Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.10.2017, Az. XII ZR 8/17

12. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4148

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Gegenstand

Gemischt-typischer Vertrag; Anwendbarkeit der VOB/B-Klausel über das Preisanpassungsrecht bei Überschreitung des Mengenansatzes im Leistungsverzeichnis; Mengenänderung bei einer sog. Bedarfsposition


Leitsatz

Zur Anwendbarkeit von § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B auf den mietrechtlichen Teil eines gemischt-typischen Vertrags über die Aufstellung, die Vorhaltung und den Abbau einer Containeranlage (Abgrenzung zu BGH Urteil vom 11. April 2013, VII ZR 201/12, NJW 2013, 1670).

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 2. Dezember 2016 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine weitere Vergütung für die Überlassung einer Containeranlage.

2

Die Beklagte sanierte und erweiterte ab Mitte 2009 als kommunaler Schulträger ein Schulgebäude. Zur Durchführung des Unterrichts der Schüler in provisorischen Klassenräumen schrieb die Beklagte im Mai 2008 die Errichtung (Vorbereitung, Antransport und Montage), die Vorhaltung während der Bauphase und den anschließenden Abbau und Abtransport einer Containeranlage aus. Grundlage der Ausschreibung waren ein von ihr erstelltes Leistungsverzeichnis, ihre Besonderen Vertragsbedingungen ([X.]), welche in der Einleitung die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B - [X.] 1961) teilweise einbeziehen, und ihre Zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB).

3

In dem Leistungsverzeichnis war eine Grund- und [X.] von 72 Wochen vorgesehen. Für eine mögliche Verlängerung der Vorhaltung der Container über diesen Zeitraum hinaus waren in den Titeln 3.10, 3.20, 3.30 und 3.40 des Leistungsverzeichnisses für die unterschiedlichen [X.] vorgesehen, die jeweils folgenden Wortlaut haben: "4 Wochen Bedarfsposition […] über die Grundstand- u. [X.] hinaus (bis zur Freigabe zum Abbau)". Die Beklagte behielt sich eine weitere Verlängerung der [X.] bis zur Erteilung der Abbaugenehmigung ohne einen hierfür gesondert ausgewiesenen Mietpreis vor.

4

Nachdem die Klägerin im März 2009 den Zuschlag erhalten hatte, lieferte und montierte sie die Container vertragsgemäß. Da sich die Sanierungsarbeiten an der Schule erheblich verzögerten, wurden die Container über die vorgesehene Grund- und [X.] von 72 Wochen und die vorgesehene Bedarfszeit von vier Wochen hinaus noch weitere 57 Wochen vorgehalten.

5

Die Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 23. August 2011 auf, für die Vereinbarung eines neuen reduzierten Einheitspreises ein Angebot zu unterbreiten. In einem an die Klägerin übersandten, aber nicht unterschriebenen Bestellschein vom 27. Dezember 2011 verlangte sie für die weitere [X.] einen Nachlass von 20 %. Mit Schreiben vom 25. Juni 2012 bot die Klägerin eine Minderung von 3 % an. In ihrer Schlussrechnung vom 7. August 2013 setzte sie für die zusätzlichen 57 [X.] jeweils den Einheitspreis an, den sie auch für die Bedarfsposition von vier Wochen berechnete und gewährte hierauf "aus Kulanz" einen Nachlass von 3 %. Die Beklagte legte dagegen bei der Prüfung der Schlussrechnung am 27. September 2013 hinsichtlich der Vergütung für die über vier Wochen hinausgehende Verlängerung der [X.] einen Abzug von 20 % nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B wegen Massenmehrungen zugrunde.

