Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2012, Az. XII ZB 130/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5453

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 130/12

vom

20. Juni 2012

in der Betreuungssache

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
20.
Juni 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dose
und die Richter
Dr.
[X.], Schilling, Dr.
Günter und Dr.
Botur
beschlossen:
Der Beteiligten
zu
2 wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und zur Begrün-dung der Rechtsbeschwerde gewährt.
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten
zu
2 gegen den Beschluss der 1.
Zivilkammer des [X.] vom 27.
Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei

131 Abs.
5 KostO).
[X.]: 3.000

Gründe:
A.
Die Beteiligte zu
2
begehrt als Betreuerin die Genehmigung einer Zwangsbehandlung
der Betroffenen.
Das Amtsgericht hat für die Betroffene, bei der [X.] eine para-noide Schizophrenie festgestellt wurde, die Betreuung unter anderem mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung angeordnet. Zudem hat es 1
2
-
3
-

die Unterbringung der Betroffenen
durch die Betreuerin gemäß §
1906 Abs.
1 Nr.
1 BGB bis Januar 2014 unter Hinweis darauf
genehmigt, dass wegen der drohenden Obdachlosigkeit eine Eigengefährdung drohe.
Den Antrag der Betreuerin, die Betroffene auch gegen ihren Willen medi-kamentös behandeln und dazu notfalls fixieren lassen zu dürfen, hat das [X.] unter Hinweis auf die Rechtsprechung des [X.] zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug und das Fehlen einer entsprechen-den Ermächtigungsgrundlage abgelehnt. Die gegen diesen Beschluss [X.] Beschwerde der Betreuerin hat das [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betreuerin mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbe-schwerde.

B.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das [X.] hat die [X.] der Zwangsbehandlung der Betroffenen zu Recht abgelehnt.

I.
Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Während die bisherige Rechtsprechung des [X.] im Rahmen des §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB unter bestimmten Voraussetzungen eine Zwangsbehandlung zugelassen habe, müssten die Voraussetzungen für eine Zwangsmedikation nunmehr an den verfassungsrechtlichen Maßstäben
der jüngsten Entscheidungen des [X.] gemessen werden. §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB
enthalte keine hinreichende Ermächtigung zur 3
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5
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4
-

zwangsweisen Durchsetzung einer Behandlung gegenüber der Betroffenen. Die Norm ermächtige
das Betreuungsgericht nach seinem Wortlaut nur dazu, die Unterbringung der Betroffenen zur Heilbehandlung zu genehmigen, also [X.] Maßnahmen anzuordnen, in deren Rahmen dann eine Heil-behandlung durchgeführt werden könne. Der Wortlaut enthalte keinerlei Hin-weis auf eine Zwangsbehandlung.
Zudem habe der Gesetzgeber ausdrücklich davon abgesehen, im Be-treuungsrecht eine Ermächtigung zur Zwangsbehandlung wie auch ein generel-les Verbot der Zwangsbehandlung zu regeln. Ein formelles Gesetz habe er also gerade nicht geschaffen.
Eine ausreichende gesetzliche Grundlage ergebe sich ebenso wenig aus §
1906 Abs.
4 BGB. Auch insoweit fehlten jegliche Kriterien dafür, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Fixierung zum Zwecke der Zwangsbe-handlung genehmigungsfähig sei. Entscheidend sei, dass der Zweck dieser Vorschrift die Regelung der gerichtlichen Genehmigungsbedürftigkeit bei [X.] der Bewegungsfreiheit sei.
Dass §
1906 BGB nach diesem Verständnis nur einen beschränkten An-wendungsbereich
habe, müsse angesichts der unmissverständlichen Vorgaben des [X.] hingenommen werden. Dabei sei nicht zu ver-kennen, dass es zumeist
dem
objektiven Wohl des Betroffenen entsprechen möge, eine Behandlung durchzuführen. Es bestehe die Gefahr, dass sich die derzeitige Situation, die eine
Behandlung gegen den Willen der
Betroffenen
trotz Behandlungsbedürftigkeit nicht zulasse, für alle Beteiligten unbefriedigend sei. Dieser Nachteil müsse angesichts der Schwere der Grundrechtseingriffe und des Fehlens einer klaren und bestimmten Eingriffsnorm hingenommen werden.
7
8
9
-
5
-

Die Ansicht, die Vorgaben des [X.] würden für den Bereich des Betreuungsrechts nicht
gelten, weil die §§
1896
ff. BGB ein geschlossenes Regelungssystem enthielten, dessen Schutzniveau den verfas-sungsrechtlichen Anforderungen sowohl in materieller als auch in verfahrens-rechtlicher Hinsicht gerecht würden, könne nicht überzeugen.
Die Betreuerin begehre auch nicht nur die Anordnung einer Unterbrin-gung an sich. Eine freiheitsentziehende Maßnahme sei zwischenzeitlich bereits durch den Beschluss des Amtsgerichts aufgrund des §
1906 Abs.
1 Nr.
1 BGB erfolgt und habe zum Zeitpunkt der Beschwerde bereits vorgelegen. Der Antrag der Betreuerin auf Unterbringung zur Heilbehandlung im Sinne des §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB verfolge vielmehr den Zweck, die von der Betroffenen [X.] medikamentöse Behandlung zwangsweise gegen ihren Willen durchzu-setzen. Eine solche Zwangsbehandlung sei aber -
wie vorstehend ausgeführt
-
nicht möglich. Eine Unterbringung nach §
1906 Abs.
1 Nr.
2
BGB, bei der die Heilbehandlung nicht durchgeführt werde oder werden könne, dürfe nicht ge-nehmigt werden.

