Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2012, Az. VIII ZR 95/11

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9795

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 95/11
Verkündet am:

25. Januar 2012

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 312c Abs. 2, § 312d Abs. 2;
EGBGB Art. 240, 235;
[X.] § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 10 aF
Die Angabe einer Postfachadresse als Widerrufsadresse genügt beim [X.] den gesetzlichen Anforderungen an eine Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht ([X.] an [X.], Urteil vom 11. April 2002 -
I
ZR 306/99, NJW 2002, 2391 -
Postfachanschrift).

[X.], Urteil vom 25. Januar 2012 -
VIII ZR 95/11 -
LG Essen

[X.]

-
2 -
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2012 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterinnen Dr.
Milger, [X.] und [X.] sowie
den Richter [X.]
für Recht erkannt:

Die Revision des Klägers
gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des [X.] vom 3. Februar 2011
wird zurückgewie-sen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger
zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, einem Energieversorgungsunternehmen, im Jahre 2008 im Wege des Fernabsatzes
einen [X.] über den leitungsgebundenen Bezug von Erdgas. Der
Ver-trag sah für die Dauer der bis zum 31. August 2010 vereinbarten Laufzeit einen Festpreis vor
und räumte dem Kläger ein Widerrufsrecht ein. Die Widerrufsbe-lehrung enthielt als Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklä-ren ist, die Postfachadresse der Rechtsvorgängerin der Beklagten.
Am 1. Oktober 2009 erklärte der Kläger den Widerruf seiner Vertragser-klärung. Die Beklagte akzeptierte den Widerruf nicht. Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Vertragsverhältnis durch den [X.] beendet worden sei. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg ge-1
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habt. Mit der
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen
Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Der Widerruf
des Klägers vom 1. Oktober 2009 sei
jedenfalls nicht in der 2-Wochenfrist des §
355 Abs. 2 BGB [aF]
erfolgt. Die Widerrufsbelehrung habe auch mit der Angabe eines Postfachs als Anschrift, an welche
der Widerruf zu richten sei, den Anforderungen des §
355 BGB
[aF] entsprochen. Zwar
verlange §
14 Abs. 4 [X.]
[aF] die Angabe einer "[X.] Anschrift", dieser Begriff sei gesetzlich aber nicht normiert und daher nach Sinn und Zweck der-jenigen Vorschrift, in der er ver[X.]det werde, zu definieren. §
355 Abs. 2 Satz 1 BGB [aF] verfolge ausschließlich verbraucherschutzrechtliche Zwecke,
daher müsse der Verbraucher erkennen können, an [X.] er den Widerruf
zu richten habe. Auch dürfe
er
in der Ausübung seines Widerrufsrechts nicht unangemes-sen benachteiligt werden. Dies sei bei der Angabe eines Postfachs nicht der Fall.
Unabhängig davon bestehe im vorliegenden Fall aber bereits kein Wider-rufsrecht, da der
geschlossene
Vertrag
über die leitungsgebundene Lieferung von Erdgas eine Ware betreffe, die aufgrund ihrer Beschaffenheit für eine Rücksendung nicht geeignet sei (§
312d Abs. 4 Nr. 1 BGB
[aF]).
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4 -
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher
Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht einen
Anspruch des [X.] auf Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Vertrags-verhältnis durch den Widerruf
vom 1. Oktober 2009 beendet worden ist, ver-neint.
Denn der Kläger hat seine auf den Vertragsabschluss gerichtete Willens-erklärung jedenfalls nicht rechtzeitig widerrufen.
Dabei
kann dahinstehen, ob dem Kläger nach §
312d Abs. 1 Satz 1 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung im Folgenden aF)
ein Recht zum Widerruf seiner auf Abschluss des [X.] gerichteten [X.] zustand
oder ob ein solches Widerrufsrecht nach §
312d Abs.
4 Nr. 1 Fall 3 BGB wegen beschaffenheitsbedingt fehlender
Eignung der Ware für eine Rücksendung ausgeschlossen war
(vgl. Senatsbeschluss vom 18. März 2009 -
VIII
ZR 149/08, [X.], 309). Denn der am 1. Oktober 2009 erfolgte Widerruf war jedenfalls verfristet

