Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.06.2015, Az. VI R 10/14

6. Senat | REWIS RS 2015, 9527

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Gegenstand

Kindergeld, Anforderungen an den Nachweis als Ausbildungsuchender - Anforderungen an die Substantiierung eines Beweisantrags


Leitsatz

1. Der Registrierung als Ausbildungsuchender kommt für den Anspruch auf Kindergeld keine (echte) Tatbestandswirkung zu. Sie gilt deshalb als Indiz für das Bemühen des Kindes um einen Ausbildungsplatz auch dann nach Maßgabe des § 38 Abs. 4 SGB III n.F. fort, wenn die Agentur für Arbeit nach der --auch formlos möglichen-- Meldung des Kindes die Registrierung ohne Grund wieder löscht .

2. Die Meldung als Ausbildungsuchender ist nach § 38 Abs. 4 SGB III n.F. nicht mehr auf drei Monate beschränkt. Die Ausbildungsvermittlung ist nach § 38 Abs. 4 SGB III n.F. durchzuführen, bis die Ausbildungssuche in Ausbildung, schulische Bildung oder Arbeit mündet oder sich die Vermittlung anderweitig erledigt oder solange der Ausbildungsuchende dies verlangt. Die Agentur für Arbeit kann die Vermittlung einstellen, wenn der Ausbildungsuchende die ihm nach § 38 Abs. 2 SGB III n.F., der Eingliederungsvereinbarung oder dem Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 3 Satz 4 SGB III n.F. obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 5. März 2013  13 K 2572/11 Kg, [X.] aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog für ihren im [X.]uni 1989 geborenen [X.] Kindergeld.

2

[X.] brach im Februar 2010 seine Schulausbildung nach der Klasse 12 ab. Nach der Dokumentation der [X.] war [X.] bereits zum 13. [X.]uli 2009 aus der Berufsberatung abgemeldet worden.

3

In einer "Mitteilung über ein Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz" teilte die Klägerin der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) mit, [X.] suche seit dem 23. Februar 2010 einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz für eine betriebliche Ausbildung. Er sei bei der [X.] registriert.

4

Die [X.] richtete ein Schreiben vom 22. Februar 2010 an [X.], mit dem sie [X.] bat, um ihn "umfassend und gut beraten zu können", einen Fragebogen (Arbeitspaket [X.] – [X.]) möglichst vollständig ausgefüllt bis zum 8. März 2010 zurückzusenden. Die Terminvergabe erfolge erst nach Eingang des Fragebogens. Für den Fall, dass [X.] vorrangig an der Unterstützung bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle interessiert sei, empfahl die [X.] außerdem, zur Beratung den Entwurf einer Bewerbung (Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse usw.) mitzubringen.

5

Ausweislich der Dokumentation der [X.] (Ausdruck vom 2. August 2010) erfolgte der letzte Kontakt von [X.] zur Berufsberatung am 29. März 2010. Im Übrigen war in der Dokumentation der [X.] für den Zeitraum 1. März 2010 bis 21. Oktober 2010 "Zeit ohne Nachweis" vermerkt.

6

Die Familienkasse hob mit [X.] vom 20. Oktober 2010 die Kindergeldfestsetzung zu Gunsten der Klägerin für [X.] gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab März 2010 auf und forderte das für den Zeitraum März bis [X.]uli 2010 gezahlte Kindergeld in Höhe von 944 € gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung zurück.

7

Die Klägerin legte gegen den vorgenannten [X.] Einspruch ein. [X.] sei aufgrund eines Systemfehlers bei der [X.] nicht als ausbildungsplatzsuchend verzeichnet gewesen.

8

[X.] meldete sich am 22. Oktober 2010 bei der [X.] als ausbildungsuchend. Mit [X.] vom 20. [X.]uni 2011 setzte die Familienkasse daraufhin zu Gunsten der Klägerin für [X.] Kindergeld von Oktober 2010 bis April 2011 fest.