II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.
1. Der Rechtsbeschwerde bleibt nicht bereits deshalb der Erfolg versagt, weil die Betroffene
wegen Selbstgefährdung nach §
1906 Abs.
1 Nr.
1 BGB un-tergebracht ist.

Zwar
kommt nach der bisherigen [X.]srechtsprechung die betreuungs-gerichtliche Genehmigung einer vom Betreuer veranlassten Zwangsbehandlung gegen den natürlichen Willen des im Rechtssinne einwilligungsunfähigen Be-10
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-
6
-

troffenen nur im Rahmen einer betreuungsrechtlichen Unterbringung zur Heil-behandlung nach §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB in Betracht ([X.], 141,
149
ff. =
[X.], 615, 617
f.).
Die Rechtsbeschwerde kann aber nicht allein deshalb zurückgewiesen werden, weil die Betroffene -
nur
-
nach §
1906 Abs.
1 Nr.
1
BGB untergebracht ist. Das Beschwerdegericht hat den Antrag der Betreuerin, die Betroffene auch gegen ihren Willen medikamentös behandeln und dazu notfalls auch fixieren lassen zu dürfen
bzw. ihren Antrag auf Genehmigung der Unterbringung er-sichtlich auch als einen Antrag auf Genehmigung der Unterbringung zur [X.] im Sinne des §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB ausgelegt.
Ausgehend von der Prämisse, dass nach der jüngsten verfassungsge-richtlichen
Rechtsprechung die Einwilligung des Betreuers in eine Zwangsbe-handlung nach §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB nicht mehr genehmigungsfähig ist, sind die weiteren Ausführungen des [X.] allerdings konse-quent, wonach eine Unterbringung nicht in Betracht kommt, weil
die [X.] nicht durchgeführt werden kann.
Deshalb kommt es für die Entschei-dung über die Rechtsbeschwerde maßgeblich darauf an, ob §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB auch unter Berücksichtigung der jüngsten verfassungsgerichtlichen Recht-sprechung die Genehmigung in die Einwilligung einer mit Zwangsbehandlung verbundenen Unterbringung noch zu rechtfertigen vermag.
2. Diese Frage ist zu verneinen; der [X.] hält an seiner [X.] insoweit nicht mehr fest.
a) Nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s umfasst die [X.] des Betreuers, in ärztliche Maßnahmen auch gegen den natürlichen Willen eines im Rechtssinne einwilligungsunfähigen Betroffenen einzuwilligen, im Rahmen einer betreuungsrechtlichen Unterbringung
zur Heilbehandlung
nach 15
16
17
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-
7
-

§
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB auch das Recht, erforderlichenfalls einen der ärztli-chen Maßnahme entgegenstehenden Willen des Betroffenen zu überwinden ([X.]sbeschluss [X.], 141, 149
ff. =
[X.], 615, 617
f.). Da eine medizinische Maßnahme nur dann als notwendig im Sinne von §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB angesehen werden könne, wenn sie rechtlich zulässig sei, könne der Betroffene auf dieser Rechtsgrundlage nur untergebracht werden, wenn er wäh-rend der Unterbringung auch behandelt werden dürfe. [X.] man die [X.] Überwindung eines der Behandlung entgegenstehenden Willens des Be-troffenen auch im Rahmen einer Unterbringungsmaßnahme als unzulässig an, würde der Anwendungsbereich des §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB von vornherein auf die -
eher seltenen
-
Fälle beschränkt, in denen der Betroffene zwar die Notwendigkeit der medizinischen Maßnahme bejahe oder jedenfalls trotz feh-lender Behandlungseinsicht keinen der medizinischen Maßnahme entgegen-stehenden natürlichen Willen manifestiere, er aber nicht die Notwendigkeit der Unterbringung einsehe. Die Vorschrift könne daher sinnvoll nur dahin ausgelegt werden, dass der Betroffene die notwendigen medizinischen Maßnahmen, in die der Betreuer zu seinem Wohl eingewilligt habe und derentwegen der Be-troffene untergebracht werden dürfe, unabhängig von seinem möglicherweise entgegenstehenden natürlichen Willen während der Unterbringung zu dulden habe ([X.]sbeschluss [X.], 141, 152 =
[X.], 615, 618). [X.] müsse in der Genehmigung einer Unterbringung nach §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB die von dem Betroffenen zu duldende Behandlung so präzise wie möglich angegeben werden, weil sich nur aus diesen Angaben der [X.] sowie Inhalt, Gegenstand und Ausmaß der vom Betroffenen zu dulden-den Behandlung hinreichend konkret und bestimmbar ergäben; dazu gehörten bei einer Behandlung durch Verabfolgung von Medikamenten in der Regel auch die möglichst genaue Angabe des Arzneimittels oder des Wirkstoffs und deren -
8
-