6

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Zahlung des nach ihrer Berechnung noch offenen Betrags in Höhe von 85.804,53 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten. Das [X.] hat der Klage hinsichtlich der Hauptforderung stattgegeben und sie wegen der Nebenforderung teilweise abgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen richtet sich ihre vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

8

Das [X.]erufungsgericht hat zur [X.]egründung seiner in juris veröffentlichten Entscheidung folgendes ausgeführt:

9

Die Einstufung des im Streit stehenden "Vertragsteils" durch das [X.] als Mietvertrag sei zutreffend. Der Vertrag sei nach seinem hauptsächlichen Inhalt ein atypischer Mietvertrag mit werkvertraglichen Elementen in den im vorliegenden Rechtsstreit nicht betroffenen [X.]ereichen Vorbereitung und Montage sowie Demontage, jeweils einschließlich Transport. Die Vergütung der verlängerten Vorhaltung sei in der Ausschreibung nicht eindeutig auf vier Wochen beschränkt. Der Ausschreibungstext der [X.] habe das abzugebende Angebot für die Verlängerungskosten nicht erkennbar auf einen [X.]raum von vier Wochen beschränkt, sondern aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers habe es für die gesamte [X.] der Verlängerung bis zum Abbau gelten sollen.

Die Parteien hätten auch keine ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung über einen Nachlass von 20 % für eine Vorhaltung über den zunächst von der [X.] als [X.] vorgesehenen [X.]raum von vier Wochen hinaus getroffen. Eine Annahme eines entsprechenden Angebots der Klägerin durch Schweigen liege nicht vor. § 362 [X.] sei auf das Vertragsverhältnis der Parteien nicht anwendbar, weil die [X.]eklagte [X.] sei. Das Schweigen der Klägerin auf das Angebot der [X.], einen Nachlass einvernehmlich festzulegen, bedeute folglich "im Zweifel" eine Ablehnung.

Ein Nachlass von 20 % ergebe sich auch nicht aus der Vereinbarung der VO[X.]/[X.]. Die rechtliche Einstufung als Mietvertrag mit werkvertraglichen Nebenleistungen schließe die Zulässigkeit der formularmäßigen Einbeziehung von § 2 Abs. 3 VO[X.]/[X.] innerhalb eines gewerblichen Mietverhältnisses zwar nicht generell aus. Grundsätzlich könnten die VO[X.]/[X.] und die [X.] wie alle Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch [X.]estandteil eines Mietvertrags über Räume werden, die nicht Wohnzwecken dienen, solange sie nicht gegen Grundlagen und zwingende Vorschriften des Mietrechts verstießen.

Nach Ziffer 4.1.2 der insoweit als speziellerer Vertragsregelung vorrangigen [X.] sei eine Verlängerung eines Dauerschuldverhältnisses aber nicht als "Massenmehrung" erfasst. Es sei bereits unklar, ob § 2 Abs. 3 VO[X.]/[X.] daneben überhaupt Geltung beanspruchen könne, was zu Lasten der [X.] als Verwenderin der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehe (§ 305 c Abs. 2 [X.]G[X.]).

Wenn die Anwendung von § 2 Abs. 3 VO[X.]/[X.] vereinbart worden wäre, wäre die [X.]estimmung im vorliegenden Fall zudem nach § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] nichtig, weil die Klägerin dadurch unangemessen benachteiligt werde.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Klägerin steht gegen die [X.]eklagte ein restlicher vertraglicher Anspruch auf Vergütung für die Vorhaltung der Container über die vereinbarte Grundmietzeit von 72 Wochen und die weiteren vier Wochen [X.] hinaus in Höhe von 85.804,53 € zu. Die [X.]eklagte war weder aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien zu einer Kürzung der mit der Schlussrechnung der Klägerin vom 7. August 2013 geltend gemachten Vergütung für die verlängerte [X.] berechtigt noch stand ihr ein Anspruch auf Anpassung des [X.] wegen Massenmehrung nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VO[X.]/[X.] zu.

1. Die Vorhaltung der Container über die vorgesehene Grund- und [X.] hinaus ist in dem Leistungsverzeichnis, das Grundlage der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien ist, in den Titeln 3.10, 3.20, 3.30 und 3.40 als [X.]edarfsposition vorgesehen. Mit der Inanspruchnahme dieser [X.]edarfsposition durch die [X.]eklagte war die Klägerin verpflichtet, die darin vorgesehenen Leistungen zu erbringen, und die [X.]eklagte, die zusätzlichen Leistungen mit dem vereinbarten Preis zu vergüten. Auf dieser Grundlage hat das [X.]erufungsgericht zu Recht angenommen, dass der Klägerin noch ein Zahlungsanspruch gegen die [X.]eklagte in der geltend gemachten Höhe zusteht.

