rechtsgrund für die spätere Änderung im ursprünglichen Rechtsgeschäft bereits angelegt war. Eine derartige Einschränkung sieht die Rechtsprechung für tatsächliche oder rechtliche Veränderungen, die vor Erfüllung des Anspruchs auf die Gegenleistung eintreten, nicht vor (vgl. z.B. [[[[X.].].].]surteil vom 13.10.2015 - I[[[X.].].] R 43/14, [[[[X.].].].], 326, [[[[X.].].].] 2016, 212, Rz 23, m.w.[[[[X.].].].]).

d) Dementsprechend kann ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung u.a. anzunehmen sein, wenn die nachträgliche Veränderung des zunächst geschuldeten Kaufpreises auf einem dem Veräußerungsvorgang selbst anhaftenden Mangel, wie z.B. einer Leistungsstörung, beruht (vgl. z.B. [[[[X.].].].]-Urteile vom 19.04.2005 - VIII R 68/04, [[[[X.].].].], 476, [[[[X.].].].] 2005, 762, unter [[[[X.].].].] bb, m.w.[[[[X.].].].]; vom 14.06.2005 - VIII R 14/04, [[[[X.].].].], 278, [[[[X.].].].] 2006, 15, unter [[[[X.].].].] und b, m.w.[[[[X.].].].]; vom 06.12.2016 - I[[[X.].].] R 49/15, [[[[X.].].].], 470, [[[[X.].].].] 2017, 673, Rz 22; vgl. zudem [[[[X.].].].] vom 25.06.1998 - VIII B 45/97, [[[[X.].].].] 1999, 33, unter II.2.d). Auch soweit der Erwerber die geschuldete Gegenleistung bereits erbracht hat, kann in diesen Fällen regelmäßig davon ausgegangen werden, dass der Grund für das Ereignis, das zur späteren Änderung der Gegenleistung führt, im ursprünglichen Rechtsgeschäft selbst angelegt war. Dies gilt auch dann, wenn der Kaufpreis infolge Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückgezahlt werden muss (vgl. z.B. [[[[X.].].].]surteil vom 28.10.2009 - I[[[X.].].] R 17/09, [[[[X.].].].], 349, [[[[X.].].].] 2010, 539, Rz 14). Der erforderliche Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang kann zudem auch dann vorliegen, wenn die Vertragsparteien im Zeitpunkt der Übertragung einer Beteiligung keine abschließende Einigung über die Höhe des Kaufpreises erzielt haben und dieser erst nachträglich (z.B. im Rahmen eines Vergleichs) klargestellt wird oder die endgültige Höhe des Kaufpreises (teilweise) von der künftigen Gewinnentwicklung des Unternehmens abhängig sein soll (vgl. z.B. [[[[X.].].].]-Urteil in [[[[X.].].].], 278, [[[[X.].].].] 2006, 15, unter [[[[X.].].].], m.w.[[[[X.].].].]). Auch der Eintritt einer auflösenden Bedingung kann ein rückwirkendes Ereignis sein, und zwar unabhängig davon, ob der Kaufpreis bereits (teil-)entrichtet und damit zurückzugewähren ist oder noch in vollem Umfang geschuldet wird (vgl. z.B. [[[[X.].].].]-Urteil vom 19.08.2003 - VIII R 67/02, [[[[X.].].].], 309, [[[[X.].].].] 2004, 107, unter 3., m.w.[[[[X.].].].]).

Hat der Erwerber seine Gegenleistungspflicht demgegenüber noch nicht erbracht, sind sämtliche Änderungen zwischen der Begründung der Forderung auf die Gegenleistung und deren Erfüllung bei der Ermittlung des [[[[X.].].].] zu berücksichtigen; auf die Ursache der Störung kommt es dann nicht an (vgl. z.B. [[[[X.].].].]-Urteile vom [[[[X.].].].], [[[[X.].].].], 324, [[[[X.].].].] 1994, 648, unter 2.; in [[[[X.].].].], 2067, Rz 45 ff., und in [[[[X.].].].], 326, [[[[X.].].].] 2016, 212, Rz 20).

