Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.07.2015, Az. 7 C 10/13

7. Senat | REWIS RS 2015, 7642

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Gegenstand

Geflügelmastanlage; Vorsorge gegen Bioaerosol-Belastung der Nachbarschaft


Leitsatz

Eine Maßnahme zur Emissionsbegrenzung kann auch dann eine erforderliche und wirtschaftlich zumutbare Vorsorgemaßnahme sein, wenn sie zur Emissionsminderung praktisch geeignet ist, aber aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht dem Stand der Technik entspricht.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur [X.] ohne die Auflage, zur Minderung der Emission von Bioaerosolen eine [X.] zu betreiben.

2

Der Beklagte erteilte dem Kläger auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes mit Bescheid vom 31. Mai 2012 die Genehmigung, auf dem Flurstück ..., Flur ... der Gemarkung [X.] eine Anlage zur Aufzucht und zum Halten von Mastgeflügel zu errichten und betreiben. Die inzwischen errichtete Anlage besteht u.a. aus zwei [X.]ställen mit insgesamt 84 900 Plätzen. Etwa 250 m nordwestlich der Anlage befindet sich das Wohnhaus des Nachbarn A. Die Genehmigung wurde zur "Vorsorge nach [X.]" mit folgender Auflage verbunden:

"36A

Nach Maßgaben der [X.] (2002), Nr. 5.4. 7.1 (Keime) und der VDI-Richtlinie 4250 E sind aus Gründen der Vorsorge über die [X.] hinaus erhöhte [X.] durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern. Insofern dürfen auf den im 500 m Radius liegenden [X.] keine Zusatzbelastungen durch Bioaerosole (luftgetragene Partikel biologischer Herkunft wie Pilze, Bakterien, [X.] sowie ihre Stoffwechselprodukte und Zellwandbestandteile wie Endotoxine) entstehen. Daher sind die geplanten [X.]ställe jeweils mit von der [X.] ([X.]) zertifizierten [X.]n (z.B. [X.], [X.] Prüfbericht 5952) zu betreiben, die Stäube um mindestens 70% reduzieren bzw. durch gleichwertige [X.]n, bei denen vor dem Einbau die Staubreduzierung von mindestens 70% dem [X.] durch eine bekanntgegebene Messstelle nach § 26 BlmSchG nachzuweisen ist."

3

Weitere Auflagen regeln die Betriebsbereitschaft der [X.] (37 A), die Antragsunterlagen für diese Anlage (38 A) und die Bauausführung (39 A).

4

Auf die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das [X.] mit Urteil vom 6. Februar 2013 (NdsVBl. 2013, 173; juris) den Bescheid vom 31. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 2012 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die beantragte Genehmigung ohne die Auflagen Nr. 36 A bis 39 A zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

5

Die Klage sei als Verpflichtungsklage zulässig. Die Beteiligten hätten zu Recht angenommen, dass es sich bei den streitigen Nebenbestimmungen um sogenannte modifizierende Auflagen handele. Die Klage sei auch begründet. Zwar lägen die Voraussetzungen für die Anordnung von Vorsorgemaßnahmen im Rahmen eines vorbeugenden Gefahrenschutzes gegenüber Risiken aus der Ausbreitung von Bioaerosolen durch den Betrieb der beantragten [X.]ställe vor, soweit mit der Auffassung des [X.] hinreichende Gründe für die Annahme zu bejahen seien, dass Bioaerosole möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führten. Hier sei es möglich, aber nicht geklärt, ob es durch die [X.]ställe zu einer Erhöhung von Immissionskonzentrationen gegenüber den Hintergrundwerten kommen würde und davon sich nicht nur vorübergehend aufhaltende Personen betroffen wären. Der Beklagte gehe davon aus, dass aufgrund der fehlenden standardisierten Mess- und Detektionsverfahren für Bioaerosole aus Tierhaltungsanlagen weder die Vorbelastung noch die Zusatzbelastung auch nur annähernd sicher prognostiziert werden könnten und dass eine der [X.] entsprechende Luftkontamination nur bei Einhaltung einer genügenden Entfernung von Wohnbebauung zu [X.] - hier 500 m - erreicht werden könne. Dem könne in dieser pauschalen Betrachtungsweise nicht gefolgt werden. Der Entwurf der VDI-Richtlinie 4250 sehe bei geringer Entfernung eine Ausbreitungsrechnung, eine Ermittlung der Zusatzbelastung und eine Messung der Hintergrundkonzentration vor; der Entwurf eines Erlasses [X.] Ministerien zur Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren verlange die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