2. Ebenso zutreffend hat das [X.]erufungsgericht angenommen, dass die [X.]eklagte nicht berechtigt ist, von der in der Schlussrechnung der Klägerin vom 7. August 2013 für die Titel 3.10, 3.20, 3.30 und 3.40 des Leistungsverzeichnisses festgesetzten Vergütung einen Abzug in Höhe von 20 % vorzunehmen.

a) Entgegen der Auffassung der Revision ist zwischen den Vertragsparteien keine - konkludente - Vereinbarung über eine Reduzierung der Vergütung für die verlängerte [X.] der Container um 20 % zustande gekommen.

aa) Unabhängig davon, ob ein Angebot der [X.] zu einer entsprechenden Vertragsänderung bereits in deren Schreiben vom 28. August 2011 lag, mit dem sie die Klägerin aufforderte, ihr ein Angebot für einen reduzierten Einheitspreis für die verlängerte [X.] zu unterbreiten, oder erst der an die Klägerin mit Schreiben vom 22. Dezember 2011 übersandte [X.]estellschein, der eine Anpassung von 20 % vorsah, ein entsprechendes Angebot zur Reduzierung des [X.] darstellte, liegt jedenfalls keine Annahmeerklärung der Klägerin vor.

Nach den getroffenen Feststellungen antwortete die Klägerin auf diese Schreiben der [X.] zunächst nicht. Erst am 25. Juni 2012 bot sie ihrerseits eine Herabsetzung der Vergütung um weitere 3 % an. Ausdrücklich nahm die Klägerin daher das Angebot der [X.] nicht an, sondern unterbreitete ein neues Angebot auf Anpassung der vereinbarten Vergütung für den streitgegenständlichen [X.]raum (vgl. § 150 Abs. 2 [X.]G[X.]).

bb) Eine stillschweigende Annahme des Angebots der [X.] liegt ebenfalls nicht vor. Sie ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Klägerin auf das Angebot der [X.] zunächst nicht reagierte.

Schweigen bedeutet im Rechtsverkehr grundsätzlich keine Zustimmung. Deshalb kann das Schweigen des Empfängers auf ein ihm unterbreitetes Vertragsangebot - auch im kaufmännischen Verkehr - grundsätzlich nicht als Annahme des Angebots verstanden werden (vgl. Senatsurteil vom 1. Juni 1994 - [X.] - NJW-RR 1994, 1163, 1165 mwN). Das schließt es zwar nicht aus, auch dem Schweigen nach der Verkehrssitte unter bestimmten Umständen sowohl bei verkörperten als auch bei nicht verkörperten Angeboten einen Erklärungswert beizumessen und es daher als Annahme zu werten. Eine Verpflichtung, einen empfangenen Antrag ausdrücklich abzulehnen, besteht jedoch grundsätzlich nicht, und zwar auch dann nicht, wenn der Anbietende - wie hier - erklärt, Schweigen als Annahme verstehen zu wollen (vgl. [X.]/[X.] [X.]G[X.] [2015] § 146 Rn. 5 mwN).

cc) Etwas Anderes ergibt sich im vorliegenden Fall - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht aus § 362 Abs. 1 Satz 1 [X.].

Zwar stünde der Anwendung dieser Vorschrift - entgegen der Auffassung des [X.]erufungsgerichts - nicht entgegen, dass die [X.]eklagte [X.] i.S.d. §§ 1 ff. [X.] ist. Denn § 362 Abs. 1 [X.] setzt nur voraus, dass der Empfänger des Antrags Kaufmannseigenschaft i.S.d. §§ 1 ff. [X.] besitzt. Dies ist bei der Klägerin als Gesellschaft mit beschränkter Haftung der Fall, § 6 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 13 Abs. 3 GmbHG.

