Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.03.2012, Az. 30 W (pat) 71/11

30. Senat | REWIS RS 2012, 7838

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Universitätsmedizin Köln" – Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 068 685.5

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 22. März 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung als Wortmarke angemeldet ist das Zeichen

2

Universitätsmedizin Köln

3

für die Waren und Dienstleistungen:

4

„Bücher; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Schriften (Veröffentlichungen); Zeitschriften; Ausbildung, insbesondere Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Bereitstellen von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar); Herausgabe von [X.] in elektronischer Form, auch im [X.]; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im [X.]; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; medizinische Dienstleistungen und Gesundheitspflege, insbesondere ambulante Pflegedienstleistungen, Dienstleistungen eines Arztes, Dienstleistungen eines Krankenhauses, Dienstleistungen eines medizinischen Labors, Dienstleistungen eines Rehabilitationszentrums, Dienstleistungen eines Sanitäters, Dienstleistungen von Kliniken, Dienstleistungen von Polikliniken (Ambulanzen), Durchführung medizinischer und klinischer Untersuchungen, Gesundheitsberatung, Krankenpflegedienste, therapeutische und ärztliche Versorgung und Betreuung“.

5

Die Markenstelle für Klasse 44 des [X.] hat die Anmeldung mit Beschluss vom 12. Mai 2011 wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zurückgewiesen. Die aus den Bestandteilen „[X.]smedizin“ und der Ortsangabe „[X.]“ gebildete Anmeldung sei eine beschreibende Angabe über die Art, die Beschaffenheit oder die Bestimmung und die geografische Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Der Begriff „[X.]smedizin“ werde aktuell von [X.]en als umfassender Oberbegriff für ihre Kliniken, medizinischen Einrichtungen und Institute sowie die Ausbildung von Medizinern durch Studium und Lehre und die medizinische Forschung verwendet, so dass neben dem Versorgungs- auch der [X.] umfasst sei. In ihrer sprachüblichen Kombination bezeichne die [X.] eine in [X.] gelegene und/oder dort schwerpunktmäßig tätige medizinische Versorgungsstätte, die mit der medizinischen Fakultät einer [X.] fachlich und organisatorisch verbunden sei. Das Allgemeininteresse an der freien Verwendung des beschreibenden Zeichens entfalle auch nicht dadurch, dass derzeit nur die Anmelderin diese Bezeichnung verwende. Auch die [X.] Witten/[X.] sei mit dem Fachbereich Medizin in [X.] ansässig und könne ein Interesse haben, diese mit „[X.]smedizin [X.]“ zu beschreiben.

6

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält mit näheren Ausführungen das angemeldete Zeichen für schutzfähig. Die Wortkombination stelle den Eigennamen der Anmelderin dar, so dass die unter dieser Kennzeichnung angebotenen Waren oder Dienstleistungen der Anmelderin zugeordnet würden. Ein Freihaltebedürfnis lasse sich insbesondere auch nicht daraus herleiten, dass andere [X.]en theoretisch klinische Einrichtungen im Gebiet der [X.] [X.] unterhalten könnten; dies sei weder gängige Praxis noch dem Verkehr bekannt. Der Verkehr gehe nach der Jahrhunderte alten Praxis vielmehr davon aus, dass der Hinweis auf eine Hochschule bzw. eine [X.] in Verbindung mit einer geografischen Angabe ausschließlich darauf hinweise, dass es sich um eine Einrichtung der jeweiligen Hochschule bzw. [X.] handele, die an dem im Zusammenhang mit dem Namen angegebenen Ort ansässig sei. Der Verkehr werde bei Wahrnehmung der angemeldeten Marke ausschließlich an die entsprechenden Einrichtungen der Anmelderin denken, nicht jedoch an solche, die einer nicht ortsansässigen [X.] möglicherweise zugeordnet werden könnten.

7

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

8

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des [X.] vom 12. Mai 2011 aufzuheben.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Universitätsmedizin Köln ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung damit zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. c [X.] beruhende Vorschrift verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass beschreibende Zeichen oder Angaben von jedermann frei verwendet werden können (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rdn. 265 m. w. N.; [X.] GRUR 2004, 674, 676, Rn. 54, 55 - Postkantoor; [X.] 2012, 76 f., Rn. 8 - [X.]). Die Frage, ob die Marke im Verkehr als beschreibende Bezeichnung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann, beurteilt sich aus der Sicht der beteiligten Verkehrskreise (vgl. [X.]/[X.], a. a. O., § 8 Rdn. 295; [X.] GRUR 2006, 411, 412 Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 850, 854 Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006).

Universitätsmedizin Köln bezüglich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] beschreibend.