(Höchst-)Dosierung sowie [X.] ([X.]sbeschluss [X.], 141, 153
f. =
FamRZ
2006, 615, 618).
Aus dem Umstand, dass die Erzwingung medizinischer Maßnahmen ge-gen den Widerstand
des Betroffenen nur im Rahmen einer vom Betreuungsge-richt nach §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB genehmigten freiheitsentziehenden Unter-bringung zulässig sei, dürfe freilich nicht gefolgert werden, dass eine freiheits-entziehende Unterbringung immer schon dann vom Betreuer veranlasst werden dürfe, wenn eine medizinische Maßnahme notwendig sei, aber nur gegen den Widerstand
des
Betroffenen durchgeführt werden könne. §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB verlange nicht nur, dass die medizinische Maßnahme als solche notwen-dig sei. Die freiheitsentziehende Unterbringung müsse vielmehr auch ihrerseits erforderlich sein, damit die medizinische Maßnahme durchgeführt werden kön-ne. Sie sei in diesem Sinne erforderlich, wenn zu erwarten sei, dass der Be-troffene sich ohne die freiheitsentziehende Unterbringung der erforderlichen medizinischen Maßnahme räumlich, also etwa durch Fernbleiben oder "Weg-laufen", entziehe. Umgekehrt begründe die Erforderlichkeit der medizinischen Maßnahme ebenso wie die Erforderlichkeit, den dieser Maßnahme entgegen-stehenden Willen des Betroffenen zu überwinden, für sich genommen noch [X.] Notwendigkeit, den Betroffenen freiheitsentziehend unterzubringen, also et-wa auch dann, wenn der Betroffene sich der Maßnahme zwar physisch wider-setze, sich ihr aber nicht räumlich entziehe ([X.]sbeschluss vom 23.
Januar 2008 -
XII
ZB
185/07
-
FamRZ 2008, 866 Rn.
23).
Der [X.] hat ferner entschieden, dass die Genehmigung nur zulässig sei, wenn die Zwangsmedikation erforderlich und angemessen sei. Ob dies der Fall sei, bedürfe im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs einer besonders sorgfältigen Prüfung ([X.]sbeschluss vom 22.
September 2010

XII
ZB
135/10
-
FamRZ
2010, 1976 Rn.
8). Es liege auf der Hand, dass ein 19
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-

noch strengerer Prüfungsmaßstab anzulegen sei, wenn die Freiheitsentziehung mit einer Zwangsbehandlung des Betroffenen -
deren Zulässigkeit vorausge-setzt
-
verbunden werden solle. Dies folge schon daraus, dass in diesem Falle nicht nur die Unterbringung und ihre Dauer, sondern auch der mit der Zwangs-behandlung verbundene Eingriff und dessen Folgen in die gebotene Güterab-wägung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzubeziehen seien. Bei der Prüfung, ob eine -
insbesondere längerfristige
-
Behandlung eines [X.] Betroffenen unter Zwang dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch entspreche, seien an die Gewichtigkeit des ohne Behandlung drohenden Gesundheitsschadens, aber auch an die Heilungs-
bzw. [X.] strengere Anforderungen zu stellen. Dies lege gerade bei der Behandlung psy-chischer Erkrankungen eine besonders kritische Prüfung des therapeutischen Nutzens einer nur unter Zwang durchgeführten Medikation nahe ([X.]sbe-schluss [X.], 141, 146
f. =
[X.], 615, 616).
Schließlich sei ein Vorratsbeschluss für den Fall, dass der Betroffene sich gegen die Verabreichung von Medikamenten durch Spritzen wehren [X.], im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs unzulässig ([X.]sbeschluss vom 22.
September 2010 -
XII
ZB
135/10
-
FamRZ 2010, 1976 Rn.
11).
b) Das [X.] hat nunmehr in zwei grundlegenden Beschlüssen aus dem [X.] entschieden,
dass
die Zwangsbehandlung eines
im Maßregelvollzug Untergebrachten
nur auf der Grundlage eines Geset-zes zulässig sei, das die Voraussetzung für die Zulässigkeit des Eingriffs be-stimme ([X.] [X.], 1128
Rn.
72
und
2011, 1927 Rn.
38). Dies gelte nicht nur für die materiellen, sondern auch für die formellen [X.]. Die in verfahrensrechtlicher wie in materieller Hinsicht für die [X.] der Grundrechte wesentlichen Fragen bedürften gesetzlicher Regelun-gen ([X.] [X.], 1128 Rn.
72). Der Gesetzgeber sei gehalten, seine 21
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-
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-

Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnen-den Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich sei. Die notwendige
Bestimmtheit fehle
zwar
nicht schon deshalb, weil eine Norm [X.] sei. Die Betroffenen müssten jedoch die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können, und die gesetzesausführende Verwaltung müsse für ihr Verhalten steuernde und begrenzende [X.] vorfinden. Zur notwendigen Erkennbarkeit des Norminhalts gehöre
die Klarheit und, als deren Bestandteil, die Widerspruchsfreiheit der Norm. Die Anforderung an den Grad der Klarheit und Bestimmtheit seien umso strenger, je intensiver der Grundrechtseingriff sei, den
eine Norm vorsehe. Dabei könne auch der jeweilige Kreis der Normanwender und Normbetroffenen von Bedeu-tung sein ([X.] [X.], 1128 Rn.
73).
Dem [X.] einer Zwangsbehandlung stehe nicht entgegen, dass sie zum Zweck
der Heilung vorgenommen werde ([X.] [X.], 1128 Rn.
40). Krankheitsbedingte Einsichtsunfähigkeit eines Untergebrachten ändere ebenfalls nichts daran, dass eine gegen seinen natürlichen Willen erfol-gende Behandlung, die seine körperliche Integrität berühre, einen Eingriff in den Schutzbereich des Art.
2 Abs.
2 Satz
1 GG darstelle. Sie könne im Gegenteil dazu führen, dass der Eingriff von dem Betroffenen als besonders bedrohlich erlebt werde. Selbst die Einwilligung des Betreuers nehme daher der [X.] nicht den [X.]
([X.] [X.], 1128 Rn.
42), zumal der Eingriff für den Betroffenen nicht dadurch weniger belastend sei, dass gerade ein Betreuer ihr zugestimmt habe
([X.]
[X.], 1128 Rn.
71).
Der Gesetzgeber sei (allerdings) berechtigt, unter engen Voraussetzun-gen Behandlungsmaßnahmen gegen den natürlichen Willen des [X.] ausnahmsweise zu ermöglichen, wenn dieser zur Einsicht in die Schwe-re seiner Krankheit und die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen oder 23
24
-
11
-

zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig sei ([X.]
[X.], 1128 Rn.
49).
In materieller Hinsicht folge aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zunächst, dass Maßnahmen der Zwangsbehandlung nur eingesetzt werden dürften, wenn sie im Hinblick auf das Behandlungsziel, das ihren Einsatz recht-fertige, Erfolg versprächen
([X.] [X.], 1128 Rn.
57). Zwangsmaß-nahmen dürften ferner nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn mildere Mittel keinen Erfolg versprächen. Zudem
müsse der Zwangsbehandlung, soweit der Betroffene gesprächsfähig sei, der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von unzulässigem
Druck unternommene Versuch [X.] sein, seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erreichen ([X.] [X.], 1128 Rn.
58).
Grundsätzlich
sei eine Ankündigung erforderlich, die dem Betroffenen die Möglichkeit eröffne, vor Schaffung vollendeter Tatsachen eine gerichtliche Ent-scheidung herbeizuführen, auch wenn die Einwilligung eines gesetzlichen [X.] vorliege ([X.] [X.], 1128 Rn.
63). Allerdings dürfe
die [X.] der fachgerechten ärztlichen Reaktion auf individuelle Unterschiede nicht über Gebühr beeinträchtigt werden
([X.] [X.], 1128 Rn.
64), wobei die Anordnung und Überwachung einer medikamentösen Zwangsbehandlung durch einen Arzt
unabdingbar seien. Es sei notwendig, die Zwangsbehandlung zu dokumentieren. Art.
2 Abs.
2 GG fordere darüber hinaus spezielle verfah-rensmäßige Sicherungen
gegen die besonderen
situationsbedingten
Grund-rechtsgefährdungen, die sich ergäben, wenn über die Anordnung einer Zwangsbehandlung außerhalb akuter Notfälle allein die jeweilige Unterbrin-gungseinrichtung entscheide ([X.] [X.], 1128 Rn.
68). Die [X.] Befugnisse der Unterbringungseinrichtung und die dadurch einge-schränkten Möglichkeiten der Unterstützung und Begleitung durch Außenste-25
26
-
12
-