Die in § 362 Abs. 1 Satz 1 [X.] normierte Annahme eines Angebots durch Schweigen (bzw. nicht unverzügliches Ablehnen des Angebots) gilt jedoch nur für [X.], dessen Gewerbe die [X.]esorgung von Geschäften für andere umfasst. Geschäftsbesorgung in diesem Sinn ist jede selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art für einen anderen und in dessen Interesse, wobei die Tätigkeit rechtsgeschäftlicher oder rein tatsächlicher Art sein kann ([X.]Z 46, 43 = NJW 1966, 1966, 1967; vgl. auch MünchKomm[X.]/[X.] 3. Aufl. § 362 Rn. 19 mwN; [X.]/[X.]/[X.] [X.] 37. Aufl. § 362 Rn. 2 f. mwN). [X.]eschränkt sich die Tätigkeit des Kaufmanns im Rahmen eines Vertragsverhältnisses - wie bei einem Miet- oder Werkvertrag - nur auf den reinen Austausch von Leistungen, ist der Anwendungsbereich des § 362 Abs. 1 Satz 1 [X.] dagegen nicht eröffnet (vgl. [X.]/[X.]oujong/[X.]/[X.] [X.] 3. Aufl. § 362 Rn. 13; [X.] [X.]/Füller [Stand: 1. Juli 2017] § 362 Rn. 7).

So liegen die Dinge hier. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag beinhaltet werk- und mietvertragliche Elemente und ist somit auf einen Leistungsaustausch und nicht auf eine Geschäftsbesorgung gerichtet. § 362 Abs. 1 Satz 1 [X.] findet daher im vorliegenden Fall keine Anwendung. Ebenso wenig kann das Schweigen der Klägerin gemäß § 362 Abs. 1 Satz 2 [X.] als Annahme des Angebots angesehen werden. Denn die Klägerin hat sich gegenüber der [X.] nicht zuvor zur Vornahme einer Geschäftsbesorgung angeboten.

b) Schließlich steht der [X.] auch kein Anspruch auf Preisanpassung nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VO[X.]/[X.] zu.

Dabei kann die vom [X.]erufungsgericht für zulassungsrelevant erachtete Frage nach der Rechtsnatur des vorliegenden Vertrags ebenso dahin stehen wie die Frage, ob die Regelungen der VO[X.]/[X.] auf Mietverträge Anwendung finden können (vgl. hierzu [X.] Urteil vom 11. April 2013 - [X.] - NJW 2013, 1670 Rn. 18). Denn jedenfalls fehlt es im vorliegenden Fall an den Voraussetzungen für einen Anspruch der [X.] auf Preisanpassung nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VO[X.]/[X.].

aa) Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VO[X.]/[X.] ist bei einer über 10 % hinausgehenden Überschreitung des Mengenansatzes im Leistungsverzeichnis auf Verlangen ein neuer Preis unter [X.]erücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Diese Klausel trifft eine spezielle Regelung für die ansonsten als Wegfall der Geschäftsgrundlage einzuordnende Mengenänderung und begründet hinsichtlich der Mehrmengen einen vertraglichen Anspruch auf Einwilligung in einen neuen Einheitspreis (vgl. [X.] Urteil vom 14. April 2005 - [X.] - NJW-RR 2005, 1041, 1042). Die Vergütungsregelung zielt darauf ab, den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers den Unwägbarkeiten zu entziehen, die sich aus der unzutreffenden Einschätzung der für die Ausführung der [X.]auleistung erforderlichen Mengen im [X.]punkt des Vertragsschlusses ergeben. Damit trägt sie dem einem [X.]auvertrag immanenten Risiko Rechnung, dass die Mengenschätzung im [X.]punkt der Ausschreibung naturgemäß ungenau sein kann und die tatsächlichen Gegebenheiten auf der [X.]austelle insofern nicht genau erfasst worden sein können. § 2 Abs. 3 VO[X.]/[X.] ist deshalb nur auf die Fälle anwendbar, in denen sich das Risiko einer Fehleinschätzung verwirklicht, weil im Hinblick auf die Mengen andere Verhältnisse vorgefunden wurden, als sie im [X.] Eingang gefunden haben ([X.]Z 192, 252 = NJW 2012, 1348 Rn. 18 mwN). Liegt danach eine Abweichung des im Leistungsverzeichnis festgelegten Mengenansatzes von mehr als 10 % vor, kann jede der Vertragsparteien eine Anpassung des [X.] verlangen. Kommt es trotz der insoweit bestehenden Kooperationspflicht der Parteien zu keiner Vereinbarung, kann der neue Preis unmittelbar zum Gegenstand eines Rechtsstreits gemacht werden ([X.] Urteil vom 14. April 2005 - [X.] - NJW-RR 2005, 1041, 1042 mwN).