9

Den Einspruch der Klägerin wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 20. [X.]uni 2011 als unbegründet zurück. [X.] sei im Streitzeitraum (März bis September 2010) weder arbeit- noch ausbildungsuchend gewesen. Eigene Bemühungen von [X.] um einen Ausbildungsplatz habe die Klägerin nicht nachgewiesen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2014, 1012 veröffentlichten Gründen ab. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass [X.] für den Streitzeitraum vor Vollendung seines 21. Lebensjahres bei der [X.] als arbeitsuchend registriert gewesen sei. Unerheblich sei, ob die Registrierung ggf. versehentlich unterblieben sei. [X.] könne auch nicht als ausbildungsuchendes Kind berücksichtigt werden, da er im Streitzeitraum nicht als Bewerber um einen Ausbildungsplatz registriert gewesen sei. Auch insoweit komme es nicht darauf an, ob die Registrierung ggf. versehentlich unterblieben sei. Eigene Bemühungen von [X.] um einen Ausbildungsplatz habe die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt und nachgewiesen.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Sie beantragt,
das Urteil des [X.] vom 5. März 2013  13 K 2572/11 Kg, [X.] aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Die Familienkasse beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

Der Senat kann auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend prüfen, ob [X.], der innerhalb des [X.] im [X.]uni 2010 das 21. Lebensjahr vollendet hatte, als Kind i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG oder i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. c EStG zu berücksichtigen ist.

1. Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 [X.]. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, beim Kindergeld berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem [X.]eschäftigungsverhältnis steht und bei einer [X.] im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.

a) Zur Erfüllung des letztgenannten Tatbestandsmerkmals genügt die Meldung als Arbeitsuchender; die übrigen Merkmale der Arbeitslosigkeit i.S. des § 119 Abs. 1 des [X.] ([X.]) --in der bis 31. März 2012 und so auch im Streitfall geltenden [X.] wie [X.] und Verfügbarkeit brauchen nicht nachgewiesen zu werden. Vielmehr unterstellt das Gesetz typisierend, dass die Voraussetzungen der §§ 118 ff. [X.] --in der bis 31. März 2012 geltenden [X.] vorliegen (Urteile des [X.] --[X.]FH-- vom 26. [X.]uli 2012 III R 70/10, [X.], 1971, und vom 19. [X.]uni 2008 III R 68/05, [X.], 349, [X.], 1008).

b) Nach § 38 [X.] in der im Streitzeitraum maßgebenden n.[X.] gelten für die An- und Abmeldung als Arbeitsuchender folgende Grundsätze:

Der Registrierung des Kindes bei der [X.] kommt ebenso wie dem Ende der Registrierung (Abmeldung) keine (echte) [X.] zu. Entscheidend ist vielmehr die nach Maßgabe des § 38 [X.] n.[X.] tatsächlich zu beurteilende Meldesituation ([X.]FH-Urteile vom 10. April 2014 III R 37/12, [X.] 2014, 1726; vom 26. [X.]uli 2012 VI R 98/10, [X.], 126, [X.], 443, und in [X.], 1971).

Als Arbeitsuchender gemeldet ist, wer gegenüber der zuständigen [X.] persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeigt ([X.]FH-Urteil in [X.], 126, [X.], 443; ebenso Urteile des [X.] vom 7. Oktober 2004 [X.] 11 [X.] 23/04 R, [X.]SGE 93, 209, und vom 19. [X.]anuar 2005 [X.] 11a/11 [X.] 41/04 R, juris).

Da keine ausdrückliche steuerliche Regelung besteht, wann dieser durch die Meldung begründete Status entfällt, sind für das Kindergeld die Vorschriften des Sozialrechts, hier insbesondere § 38 [X.], heranzuziehen ([X.]FH-Urteil in [X.], 349, [X.], 1008, unter [X.]). § 38 Abs. 3 [X.] n.[X.] beschränkt die Pflicht zur Vermittlung des [X.] --im Gegensatz zu § 38 Abs. 4 Satz 2 [X.] a.[X.] (dazu [X.]FH-Urteil in [X.], 349, [X.], 1008, unter [X.])-- nicht mehr auf drei Monate; sie besteht grundsätzlich unbefristet fort ([X.]FH-Urteile vom 10. April 2014 III R 19/12, [X.]FHE 245, 200, [X.]St[X.]l II 2015, 29, und vom 26. August 2014 XI R 1/13, [X.] 2015, 15; [X.]/[X.], [X.], § 38 Rz 58). Allerdings kann die [X.] gegenüber dem [X.], der --wie [X.] nicht unter § 38 Abs. 3 Satz 1 [X.] n.[X.] fällt (u.a. Nichtleistungsbezieher), die Vermittlung gemäß § 38 Abs. 3 Satz 2 [X.] n.[X.] einstellen, wenn dieser die ihm nach § 38 Abs. 2 [X.] n.[X.], der Eingliederungsvereinbarung oder dem Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 3 Satz 4 [X.] n.[X.] obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Für diesen Fall sieht § 38 Abs. 3 Satz 3 [X.] n.[X.] als neue "Sanktion" den Ausschluss von der Vermittlung für zwölf Wochen vor (sog. [X.]; [X.]FH-Urteil in [X.]FHE 245, 200, [X.]St[X.]l II 2015, 29; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 38 Rz 60).

