Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.12.2012, Az. IX R 34/11

9. Senat | REWIS RS 2012, 559

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 11.12.2012 IX R 7/12 - Wesentliche Beteiligung innerhalb der letzten fünf Jahre i.S. des § 17 Abs. 1 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002)


Leitsatz

NV: Der Beteiligungsbegriff gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 ist veranlagungszeitraumbezogen auszulegen, indem das Tatbestandsmerkmal "innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt" in § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG für jeden abgeschlossenen Veranlagungszeitraum nach der in diesem Veranlagungszeitraum jeweils geltenden Beteiligungsgrenze zu bestimmen ist.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit 1995 mit Geschäftsanteilen von 14,5 % an einer GmbH beteiligt. Diese Beteiligung wurde durch mehrere Verkäufe, zuletzt am 5. Dezember 1997, auf 9,9 % vermindert. Am 19. Juni des Streitjahres (2000) veräußerte der Kläger seine Geschäftsanteile für [X.].

2

Der Kläger teilte diesen Sachverhalt dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) mit und [X.] dabei die Auffassung, mit seiner Veräußerung keinen Steuertatbestand erfüllt zu haben. Indes erfasste das [X.] im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, mit dem es den Kläger und seine Ehefrau, die Klägerin, zur Einkommensteuer zusammenveranlagte, einen Veräußerungsgewinn von [X.]. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ruhte zunächst. Nachdem das [X.] ([X.]) mit Beschluss vom 7. Juli 2010  2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 ([X.]E 127, 61 ff., [X.], 1296, [X.], 86) entschieden hatte, unterwarf das Finanzgericht ([X.]) einen Veräußerungsgewinn (Wertsteigerungen vom 1. April 1999 bis zur Veräußerung) nach § 17 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des [X.] 1999/2000/2002 ([X.]) vom 24. März 1999 ([X.], 402) von [X.] der Besteuerung, auf dessen Höhe sich die Beteiligten verständigt hatten.

3

Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter, dass der Gewinn des [X.] aus der Veräußerung seiner Beteiligung nicht steuerbar sei. Die Neubestimmung der [X.] wirke nicht auf die Zeit vor dem 1. Januar 1999 zurück.

4

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2002, zuletzt geändert mit [X.] vom 28. Januar 2005, in der Weise zu ändern, dass kein Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG der Besteuerung zu Grunde gelegt wird.

5

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Das [X.] habe über einen gleichen Sachverhalt wie dem vorliegenden entschieden. Es habe nicht die Besteuerung insgesamt unterbunden, sondern nur die Besteuerung der Wertzuwächse bis zum 31. März 1999 davon ausgenommen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), indem der Klage stattzugeben und die Einkommensteuer für das Streitjahr festzusetzen ist, ohne dabei einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG zu berücksichtigen.

8

1. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es § 17 Abs. 1 EStG verletzt. Der Kläger erfüllt mit der Anteilsveräußerung im Streitjahr keinen Steuertatbestand.

9

a) Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der [X.] wesentlich beteiligt war. Eine wesentliche Beteiligung ist gegeben, wenn der Veräußerer an der [X.] zu mindestens 10 % unmittelbar oder mittelbar beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG).

b) Diese Fassung des Gesetzes ist gemäß § 52 Abs. 1 EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 1999 anzuwenden. Veräußert also jemand im [X.] oder 2000 eine Beteiligung von 10 %, ist dieser Vorgang steuerbar. Veräußert er allerdings eine Beteiligung von --wie im [X.] lediglich 9,9 %, liegt ein steuerbares Veräußerungsgeschäft nur vor, wenn er innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der [X.] wesentlich beteiligt war. Da die Wesentlichkeitsgrenze von 10 % nach § 52 Abs. 1 EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 1999 gilt, folgt daraus umgekehrt zugleich, dass sie für frühere Veranlagungszeiträume nicht anwendbar ist. Deshalb ist es unerheblich, ob der Steuerpflichtige, der im Jahr 2000 eine Beteiligung unter 10 % veräußert, innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der [X.] über 10 % (hier 14,5 %), aber bis einschließlich 25 % beteiligt war. Denn in den [X.] vor 1999 war eine wesentliche Beteiligung nur dann gegeben, wenn der Veräußerer an der [X.] zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt war (so § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in früheren Fassungen).

Dementsprechend legt der [X.] den Beteiligungsbegriff gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG i.d.F. des [X.] 1999/2000/2002 veranlagungszeitraumbezogen aus, indem das Tatbestandsmerkmal "innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der [X.] wesentlich beteiligt" in § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG für jeden abgeschlossenen Veranlagungszeitraum nach der in diesem Veranlagungszeitraum jeweils geltenden Beteiligungsgrenze zu bestimmen ist. Zur weiteren Begründung und, um Wiederholungen zu vermeiden, verweist der Senat auf seine Entscheidung vom 11. Dezember 2012 IX R 7/12.

2. Da das [X.] diesen Maßstäben nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist stattzugeben. Der Kläger erfüllt mit seiner Veräußerung im Streitjahr keinen Steuertatbestand. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist zu ändern und die Einkommensteuer für das Streitjahr ohne Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinns von 986.316 DM festzusetzen. Das [X.] muss die Einkommensteuer nach § 100 Abs. 2 Satz 2, § 121 FGO entsprechend berechnen.

Meta

IX R 34/11

11.12.2012

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 30. August 2011, Az: 13 K 200/03 E, Urteil

§ 17 Abs 1 EStG 1997 vom 24.03.1999, § 52 Abs 1 EStG 1997 vom 24.03.1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.12.2012, Az. IX R 34/11 (REWIS RS 2012, 559)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 559

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