355 Abs. 1 Satz 2, § 312d Abs. 2 BGB
aF).
1. Durch Art. 1 Nr. 7 -
13 des Gesetzes zur Umsetzung der [X.], des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs-
und Rückgaberecht vom 29.
Juli 2009 ([X.] I S. 2355; im Folgenden: [X.]) sind die [X.] der §§ 355 ff. BGB über das Widerrufs-
und Rückgaberecht bei [X.] geändert worden. Darüber hinaus sind zu diesem Zeitpunkt §
1 und §
14
BGB-Informationspflichten-Verordnung (im Folgenden: [X.])
und die in den Anlagen 2 und 3 zu § 14 [X.] geregelten Muster für die Belehrungen über das Widerrufs-
und das Rückgaberecht aufgehoben worden (Art. 9 Nr. 1 und 4 [X.]). Auf das vorliegende Vertragsverhältnis fin-7
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5 -
den das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und die [X.] jedoch noch in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung
An[X.]dung (Art. 229 § 22 Abs. 2
EGBGB
-
im Folgenden aF).
2. Entgegen der Ansicht der Revision stand
einem Beginn des [X.] hier nicht entgegen, dass der Kläger
deshalb
nicht ordnungsge-mäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden wäre

312d Abs.
1 Satz
1, Abs.
2, §
312c Abs.
2, §
355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF), weil
in der Widerrufsbeleh-rung als Adresse, an die der Widerruf zu richten ist, lediglich ein Postfach an-gegeben war. Denn die Angabe eines Postfachs ist jedenfalls im Falle eines Fernabsatzvertrages gemäß §
312b Abs. 1, §
312c Abs. 2, §
312d Abs. 2
BGB aF in Verbindung mit Art. 240, 245
EGBGB, §
1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr.
10 [X.] aF als Widerrufsadresse ausreichend.
a) Der
Unternehmer
muss
im Fernabsatzgeschäft gemäß §
312c Abs. 2
BGB aF in Verbindung mit Art. 240, 245 EGBGB
und §
1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 10 [X.] aF dem Verbraucher das Bestehen oder Nichtbeste-hen eines Widerrufs-
oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelhei-ten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, mitteilen. Diese Informationen sind dem [X.] in Textform mitzuteilen, wobei die Erfüllung der Informationspflicht eine Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist ist.
Die Angabe einer Postfachadresse
als Widerrufsadresse
genügt diesen Anforderungen ([X.], Urteil vom 11. April 2002 -
I
ZR 306/99, NJW 2002, 2391 unter II -
Postfachanschrift). Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage ver-setzt werden, dieses auszuüben. Die Belehrung hat ihn darüber zu informieren, dass und wie er seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung wi-11
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derrufen kann. Dazu gehört auch die Angabe der Anschrift des [X.]. Sie ist erforderlich, damit der Verbraucher, insbesondere [X.]n der am Verbrauchervertrag beteiligte Unternehmer einen Dritten als Empfangsvertreter oder Empfangsboten benannt hat, keinem Zweifel unterliegt, an [X.] er den [X.] zu richten hat. Diesen Anforderungen genügt auch die Angabe der Post-fachanschrift des Widerrufsadressaten. Der Verbraucher wird dadurch in glei-cher Weise wie durch die Mitteilung der Hausanschrift des Widerrufsadressaten
in die Lage versetzt, seine Widerrufserklärung auf den Postweg zu bringen. Die Angabe der Postfachanschrift ist eindeutig, unmissverständlich und auch an-sonsten nicht geeignet, den Verbraucher an der Ausübung seines Widerrufs-rechts zu hindern. Der Umstand, dass dieser damit seine Widerrufserklärung regelmäßig nicht selbst in den Hausbriefkasten des Widerrufsempfängers ein-werfen kann, steht dem mit der Einräumung des Widerrufsrechts bezweckten Verbraucherschutz nicht entgegen ([X.], Urteil vom 11. April 2002 -
I
ZR 306/99, aaO), zumal für den Verbraucher (auch) bei Angabe einer Postfachan-schrift als Widerrufsadresse die Möglichkeit besteht, seine Widerrufserklärung durch Einwurfeinschreiben an den Unternehmer zu übersenden.
b) Es ist auch sachlich gerechtfertigt, an eine Information über das [X.]srecht
im Fernabsatzgeschäft insoweit andere Anforderungen als an sonstige Widerrufsbelehrungen zu stellen. Denn die Angabe der [X.] Anschrift des Unternehmers gehört gemäß §
1 Abs. 1 Nr. 3 [X.] aF -
ebenso nach der aktuellen, nunmehr gesetzlichen,
Regelung der Einzelheiten der Ausgestaltung der Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen (Art. 246 EGBGB)
-
ohnehin zu den vom Unternehmer zu erteilenden -
hier unstreitig er-

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teilten
-
Informationen. Deshalb ist es nicht erforderlich, diese Anschrift auch als Widerrufsadresse anzugeben, damit der Verbraucher von ihr Kenntnis erlangt.
[X.]
Dr. Milger
[X.]

[X.]
[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.08.2010 -
21 C 596/09 -

LG Essen, Entscheidung vom 03.02.2011 -
10 S 313/10 -

Meta

VIII ZR 95/11

25.01.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2012, Az. VIII ZR 95/11 (REWIS RS 2012, 9795)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9795

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 95/11

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