6

Unabhängig davon seien die Anordnungen unverhältnismäßig. Der Beklagte habe nicht hinreichend begründet, dass die voraussichtlichen Mehrkosten für den Kläger in einem angemessenen Verhältnis zur angestrebten Risikominimierung stünden. Maßgeblich hierfür sei zunächst, dass Vorsorge nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG insbesondere, also vorrangig durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen getroffen werden solle. Es sei nicht davon auszugehen, dass die vom Beklagten geforderte, von der [X.] ([X.]) zertifizierte [X.] dem Stand der Technik entspreche. Weiter habe der Beklagte nicht dargelegt, dass die Ställe auch bei Installation und Betrieb der [X.] wirtschaftlich betrieben werden könnten. Der Beklagte habe auch im Übrigen keine tragfähige Abwägungsentscheidung getroffen. Seine pauschale Argumentation, das private Interesse des Klägers müsse hinter [X.] der menschlichen Gesundheit zurücktreten, genüge nicht. Ausgehend von den Unsicherheiten in Bezug auf den Gefahrenverdacht könne [X.] nicht mit seinem gesamten Gewicht in die anzustellende - und hier fehlende - Prüfung der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen eingestellt werden.

7

Der Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision eingelegt. Er macht zur Begründung geltend: Das Verwaltungsgericht habe den Grundsatz der Vorsorgepflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG verletzt. Er habe keineswegs eine "pauschale Betrachtungsweise" angestellt, sondern auf der Grundlage der vorliegenden Forschungsergebnisse angenommen, dass bei Geflügel erst mit einer Entfernung von 500 m eine Erhöhung der [X.] vermieden werden könne. [X.] seien nicht auf eine Begrenzung der Emissionen nach dem Stand der Technik begrenzt; sie könnten - wie etwa bei den Abstandsvorschriften der [X.] - auch raumbezogen an der Begrenzung von Immissionen ansetzen und dadurch eine Sicherheitszone unterhalb der Gefahrenschwelle gewährleisten.

8

Die von der [X.] zertifizierte [X.] entspreche dem Stand der Technik. Die Auffassung des [X.] führe dazu, dass die Anforderungen an den Stand der Technik nicht mehr zu erreichen seien. Selbst wenn die Kosten ein Viertel der Herstellungskosten der Gesamtanlage erreichen sollten, sei dies im Hinblick auf [X.] der menschlichen Gesundheit nicht unverhältnismäßig.

9

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des [X.] O. vom 6. Februar 2013 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Dem Urteil sei im Übrigen nicht zu entnehmen, dass das Verwaltungsgericht die Auffassung des Niedersächsischen [X.] zur möglichen Schädlichkeit von Bioaerosolen teile. Für die Bejahung eines Gefahrenverdachts fehle eine wissenschaftlich tragfähige Basis.

Der Vertreter des [X.] beteiligt sich an dem Verfahren. Er legt dar, dass die Abluftreinigung ein geeignetes Verfahren sei, um die Emissionen von Bioaerosolen zu reduzieren. [X.] könnten [X.] um bis zu 70 % mindern; die angelagerten Bioaerosole würden in gleichem Umfang gemindert. Der Einsatz von [X.] befinde sich sowohl auf nationaler als auch auf [X.] im Umbruch. Seit Erlass der [X.] 2002 habe sich der Stand der Technik fortentwickelt. Im Bereich der großen [X.] werde noch geprüft, ob [X.] derzeit schon dem Stand der Technik entsprächen; die Entwicklungen deuteten aber in diese Richtung. Dass sie technisch machbar seien, stehe außer Frage. Die [X.] habe einen Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von [X.] (Stand 31. Januar 2014 - im Folgenden: Leitfaden) erarbeitet. Der Leitfaden verfolge das Ziel, eine bundesweit einheitliche, standardisierte Methodik zur Ermittlung und Bewertung von [X.] insbesondere für diejenigen genehmigungsbedürftigen Anlagen zu entwickeln, für die hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, dass der Schutz der menschlichen Gesundheit vor [X.] nicht immer gewährleistet ist.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht. Die Auffassung des [X.], bei der [X.] sei ein Anlass für eine Abluftbehandlung aus [X.] nicht schon dann gegeben, wenn der Abstand der Anlage zur nächsten Wohnbebauung weniger als 500 m beträgt, ist bundesrechtlich zwar nicht zu beanstanden (1.). Sein Rechtsstandpunkt, der Kläger habe unabhängig davon, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Betrieb der [X.] auf [X.] in der Nachbarschaft der Anlage zu einer relevanten Zusatzbelastung durch [X.] führt, einen Anspruch auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ohne die Anordnung, eine [X.] zu betreiben, verstößt aber gegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] (2.). Das Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO - 3.). Für eine abschließende Entscheidung über den [X.] bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen; daher ist die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO - 4.).