hende versetzten den Untergebrachten in eine Situation außerordentlicher [X.], in der er
besonderen Schutz dagegen
bedürfe, dass seine grund-rechtlich geschützten Belange etwa aufgrund von Eigeninteressen der Einrich-tung oder ihrer Mitarbeiter bei nicht aufgabengerechter Personalausstattung oder aufgrund von [X.] unzureichend gewürdigt würden ([X.] [X.], 1128 Rn.
69). Es seien keine durchgreifenden Gründe ersichtlich, derentwegen eine Betreuerlösung von [X.] wegen vorzugswürdiger
wäre beispielsweise gegenüber einem Richtervorbehalt
oder gegenüber der Beteiligung einer anderen neutralen Stelle.
Die Ausgestaltung der Art und [X.], in der sichergestellt werde, dass vor Durchführung einer Zwangsbehandlung eine -
sich nicht in bloßer Schreibtischroutine erschöpfende
-
Prüfung in gesi-cherter Unabhängigkeit von der Unterbringungseinrichtung stattfinde, sei Sache des jeweils zuständigen Gesetzgebers ([X.] [X.], 1128 Rn.
71).
c) Nach überwiegender Auffassung in der -
nach Erlass der Entschei-dung des [X.] vom 23.
März 2011 ([X.], 1128)
veröffentlichten
-
Rechtsprechung und Literatur fehlt es an einer den vorge-nannten verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Ermächti-gungsgrundlage für eine betreuungsrechtliche
Genehmigung der Zwangsbe-handlung ([X.] Beschluss vom 10.
Mai 2012 -
5
T
101/12
-
juris; [X.] Beschluss vom 16.
Februar 2012 -
2
T
35/12
-
juris;
AG
Ludwigsburg Beschluss vom 18.
Mai 2011 -
8
VII
257/11
-
juris
und FamRZ
2012, 739; AG
Bremen BtPrax 2012, 85
und NJW 2012, 1090; AG
Frankfurt
a.M.
Beschluss vom 29.
Februar 2012 -
49
[X.]
HOF
399/12
-
juris; Bienwald
FPR 2012, 4, 8; [X.] 2011, 249, 250; [X.] R&P 2011, 160, 163; [X.] Beschluss vom 21.
Mai 2012 -
83
T
163/12
-
juris; Olzen/[X.] BtPrax 2011, 233, 236
ff., 238).
27
-
13
-

d) Der [X.] teilt im Ergebnis diese Auffassung und gibt damit
seine Rechtsprechung auf, wonach Zwangsbehandlungen im Rahmen des §
1906 Abs.
1 Nr.
2
BGB grundsätzlich genehmigungsfähig sind
([X.]sbe-schlüsse [X.], 141 =
[X.], 615; vom 23.
Januar 2008

XII
ZB
185/07
-
FamRZ 2008, 866 und vom 22.
September 2010

XII
ZB
135/10
-
FamRZ
2010, 1976).
Nach Auffassung des [X.]s sind die Vorgaben des Bundesverfas-sungsgerichts
zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug im Wesentlichen auf die Zwangsbehandlung im Rahmen einer betreuungsrechtlichen Unterbringung zu übertragen. Die materiellen Vorschriften des Betreuungsrechts und die Ver-fahrensvorschriften des Gesetzes
über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.
Dezember
2008 ([X.]
I S.
2586 -
FamFG)
werden den Anforderungen, die das Bundesverfas-sungsgericht für die Zulässigkeit einer Zwangsbehandlung aufgestellt hat, nicht gerecht.
aa) Entgegen einer in Rechtsprechung und
Literatur vertretenen
Auffas-sung (vgl. Olzen/[X.] BtPrax 2011, 233, 237
mwN; s.
auch LG Berlin Beschluss vom 21.
Mai 2012 -
83
T
163/12
-
juris Rn.
19) finden die Grundrech-te auch bei der im Rahmen einer betreuungsrechtlichen Unterbringung stattfin-denden Zwangsbehandlung unmittelbar Anwendung. Wie der [X.] bereits in seiner Entscheidung aus dem [X.] ([X.], 141, 148 =
[X.], 615, 616
f.) ausgeführt hat, gilt im Verhältnis des Betreuers zum Betroffenen nichts anderes als in dem Verhältnis zwischen Vormund und Mündel. Hierzu hat das [X.] entschieden, dass der Vormund im Rahmen der Fürsorge eine öffentliche Funktion wahrnimmt und sich daher der Mündel auch gegenüber Handlungen des Vormunds auf seine Grundrechte berufen kann. Es verbiete sich, die Unterbringung volljähriger Geisteskranker durch den Vormund 28
29
30
-
14
-

rechtlich so zu würdigen, als ob sich die Freiheitsentziehung im Rahmen privat-rechtlicher Beziehung zwischen Staatsbürgern abspielte. Der Staat könne sich von der [X.] nicht dadurch befreien, dass er eine Privatperson zur Wahrung einer öffentlichen Aufgabe bestelle und ihm die Entscheidung über den Einsatz staatlicher Machtmittel überlasse (vgl. [X.]E 10, 302, 327).
Richtig ist allerdings, dass das Genehmigungserfordernis des §
1906 BGB die sich aus §§
1901, 1902 BGB
ergebende Rechtsmacht des Betreuers, nicht jedoch die Freiheit des Betroffenen einschränkt ([X.]
JZ 2006, 661, 663
f.). §
1906 BGB regelt also nicht den Eingriff in die Rechte des Betroffenen, sondern die Kontrolle des Betreuers wegen seiner dem Grunde nach [X.] unbeschränkten Vertretungsmacht
(vgl.
BT-Drucks. 11/4528 S.
83;
vgl. zum Vormund [X.]E 10, 302, 310; zum Bevollmächtigten [X.] FamRZ 2009, 945, 947).
Die sich hieran anschließende
Frage, ob sich die Kontrolle des von staatlichen Gerichten
bestellten Betreuers hinsichtlich der grundrechtsrele-vanten Eingriffe
an denselben Maßstäben messen lassen muss, die gelten, wenn der Staat die Maßnahmen, in die der Betreuer einwilligen will, selbst [X.] hätte, ist nach Auffassung des [X.]s zu bejahen.
Das [X.] geht auch bei der Genehmigung einer

