Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2008, Az. VIII ZR 280/07

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2905

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 9. Juli 2008 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 566 Abs. 1 Der neue Eigentümer vermieteten Wohnraums tritt auch dann anstelle des [X.] in die Rechte und Pflichten aus bestehenden Mietverhältnissen ein, wenn er das Eigentum nicht durch ein Veräußerungsgeschäft, sondern kraft Gesetzes erwirbt.

[X.], Urteil vom 9. Juli 2008 - [X.]/07 - [X.]AG Schöneberg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2008 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] sowie die Richterinnen [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 14. September 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlan-gens. Mit Vertrag vom [X.] mietete der Beklagte von der [X.] (Bundesfinanzverwaltung, vertreten durch das Bun-desvermögensamt [X.]) eine Wohnung in der [X.] in [X.]. 1 Aufgrund des Gesetzes zur Gründung einer [X.] ([X.] vom 9. Dezember 2004, [X.] I S. 3235, künftig: [X.]) ging mit Wirkung vom 1. Januar 2005 das Eigentum an dem Grundstück [X.] auf die Klägerin über. 2 - 3 - Mit Schreiben vom 23. Mai 2006 verlangte die Klägerin die Zustimmung des Beklagten zur Erhöhung der monatlichen Grundmiete von 598,51 • auf 718,21 •. Da der Beklagte der Erhöhung nicht zustimmte, hat die Klägerin hier-auf Klage erhoben. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 4 I. Das [X.] hat ausgeführt: 5 Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Sie sei zwar nach § 2 Abs. 2 [X.] Eigentümerin des Grundstücks J.

straße 6 in [X.]

geworden, nicht aber dadurch auch Vermieterin gegenüber dem Beklagten. Deshalb sei sie auch nicht berechtigt, die Zustimmung zur Mieterhöhung zu fordern. Der allgemeine schuldrechtliche Grundsatz, dass Rechte und Pflichten aus [X.] nur zwischen den am Schuldverhältnis beteiligten Parteien entstünden, sei nur ausnahmsweise durch § 566 BGB durchbrochen, um den Mieter gegen eine vorzeitige "Austreibung" zu schützen. Als Ausnahmeregelung sei die Vorschrift eng auszulegen und regelmäßig einer Ausweitung durch analoge Anwendung auf ähnliche Sachverhalte nicht zugänglich. Dadurch entstehe auch keine [X.] im System des Mieterschutzes. In Fällen wie dem vorliegenden könnten vielmehr Mieter einem eventuellen Herausgabeanspruch des Eigentümers [X.] - sprechend § 986 Abs. 2 BGB die Einwendung nach §§ 404 ff. BGB entgegen-halten. II. 7 Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die Aktivlegitimation der Klägerin verneint. 1. Im Ausgangspunkt zutreffend, hat das [X.] allerdings eine Vermieterstellung der Klägerin aufgrund einer unmittelbaren Anwendung von § 566 Abs. 1 BGB nicht angenommen. Ein Veräußerungsvorgang zwischen der vormaligen und jetzigen Eigentümerin hat nicht stattgefunden. 8 2. Rechtsfehlerhaft hat indes das [X.] auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine Analogie liegen vor. 9 a) Das Gesetz weist eine planwidrige Regelungslücke auf. Mit § 566 BGB soll - wie mit der Vorgängervorschrift § 571 BGB aF - verhindert werden, dass ein Mieter, der von dem oder den Eigentümern gemietet hat, ohne sein Zutun plötzlich einem oder mehreren Vermietern gegenübersteht, die nicht mehr Eigentümer sind, und einem oder mehreren Eigentümern, die nicht durch einen Mietvertrag an ihn gebunden sind ([X.] 138, 82, 86). Die Norm betrifft allerdings nach ihrem Wortlaut allein eine Änderung auf der [X.] kraft Rechtsgeschäfts. Eine solche Rechtsänderung kann aber auch aufgrund originären [X.] stattfinden. Der Wortlaut der Norm erfasst eine Rechtsänderung auf dieser Grundlage nicht. Da ein Mieter jedoch in diesem Fall ebenso schutzwürdig ist, hat bereits das [X.] entschieden, dass 10 - 5 - § 571 BGB aF - die Vorgängervorschrift zu § 566 BGB - auch in diesen Fällen entsprechend anzuwenden ist ([X.], 166, 167). 11 b) Der dargestellte Zweck der Regelung erfordert deren Anwendung auch dann, wenn der Eigentümerwechsel weder auf Rechtsgeschäft noch auf einem originären Erwerb beruht, sondern - wie hier - kraft Gesetzes eintritt. Die grundsätzliche Anwendung von § 566 BGB auch dann, wenn ein Veräuße-rungsgeschäft als Grund einer Rechtsänderung fehlt, liegt nahe, weil nicht das Veräußerungsgeschäft als solches, sondern der daran sich anschließende Er-werb des Grundeigentums das rechtserhebliche Ereignis ist, an welches das Gesetz den [X.] auf der Vermieterseite und die Verpflichtung des neuen Eigentümers zur Fortsetzung und Weitererfüllung des von seinem Vorgänger im Eigentum abgeschlossenen Mietvertrages knüpft ([X.] aaO, 167). c) Gegen eine analoge Anwendung von § 566 BGB bei einem Eigentü-merwechsel kraft Gesetzes spricht nicht der Umstand, dass es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt. Zwar enthält § 566 BGB eine Sonderbestimmung, aber eine Sonderbestimmung, die nur Ausfluss des allgemeinen Rechtsgedan-kens ist, dass ein Grundstücksmieter durch einen Eigentumswechsel in seinen Mieterrechten nicht beeinträchtigt werden darf ([X.] aaO, 167). Auch die vom Berufungsgericht angeführte Entscheidung des Senats ([X.] 107, 315 ff.) spricht nicht gegen eine entsprechende Anwendung im vorgenannten Sinne. In jener Entscheidung hat der Senat die analoge Anwendung des § 571 BGB aF auf Fälle abgelehnt, in denen - wie in dem dort zu entscheidenden Fall - keine Änderung der dinglichen Rechtszuständigkeit des Vermieters an dem [X.] stattgefunden hat (aaO [X.]). Um eine dingliche Rechtsänderung auf Seiten des Vermieters geht es hier aber gerade. 12 - 6 - Auf die Erwägung des [X.]s, der Mieter bedürfe des Schutzes des § 566 BGB nicht, weil er aufgrund der entsprechend anzuwendenden Vor-schrift des § 986 Abs. 2 BGB als unmittelbarer Besitzer dem neuen Eigentümer —die Einwendungen der §§ 404 ff. [X.] entgegenhalten könne, so dass ihm die Rechte des Mieters erhalten blieben, kommt es danach nicht mehr an. 13 14 Ist sonach im Streitfall § 566 BGB entsprechend anzuwenden, kann die Aktivlegitimation der Klägerin nicht verneint werden. III. Auf die Revision der Klägerin ist daher das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Zur eigenen Sachentscheidung ist der Senat nicht in der Lage, weil es weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf. 15 Ball [X.]

[X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 17.01.2007 - 104a [X.][X.], Entscheidung vom 14.09.2007 - 63 S 84/07 -

Meta

VIII ZR 280/07

09.07.2008

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2008, Az. VIII ZR 280/07 (REWIS RS 2008, 2905)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2905

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