1. Das Verwaltungsgericht hat zugunsten des Beklagten unterstellt, es bestünden hinreichende Gründe für die Annahme, dass [X.] möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen ([X.]; juris Rn. 32), und es komme unter [X.] in Betracht, jede Erhöhung von Bioaerosol-Immissionskonzentrationen gegenüber den Hintergrundwerten zu vermeiden ([X.]; juris Rn. 34). Der Beklagte ist der Auffassung, dass ausgehend hiervon Anlass zur Vorsorge bei der [X.] schon immer dann gegeben sei, wenn der Abstand der Anlage zur nächsten Wohnbebauung weniger als 500 m betrage. Mangels geeigneter Mess- und Detektionsverfahren für [X.] könne nur durch Einhaltung dieses Abstands hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass die Wohnbebauung einer Zusatzbelastung durch [X.] ausgesetzt werde. Dieser Auffassung ist das Verwaltungsgericht nicht gefolgt. Das ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht angenommen, dass allein das Unterschreiten eines Abstands von 500 m kein hinreichender Anhaltspunkt für eine durch die Anlage des [X.] hervorgerufene Bioaerosol-Zusatzbelastung ist und dass es geeignete Verfahren zur Ermittlung einer solchen Zusatzbelastung gibt. An diese tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Wirksame Verfahrensrügen können mit der Sprungrevision nicht erhoben werden (§ 134 Abs. 4 VwGO). Mängel der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die als materiell-rechtliche Verstöße gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO einzuordnen wären, wie etwa ein Verstoß gegen gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze und die Denkgesetze (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 [X.] 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 41 m.w.N.), hat der Beklagte nicht geltend gemacht; sie sind auch nicht ersichtlich.

2. Einen Anspruch auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ohne die Anordnung, eine [X.] zu betreiben, hat das Verwaltungsgericht bejaht, obwohl weder im Genehmigungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren geklärt worden ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Betrieb der [X.] auf [X.] in der Nachbarschaft der Anlage zu einer relevanten Zusatzbelastung durch [X.] führt ([X.], 13; juris Rn. 36, 42). Das ist mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht vereinbar. Die Erwägungen des [X.] rechtfertigen es nicht, die Verhältnismäßigkeit der Anordnung unabhängig von der Klärung dieser Frage zu verneinen.

a) Die Annahme des [X.], dass der Einsatz von [X.] in der Geflügelhaltung aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht dem Stand der Technik entspricht, ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden ([X.], [X.]). Die Abluftbehandlung kann aber dennoch eine erforderliche und wirtschaftlich zumutbare Vorsorgemaßnahme sein (cc - ff).

[X.]) Gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 [X.] kann eine Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen dem Stand der Technik nur entsprechen, wenn ihre praktische Eignung hierfür insgesamt gesichert erscheint. Zur Frage, ob die geforderte [X.] praktisch geeignet erscheint, die Emission nicht nur von [X.], sondern auch von [X.]n zu begrenzen, hat das Verwaltungsgericht abschließende Feststellungen nicht getroffen. Für das Revisionsverfahren muss deshalb unterstellt werden, dass dies der Fall ist. Das Verwaltungsgericht hat zur Frage der praktischen Eignung einen in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des [X.] vom 13. März 2012 (12 [X.], ZUR 2012, 565; juris) auszugsweise wiedergegeben und ergänzend auf Ziffer 2 eines [X.] [X.] vom 19. Dezember 2012 zur Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren verwiesen. In dem Beschluss hat das Oberverwaltungsgericht "gewisse Zweifel" an der Eignung der [X.] auch zur [X.] geäußert. Im Leitsatz des Beschlusses hat es ausdrücklich auf den nur summarischen [X.]harakter dieser Prüfung hingewiesen. Es brauchte der praktischen Eignung nach seiner Rechtsauffassung im Übrigen nicht weiter nachzugehen, weil der damalige Antragsgegner jedenfalls der Verneinung der wirtschaftlichen Eignung nicht substantiiert entgegengetreten war (a.a.[X.] juris Rn. 32). Dass die bei summarischer Prüfung bestehenden Zweifel im Hauptsacheverfahren nicht ausgeräumt werden können, hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Auch unter Ziffer 2 des [X.] wird allein die wirtschaftliche Vertretbarkeit der Forderung nach einer Abluftreinigungsanlage bei zwangsbelüfteten Anlagen für die [X.] verneint. Die praktische Eignung von [X.] zur [X.] wird unter Ziffer 4 des [X.] ausdrücklich bejaht.