bb) Allerdings sieht § 2 Abs. 3 Nr. 2 VO[X.]/[X.] ein [X.] nur für unerwartete Abweichungen der verbauten Massen von den in der Leistungsbeschreibung verbindlich vereinbarten Vordersätzen vor (vgl. Keldungs in [X.]/Korbion VO[X.] 20. Aufl. [X.]. § 2 Abs. 3 Rn. 6). Die Vergütungsregelung ist daher lediglich auf die Positionen des Leistungsverzeichnisses anwendbar, für die im Vertrag ein konkreter [X.] vereinbart worden ist. [X.]etrifft die Mengenänderung eine sogenannte [X.]edarfsposition, also eine Position, bei denen sich der Auftraggeber ein Wahlrecht vorbehält, ob sie ausgeführt werden soll oder nicht, kommt eine Preisanpassung nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VO[X.]/[X.] nur dann in [X.]etracht, wenn die Parteien übereinstimmend von einer bestimmten zu erwartenden Menge ausgegangen sind. Enthält das Leistungsverzeichnis hingegen insoweit keine verbindliche Mengenangabe, ist die Leistung, wenn sie vom Auftraggeber in Anspruch genommen wurde, nach dem vereinbarten Vertragspreis abzurechnen (vgl. [X.] in [X.]eck'scher VO[X.]-Kommentar Teil [X.] 3. Aufl. § 1 Abs. 1 Rn. 48).

cc) Ob die Parteien bei einer [X.]edarfsposition eine verbindliche Mengenangabe vereinbart haben, ist durch Auslegung des Leistungsverzeichnisses zu ermitteln. Nach der Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs sind Leistungsbeschreibungen in [X.]auverträgen nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung, also insbesondere nach §§ 133, 157 [X.]G[X.] auszulegen ([X.]Z 168, 368 = NJW 2006, 3413, 3414 mwN). Es ist dabei nicht am [X.]uchstaben zu haften, sondern ein Sinn zu ermitteln, wie er sich für einen verständigen Empfänger der Erklärungen unter [X.]erücksichtigung von Verkehrssitte und Treu und Glauben ergibt ([X.] Urteil vom 9. Februar 1995 - [X.] - NJW-RR 1995, 914, 915). Die Auslegung ist dabei Sache des Tatrichters. Eine revisionsrechtliche Überprüfung findet nur dahingehend statt, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht ([X.] Urteil vom 12. September 2013 - [X.] - NJW 2013, 3511 Rn. 11 mwN).

dd) Gemessen hieran ist die vom [X.]erufungsgericht vorgenommene Auslegung des Inhalts der streitgegenständlichen [X.]edarfspositionen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Im Text des Leistungsverzeichnisses zu den [X.]edarfspositionen, die die Verlängerung der [X.] für die Container betreffen, heißt es zwar, "4 Wochen [X.]edarfsposition […] über die Grundstand- u. [X.] hinaus (bis zur Freigabe zum Abbau)". Das [X.]erufungsgericht hat mit dem [X.] diesen mehrdeutigen Vertragstext indes dahingehend ausgelegt, dass durch den Ausschreibungstext die Vergütung für die Verlängerung der [X.] nicht auf einen [X.]raum von vier Wochen über die Grundmietzeit hinaus beschränkt ist, sondern die in den Titeln 3.10, 3.20, 3.30 und 3.40 des Leistungsverzeichnisses enthaltenen Regelungen, insbesondere die dort festgesetzten Einheitspreise, für die Vergütung einer verlängerten Vorhaltung der Container den gesamten [X.]raum erfassen, in denen die Container über die Grundmietzeit hinaus von der Klägerin vorgehalten werden.