von dem Betreuer veranlassten
-
Unterbringung von "einem
staatlichen Ein-griff"
aus ([X.] FamRZ
1998, 895, 896).
Zudem hat es ausgeführt, dass selbst die Einwilligung des Betreuers der (Zwangs-)Maßnahme nicht den [X.] nehme (vgl. [X.] [X.], 1128 Rn.
42). Auch wenn sich seine Handlungsbefugnisse nach der Dogmatik des Betreuungsrechts unmittel-bar aus §§
1901, 1902 BGB ergeben
(vgl. [X.] JZ 2006, 661, 663
f.), muss die gebotene staatliche Kontrolle inhaltlich den Anforderungen genügen, die das [X.] für eine an den Staat adressierte Ermächtigungs-grundlage fordert.
Dass die Betreuung im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist, 31
32
-
15
-

die Betreuung die mit der Menschenwürde garantierte Selbstbestimmung des Einzelnen verwirklichen soll
und der Betreuer die Rechte des Betroffenen auch gegenüber dem Staat wahrzunehmen hat
([X.] JZ 2006, 661, 663), ändert nichts daran, dass jener bei fehlender Einsichtsfähigkeit des Betroffenen
neben der zivilrechtlichen Vertretung auch öffentliche Fürsorge ausübt.
bb) Die Vorschriften des Betreuungsrechts
genügen
den Anforderungen
nicht, die das [X.] für die gesetzliche Regelung einer Zwangsbehandlung aufgestellt hat
und die für die staatliche Kontrolle des [X.] bezogenen Betreuerhandelns gleichermaßen gelten müssen. Ebenso we-nig enthalten die §§
1896
ff. BGB ein geschlossenes Regelungssystem
zur be-treuungsrechtlichen Genehmigung einer Zwangsbehandlung, dessen [X.] den nunmehr vom [X.] aufgestellten verfassungs-rechtlichen Anforderungen genügt (aA Olzen/[X.] BtPrax 2011, 233, 237
f.).
(1) Nach der Rechtsprechung des [X.] muss die Vorschrift so bestimmt gefasst sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnen-den Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist ([X.] [X.], 1128 Rn.
73). Dem aktuell oder potentiell betroffenen Unterge-brachten sowie den
zur Normanwendung in erster Linie berufenen [X.], dem Betreuer, der Unterbringungseinrichtung und den [X.] Ärzten,
müssen die wesentlichen Voraussetzungen für eine Zwangs-behandlung aus dem Gesetz erkennbar sein (vgl. [X.] [X.], 1128 Rn.
74).
Weder §
1906 BGB noch die übrigen betreuungsrechtlichen materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften verhalten sich zur Frage der Zwangsbe-handlung. Zwar hat das [X.] darauf hingewiesen, dass 33
34
35
-
16
-

die notwendige Bestimmtheit nicht schon deshalb fehle, weil eine Norm ausle-gungsbedürftig sei. Demgemäß
hat der [X.] in seiner bisherigen [X.] zu §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB darauf abgestellt, dass die Norm im [X.] sinnlos wäre, wenn die von ihr vorausgesetzte Heilbehandlung nicht
durchsetzbar wäre. Das ändert indes nichts daran, dass für die aktuell bzw. [X.] betroffenen Untergebrachten die wesentlichen Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung aus dem Gesetz selbst nicht erkennbar sind.
Hinzu kommt, dass §
1906 BGB seinem Wortlaut nach unmittelbar nur die Kontrolle eines Eingriffs
in die von Art.
2 Abs.
2 Satz
2 GG geschützte Frei-heit der Person gewährleistet, sich aber nicht zu dem in besonders intensiver Weise tangierten, von Art.
2 Abs.
2 Satz
1 GG mit geschützten Recht auf Selbstbestimmung des Betroffenen hinsichtlich seiner körperlichen Integrität (vgl. [X.] FamRZ
2011, 1128 Rn.
44)
verhält.
(2) Der vom [X.] eingeforderten Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hat der [X.] in seiner bisherigen Recht-sprechung zwar entsprochen (so zutreffend Olzen/[X.] BtPrax 2011, 233, 237). Danach waren nicht nur die Unterbringung und ihre Dauer, sondern auch der mit der Zwangsbehandlung verbundene Eingriff und dessen Folgen in die gebotene Güterabwägung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzubeziehen ([X.], 141, 146
=
[X.], 615, 616). Auch wenn sich Ausprägungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in §
1906 BGB selbst finden, weil die Unterbringung nur zulässig ist, "solange sie zum Wohl des Be-troffenen erforderlich ist", kann das allerdings
im Lichte der Rechtsprechung des [X.] nicht darüber hinweghelfen, dass
das Gesetz selbst keine Ausführungen zur Zwangsbehandlung, namentlich zur Auswahl der konkret
anzuwendenden
Maßnahmen nach
Art und Dauer -
einschließlich der Auswahl und Dosierung einzusetzender Medikamente und begleitender Kontrol-36
37
-
17
-