Der Begriff „[X.]smedizin“ ist zusammengesetzt aus dem Wort „[X.]“ und dem Wort „Medizin“. [X.]en sind Hochschulen für wissenschaftliche Ausbildung und Forschung in zahlreichen Fachgebieten (vgl. [X.], [X.], 7. Aufl., S. 1838). Das Wort „Medizin“ ist die übliche Bezeichnung für den Bereich der „Heilkunde“ (vgl. [X.], a. a. O., S. 1172). Vielen medizinischen Fakultäten von [X.]en sind Krankenhäuser angeschlossen. Da die Bedeutung der [X.] nicht abstrakt-lexikalisch zu beurteilen, sondern stets im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu sehen ist (vgl. [X.], 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt), die im vorliegenden Fall Ausbildung, Forschung und Wissenschaft im Bereich „Medizin“ und Heilbehandlung betreffen oder betreffen können, bezeichnet „[X.]smedizin“ ohne Weiteres verständlich die Kliniken für die Krankenversorgung und die medizinischen Einrichtungen an [X.]en sowie deren Institute, die die Ausbildung von Medizinern durch Studium und Lehre sowie die medizinische Forschung wahrnehmen. Wie die Markenstelle unter Hinweis auf Verwendungen im [X.] ausgeführt hat, wird dieser Begriff von vielen [X.]en in der genannten Bedeutung auch verwendet (z. [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.]). Es handelt sich dabei um eine beschreibende Sachangabe zu Art und Erbringungsstätte der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen.

„[X.]“ ist eine geografische Herkunftsangabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]; es ist der Name der größten [X.] des [X.] und viertgrößten [X.] [X.]. Die [X.] hat mit der [X.] zu [X.], an der mehr als 55.000 Studenten eingeschrieben sind, eine der größten [X.]en und mit rund 27.000 Studenten an der Fachhochschule [X.] die größte Fachhochschule [X.] und ist Sitz zahlreicher weiterer Hochschulen (vgl. [X.], [X.], 21. Aufl., Band 15, [X.]). „[X.]“ gibt damit einen Hinweis auf die geografische Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Dass sich dort verschiedene Einrichtungen für die maßgeblichen Waren und Dienstleistungen ansiedeln können, erscheint angesichts der Größe und wirtschaftlichen Bedeutung dieser [X.] als möglich (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, 726, Rn. 37 - [X.]; [X.], 882 - Lichtenstein).

Universitätsmedizin Köln in ihrer Gesamtheit enthält keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile hinausgeht (vgl. [X.] GRUR 2006, 229, Rdn. 29 - BioID). Die [X.] vermittelt in unmittelbar verständlicher Weise die Information, dass es um den Betrieb der medizinischen Fakultät einer Universität in der [X.] Köln geht, die als universitätsmedizinische Krankenversorgungsstätte und der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften durch Forschung, Lehre und Studium dient. Hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen kann das angemeldete Zeichen als beschreibende Angabe zur allgemeinen Bezeichnung des [X.], Anbieters sowie der Bezeichnung der Art und geografischen Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen.

Universitätsmedizin Köln ebenfalls zum Ausdruck, dass sie durch eine entsprechende Einrichtung einer Universität in Köln angeboten oder erbracht werden. Eine umfassende medizinische Betreuung erstreckt sich über den üblichen Diagnose-, Behandlungs- und Betreuungsbereich hinaus auch auf das Gebiet Rehabilitation, wie auch beansprucht.

Universitätsmedizin Köln ihr Eigenname sei, sie allein diese Einrichtung betreibe, der Verkehr bei der Bezeichnung nur an die Anmelderin denke und andere Universitäten in der Praxis in Köln keine klinischen Einrichtungen unterhalten könnten, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Ob einer zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Bezeichnung absolute Schutzhindernisse nach § 8 [X.] entgegenstehen, ist losgelöst von der Person des Anmelders zu prüfen, so dass weder Namens- noch Monopolrechte zu einer von den gesetzlichen Bestimmungen des Markengesetzes abweichenden Beurteilung führen können (vgl. [X.] 2012, 76 f., Rn. 17 - [X.]; GRUR 2006, 503, Rn. 10 - Casino Bremen). Selbst wenn die angemeldete Bezeichnung derzeit ausschließlich mit der Anmelderin in Verbindung gebracht wird, wird dadurch die Eignung zur unmittelbaren Beschreibung der vorliegenden Kombination - eine übliche Bezeichnung einer Einrichtung einer Universität mit einer geographischen Angabe - nicht ausgeschlossen.

Dem von der Anmelderin vorgetragenen Umstand, dass die angemeldete Bezeichnung ihr Eigenname sei und vom Verkehr nur mit ihr in Verbindung gebracht werde, könnte eine Bedeutung zukommen, wenn zur Überwindung des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gemäß § 8 Abs. 3 [X.] der Nachweis geführt wird, dass sich die Bezeichnung im Verkehr infolge ihrer Benutzung als Marke für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt hat. Diesen Nachweis hat die Anmelderin nicht geführt.

Meta

30 W (pat) 71/11

22.03.2012

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.03.2012, Az. 30 W (pat) 71/11 (REWIS RS 2012, 7838)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7838

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

30 W (pat) 72/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Hochschulmedizin Köln" – Freihaltungsbedürfnis


30 W (pat) 75/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Universitätskrankenhaus Köln" – Freihaltungsbedürfnis


30 W (pat) 77/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Universitätsklinikum zu Köln" – Freihaltungsbedürfnis


30 W (pat) 81/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Universitätsklinikum Köln" – Freihaltungsbedürfnis


30 W (pat) 80/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Unikliniken Köln" – Freihaltungsbedürfnis


Referenzen
Wird zitiert von

27 W (pat) 65/13

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.