2. Für ein über 18 [X.]ahre altes Kind, das --wie [X.] im [X.] das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 [X.]. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. c EStG außerdem ein Anspruch auf Kindergeld u.a. dann, wenn das Kind eine [X.]erufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.

a) Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die [X.]erücksichtigung eines Kindes gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. c EStG, dass sich dieses ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht ([X.]FH-Urteile vom 19. [X.]uni 2008 III R 66/05, [X.], 343, [X.], 1005; vom 22. September 2011 III R 30/08, [X.]FHE 235, 327, [X.]St[X.]l II 2012, 411, und vom 26. August 2014 XI R 14/12, [X.] 2015, 322). Dabei ist das [X.]emühen um einen Ausbildungsplatz glaubhaft zu machen. Pauschale Angaben, das Kind sei im fraglichen Zeitraum ausbildungsbereit gewesen, es habe sich ständig um einen Ausbildungsplatz bemüht oder sei stets bei der [X.] als ausbildungsuchend gemeldet gewesen, reichen nicht aus. Um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Kindergeldes entgegen zu wirken, muss sich die Ausbildungsbereitschaft des Kindes durch belegbare [X.]emühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben ([X.]FH-Urteile in [X.], 343, [X.], 1005, unter [X.], und in [X.]FHE 235, 327, [X.]St[X.]l II 2012, 411). Nachgewiesen werden kann das ernsthafte [X.]emühen um einen Ausbildungsplatz z.[X.]. durch eine [X.]escheinigung der [X.], dass das Kind als [X.]ewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle registriert ist ([X.]FH-Urteile in [X.], 343, [X.], 1005, m.w.N., und in [X.]FHE 235, 327, [X.]St[X.]l II 2012, 411).

Auch der Registrierung als Ausbildungsuchender kommt [X.] wie der Registrierung als [X.] allerdings keine (echte) [X.] zu. Sie gilt deshalb als Indiz für das [X.]emühen des Kindes um einen Ausbildungsplatz auch dann nach Maßgabe des § 38 Abs. 4 [X.] n.[X.] fort, wenn die [X.] nach der --auch formlos möglichen-- Meldung des Kindes die Registrierung ohne Grund wieder löscht (vgl. [X.]FH-Urteile in [X.]FHE 235, 327, [X.]St[X.]l II 2012, 411, und vom 17. [X.]uli 2008 III R 95/07, [X.] 2009, 367).

b) Die Meldung als Ausbildungsuchender ist nach § 38 Abs. 4 [X.] n.[X.] [X.] wie die Meldung als [X.] nicht mehr auf drei Monate beschränkt (ebenso [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 38 Rz 89). Die [X.] ist nach § 38 Abs. 4 SG[X.] III n.[X.] vielmehr durchzuführen, bis die oder "der Ausbildungsuchende in Ausbildung, schulische [X.]ildung oder Arbeit einmündet oder sich die Vermittlung anderweitig erledigt" (§ 38 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 [X.] n.[X.]) oder "solange die oder der Ausbildungsuchende dies verlangt" (§ 38 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] n.[X.]). Allerdings kann die [X.] auch gegenüber dem [X.] die Vermittlung gemäß § 38 Abs. 4 Satz 2 [X.]. § 38 Abs. 3 Satz 2 [X.] n.[X.] einstellen, wenn dieser die ihm nach § 38 Abs. 2 [X.] n.[X.], der Eingliederungsvereinbarung oder dem Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 3 Satz 4 [X.] n.[X.] obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.