len
-
enthält. Ebenso fehlen Regelungen dazu, dass die Zwangsbehandlung nicht mit Belastungen verbunden sein darf, die
außer Verhältnis zu dem erwart-baren Nutzen stehen und dass die Zwangsbehandlung nur das letzte Mittel [X.] darf, also eine weniger eingreifende Behandlung aussichtslos sein muss (vgl. [X.] [X.], 1128 Rn.
58).
Soweit der [X.] hierzu bereits Leit-sätze aufgestellt hat, handelt es sich um Richterrecht. Nach den Vorgaben des [X.] kann das indes nicht
genügen. Danach sind die Anforderungen an den Grad der Klarheit und Bestimmtheit umso strenger, je intensiver der Grundrechtseingriff ist, den eine Norm vorsieht. Für die näheren Anforderungen ist auch der jeweilige Kreis der Normanwender und Normbe-troffenen von Bedeutung (vgl. [X.] [X.], 1128 Rn.
73 -
s.
auch LG
Stuttgart
Beschluss vom 16.
Februar 2012 -
2
T
35/12
-
juris
Rn.
13).
(3) Schließlich sind auch die in verfahrensrechtlicher Hinsicht für die Verwirklichung der Grundrechte wesentlichen Fragen zur Zwangsbehandlung (vgl. dazu [X.] [X.], 1128 Rn.
72) gesetzlich nicht geregelt.
(a)
Allerdings dürfte die Forderung des [X.], dass vor Durchführung der Zwangsbehandlung eine -
sich nicht in bloßer Schreib-tischroutine erschöpfende
-
Prüfung in gesicherter Unabhängigkeit von der Un-terbringungseinrichtung stattfinden
muss
([X.] [X.], 1128 Rn.
71), erfüllt sein.
Denn zum einen ist in den Fällen der betreuungsrechtlichen Zwangsbe-handlung der
Betreuer eingeschaltet; grundsätzlich ist nur er befugt, die [X.] zu veranlassen. Hinzu
kommt nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s
für den Fall der bereits im Zeitpunkt der Genehmigung der Unter-bringung bekannten Notwendigkeit einer Zwangsbehandlung, dass sich der ge-nehmigende Beschluss nach §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB auch auf die Zwangsbe-38
39
40
-
18
-

handlung zu erstrecken hat ([X.]sbeschluss BGHZ
166, 141, 153 =
FamRZ
2006, 615, 618).
Gleiches dürfte für den Fall
gelten, dass sich die Erforderlichkeit einer Zwangsmedikation bei einem bereits nach §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB [X.] Betroffenen erst im Nachhinein herausstellt. Denn
der [X.]
hat be-reits entschieden, dass ein Vorratsbeschluss für den Fall, dass der Betroffene sich gegen die Verabreichung von Medikamenten durch Spritzen wehren [X.], im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs unzulässig ist ([X.]sbeschluss vom 22.
September 2010 -
XII
ZB
135/10
-
FamRZ 2010, 1976 Rn.
11).
(b) Demgegenüber vermögen die im Gesetz über das Verfahren in Fami-liensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit enthal-tenen Verfahrensvorschriften den von dem [X.] gestell-ten Anforderungen an die gesetzliche Regelung der Zwangsbehandlung nicht gerecht zu werden. Sie beziehen sich jeweils nur auf die Unterbringung, nicht aber auf eine Zwangsbehandlung. In §
321 FamFG ist beispielsweise geregelt, dass vor einer Unterbringungsmaßnahme eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden hat. Demgegenüber genügt gemäß §
321 Abs.
2 FamFG für eine Maßnahme nach §
312 Nr.
2
FamFG
(die Genehmigung einer freiheitsentzie-henden Maßnahme nach §
1906 Abs.
4 BGB) eine ärztliche Stellungnahme. Ob vor der Genehmigung einer Zwangsbehandlung ein Sachverständigengutach-ten einzuholen ist, oder ob insoweit auch eine ärztliche Stellungnahme [X.], ist gesetzlich nicht geregelt. Zwar dürfte ein Sachverständigengutachten notwendig sein, wenn die Genehmigung der Zwangsbehandlung mit der Unter-bringung einhergeht. Welche Anforderungen aber bestehen, wenn eine geson-derte Genehmigung der Zwangsbehandlung erforderlich wird, kann dem Gesetz nicht entnommen werden.
41
42
-
19
-