e) Ist die nach Erfüllung des [[[[X.].].].] geleistete Zahlung jedoch Gegenstand eines selbständigen Rechtsgeschäfts, das nicht in sachlichem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung steht, wirkt diese nicht auf den Veräußerungszeitpunkt zurück (vgl. z.B. [[[[X.].].].]surteil vom 04.10.2016 - I[[[X.].].] R 8/15, [[[[X.].].].], 436, [[[[X.].].].] 2017, 316, Rz 13, m.w.[[[[X.].].].]). Stellt das "neue" Rechtsgeschäft einen eigenen Rechtsgrund für die Leistung mit eigener wirtschaftlicher und gegebenenfalls steuerlich relevanter Bedeutung dar, was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn das ursprüngliche Rechtsgeschäft nicht wegen einer Leistungsstörung, einer Störung in der Geschäftsgrundlage, aufgrund Anfechtung oder einer auflösenden Bedingung rückabgewickelt oder geändert wird und auch die Auslegung oder Wirksamkeit des ursprünglichen Vertrags nicht streitig ist (vgl. dazu z.B. [[[[X.].].].]-Urteil vom 19.08.2009 - I R 3/09, [[[[X.].].].], 486, [[[[X.].].].] 2010, 249, unter [[[[X.].].].], m.w.[[[[X.].].].]), verbleibt es regelmäßig bei dem im Steuerrecht geltenden Grundsatz, dass allein die nachträgliche einvernehmliche Abänderung eines bereits tatsächlich verwirklichten Sachverhalts grundsätzlich nicht für dessen rückwirkende Korrektur genügt (vgl. hierzu z.B. [[[[X.].].].]surteil vom 23.05.2012 - I[[[X.].].] R 32/11, [[[[X.].].].], 234, [[[[X.].].].] 2012, 675, Rz 18 ff., und [[[[X.].].].]/[[[[X.].].].], EStG, 38. Aufl., § 2 Rz 50, m.w.[[[[X.].].].]).

5. Nach diesen Maßstäben wirken weder die Optionsrechtsausübung noch die Einbuchung der Aktien in das Bankdepot des [[[[X.].].].] auf den Zeitpunkt der Veräußerung der Beteiligungen zurück. Die Wertsteigerung der [[[[X.].].].] nach Einräumung der Aktienoption erhöht nicht den im Streitjahr 1997 zwischen dem Kläger und der [[[[X.].].].] vereinbarten Veräußerungspreis und ist damit auch nicht beim Veräußerungsgewinn des [[[[X.].].].] im Streitjahr 1997 zu erfassen.

a) Im Ausgangspunkt zu Recht ist das [[[[X.].].].] davon ausgegangen, dass eine materiell-rechtliche Rückwirkung im Streitfall nur angenommen werden kann, wenn der Rechtsgrund für die spätere (zusätzliche) Leistung im ursprünglichen Rechtsgeschäft bereits angelegt war. Die [[[[X.].].].] hatte im Streitjahr 1997 ihre Gegenleistungspflicht vollständig erfüllt und die Anteilsveräußerung war vollzogen.

b) Zu Unrecht hat das [[[[X.].].].] jedoch angenommen, dass die spätere (zusätzliche) Leistung im ursprünglichen Vertrag angelegt gewesen sei. Das war bereits aus rechtlichen Gründen nicht der Fall. Die Formel der Rechtsprechung, dass die spätere Änderung einer bereits bewirkten Gegenleistung im ursprünglichen Rechtsgeschäft bereits angelegt gewesen sein muss, reicht nicht so weit, wie sie das [[[[X.].].].] verstanden hat.

aa) Es genügt nicht jede nachträgliche Wertveränderung am Gegenstand der Gegenleistung, wie sie insbesondere bei [[[[X.].].].] niemals ganz ausgeschlossen werden kann. Im Grundsatz geht nämlich mit vollständiger Erfüllung der Gegenleistungsverpflichtung auch die Gefahr einer nachträglichen Wertveränderung auf den Empfänger der Leistung über. Nachträgliche Wertveränderungen sind daher weder Teil der geschuldeten Gegenleistung noch modifizieren sie die bereits erfüllte Gegenleistungspflicht. Anders ist dies --wie dargestellt-- wenn der Veräußerungsvorgang selbst mit einem Mangel behaftet ist (z.B. zivilrechtlich beachtliche Leistungsstörung), der zur Minderung, Erhöhung oder erstmaligen Fixierung der Gegenleistung oder zur gänzlichen Rückabwicklung des ursprünglichen Vertragsverhältnisses führt. Daran knüpft die Rechtsprechung des [[[[X.].].].] erkennbar an.

bb) Nach den Feststellungen des [[[[X.].].].] hatte die [[[[X.].].].] als Erwerberin der Beteiligungen ihre Gegenleistungspflicht mit der Einräumung des Optionsrechts durch [[[X.].].] bereits zum 31.12.1997 vertragsgemäß erfüllt. Damit gingen die Chance und das Risiko, dass die Option --auch unter Berücksichtigung ihrer fehlenden [[[X.].].] nachträglich im Wert steigen oder fallen könnte, auf den Kläger über, ohne die bereits erfüllte Gegenleistungspflicht zu modifizieren. Es kann damit offenbleiben, ob beim Optionsrecht selbst eine nachträgliche Wertveränderung überhaupt eingetreten ist, da eine solche ohnehin den Veräußerungspreis nicht mehr beeinflusst hätte.

