Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2014, Az. StB 8/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 4414

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

StB 8/14
vom
2. Juli 2014
in dem Ermittlungsverfahren
gegen

wegen
mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen [X.]
hier:
Beschwerde des Beschuldigten gegen den Haftbefehl des Ermittlungs-richters des [X.] vom 28.
März 2014

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie des Beschwerdeführers und seines Verteidigers am 2. Juli 2014 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:

1. Auf die
Beschwerde
des Beschuldigten wird der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.] vom 28. März 2014
-
2 [X.] 103/14 -
neu gefasst:

Der Beschuldigte ist in Untersuchungshaft zu nehmen.

Er ist dringend verdächtig, sich von Juli bis September 2013 in [X.] als Mitglied an der dort bestehenden [X.] "[X.] ash-Sham" beteiligt zu haben, deren Zwecke und Tätigkeiten [X.] gerichtet sind, Tötungsdelikte zu begehen, und sich um den 5.
August 2013 aus Anlass von deren Kampfhandlungen gegen die [X.] in der Region [X.] mit Videoaufnahmen zum Zwecke der Verwendung in einem Propagandafilm der [X.] befasst zu haben (mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen [X.] im Ausland außerhalb der [X.], strafbar nach § 129a Abs.
1, §
129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB).

2. Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.

3. Der Beschuldigte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

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Gründe:
I.

Der Beschuldigte wurde am 26. September 2013 in einem anderweitig gegen ihn geführten Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das [X.] vorläufig festgenommen und am 27. September 2013
in Untersuchungshaft genommen. Seitdem befindet er sich in jenem Verfahren ununterbrochen in Haft; derzeit verbüßt er die dort rechtskräftig verhängte Freiheitsstrafe von sechs Monaten.

Gegenstand des angefochtenen Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.] vom 28. März 2014 -
2 [X.] 103/14 -
ist der Vorwurf, der Beschuldigte, ein [X.] Staatsangehöriger, habe sich von Juli bis [X.] 2013 in [X.] als Mitglied an zwei im Ausland bestehenden [X.]en -
"[X.] ash-Sham" sowie "[X.] [X.] und [X.] ([X.])" -
be-teiligt, deren Zwecke und Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord, Totschlag, erpresserischen Menschenraub oder Geiselnahme zu begehen. Nach seiner Ausreise aus der [X.] über die [X.] nach [X.] Mit-te Juli 2013 habe er sich dort zunächst der [X.], an der Herstellung von Propagandamaterial für diese Organisati-on mitgewirkt und um den 5. August 2013 zusammen mit deren Kämpfern an Kampfhandlungen in der Region [X.] teilgenommen. Im weiteren Verlauf sei-nes Aufenthalts in [X.] habe er sich dann
der [X.] "[X.] [X.] und [X.] ([X.])" angeschlossen. Dem Beschuldigten sei deshalb vorzuwerfen, er habe sich tatmehrheitlich in zwei Fällen als Mitglied an einer terroristischen [X.] im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten
der Euro-päischen Union beteiligt (Verbrechen, strafbar nach § 129a Abs. 1, § 129b Abs.
1 Sätze 1 und 2, § 53 StGB).
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Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Haftbefehl des Ermitt-lungsrichters des [X.] hat teilweise Erfolg.

II.

Der Beschuldigte ist nach gegenwärtigem Stand der Ermittlungen ledig-lich dringend verdächtig, sich als Mitglied an der [X.] ash-Sham" beteiligt zu haben.

1. Der [X.] geht nach derzeitigem Ermittlungsstand von folgendem Sachverhalt aus:

a) "[X.] im [X.] und in [X.]/ad-Dawla al-Islamia
fil-Iraq [X.] ([X.]/[X.])"

Beim "[X.] im [X.] und in [X.]" handelt es sich um eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, einen das Gebiet des heutigen [X.] und die histo-rische Region "ash-Sham" -
die heutigen [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] -
umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottes-staat" zu errichten. Wer sich den Ansprüchen dieser [X.] entgegen-setzt, wird begriffen als "Feind des Islam"; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte hält sie für ein legitimes Mittel des Kampfes.