Soweit der [X.]FH in dem Urteil in [X.], 343, [X.], 1005 entschieden hat, das ausbildungsuchende Kind müsse zumindest alle drei Monate gegenüber der [X.] sein Interesse an einer weiteren Vermittlung von Ausbildungsstellen kundtun, ist diese Rechtsprechung noch zu § 38 [X.] a.[X.] ergangen und durch die gesetzliche Neuregelung des § 38 [X.] n.[X.], die im vorliegenden Fall anzuwenden ist, für den Streitzeitraum überholt. § 38 Abs. 4 [X.] a.[X.] sah --wie oben dargelegt wurde-- eine Einstellung der Arbeitsvermittlung nach drei Monaten vor. Zwar ordnete § 38 Abs. 3 [X.] a.[X.] für Ausbildungsuchende --anders als § 38 Abs. 4 Satz 2 [X.] a.[X.] für Arbeitsuchende-- die Einstellung der Vermittlung durch Zeitablauf nicht ausdrücklich an. Dennoch war wegen des offensichtlichen Zeitbezugs der Regelung zu vermuten, dass das Kind an der Vermittlung eines Ausbildungsplatzes nicht mehr interessiert sei, wenn es sich nach Aufforderung oder für einen längeren Zeitraum nicht mehr beim Arbeitsamt gemeldet hatte. Da § 38 [X.] n.[X.] selbst für die Arbeitsvermittlung die Einstellung durch bloßen Zeitablauf ausdrücklich nicht mehr vorsieht (dazu [X.]FH-Urteil in [X.]FHE 245, 200, [X.]St[X.]l II 2015, 29), gibt es auch für die [X.] nach der gesetzlichen Neuregelung keinen "offensichtlichen Zeitbezug" mehr, der die Vermutung rechtfertigen könnte, dass das Kind an der Vermittlung eines Ausbildungsplatzes nach Ablauf von drei Monaten seit seiner Meldung als Ausbildungsuchender nicht mehr interessiert sei. Der bloße Zeitablauf führt nach § 38 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 [X.] n.[X.] auch nicht dazu, dass sich die Vermittlung automatisch anderweitig erledigt. Diese Regelung erfasst als Auffangtatbestand die Fälle, in denen der Suchende die Dienstleistung der [X.] nicht mehr in Anspruch nimmt oder die Suche nach einer Ausbildung einstellt ([X.], in: [X.]/Schmidt- De Caluwe/[X.], a.a.[X.], § 38 Rz 87).

3. Das [X.] ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung kann deshalb keinen [X.]estand haben. Das [X.] hat zu Unrecht entschieden, dass für die [X.]erücksichtigung des Kindes [X.] als ein solches ohne [X.]eschäftigung die Registrierung als arbeitslos bei der [X.] maßgeblich sei. Ausgehend hiervon hat das [X.] die [X.]erücksichtigung des Kindes [X.] gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 [X.]. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG unzutreffend allein deshalb abgelehnt, weil [X.] nicht bei der [X.] als arbeitsuchend registriert war. Ebenso hat das [X.] rechtsfehlerhaft entschieden, dass [X.] mangels Registrierung bei der [X.]erufsberatung der [X.] als [X.]ewerber für einen Ausbildungsplatz nicht gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 [X.]. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. c EStG als Kind zu berücksichtigen sei.

a) Maßgeblich ist nach den oben dargelegten Grundsätzen demgegenüber vielmehr, ob [X.] für den Streitzeitraum bis einschließlich [X.]uni 2010 bei der [X.] als arbeitsuchend oder für den Streitzeitraum bis September 2010 als ausbildungsuchend gemeldet war. Hierzu hat das [X.] --nach seiner materiellen Auffassung zu [X.] keine Feststellungen getroffen. Dies hat das [X.] im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Es wird dabei zu der Frage, ob sich [X.] --wie von der Klägerin vorgetragen wurde-- im Februar 2010 arbeit- bzw. ausbildungsuchend gemeldet hat, insbesondere den von der Klägerin bereits im ersten Rechtsgang angebotenen Zeugenbeweis durch Vernehmung des Kindes [X.] und des als Zeugen benannten Herrn X zu erheben haben. Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Meldung als arbeit- bzw. ausbildungsuchend zu stellen sind, hat das [X.] im zweiten Rechtsgang die oben dargelegten Maßstäbe zugrunde zu legen.

b) Sofern das [X.] zu der Feststellung gelangen sollte, dass sich [X.] bei der [X.] im Februar 2010 arbeit- bzw. ausbildungsuchend gemeldet hat, wird das [X.] des Weiteren festzustellen haben, ob der Status des [X.] als Arbeit- oder Ausbildungsuchender gemäß § 38 Abs. 3, Abs. 4 [X.] n.[X.] durchgehend bestanden hat oder im Laufe des [X.] wieder entfallen ist.