[X.]) Gemäß § 3 Abs. 6 Satz 2 [X.] i.V.m. der Anlage zu § 3 Abs. 6 [X.] sind bei der Bestimmung des Standes der Technik die Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen und der Grundsatz der Vorsorge und der Vorbeugung zu berücksichtigen. Der Stand der Technik ist ein genereller Maßstab, für den die Umstände des jeweiligen Einzelfalls keine Rolle spielen (vgl. [X.], [X.], 10. Aufl. 2013, § 3 Rn. 99; [X.], in: [X.][X.], Umweltrecht, Band III, Stand Januar 2015, § 5 Rn. 150). Das gilt auch für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Nutzen. Maßgebend für die sogenannte wirtschaftliche Eignung ist, ob der wirtschaftliche Aufwand für eine emissionsbegrenzende Maßnahme einem durchschnittlichen Betreiber einer Anlage der bestimmten Art unter in dem betreffenden industriellen Sektor wirtschaftlich und technisch vertretbaren Verhältnissen (vgl. Art. 3 Nr. 10 Buchst. b der Richtlinie 2010/75/[X.] des [X.] und des Rates vom 24. November 2010 über [X.], [X.]. L 334 S. 17 - im Folgenden: [X.]) zugemutet werden kann (vgl. [X.], a.a.[X.] § 3 Rn. 107 f.). Die wirtschaftliche Lage des betroffenen Betreibers und die jeweiligen Gegebenheiten in der Nachbarschaft seiner Anlage sind hierfür ohne Bedeutung.

Das Verwaltungsgericht hat bezogen auf die Geflügelhaltung die für den Stand der Technik erforderliche wirtschaftliche Eignung der Abluftbehandlung verneint. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat - wie sich aus der Bezugnahme auf den Beschluss des [X.] vom 13. März 2012 und Ziffer 2 des [X.] ergibt - in tatsächlicher Hinsicht angenommen, dass [X.] in der Geflügelhaltung wegen der mit ihrem Einsatz verbundenen hohen Kosten in Fachkreisen noch als unwirtschaftlich gelten ([X.]; juris Rn. 47, 49). An die dieser Annahme zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

cc) Dass die Abluftbehandlung, solange sie noch nicht dem Stand der Technik entspricht, von vornherein nicht geboten sein kann, dürfte das Verwaltungsgericht nicht angenommen haben. Jedenfalls ist seinen weiteren Erwägungen zur wirtschaftlichen Situation des [X.] ([X.] f.; juris Rn. 50 - 52) und zum Gewicht des Gefahrenverdachts ([X.]; juris Rn. 53) nicht eindeutig zu entnehmen, dass sie lediglich die Verneinung der generellen Verhältnismäßigkeit als Voraussetzung des Standes der Technik untermauern, nicht aber die Unverhältnismäßigkeit der Abluftreinigung im hier vorliegenden Fall begründen sollen.