(c) Ferner finden sich im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit weder Vorschriften, die -
wie vom [X.] gefordert ([X.] [X.], 1128
Rn.
67, 79)
-
zur Dokumentation der Maßnahme verpflichten, noch enthält es Bestimmungen, wonach die Maßnahme nur auf Anordnung und unter der [X.] eines Arztes durchgeführt werden darf (vgl. dazu [X.] [X.], 1128 Rn.
79). Dass die behandelnde Klinik beide Aspekte regelmäßig aus ei-genem Interesse beachten und der Arzt -
berufsrechtlich
-
zur Dokumentation verpflichtet sein wird (so Olzen/[X.] BtPrax 2011, 233, 238), genügt nicht, um den
vom [X.] herausgestellten verfahrensrecht-lichen Anforderungen zu genügen.
(d) Ebenso fehlen konkrete Regelungen darüber, welche Behandlungs-dauer eine gerichtliche Genehmigung umfassen kann und wie konkret die [X.] erfolgen muss. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs-gerichts
bedürfen
auch
diese wesentlichen Fragen einer gesetzlichen Rege-lung.
e) Gemessen an den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die ge-setzliche Regelung vermag §
1906 Abs.
4 BGB ebenso wenig die Genehmi-gung der Anordnung einer Zwangsbehandlung
durch den Betreuer
zu rechtfer-tigen. Wie §
1906 Abs.
1 BGB regelt auch §
1906 Abs.
4 BGB den Eingriff in die körperliche Bewegungsfreiheit und die Entschließungsfreiheit zur Fortbewegung im Sinne der Aufenthaltsfreiheit (vgl. [X.]sbeschluss [X.], 297, 301
f.
=
FamRZ 2001, 149, 150). Die Regelungsmaterie geht also nicht über den in §
1906 Abs.
1 BGB geregelten Bereich hinaus. Vielmehr hat der Gesetzgeber Absatz
4 ersichtlich als geringeren Eingriff angesehen, weil es für eine Maß-nahme nach §
1906 Abs.
4 BGB gemäß §
321 Abs.
2 iVm §
312 Nr.
2 FamFG lediglich der Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses
bedarf.
43
44
45
-
20
-

f) Nach alledem
fehlt es gegenwärtig an einer den verfassungsrechtli-chen Anforderungen genügenden gesetzlichen Grundlage für eine betreuungs-rechtliche Zwangsbehandlung. Deshalb darf ein Betreuer derzeit auch im Rah-men einer geschlossenen Unterbringung keine Zwangsbehandlung veranlas-sen.
3. Entgegen dem Antrag der Betreuerin kommt eine Vorlage an das [X.] gemäß Art.
100 Abs.
1 Satz
1 GG nicht in Betracht (aA [X.] Beschluss vom 10.
Mai 2012 -
5
T
101/12
-
juris).
Voraussetzung hierfür
ist, dass das vorlegende Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Das ist hier nicht der Fall.
Unter Beachtung der Vorgaben des [X.] enthal-ten die Vorschriften
des Betreuungsrechts, insbesondere §
1906 Abs.
1 Nr.
2 BGB,
keine ausreichende
gesetzliche Grundlage für eine betreuungsrechtliche Zwangsbehandlung.
Eine Auslegung
des §
1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB in Gestalt der bisherigen [X.]srechtsprechung kommt nicht mehr in Betracht. Deshalb kann der [X.] in der Sache selbst entscheiden.
Ob der Staat im Rahmen seiner ihm nach Art.
2 Abs.
2 Satz
1 GG oblie-genden Schutzpflicht (vgl. dazu [X.] NVwZ 2011, 991 Rn.
37) verpflichtet ist, zum Wohle der Betroffenen die betreuungsgerichtliche Genehmigung einer Zwangsbehandlung gesetzlich zu regeln, kann dahinstehen. Art.
100 Abs.
1 GG enthält nach seinem Wortlaut nicht die Verpflichtung des Gerichts, ein Unterlas-sen des Gesetzgebers als [X.]verstoß zur Prüfung zu stellen. Dass Art.
100 Abs.
1 GG entsprechend auszulegen wäre, hat das Bundesverfas-sungsgericht jedenfalls bislang nicht entschieden (offengelassen in
[X.] Be-46
47
48
49
50
-
21
-

schluss vom 9.
Mai 2006 -
2
BvL
4/02
-
juris Rn.
22; NJW 1994, 2750, 2751; NVwZ 1984, 365
und
NJW 1964, 1411).
4. Der [X.] verkennt nicht, dass das Fehlen von [X.] zur Durchsetzung notwendiger medizinischer Maßnahmen dazu führen kann, dass ein Betroffener ohne eine solche Behandlung einen erheblichen Schaden nimmt. Der [X.] hat bereits hinsichtlich der Problematik einer ambulanten Zwangsbehandlung wiederholt darauf hingewiesen ([X.]sbeschlüsse [X.], 297, 310
=
FamRZ 2001, 149, 152 und vom 23.
Januar 2008

XII
ZB
185/07
-
FamRZ
2008, 866, 868).

Dose

[X.]

Schilling

Günter

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.01.2012 -
17 [X.] 78/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 27.02.2012 -
13 [X.]/12 -

51

Meta

XII ZB 130/12

20.06.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2012, Az. XII ZB 130/12 (REWIS RS 2012, 5453)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5453

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