Zwar sind derzeit keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die [X.] im Streitzeitraum eine auf § 38 Abs. 3 Satz 2 [X.] n.[X.] (ggf. [X.]. § 38 Abs. 4 Satz 2 [X.] n.[X.] für die [X.]) gestützte (wirksame) Einstellungsverfügung gegenüber [X.] erlassen hat (zur Einstellungsverfügung als denkbarer Erlöschensgrund für die [X.]erücksichtigung des Kindes als arbeitsuchend, s. [X.]FH-Urteil in [X.]FHE 245, 200, [X.]St[X.]l II 2015, 29, Rz 25). Das [X.] wird aber insbesondere auch zu untersuchen haben, ob [X.] eine ihm obliegende Pflicht, auf welche § 38 Abs. 3 Satz 2 [X.] n.[X.] für die Arbeitsuche und § 38 Abs. 4 Satz 2 [X.]. § 38 Abs. 3 Satz 2 [X.] n.[X.] für die Ausbildungsuche [X.]ezug nehmen, nicht erfüllt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben (dazu [X.]FH-Urteil in [X.]FHE 245, 200, [X.]St[X.]l II 2015, 29, Rz 14). Das [X.] wird in diesem Zusammenhang insbesondere der Frage nachzugehen haben, ob [X.] seine Pflicht, der [X.] die für eine Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, dadurch verletzt haben könnte, dass er das von der [X.] mit Schreiben vom 22. Februar 2010 angeforderte "Arbeitspaket [X.] – [X.]eratungsbogen" möglicherweise nicht (fristgerecht) eingereicht hat, ohne dass hierfür ein wichtiger Grund vorlag. Ob [X.] das "Arbeitspaket [X.] – [X.]eratungsbogen" --wie von der Klägerin im ersten Rechtsgang behauptet wurde-- fristgerecht zurückgesandt hat, hat das [X.] --von seinem Rechtsstandpunkt zu [X.] bisher ebenfalls offengelassen.

c) Auch in [X.]ezug auf die von der Klägerin im ersten Rechtsgang vorgetragenen eigenen [X.]emühungen des Kindes [X.] um einen Ausbildungsplatz wird das [X.] im zweiten Rechtsgang --wie von der Klägerin [X.] das Kind [X.] als Zeuge zu vernehmen haben, falls es hierauf nach den gemäß [X.] und b vom [X.] zu treffenden Feststellungen noch ankommen sollte. Entgegen der Ansicht des [X.] handelte es sich bei dem [X.]eweisantrag der Klägerin in dem Schriftsatz vom 27. Februar 2012 nicht um einen unsubstantiierten [X.]eweisermittlungsantrag.

Allerdings ist das [X.] nicht verpflichtet, unsubstantiierten [X.]eweisanträgen nachzugehen ([X.]FH-[X.]eschlüsse vom 7. November 2012 I [X.] 172/11, [X.] 2013, 561, und vom 18. November 2013 III [X.] 45/12, [X.] 2014, 342). In welchem Maße eine solche Substantiierung zu fordern ist, hängt von der im Einzelfall bestehenden Mitwirkungspflicht des [X.]eteiligten ab ([X.]FH-[X.]eschluss vom 12. März 2014 XI [X.] 97/13, [X.] 2014, 1062). Dabei stehen der zumutbare Inhalt und die Intensität der richterlichen Ermittlungen notwendigerweise im Zusammenhang mit dem Vorbringen der [X.]eteiligten, die gemäß § 76 Abs. 1 Sätze 2 und 3 [X.]O eine Pflicht zur Förderung des finanzgerichtlichen Verfahrens haben. Zu berücksichtigen ist deshalb auch, ob die Tatsachen, über die [X.]eweis erhoben werden soll, dem Wissens- und Einflussbereich des [X.]eteiligten ([X.]eweisführers) zuzurechnen sind ([X.]FH-[X.]eschlüsse vom 28. [X.]uni 2006 V [X.] 199/05, [X.] 2006, 2098, und vom 3. April 2008 I [X.] 77/07, [X.] 2008, 1445). [X.] ist z.[X.]. ein [X.]eweisantrag, der keine beweisbedürftigen Tatsachen benennt ([X.]FH-[X.]eschluss vom 3. August 2005 I [X.] 9/05, [X.] 2005, 2227), nicht erkennen lässt, welche entscheidungserheblichen Tatsachen bezeugt werden sollen (vgl. [X.]FH-[X.]eschluss vom 21. April 2004 XI [X.] 229/02, [X.] 2004, 980), oder die unter [X.]eweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2007 VI [X.] 118/04, [X.]FHE 216, 409, [X.]St[X.]l II 2007, 538), der das voraussichtliche Ergebnis der [X.]eweisaufnahme in [X.]ezug auf einzelne konkrete Tatsachen nicht genau angibt (vgl. [X.]FH-[X.]eschluss vom 12. Dezember 2007 I [X.] 134/07, [X.] 2008, 736) oder so unbestimmt ist, dass im Grunde erst die [X.]eweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und [X.]ehauptungen aufdecken kann und es sich deshalb um einen [X.]eweisermittlungs- oder -ausforschungsantrag handelt (vgl. [X.]FH-[X.]eschluss vom 2. März 2006 XI [X.] 79/05, [X.] 2006, 1132).