Die Organisation geht zurück auf die von [X.] Anfang 2004 als [X.] gegen die [X.] im [X.] gegründete
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"-Tauhid wal-Dschihad" ("Gemeinschaft des einen Gottes und des Kampfes"). Im Oktober 2004 leistete az-

(den Treueeid) auf [X.] bin Laden und dessen "[X.] [X.]" ("Organisation der Basis des [X.] im [X.]") und bekannt wurde als "[X.] im [X.] ([X.])". Im Dezember
2005 ernannte [X.] zu seinem Stellvertreter im [X.]. Die "[X.]" trat zunächst hervor mit Angriffen auf zivile Angehörige westli-cher [X.] im [X.], die Opfer von Anschlägen, Entführungen und -
auf so-dann verbreiteten Videofilmen festgehaltenen -
Hinrichtungen wurden. Ab [X.] 2005 verlegte sie sich auf medienwirksame Sprengstoffanschläge, vor-nehmlich in [X.] und im [X.], aber am 9. November 2005 auch auf mehrere Hotels in [X.]/[X.].

Anfang 2006 schloss sich die "[X.]" zunächst unter der Dachorganisation "[X.] der [X.] im [X.]" mit weiteren Gruppierungen zusam-men. Nach [X.] Tod im Juni 2006 rief dessen Nachfolger [X.] im Oktober 2006 einen das Gebiet von [X.] und mehrere Nordwest-provinzen umfassenden [X.] Staat aus und benannte den [X.] um in "[X.] fil-Iraq"
("[X.] im [X.]", "[X.]"). Die von [X.] gegen den "[X.]" ins Leben gerufene und mit Waffen ausge-rüstete, zeitweise bis zu 100.000 Stammesangehörige umfassende "Erwe-ckungsbewegung"
führte zu keiner entscheidenden Schwächung. So fielen den Autobomben-
und Selbstmordanschlägen des "[X.]"
im [X.] allein 2007 etwa 1.900 Menschen zum Opfer; 2008 bis 2012 kam es bei Anschlägen vor allem auf schiitische Moscheen und Pilger sowie auf frequentierte Märkte zu insge-samt etwa 3.000 Toten.

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Im Frühjahr 2010 wurde [X.] bei einer [X.] und der [X.] Regierungstruppen getötet. Sein Nachfolger wurde [X.]. Unter dessen Führung beteiligte sich der "[X.]"
nach dem am 11.
Februar 2012 veröffentlichten Aufruf des zwischenzeitlichen [X.]-Anführers [X.] an die Muslime des Nahen Ostens, den Kampf gegen das Assad-Regime aufzunehmen, auch am [X.]. [X.] kooperierte er unter anderem mit der 2011 gegründeten, vom [X.] [X.] angeführten Kämpfergruppe "Jabhat [X.] li Ahl ash-Sham"
("Hilfsfront für das syrische Volk"; "[X.]-Front"), deren Aktio-nen sich vornehmlich gegen Einrichtungen und Angehörige der [X.] richteten. Im April 2013 verkündete [X.] die [X.] von "[X.]"
und "[X.]"
zum "[X.] im [X.] und in [X.]/[X.] fil-Iraq [X.] ([X.]/[X.])". Dem widersprach [X.] und -Zawahiri, worauf dieser den [X.] annullierte und beide Parteien zur Beilegung ihrer Streitigkeiten auf der Grundlage einer Gebietsabgrenzung -
"[X.]"
im [X.], "[X.]"
in [X.] -
auf-rief. Dies führte zum Bruch [X.]s sowohl mit "al-"
als auch mit "[X.]". In Veröffentlichungen vom 15. und 28. Juni 2013 warf er [X.] die "Heiligsprechung"
des [X.] vor und erklärte "[X.]"
zum Teil des "[X.]"
sowie [X.] zum "Abtrünnigen".