Dem Stand der Technik kommt eine Sperrwirkung für über diesen Stand hinausgehende Vorsorgemaßnahmen auch nicht zu. Eine Maßnahme zur Emissionsbegrenzung kann auch dann eine erforderliche und wirtschaftlich zumutbare Vorsorgemaßnahme sein, wenn sie zur Emissionsminderung praktisch geeignet ist, aber aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht dem Stand der Technik entspricht. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist Vorsorge "insbesondere" durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zu treffen. Sie kann mithin im Einzelfall auch über den Stand der Technik hinausgehen (vgl. [X.], [X.], 10. Aufl. 2013, § 3 Rn. 108, § 5 Rn. 54; [X.], [X.], Band 1, Stand Januar 2014, § 5 Rn. 75). Seit Neufassung des § 5 Abs. 1 [X.] durch Art. 2 Nr. 5 Buchst. a) des Gesetzes zur Umsetzung der [X.], der [X.] und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 ([X.] I S. 1950) ist der Stand der Technik bei allen Vorsorgemaßnahmen einzuhalten, nicht nur bei Maßnahmen der Emissionsbegrenzung. Er ist nach der Begründung des Gesetzentwurfs allerdings nur ein "[X.]" ([X.]. 14/4599 S. 126). Die dem Stand der Technik entsprechenden Vorsorgemaßnahmen können als Regel, d.h. unabhängig von den Umständen des Einzelfalls verlangt werden. Die konkrete [X.] in der Nachbarschaft der Anlage braucht nicht ermittelt zu werden; eine Zuordnung von Emittenten und Immissionen ist nicht erforderlich (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 7 [X.] 8.82 - BVerwGE 69, 37 <43 f.>; Beschluss vom 10. Januar 1995 - 7 [X.] - [X.] 406.25 § 48 [X.] Nr. 4 = juris Rn. 7). Die Pflicht, Vorsorge nach dem sich fortentwickelnden Stand der Technik zu treffen, ist deshalb ein ebenso effizientes wie wettbewerbsneutrales Mittel zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt (vgl. [X.], [X.], 10. Aufl. 2013, § 5 Rn. 47; [X.], in: [X.][X.], Umweltrecht, Band III, Stand Januar 2015, § 5 Rn. 136). Der "[X.]" schließt jedoch nicht aus, einzelfallbezogen unter Berücksichtigung von Aufwand und erreichbarer Immissionsminderung in der Nachbarschaft der Anlage eine über den Stand der Technik hinausgehende Emissionsbegrenzung zu verlangen. Auch nach der Industrieemissions-Richtlinie (Art. 11 Buchst. a) und b) [X.], 12. Erwägungsgrund) müssen beim Betrieb einer Anlage nicht nur die besten verfügbaren Techniken angewendet werden, sondern alle geeigneten Vorsorgemaßnahmen gegen Umweltverschmutzungen getroffen werden.

dd) [X.] [X.] 2002 schließt eine über den Stand der Technik hinausgehende Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch [X.] nicht aus. Nach dieser Vorschrift sind die Möglichkeiten zu prüfen, die Emissionen an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu mindern. Bei Erlass der [X.] 2002 ging man davon aus, dass [X.] zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen können; einen Stand der Technik konnte man aber noch nicht formulieren, eine Abluftreinigung deshalb nicht generell verlangen (vgl. Bund/[X.], Leitfaden S. 1). Die Möglichkeit, im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf eine bestimmte [X.] in der Nachbarschaft der Anlage, zur Vorsorge gegen [X.] eine Abluftbehandlung anzuordnen, bleibt von dem Prüfauftrag für dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen unberührt. Anderenfalls wäre die genannte Regelung in [X.] [X.] 2002 mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] unvereinbar.

ee) Ob eine über den Stand der Technik hinausgehende Abluftbehandlung zur Minderung von Bioaerosol-Emissionen verhältnismäßig und damit geboten ist, kann in unmittelbarer Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auf den jeweiligen Einzelfall entschieden werden. Eine vorherige Konkretisierung der diesbezüglichen Betreiberpflichten durch eine Verordnung nach § 7 [X.] oder eine Verwaltungsvorschrift nach § 48 [X.] ist insoweit nicht erforderlich (vgl. [X.], DVBl 1986, 314 <317>; Dolde, NVwZ 1986, 873 <881>). Eine solche Konkretisierung hat das [X.] lediglich für Maßnahmen der Emissionsbegrenzung gefordert, die unabhängig von der [X.] in der jeweiligen Umgebung von allen Anlagen eines bestimmten industriellen Sektors verlangt werden; es ging um Vorsorge gegen [X.] (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 7 [X.] 8.82 - BVerwGE 69, 37 <45>). Einer Prüfung des Einzelfalls hat es eine Absage nur erteilt, wenn die Betreiberpflichten - anders als hier - konkretisiert worden waren, ein Betreiber aber die für alle geltenden Vorsorgeanforderungen unter Berufung auf die Umstände seines Einzelfalls nicht erfüllen wollte (BVerwG, Urteile vom 17. Februar 1984 a.a.[X.] ff. und vom 20. Dezember 1999 - 7 [X.] 15.98 - BVerwGE 110, 216 <221>; Beschluss vom 10. Januar 1995 - 7 [X.] - [X.] 406.25 § 48 [X.] Nr. 4 = juris Rn. 7). Eine Konkretisierung der Betreiberpflichten zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch [X.] in der [X.] würde den Gesetzesvollzug zwar wesentlich vereinfachen; die durch § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gebotene Vorsorge darf jedoch nicht allein deswegen unterbleiben, weil eine Ergänzung der [X.] aussteht.

