Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.07.2010, Az. 4 StR 190/10

4. Strafsenat | REWIS RS 2010, 4368

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 [X.] vom 29. Juli 2010 in der Strafsache gegen wegen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung- 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 29. Juli 2010, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] am [X.] [X.], [X.]in am [X.] Roggenbuck, die [X.] am [X.] [X.], [X.], [X.]

als beisitzende [X.], Staatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - 1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 24. November 2009 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagte im Fall 8 der Anklage ([X.]. 2. b der Urteils-gründe) freigesprochen worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als [X.] zuständige Strafkammer des [X.]. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat die Angeklagte wegen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt und sie vom Vorwurf sieben wei-terer Straftaten freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer hiergegen gerichteten Revision die Verletzung sachlichen Rechts; sie hat das [X.], nachdem sie zunächst einen umfassenden Aufhebungsantrag gestellt hatte, auf den Freispruch im Fall 8 der Anklage ([X.]. 2. b der Urteilsgründe) be-schränkt. Das insoweit vom [X.] vertretene Rechtsmittel hat Erfolg. 1 - 4 - [X.] 1. Die Staatsanwaltschaft hat der Angeklagten im Fall 8 der Anklage ver-suchten schweren Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung zur Last gelegt: 2 Die Angeklagte habe im Mai 2009 gemeinsam mit ihrem gesondert ver-folgten [X.]die Zeugin [X.] in [X.] angeworben. Auch dieser Zeugin habe sie vorgespiegelt, ihr eine Stelle in einem von ihr betriebe-nen Reinigungsunternehmen zu besorgen, bei der sie 150 • am Tag verdienen könne. Die Zeugin [X.]habe sich darauf eingelassen und bis zum 23. Juni 2009 in [X.] bleiben wollen. Sie sei mit der Angeklagten und deren [X.] über [X.] nach [X.] gefahren. Auch sie habe nach Passieren der [X.]/[X.] ihren Pass an [X.]abgeben müssen. Die Zeugin [X.] sei in die Wohnung [X.]in E. gebracht worden. Zur Prostitutionsausübung sei es jedoch nicht mehr gekommen, da die Angeklagte inzwischen festgenommen worden sei. 3 2. Die Angeklagte hat sich zu diesem Vorwurf nicht eingelassen. Das [X.] hat sie aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Den in der [X.] bezeichneten Sachverhalt habe keiner der vernommenen Zeugen bestä-tigt; weitere Zeugen, die den Tatvorwurf stützen könnten, seien nicht ersichtlich. Die Zeugin [X.]habe in der Hauptverhandlung wegen unbekannten Aufent-halts nicht vernommen werden können. Der gesondert verfolgte [X.]habe das angeklagte Tatgeschehen nicht bestätigt; er habe vielmehr bekundet, die Angeklagte und er seien im fraglichen Zeitraum in [X.] gewesen, [X.] aber keine Mädchen aus [X.] nach [X.] verbracht. 4 - 5 - I[X.] Der Freispruch hat im angefochtenen Umfang keinen Bestand. 5 Die Ausführungen des [X.]s werden den gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO an ein freisprechendes Urteil zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. 6 Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen muss der Tatrichter [X.] in einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen - zusätzlichen - Feststellun-gen nicht getroffen werden können. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdi-gung Rechtsfehler unterlaufen sind (st. Rspr.; vgl. [X.]St 37, 21, 22; [X.], Ur-teile vom 14. Februar 2008 - 4 StR 317/07, [X.], 206, 207 und vom 23. Juli 2008 Œ 2 StR 150/08, [X.], 2792, 2793). Dem genügt das ange-fochtene Urteil nicht, soweit der Freispruch im Fall 8 der Anklage inmitten steht. 7 Im angefochtenen Urteil fehlen insoweit jegliche Feststellungen zum Tat-geschehen. So bleibt bereits offen, ob die [X.] überhaupt ei-nen Aufenthalt der Zeugin [X.]in [X.] für erwiesen hält. 8 Auch die äußerst rudimentäre Angabe der Beweisgründe erlaubt dem [X.] nicht die auf Revision gebotene rechtliche Überprüfung des Freispruchs. Das Urteil gibt lediglich in knapper Form Angaben des gesondert verfolgten [X.]zu einem Aufenthalt der Angeklagten "im fraglichen Zeitraum" in 9 - 6 - [X.] wieder. Hierbei lässt das Urteil die erforderliche Beweiswürdigung vermissen, die dem Revisionsgericht erst die Prüfung ermöglicht, ob der den Entscheidungsgegenstand bildende Sachverhalt erschöpfend gewürdigt ist und ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juli 1991 - 4 StR 233/91, [X.]R StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 7). Der [X.] kann daher nicht prüfen, ob das [X.] die im Urteil [X.] Angaben des gesondert verfolgten [X.]es der Angeklagten mit den zum Anklagevorwurf getroffenen Feststellungen in Beziehung gesetzt und [X.] Schlüsse gezogen hat. Die nicht weiter ausgeführte Mittei-lung im angefochtenen Urteil, keiner der vernommenen Zeugen, zu denen [X.] der Urteilsgründe ([X.]) auch für den Fall 8 der Anklage die mit den Ermittlungen befassten Polizeibeamten gehörten, habe den Tatvorwurf bestätigt ([X.]), reicht hierfür nicht aus. - 7 - Der neue Tatrichter wird darauf hingewiesen, dass die Feststellung, die Angeklagte habe aus ihrer Wohnung [X.] in E. heraus gewerbs-mäßig Menschenhandel betrieben, nicht von der Aufhebung erfasst ist und dies daher gegebenenfalls bei der Beweiswürdigung angemessen zu [X.] sein wird. 10 Ernemann Roggenbuck [X.] Mutzbauer [X.]

Meta

4 StR 190/10

29.07.2010

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.07.2010, Az. 4 StR 190/10 (REWIS RS 2010, 4368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4368

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