Nach diesen Maßstäben war der [X.]eweisantrag der Klägerin --entgegen der Auffassung des [X.]-- ordnungsgemäß gestellt. Die Klägerin hatte die [X.]ehauptung aufgestellt, dass sich das Kind [X.] im Streitzeitraum bei sechs bestimmten, mit vollem Namen und Anschriften konkret bezeichneten Unternehmen persönlich und bei weiteren drei, ebenfalls konkret bezeichneten Unternehmen schriftlich um einen Ausbildungsplatz beworben hatte. Für diese [X.]ehauptung hatte die Klägerin das Kind [X.] als Zeuge benannt. Damit hatte die Klägerin die entscheidungserheblichen Tatsachen, die [X.] bezeugen sollte, hinreichend bezeichnet. Einer weiteren Substantiierung bedurfte der [X.]eweisantrag unter den im Streitfall gegebenen Umständen nicht. Insbesondere war der [X.]eweisantrag nicht deshalb unbestimmt, weil die Klägerin keine schriftlichen [X.]ewerbungsunterlagen mehr vorlegen und sie auch die genauen Daten der persönlichen oder schriftlichen [X.]ewerbungen nicht mehr angeben konnte. Im Übrigen belegen die vom [X.] selbst angestellten Ermittlungen durch Anschreiben der von der Klägerin genannten [X.]etriebe und die dort vom [X.] gestellte Frage zur (angeblichen) Ausbildungsuche des [X.], dass die Klägerin das [X.]eweisthema, zu dem [X.] als Zeuge gehört werden sollte, für das [X.] hinreichend substantiiert hatte.

Ein ordnungsgemäß gestellter [X.]eweisantrag darf nur unberücksichtigt bleiben, wenn das [X.]eweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, das [X.]eweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder absolut untauglich ist oder wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des [X.]eweisführenden als wahr unterstellt werden kann (ständige Rechtsprechung, z.[X.]. [X.]FH-[X.]eschlüsse vom 2. Oktober 2013 III [X.] 56/13, [X.] 2014, 62; vom 5. November 2013 VI [X.] 86/13, [X.] 2014, 360, und vom 29. [X.]uni 2011 X [X.] 242/10, [X.] 2011, 1715). Keiner dieser Ausnahmegründe lag hinsichtlich des im Streitfall gestellten [X.]eweisantrags vor. Der Klägervertreter hat den [X.]eweisantrag in der mündlichen Verhandlung wiederholt und die Nichterhebung des angebotenen [X.]eweises ausweislich des [X.] gerügt. Das [X.]eweismittel war nach dem insoweit maßgeblichen materiellen Rechtsstandpunkt des [X.] (hierzu z.[X.]. [X.]FH-[X.]eschluss vom 14. [X.]anuar 2011 III [X.] 96/09, [X.] 2011, 788) auch nicht unerheblich.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 10/14

18.06.2015

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 5. März 2013, Az: 13 K 2572/11 Kg, AO, Urteil

§ 32 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst c EStG 2009, § 62 Abs 1 EStG 2009, § 63 Abs 1 S 2 EStG 2009, § 76 Abs 1 S 2 FGO, § 76 Abs 1 S 3 FGO, § 37 Abs 3 S 4 SGB 3, § 38 Abs 3 SGB 3, § 38 Abs 4 SGB 3, § 119 Abs 1 SGB 3, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.06.2015, Az. VI R 10/14 (REWIS RS 2015, 9527)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 3184 REWIS RS 2015, 9527

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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