Vorsorge muss nach Umfang und Ausmaß dem Risikopotential der Immissionen, die sie verhindern soll, proportional sein (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 7 [X.] 8.82 - BVerwGE 69, 37 <44>; Beschluss vom 30. August 1996 - 7 [X.] - [X.] 406.25 § 17 [X.] Nr. 3 = juris Rn. 22). Der Grundsatz der Risikoproportionalität setzt eine Bagatellgrenze voraus, bei deren Unterschreitung emissionsbegrenzende Maßnahmen nicht angeordnet werden dürfen (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 1999 - 7 [X.] 15.98 - BVerwGE 110, 216 <224> und vom 11. Dezember 2003 - 7 [X.] 19.02 - BVerwGE 119, 329 <333 f.>). Eine Prüfung auf Irrelevanz (vgl. hierzu z.B. [X.] des Leitfadens der Bund/[X.]) ist auch bei [X.]n erforderlich. Überschreitet die anlagebedingte Bioaerosol-Zusatzbelastung eine Bagatell- bzw. Irrelevanzschwelle, muss das Besorgnispotential dieser Zusatzbelastung beurteilt werden. Hierfür ist es grundsätzlich erforderlich, jedenfalls überschlägig zu ermitteln, in welchem Umfang der Betrieb der Anlage zu zusätzlichen [X.] auf [X.] in der Nachbarschaft führt. Weiter kann es erforderlich sein, für die relevanten [X.] auch die Gesamtbelastung durch [X.], also die Summe aus Vor- und Zusatzbelastung, zu ermitteln. Bei einer Vorbelastung durch Anlagen mit vergleichbaren Emissionen wird das Besorgnispotential einer zusätzlichen Belastung durch [X.] größer sein als ohne eine solche Vorbelastung. Dem Besorgnispotential der zu vermeidenden Immissionen sind die Auswirkungen der geforderten Emissionsminderung auf den konkreten Betreiber gegenüberzustellen. Die Aufwendungen für die Vermeidung einer zusätzlichen [X.] dürfen nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu den mit ihr erreichbaren günstigen Wirkungen stehen (vgl. [X.]. 7/179 S. 32; [X.], in: [X.][X.], Umweltrecht, Band III, Stand Januar 2015, § 5 Rn. 159; [X.], [X.], 10. Aufl. 2013, § 5 [X.] Rn. 60). Bei neu zu errichtenden Anlagen können höhere Anforderungen gestellt werden als bei bestehenden Anlagen ([X.], a.a.[X.]; [X.], [X.], Band 1, Stand Januar 2014, § 5 Rn. 76).

ff) Auch im vorliegenden Fall kann hiernach eine Abluftbehandlung geboten sein. Für das Revisionsverfahren ist wegen der entsprechenden Unterstellung des [X.] davon auszugehen, dass es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass [X.] möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Anlage des [X.] zu einer relevanten Erhöhung von Bioaerosol-Immissionskonzentrationen auf [X.] in der Umgebung der Anlage führt, ist nicht geklärt; das Verwaltungsgericht hat eine zusätzliche Belastung durch [X.] ausdrücklich als möglich bezeichnet ([X.]; juris Rn. 36).