Dem "[X.]"
gelang es, sich in einigen Regionen [X.] als Ord-nungsmacht festzusetzen. Aus dem Kampf gegen das Assad-Regime zog sich die Organisation in der Folge weitgehend zurück und konzentrierte sich auf die Machterhaltung in den von ihr beherrschten Gebieten. Angehörige anderer [X.] sowie die Teile der Zivilbevölkerung, die den [X.] "[X.]"
in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrich-tung ausgesetzt. Im August 2013 kam es bei Operationen mehrerer Gruppen in 10
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der Provinz [X.] unter der Führung des "[X.]"
zu Massakern unter der regie-rungstreuen alawitischen Zivilbevölkerung, denen 190 Menschen zum Opfer fielen; weitere ca. 200 wurden entführt. Unter den syrischen Oppositionsgrup-pen ist die Organisation wegen des von ihr eingeschlagenen Weges zwischen-zeitlich isoliert; teils im offenen Kampf gegen den "[X.]"
haben andere Grup-pierungen in einigen Regionen wieder die Oberhand gewonnen. Auch "al-"
distanzierte sich Mitte Mai
2014 ausdrücklich vom Vorgehen des "[X.]".

Wegen der Parteinahme der [X.] "[X.]"
für das Assad-Regime verübte der "[X.]"
ferner am 2. Januar 2014 einen Bombenanschlag in einem schiitischen Wohngebiet in [X.], der vier Menschen tötete und 77 ver-letzte. Daneben kam es zu weiteren Aktionen im [X.], so zu dem Überfall auf die Gefängnisse in [X.] und Tadshi am
22. Juli 2013 sowie einen Selbstmordanschlag in [X.] am 29. September 2013 mit jeweils mehreren [X.]. Anfang Juni 2014 gelang es ihm, die Stadt [X.] unter seine Ge-walt zu bringen.

Die Führung des "[X.]"
besteht aus [X.]", derzeit [X.], dem "Minister"
als Verantwortliche für einzelne Bereiche unterstellt sind, so ein "[X.]"
und ein "Propagandaminister". Zugeordnet sind der Führungsebene beratende "[X.]"
sowie "Gerichte", die über die Ein-haltung der Regeln der Sharia wachen. Veröffentlichungen werden in der [X.]"
produziert und über die Medienstelle "al-"
ver-breitet. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der [X.] besteht aus dem "Prophetensiegel", einem weißen Oval mit der Inschrift: "Allah -
Rasul -
Muhammad", auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem islami-schen Glaubensbekenntnis.

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Die etwa 10.000 Kämpfer -
im [X.] bestehend aus sunnitischen Teilen der ehemaligen [X.] von [X.] -
sind dem "[X.]"
unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.

b) "Armee der Emigranten und der Unterstützer/[X.]
wal-[X.] (JAMWA)"

