Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2009, Az. III ZR 139/09

III. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 296

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/09 Verkündet am: 3. Dezember 2009 [X.] r c h g e ß n e r Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BJagdG § 32 Abs. 2 Die Beantwortung der Frage, ob der feldmäßige Anbau eines herkömmlichen Gar-tengewächses (hier: Spargel) in der betreffenden Region als Teil der landwirt-schaftlichen Erzeugung einiges Gewicht hat, unterliegt der tatrichterlichen Würdi-gung. Dabei kann vor allem dem Anteil des feldmäßigen Anbaus des betreffenden Gewächses an der [X.] bzw. der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche in dieser Region besondere Bedeutung zukommen. [X.], Urteil vom 3. Dezember 2009 - [X.]/09 - [X.] - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2009 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.] [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 7. April 2009 wird [X.]. Der Kläger hat die Kosten des [X.] zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand Der Kläger ist Landwirt und verlangt wegen Beschädigung des von ihm in der Gemarkung [X.]
angebauten Spargels durch Wildkaninchenverbiss von dem beklagten Jagdpächter aus § 29 Abs. 1 BJagdG Schadensersatz. 1 Der Beklagte hat eingewandt, der Anspruch aus § 29 BJagdG bestehe nicht, weil es sich bei Spargel um ein Gartengewächs im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG handele und der Kläger - insoweit unstreitig - nicht für die da-nach erforderlichen Schutzvorkehrungen gesorgt habe. 2 - 3 - In [X.] nimmt die [X.] im Verhältnis zur [X.] einen Anteil von 0,23 % ein. In den Regierungsbezirken [X.] und [X.] beträgt dieser Anteil 0,43 %. Das Verhältnis der [X.] beläuft sich in [X.] auf über 18 % und in den Regierungsbezirken [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] auf ca. 21 %. 3 Der Kläger hat weiterhin geltend gemacht, der Beklagte habe anlässlich der Verhandlung des [X.] am 4. Oktober 2007 seine Verpflich-tung zum Ersatz des [X.] verbindlich anerkannt. 4 Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Scha-densersatzanspruch weiter. 5 Entscheidungsgründe Die zulässige Revision des [X.] ist nicht begründet. 6 [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: 7 Der Anspruch des [X.] aus § 29 Abs. 1 BJagdG auf Ersatz des Wild-schadens sei gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG ausgeschlossen, weil es sich bei dem Spargel des [X.] um [X.] im Sinne dieser Vorschrift 8 - 4 - handele und die Herstellung der üblichen Schutzvorrichtungen unterblieben sei. Spargel, der herkömmlich ein Gartengewächs darstelle, werde nur dann zum Feldgewächs, wenn der feldmäßige Spargelanbau in der betreffenden Region als Teil der landwirtschaftlichen Erzeugung einiges Gewicht habe. Hierfür sei der Vergleich zwischen der [X.] und der [X.] maßgeblich. Danach entfalle auf den Spargelanbau nur ein geringfügiger Anteil von weniger als 1 %. Auf den Anteil des Spargelanbaus an der [X.] komme es demgegenüber nicht an. Der Beklagte habe den [X.]ersatzanspruch des [X.] auch nicht verbindlich anerkannt.
I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand. 9 1. Der Ersatz des [X.] nach § 29 BJagdG ist gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG unter anderem dann ausgeschlossen, wenn Freilandpflanzun-gen von [X.]n betroffen sind und die Herstellung von üblichen Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen. Da der Kläger solche Schutzvorkehrun-gen nicht getroffen hat, ist es entscheidungserheblich, ob es sich bei dem vom Kläger angebauten Spargel um [X.] handelt oder aber um [X.], die von § 32 Abs. 2 Satz 1 BJagdG nicht erfasst werden. Das [X.] ist - ebenso wie das Amtsgericht - ohne Rechtsfehler zu dem Er-gebnis gelangt, dass der Spargelanbau des [X.] als Gartengewächs anzu-sehen ist. 10 - 5 - a) In seinem Urteil vom 8. Mai 1957 ([X.] - [X.], 191, 192 f) hat der [X.] ausgesprochen, dass üblicherweise in Gärten und in der für Gärtnereien typischen Anbauweise gezogene Pflanzen ihre hier-durch vermittelte Eigenschaft als [X.] nicht schon dadurch verlie-ren, dass sie feldmäßig angebaut werden; dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut sowie aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 32 Abs. 2 BJagdG ([X.] aaO S. 193). Der erkennende Senat hat diese Rechtsprechung in seinem Urteil vom 22. Juli 2004 ([X.]/03 - NJW-RR 2004, 1468 f) auf-genommen und fortgeführt. Er hat dargelegt, dass es durchaus denkbar ist, dass gewisse Pflanzen in der einen Gegend als [X.], in einer an-deren Gegend jedoch als Feldpflanzen anzusehen sind und dass auch durch eine allgemeine Veränderung der Anbauweise (herkömmliches) "Gartenge-wächs zur Feldpflanze" werden kann (Senat aaO S. 1469 m.w.