b) Selbst wenn der Kläger die [X.] - wie das Verwaltungsgericht ohne nähere Auseinandersetzung mit der Höhe des zu erwartenden Gewinns angenommen hat ([X.] f.; juris Rn. 50 - 53) - bei Installation und Betrieb der verlangten [X.] nicht wirtschaftlich betreiben könnte, würde dies nicht notwendigerweise zur Unverhältnismäßigkeit der Anordnung führen. Auch ein hoher, den Betreiber stark belastender Aufwand ist ins Verhältnis zu den mit der Abluftbehandlung erreichbaren günstigen Wirkungen für die Nachbarschaft zu setzen. Bei der Gewichtung der Auswirkungen für den Betreiber ist zudem zu berücksichtigen, dass die Wirtschaftlichkeit des Anlagenbetriebs auch von den jeweiligen Standort- und Marktbedingungen abhängt. Ist die Höhe des Aufwands durch den Ertrag der Abluftbehandlung gerechtfertigt, müssen unter vergleichbaren Standortbedingungen andere Betreiber ebenfalls für eine Abluftbehandlung sorgen und die Mehrkosten an die Verbraucher weitergeben. Kann der betroffene Betreiber die Mehrkosten nicht weitergeben, weil andere Betreiber ausreichenden Abstand zu empfindlichen Nutzungen halten und deshalb eine Abluftbehandlung nicht benötigen, kann es verhältnismäßig sein, den Betreiber darauf zu verweisen, entweder seinerseits einen besser geeigneten Standort zu suchen oder am gewählten Standort die Mehrkosten der Abluftbehandlung in Kauf zu nehmen. Bei Errichtung einer neuen Anlage kann die Vorsorgepflicht nicht nur dazu zwingen, die Art und Weise des Anlagenbetriebs zu modifizieren; sie kann auch der Genehmigungsfähigkeit der Anlage am gewählten Standort entgegenstehen (vgl. [X.], [X.], 10. Aufl. 2013, § 5 Rn. 56; [X.], in: [X.][X.], Umweltrecht, Band III, Stand Januar 2015, § 5 Rn. 154; [X.], in: [X.]/[X.], Umweltrecht, 2007, § 5 Rn. 106 - dort jeweils im Hinblick auf raumbezogene Vorsorge; a.[X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], Band 1, Stand Juli 2015, § 5 Rn. [X.] 27).

c) Das Verwaltungsgericht hat schließlich die Abwägung des Beklagten zwischen der menschlichen Gesundheit und dem finanziellen Mehraufwand für den Kläger nicht für tragfähig erachtet. Ausgehend von den Unsicherheiten in Bezug auf den von [X.]n ausgehenden Gefahrenverdacht könne [X.] der menschlichen Gesundheit nicht mit seinem gesamten Gewicht in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Nutzen eingestellt werden. Demgegenüber habe der Beklagte die Argumente des [X.] zum wirtschaftlichen Mehraufwand nicht hinreichend gewürdigt und mit dem ihnen gebührenden erheblichen Gewicht berücksichtigt ([X.]; juris Rn. 53).

Auch diese Erwägungen rechtfertigen es nicht, die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Abluftbehandlung zu verneinen, ohne zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Betrieb der [X.] auf [X.] in der Nachbarschaft der Anlage zu einer relevanten Zusatzbelastung durch [X.] führt. Das in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einzustellende Risikopotential der [X.] hängt zwar auch davon ab, wie stark nach dem Stand der Wissenschaft und der allgemeinen Lebenserfahrung die Gründe für die Annahme sind, dass die in Rede stehenden [X.] möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen (vgl. [X.], [X.], 10. Aufl. 2013, § 5 Rn. 64). Wenn trotz bestehender Erkenntnislücken Anlass zur Vorsorge besteht - das Verwaltungsgericht hat dies unterstellt -, kann das Besorgnispotential der [X.], um deren Minderung es geht, aber nicht gewichtet werden, ohne jedenfalls ihre Menge zu ermitteln. Vorsorge ist nicht darauf gerichtet, erkannte Gefahren abzuwehren; sie soll gerade bei einem bloßen Gefahrenverdacht ergriffen werden, um eine Sicherheitszone unterhalb der [X.] zu gewährleisten.

3. Das angefochtene Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

a) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des [X.] kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine etwaige anlagebedingte Erhöhung von [X.] auf [X.] in der Nachbarschaft der Anlage die Bagatellgrenze überschreitet. Die [X.] hat lediglich ermittelt, dass die Zusatzbelastung durch Schwebstaub auf dem Grundstück des Nachbarn [X.] unterhalb des [X.] nach Nr. 4.2.2 Buchst. a [X.] liegt ([X.]; juris Rn. 38). Den Schluss, dass deshalb auch eine Zusatzbelastung durch [X.] irrelevant sei, hat das Verwaltungsgericht nicht gezogen. Es hat dem Beklagten lediglich vorgehalten, ausgehend hiervon nicht ermittelt zu haben, wie hoch eine Zusatzbelastung durch [X.] dann noch sein könne. Die Einhaltung des [X.] für Feinstaub dürfte im Übrigen nicht ohne weiteres auf die Irrelevanz einer Bioaerosol-Zusatzbelastung schließen lassen. Im Leitfaden der Bund/[X.] wird mitgeteilt, dass bei Geflügelanlagen nach derzeitigem Erkenntnisstand selbst bei Einhaltung des [X.] für Feinstaub in der Regel noch relevante Belastungen an [X.]n prognostiziert werden ([X.]).

b) Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass allein das Wohnhaus des Nachbarn [X.] einer relevanten Bioaerosol-Zusatzbelastung ausgesetzt wird ([X.]). Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre die Anordnung der Abluftbehandlung nicht von vornherein unverhältnismäßig ([X.]).