Der aus [X.] stammende ethnische Tschetschene [X.], Kampfname [X.] [X.], der bereits in [X.] und in [X.] an kriegerischen Auseinandersetzungen mit der [X.] teilgenommen hatte, gründete im [X.] 2012 die militant-fundamentalistische
Gruppierung "[X.] al-Muhajirin"
("Brigade der [X.]") mit dem Ziel, in den [X.] einzugreifen, dort gegen die [X.] zu kämpfen und so die Errichtung eines [X.] Staates vo-ranzutreiben. Die Gruppierung war personell verflochten mit der vom tschet-schenischen Separatisten [X.] angeführten, im [X.] ope-rierenden militanten Organisation "[X.]", die für sich auch die Führungsrolle gegenüber der mehrheitlich aus [X.], aber auch an-deren nichtsyrischen Kämpfern bestehenden "Brigade der Emigranten"
in [X.] nahm. Im März 2013 vereinigte sich die "[X.] al-Muhajirin"
mit den militanten syrischen Gruppen "[X.]"
und ""
zur "[X.] wal-[X.]". Kommandeur blieb [X.] [X.]. Ab August 2013 verfocht er die Verschmelzung der "[X.] wal-[X.]"
mit dem "[X.]", deren Führer ihn in der Folge zum "Kommandierenden der nördlichen Region"
ausriefen. Innerhalb der Gruppierung führte dies zu [X.] und Auseinandersetzungen zwischen [X.] und seinem Stellvertreter [X.], der für die weitere Selbständigkeit der Gruppierung ein-14
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trat. In einer am 21. November 2013 verbreiteten Videobotschaft leistete [X.]"
des "[X.]", [X.]. Die Angehörigen der "[X.] wal-[X.]", die sich zu einem großen Teil dg-ten ihm indes nur in geringer Zahl. Etwa 200 der bis zu 1.000 Kämpfer führten die bisherige Organisation fort und ernannten im Dezember 2013 den von Dok-ku [X.]
bereits zuvor zum Repräsentanten des "[X.]"
in [X.] bestimmten [X.] Salahuddin [X.] zum neuen Kom-mandeur. [X.] [X.] selbst erklärte demgegenüber in seiner [X.] als [X.] der [X.] wal-[X.]"
in einer am 11. Dezember 20etwa 200 (anderen) Kämpfern auf [X.] sei die Organisation aufgelöst.

Die "[X.] wal-[X.]"
war [X.] organi-siert. Der Führung waren ein [X.] sowie ein Komitee für Fragen der [X.] beigeordnet. Die Öffentlichkeitsarbeit oblag einer eigenen Medienstelle. Als Kennzeichen verwendete die Gruppierung die Abbildung eines aufgeschlage-nen [X.], unter dem sich ein Schwert und über dem sich ein erhobener Zei-gefinger befindet. Überschrieben ist diese Darstellung in [X.] mit dem Namen der Organisation sowie den Worten "[X.], das die Rich-tung weist -
ein Schwert, das siegt".

Ihr Kampfgebiet sah die Gruppierung im Wesentlichen im [X.]. Im Zusammenwirken mit anderen Organisationen, deren Kommando sie sich zeitweise unterstellte, war sie mehrfach an Angriffen auf militärische Ein-richtungen der [X.] im Umkreis von [X.] beteiligt, so an der Ein-nahme einer Scud-Raketenbasis im Oktober 2012 und zweier Stützpunkte des 17
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Heeres im Dezember 2012 und im Februar 2013. Im August 2013 spielte sie eine Schlüsselrolle bei der Einnahme einer Luftwaffenbasis. Berichte, wonach sich die "[X.] wal-[X.]"
im selben Monat unter dem Kommando des "[X.]"
an den oben geschilderten Massakern und Entführungen im Raum [X.] beteiligt haben soll, lassen sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit bestätigen. Eine Verwechslung mit einer in der Provinz [X.] operierenden, von einem libyschen Staatsangehörigen geführten [X.] namens "-Muhajirin"
ist nicht auszuschließen.

c) "[X.]Soldaten [X.]s"

Ebenfalls dem personellen Umfeld des "[X.]"
zuzu-rechnen ist eine Gruppierung, die unter dem Namen "[X.]Soldaten [X.]s"
in den [X.] eingriff. Als deren Anfüh-rer trat der [X.] alias Muslim [X.] [X.] auf, der über Kampferfahrung aus den [X.] [X.]-kriegen
verfügte, zuletzt eine in [X.] operierende militant-[X.] gebunden war. Da ihm die Rückkehr nach [X.] nicht gelang, ent-schloss er sich 2012 zusammen mit einem Teil seiner Kämpfer, überwiegend [X.], aber auch Angehörige westlicher [X.], zur "hijrat"
(Aus-wanderung) nach [X.], um dort am Kampf gegen das [X.]. Verbündete sah Muslim [X.] vor allem in den dort operierenden Gruppen entsprechender Herkunft, so im "[X.] wal-[X.]"
bzw. der Vorgängerorganisation "[X.] al-Muhajirin". Insbesondere unterhielt er enge Beziehungen zu [X.] [X.],
dem Stellvertreter [X.] [X.]s. Nach der auch von Muslim [X.]
kritisierten Hinwendung [X.] [X.]s zum "[X.]"
vereinigten sich im Oktober 2013 die 19
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"[X.] ash-Sham"
mit [X.] [X.]
und seinen Anhängern sowie mit den von Abu Musa [X.] geführten "[X.] ash-Sham"
zu einer einheit-lichen Gruppe
unter einer Dreierspitze (bereits im Dezember 2013 leistete
[X.] ash--Jawlani). Sie sieht ihr Ziel vornehmlich in der Bündelung aller militärischen Kräfte gegen die
[X.] und wirft insbesondere dem "[X.]"
vor, das syrische Volk durch [X.] Vorgehen dem gemeinsamen Ziel entfremdet zu haben. Die Stärke der Gruppierung wird derzeit auf einige hundert Kämpfer geschätzt.