[X.]ei den streitgegenständlichen Positionen des Leistungsverzeichnisses handelt es sich ersichtlich um [X.]edarfspositionen, die darauf ausgerichtet sind, die Vergütung der Vorhaltung der Container bis zur Freigabe durch die [X.]eklagte zu regeln, falls es zu Verzögerungen bei den Sanierungsarbeiten an der Schule kommt und deshalb die Container über die Grundmietzeit hinaus benötigt werden. Da die Klägerin auf die Dauer dieser Sanierungsarbeiten keinerlei Einfluss hatte und demgemäß auch bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses keine tragfähigen Grundlagen hatte, um die mögliche Dauer einer Verlängerung der [X.] verlässlich zu bestimmen, hat das [X.]erufungsgericht zu Recht die in den Titeln 3.10, 3.20, 3.30 und 3.40 des Leistungsverzeichnisses jeweils angegebene [X.] von vier Wochen nicht als verbindlich vereinbarten [X.] angesehen. Für das vom [X.]erufungsgericht gewonnene Auslegungsergebnis spricht auch, dass [X.]edarfspositionen grundsätzlich für den Auftragnehmer schwer zu kalkulieren sind, weil er bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung nicht weiß, ob die [X.]edarfsposition überhaupt zur Ausführung gelangt. Zu Recht hat das [X.]erufungsgericht daher die streitgegenständlichen Positionen dahingehend verstanden, dass durch die Leistungsbeschreibung für die Vorhaltung der Container über die Grundmietzeit hinaus lediglich der auf eine Woche bezogene Einheitspreis und nicht ein [X.] für die zu erbringenden Leistungen festgesetzt wird. Daher handelt es sich bei der Verlängerung der [X.] für die Container nicht um eine Änderung der Vordersätze des angenommenen Leistungsumfangs, auf die allein sich das [X.] aus § 2 Abs. 3 Nr. 2 VO[X.]/[X.] bezieht.

Hinzu kommt, dass § 2 Abs. 3 VO[X.]/[X.] nur solche Fälle betrifft, in denen es zu einer Über- oder Unterschreitung des im Leistungsverzeichnis vereinbarten [X.]es kommt, die für beide Vertragspartner unerwartet sind. Die Klausel ist daher nicht anwendbar, wenn sich der Umfang der Leistung durch Anordnungen des Auftraggebers ändert (vgl. [X.]Z 192, 252 = NJW 2012, 1348 Rn. 18 mwN) oder die Massenänderung aufgrund von Umständen erfolgt, die aus dem Risikobereich des Auftraggebers stammen (vgl. Keldungs in [X.]/Korbion VO[X.] 20. Aufl. [X.]. § 2 Abs. 3 Rn. 14; [X.] in [X.]eck'scher VO[X.]-Kommentar Teil [X.]. 3. Aufl. § 2 Abs. 3 Rn. 9). Dies ist hier jedoch der Fall, da die Verlängerung der [X.] über die Grundmietzeit hinaus auf Verzögerungen bei den Sanierungsmaßnahmen beruhte, die allein im Risikobereich der [X.] als [X.]auherrin lagen.

Dose     

      

Schilling     

      

Günter

      

Nedden-[X.]oeger     

      

Krüger     

      

Meta

XII ZR 8/17

11.10.2017

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 2. Dezember 2016, Az: 2 U 61/16, Urteil

§ 2 Abs 3 Nr 2 VOB B

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.10.2017, Az. XII ZR 8/17 (REWIS RS 2017, 4148)

Papier­fundstellen: MDR 2017, 1414-1415 REWIS RS 2017, 4148

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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