[X.]) Innerhalb eines Abstands von 500 m liegt nur das Wohnhaus des Nachbarn [X.] Ohne weitere Feststellungen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Wohngrundstücke außerhalb dieses Abstands einer relevanten Bioaerosol-Zusatzbelastung ausgesetzt werden. Die Entfernungen, die Anlass zu einer näheren Prüfung der [X.] geben, sind nicht als Mindestabstände zu verstehen; auch darüber hinaus können noch relevante Konzentrationen von anlagenspezifischen [X.]n auftreten (vgl. [X.] Erlass zur Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren vom 22. März 2013, Ziffer 5).

[X.]) Selbst wenn allein das Nachbargrundstück [X.] von einer relevanten Bioaerosol-Zusatzbelastung betroffen sein sollte, könnte die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Abluftbehandlung nicht unabhängig vom Ausmaß dieser Betroffenheit verneint werden. Für Gerüche verlangt [X.] [X.] einen Mindestabstand nur "zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Bebauung". In der Rechtsprechung wird hierfür eine zusammenhängende Wohnbebauung gefordert; ein vereinzelt im Außenbereich gelegenes Hausgrundstück genüge nicht, derartige Grundstücke seien durch die dem Außenbereich zugewiesenen emittierenden Nutzungen "situationsbelastet" ([X.], Beschluss vom 27. September 2013 - 10 B 679/13 - juris Rn. 39 f.; [X.], in: [X.][X.], Umweltrecht, Band IV, Stand Januar 2015, [X.] Nr. 5.4.7 Rn. 3). Anders als bei Gerüchen geht es bei [X.]n nicht um Belästigungen, sondern um Gesundheitsrisiken. Dies schließt nicht aus, bei der Gewichtung des [X.] auch die Zahl der Betroffenen zu berücksichtigen. Bei Errichtung einer neuen Anlage muss die Anordnung einer Abluftbehandlung aber auch dann in Erwägung gezogen werden, wenn nur ein einzelnes Hausgrundstück betroffen ist. Jedenfalls wenn die Zusatz- und die Vorbelastung hoch sind, kann die Verhältnismäßigkeit einer solchen Anordnung nicht von vornherein verneint werden.

4. Das Verwaltungsgericht wird ausgehend von den dargelegten rechtlichen Maßstäben den Anspruch des [X.] auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ohne die Anordnung einer Abluftbehandlung neu prüfen und die Sache spruchreif machen müssen. Maßgebend für die Entscheidung über die hier erhobene Verpflichtungsklage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der erneuten Entscheidung. Das Verwaltungsgericht wird sich, wenn eine relevante Bioaerosol-Zusatzbelastung von [X.] in der Umgebung nicht ausgeschlossen werden kann, auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnisse und in Auseinandersetzung mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung zu der Frage positionieren müssen, ob [X.] möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen, insbesondere zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen können. Sollte es die Frage bejahen, wird es klären müssen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Betrieb der [X.] auf [X.] in der Nachbarschaft der Anlage zu einer relevanten Zusatzbelastung durch [X.] führt.

Sollte hiernach ein Anlass zur Vorsorge gegen [X.] bestehen, wird es ausgehend von dem unter [X.]) ee) dargelegten Maßstab prüfen müssen, ob es verhältnismäßig ist, hier eine Abluftbehandlung zu verlangen.

Meta

7 C 10/13

23.07.2015

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Oldenburg (Oldenburg), 6. Februar 2013, Az: 5 A 4052/12, Urteil

§ 3 Abs 6 S 1 BImSchG, § 3 Abs 6 S 2 BImSchG, § 5 Abs 1 Nr 2 BImSchG, § 6 Abs 1 Nr 1 BImSchG, Nr 5.4.7.1 TA Luft 2002

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.07.2015, Az. 7 C 10/13 (REWIS RS 2015, 7642)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7642

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