Im August 2013 beteiligte sich die Gruppierung maßgeblich an den Kämpfen gegen die Regierungstruppen um die Hügelkette von [X.] nahe La-takia. Ebenso nahm sie im Februar 2014 gemeinsam mit "[X.]"
am Angriff auf das Zentralgefängnis in [X.] teil; bei dieser Aktion kam [X.] [X.] ums Leben.

d) Zu den Tathandlungen des Beschuldigten im Einzelnen geht der [X.] nach Überprüfung des [X.] von folgendem Sachverhalt aus:

Spätestens am 10. Juli 2013 reiste der Beschuldigte von [X.] aus nach [X.] und schloss sich dort -
wie sein Vertrauter, der anderweitig verfolgte

[X.]

("Abu T.

") -
den "[X.] ash-Sham"
an. Zusammen mit [X.]

hielt er sich im August 2013 während der oben [X.] gegen die Regierungstruppen um die Hügelkette von [X.] bei den Kämpfern der "[X.] ash-Sham"
auf. Um Material für einen von den "[X.] ash-Sham"
hierüber geplanten Propagandafilm bereitzustellen, fertigte er am 5.
August 2013 Videoaufnahmen von dem die Kampfhandlungen erläuternden [X.]

, vom Gelände sowie von zwei getöteten Regierungssoldaten, die er 21
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vernehmlich unter anderem als "Hundekinder"
des "Hundes [X.]"
bezeich-nete. Tatsächlich wurde am 6. August 2013 im [X.] unter dem Titel "[X.] [X.] Sopka [X.]"
eine russischsprachige Videobotschaft von Muslim [X.] [X.] veröffentlicht, die über das Geschehen berichtete. Am 24.
September 2013 kehrte der Beschuldigte über [X.] nach [X.] zurück.

2. Danach ergibt sich:

a) Der Beschuldigte hat sich nach derzeitigem Kenntnistand nicht mit der für die Annahme eines dringenden Tatverdachts erforderlichen Wahrschein-lichkeit als Mitglied (auch) am "[X.]"
beteiligt.

aa) Als Mitglied an einer (kriminellen oder terroristischen) [X.] beteiligt sich, wer auf Dauer oder zumindest für längere Zeit an deren [X.] teilnimmt und unter Eingliederung in die Organisation und Unter-ordnung unter den Organisationswillen von innen her eine Tätigkeit zur Förde-rung der Ziele der Organisation entfaltet ([X.], Urteil vom 14. August 2009
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3 [X.], [X.]St 54, 69, 111). Eine Beteiligung muss danach gerichtet sein auf die aktive Teilnahme am [X.] und sich ausdrücken in akti-ven Handlungen zur Förderung von Aufbau, Fortbestand oder Tätigkeit der [X.]; eine nur passive, für das Wirken der [X.] bedeutungslose Mitgliedschaft genügt nicht ([X.], Beschluss vom 30. März 2001 -
StB 4/01, StB 5/01, [X.]St 46, 349, 356 f.;
Beschluss vom 22. Oktober 1979 -
StB 52/79, [X.]St 29, 114, 120 f.).

bb) Die bisherigen Ermittlungen haben keine für die Annahme dringen-den Tatverdachts ausreichenden Hinweise auf Handlungen des Angeklagten 24
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erbracht, die nach diesen Maßstäben auf eine Förderung der Ziele des "[X.]"
von innen her gerichtet waren.