cc) Nichts anderes gilt für Wertveränderungen des Basiswerts. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die nachfolgende Ausübung des Optionsrechts gegenüber der [[[X.].].] ein ausschließlich vom Willen des Optionsnehmers abhängiger und hier rechtlich selbständiger Vorgang war und auch deshalb nicht mehr im ursprünglichen Rechtsgeschäft (Verpflichtung zur Einräumung der Option) angelegt. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Streitfall auch grundlegend vom [[[[X.].].].]-Urteil vom 11.07.2006 - VIII R 32/04 ([[[[X.].].].]E 214, 326, [[[[X.].].].] 2007, 296), in dem nicht nur das Risiko des Wertverlusts der Anteilsrechte und die Chance ihrer Wertsteigerung dem Inhaber der Kaufoption zugewiesen wurden, sondern darüber hinaus --in Folge der Kombination von Ankaufs- und Andienungsrecht (sog. Doppeloption) -- auch der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums der Anteilsrechte in Betracht kommt.

Eine abweichende Beurteilung folgt schließlich auch nicht daraus, dass die Vertragsparteien mit der Einräumung der Option wohl übereinstimmend die Erwartung verbanden, dass der Kläger von einer positiven Kursentwicklung der Aktien der [[[X.].].] profitieren sollte, da diese Erwartung vorliegend keine rechtliche Bedeutung hatte. Hätte sich die Erwartung nicht erfüllt, wäre die Gegenleistungspflicht der [[[[X.].].].] nicht angepasst worden. Tritt die Wertsteigerung --wie erwartet-- ein, gilt nichts anderes. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die Schlussfolgerung des [[[[X.].].].], die Vertragsparteien hätten bei Abschluss des Kauf- und Übertragungsvertrags bzw. Geschäftsführervertrags im Streitjahr 1997 noch keine abschließende Einigung über den Veräußerungspreis (bzw. dessen Höhe) erzielt, als grundlos.

6. Zwar ist dem [[[[X.].].].] insoweit zuzustimmen, dass in einer Option regelmäßig ein eigener Wert liegen kann. Dieser Wert wäre durch das [[[[X.].].].] zu prüfen gewesen. Ausnahmsweise kann der [[[[X.].].].] die notwendige Würdigung auf der Grundlage der vom [[[[X.].].].] getroffenen Feststellungen, die vom Kläger jedenfalls nach der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr mit Verfahrensrügen angegriffen werden, im Streitfall aber selbst vornehmen (vgl. dazu z.B. [[[[X.].].].]-Urteil vom 22.08.2007 - III R 89/06, [[[[X.].].].] 2008, 351, unter II.2., m.w.[[[[X.].].].]). Hiernach war der Veräußerungspreis auch nicht unter Berücksichtigung des Werts der Option nachträglich zu erhöhen, da dieser aufgrund der für den Streitfall maßgeblichen Besonderheiten mit Null DM anzusetzen ist. Auf der Grundlage der Feststellungen des [[[[X.].].].] steht fest, dass eine Übertragung der Aktienoption allein durch den Kläger nicht möglich war. Aus diesem Grund ist auch nicht anzunehmen, dass ein Erwerber für die streitgegenständliche Option etwas gezahlt hätte.

7. Die Sache ist spruchreif. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und der Einkommensteuerbescheid 1997, zuletzt geändert durch [[[[X.].].].] vom 28.11.2017, mit der Maßgabe abzuändern, dass die Einkünfte des [[[[X.].].].] aus Veräußerungsgewinnen in Höhe von … DM angesetzt werden.

8. Die Ermittlung und Berechnung der festzusetzenden [X.] nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung wird dem [[[[X.].].].] gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 121 Satz 1 [[[[X.].].].]O übertragen.

Meta

IX R 7/18

04.02.2020

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 11. Oktober 2017, Az: 11 K 1978/15 E, Urteil

§ 17 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 17 Abs 2 S 1 EStG 1997, § 127 FGO, § 68 FGO, § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, § 38 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.02.2020, Az. IX R 7/18 (REWIS RS 2020, 3431)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3431

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Besserungsoption kein rückwirkendes Ereignis


IX R 7/16 (Bundesfinanzhof)

Berücksichtigung der Werthaltigkeit einer Forderung bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns - Vorliegen einer verdeckten Einlage


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1 StR 209/22

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