[X.]). Sollte im Gefolge einer nachhaltigen, schon über Jahre andauernden Entwicklung der feldmäßige Anbau in einem größeren regionalen - über das Gebiet eines Land-kreises erheblich hinausgehenden - Bereich derart im Vordergrund stehen, dass der gartenmäßige Anbau dort kaum noch eine Rolle spielt, und kommt dem feldmäßigen Anbau der Pflanze in der betreffenden Region als Teil der landwirtschaftlichen Erzeugung einiges Gewicht zu, so rechtfertigt dies für das betroffene Gebiet die Einordnung eines herkömmlichen [X.]s als "Feldgewächs", für das der Haftungsausschluss nach § 32 Abs. 2 BJagdG nicht gilt (Senat aaO). 11 b) Für die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen da-von gesprochen werden kann, dass der feldmäßige Anbau eines herkömmli-chen [X.]s in der betreffenden Region als Teil der landwirtschaftli-chen Erzeugung einiges Gewicht hat, hat der Tatrichter die jeweils relevanten Umstände und Bezugsgrößen zu ermitteln und abzuwägen. Die Bedeutung und 12 - 6 - das Gewicht des feldmäßigen Anbaus der Pflanze als Teil der landwirtschaftli-chen Erzeugung in der betroffenen Region können in der Größe der [X.], in Umsatz- und Ertragszahlen, in der Anzahl der hierfür eingesetzten [X.] (vgl. dazu [X.], [X.], 364, 365) oder - vor allem - auch in dem Anteil an der [X.] bzw. der gesamten landwirt-schaftlichen Nutzfläche des Gebiets (vgl. dazu OLG [X.], [X.], 55; [X.], Urteil vom 5. Juli 2005 - 1 S 98/05 - juris Rz. 14; [X.], Urteil vom 30. März 2007 - 32 [X.]/06 - juris Rz. 24) zum Ausdruck kommen. Die damit verbundene [X.] bleibt dem Tatrichter überlassen und ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar.
c) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass es sich bei Spargel um ein herkömmliches Gartengewächs handelt (vgl. auch [X.] aaO S. 1469 m.w.[X.]). Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht die von der Rechtsprechung des [X.] auf-gezeigten Voraussetzungen für die Einordnung der herkömmlichen Garten-pflanze "Spargel" als "Feldgewächs" mit der Begründung verneint hat, der feld-mäßige Spargelanbau in der betroffenen Region nehme nur einen sehr gering-fügigen Anteil von deutlich weniger als 1 % der [X.] ein. 13 aa) Die Anknüpfung an das Verhältnis zur [X.] (bzw. an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche) in der Region hält sich im Rah-men der zulässigen tatrichterlichen Würdigung und wird, wie ausgeführt, auch von anderen Gerichten herangezogen. Hierbei kann der Tatrichter - was von der Revision auch nicht beanstandet wird - auf die veröffentlichten statistischen Zahlen für die politischen Bezirke abstellen, die zu dem jeweiligen Anbaugebiet gehören. Entgegen der Ansicht der Revision kommt es nicht entscheidend dar-auf an, welchen Anteil der Spargelanbau an der [X.] 14 - 7 - der Region hat. Wird in einer Region insgesamt nur sehr wenig Gemüse ange-baut, so kann der Anteil des feldmäßigen Spargelanbaus an der gesamten Ge-müseanbaufläche sehr hoch ausfallen, ohne dass dem Spargelanbau damit in der betreffenden Region als Teil der landwirtschaftlichen Erzeugung einiges Gewicht zukäme. Für sich allein genommen ist das Verhältnis zur gesamten Gemüseanbaufläche kein taugliches Kriterium für die Beantwortung der Frage, ob ein herkömmliches Gartengewächs zum Feldgewächs geworden ist, da die-ser Gesichtspunkt jedenfalls dann keinen zuverlässigen Aufschluss über das Gewicht des Anbaus dieser Pflanze als Teil der landwirtschaftlichen Erzeugung in der Region gibt, wenn nicht zugleich auch das Verhältnis zur [X.] (bzw. zu der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche) oder die wirt-schaftliche Bedeutung dieses Anbaus in der betroffenen Region in die Würdi-gung mit einbezogen wird. [X.]) Ist der Anteil des feldmäßigen Anbaus der herkömmlichen Garten-pflanze an der [X.] der Region - wie hier - äußerst geringfügig (unter 1 %), so kann der Tatrichter in aller Regel ausschließen, dass diesem Anbau in der betreffenden Region als Teil der landwirtschaftlichen Erzeugung einiges Gewicht zukommt, und die Qualifizierung der Pflanze als Feldgewächs verneinen, ohne dass es hierzu noch der Prüfung weiterer Gesichtspunkte [X.]. 15 2. Ebenfalls zu Recht haben die Vorinstanzen einen Anspruch des [X.] aus einem Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) verneint. Die Auslegung des [X.] des [X.] vom 4. Oktober 2007, wonach sich kein zureichender Anhalt dafür ergebe, dass der Vertreter des Beklagten eine verbindliche Einstandspflicht des Beklagten für den geltend gemachten 16 - 8 - Wildschaden anerkannt habe, ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu bean-standen. [X.]
[X.] Herrmann [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.11.2008 - 9 C 63/08 - [X.], Entscheidung vom 07.04.2009 - 5 [X.]/08 -

Meta

III ZR 139/09

03.12.2009

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2009, Az. III ZR 139/09 (REWIS RS 2009, 296)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 296

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