(1) Bereits die Annahme einer (bloßen) Zugehörigkeit des Beschuldigten zum "[X.]"
findet derzeit im Ermittlungsergebnis keine hinreichende Stütze.

(a) Zwar waren auf einem in der Wohnung des Beschuldigten sicherge-stellten [X.] Lichtbilder abgespeichert, die am 21. September 2013 im [X.] gefertigt wurden und die den Beschuldigten un-ter äußeren Umständen zeigen, welche eine persönliche Identifikation mit den Zielen des "[X.]"
nahe legen (Vermerk des [X.] vom 14.
Januar 2014, [X.] 3.4.8, [X.] 248; Lichtbildvergleich des [X.] vom 19. Dezember 2013, [X.] 51; islamwissenschaftliche Bewertung des Landeskriminalamts
Berlin vom 16. Oktober 2013, [X.]). Der Beschuldigte ließ sich zusammen mit weiteren Personen mehrfach vor einer Flagge mit dem Symbol dieser Organisation ablichten. Dabei führte er ein Sturmgewehr "Ka-laschnikow"
und trug ein schwarzes Stirnband mit dem [X.] Glaubens-bekenntnis und dem "Prophetensiegel".
Die näheren Umstände, unter denen es zur Fertigung dieser Lichtbilder kam, bleiben indes offen. Hinweise auf ein konkretes Geschehen, das sich als Akt einer einvernehmlichen Aufnahme des Beschuldigten in die Organisation bewerten ließe, ergeben sich nicht.

(b) Hinzu kommt, dass der Beschuldigte nur wenige Tage nach diesen Aufnahmen nach [X.] zurückkehrte. Die Gründe hierfür sind ebenso offen (Vermerk des [X.] vom 29. November 2013, [X.] 58 ff., 62); [X.]

spricht gegenüber seiner Ehefrau

Ö.

davon, der Beschuldigte sei so lange aus [X.] weg gewesen, er habe etwas 28
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erledigen müssen (Telefongespräch am 19. Oktober 2013, [X.] 4.1 Band VII, [X.] 112, 113). Vor diesem Hintergrund bieten die Äußerungen [X.]

s
ge-genüber

Ö.

, er, [X.]

, bekomme das für seine gesundheitliche Re-habilitation benötigte Geld "von islamischem Stadt"
und "mache seinen [X.] weiter, und zwar im [X.]", er steige jetzt "noch eine Etage weiter"
(Vermerk des [X.] vom 4. Juni 2014 zur Kommunikation zwischen

[X.]

und

Ö.

; Gesprächsprotokolle vom 9. Oktober 2013, [X.] f., und vom 21. Oktober 2013, [X.]) keine hinreichende Grundlage für den Schluss, der Beschuldigte müsse (auch hier) in Einklang mit ihm gehandelt haben.

(c) Die (mutmaßliche) Identität der bei der abgelichteten Zusammenkunft am 21. September 2013 offensichtlich die Hauptrolle spielenden Person, deren Rufnummer auch mehrfach im Mobiltelefon des Beschuldigten abgespeichert war (vgl. Vermerk des [X.] vom 15. Januar 2014, Auswertung Asservat 4.2.1., [X.] 7 Band II [X.] 112, [X.]), ändert an dieser [X.] nichts. Nach den Ermittlungen des [X.] (Vermerk vom 14.
Januar 2014, [X.] 3.4.8, [X.] 248, S.
9 f.) und nach Erkenntnissen des [X.] (vgl. hierzu Vermerke des [X.] vom 19. März 2014, [X.] 5 [X.] 24 ff.) handelt es sich dabei wahrscheinlich um

G.

alias O.

, ei-nen ehemaligen Anführer der "[X.]/Islamische Bewegung der Freien [X.]s"[X.] geleis-tet haben und für den [X.]

als Gebetsrufer tätig geworden sein soll. Auch das [X.] hält indes die Anbindung des G.

an eine [X.] letztlich nicht für belegbar. Jedenfalls ist der Genannte aber weder ein hervorgehobener Repräsentant noch ein Angehöriger der engeren Führungsebene des "[X.]", der ohne Weiteres neue Mitglieder aufnehmen könnte oder zu dem nur enge Vertraute Zugang hätten.
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(2) Unabhängig davon mangelt es auch an Anhaltspunkten dafür, dass der Beschuldigte eine irgendwie geartete Tätigkeit zur Förderung der Ziele des "[X.]"
entfaltet hat. Die beim Beschuldigten sichergestellte Sammlung von [X.] militant-fundamentalistischen Inhalts rechtfertigt keine andere Bewertung, denn sie umfasste neben Veröffentlichungen, die der "al-"
zuzurechnen sind, offensichtlich wahllos auch solche der "Islamischen Bewe-gung [X.] (IBU)"
und der "Jabhat [X.]".

b) Dagegen ist der Beschuldigte dringend verdächtig, sich an den von Muslim [X.] [X.] geführten "[X.] ash-Sham"
als Mitglied [X.] zu haben. Nach Sichtung des beim Beschuldigten sichergestellten Video-materials geht zwar auch der [X.] davon aus, dass dessen Aufnahmen in dem schließlich am 6. August 2013 im [X.] unter dem Titel "[X.] [X.] Sopka [X.]"
veröffentlichten Propagandafilm dieser [X.] keine Ver-wendung fanden. Jedoch belegen diese Aufnahmen nicht nur die Einbindung des Beschuldigten in die genannte [X.], sondern auch den ihnen vom Beschuldigten zugedachten Verwendungszweck. So ist das Aufnahmegerät während der Dauer der Ausführungen [X.]

s zu den Kampfhandlungen der "[X.] ash-Sham"
gezielt auf diesen gerichtet. Die Folgeszenen sind mit ge-sprochenen Kommentaren unterlegt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit vom [X.] selbst herrühren und nach ihrem Inhalt nicht zufällig erschei-nen, sondern sich offensichtlich an künftige Betrachter richten. Die [X.] des Beschuldigten an dem Material wird durch das Stimmvergleichsgut-achten des [X.] vom 17. Februar 2014 in einer für die Annah-me dringenden Tatverdachts ausreichenden Weise belegt.

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3. Bei den "[X.] ash-Sham"
handelt es sich um eine [X.], de-ren Ziele jedenfalls auf die Begehung von Totschlag gerichtet sind (§ 129a Abs.
1 Nr. 1 StGB). Zwar beschränkt sie sich, soweit bisher ersichtlich, auf Kampfhandlungen gegen die [X.]; Angriffe auf zivile Ziele lehnt sie nach eigener Erklärung ihres Anführers ab. Der [X.] sieht jedoch auch nach den Erklärungen des "[X.] der Gruppe der Freunde des sy-rischen Volkes"
am 12. Dezember 2012 in [X.] keinen aus dem Völker-recht abzuleitenden Rechtfertigungsgrund für Gewalthandlungen gegen die [X.] oder andere Einrichtungen der in der [X.] bestehenden Regierung.

Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit der aus-ländischen terroristischen [X.] "[X.] ash-Sham"
hat das [X.] der Justiz am 28. März 2014 allgemein erteilt.

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III.

Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Der [X.] verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in der [X.] Entscheidung, die weder durch das Beschwerdevorbringen noch durch die aus der [X.] ersichtliche Beschränkung der den [X.] stützenden Tatvorwürfe entkräftet werden.

[X.]Schäfer Mayer
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Meta

StB 8/14

02.07.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2014, Az. StB 8/14 (REWIS RS 2014, 4414)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4414

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