Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2009, Az. 2 StR 112/09

2. Strafsenat | REWIS RS 2009, 3749

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 30. April 2009 in der Strafsache gegen wegen sexuel[X.] Missbrauchs von Kindern u. a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] am 30. April 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. Dezember 2008 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]. 3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuel[X.] Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefoh[X.]en in zwei Fäl[X.] unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Strafbefehl zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt und ihn im Übri-gen freigesprochen. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision führt zur Aufhe-bung, soweit ihm eine Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1 - 3 - 1. Das [X.] hat ausgeführt, dass es bereits an besonderen Um-ständen nach § 56 Abs. 2 StGB fehle. Dem Angeklagten sei lediglich zugute zu halten, dass er sich etwa viereinhalb Monate in Untersuchungshaft befunden habe. Ein Geständnis oder sonstige erhebliche Milderungsgründe hätten nicht vorgelegen. Dies reiche nicht aus, "um dem Angeklagten ausnahmsweise doch die [X.] der Bewährung zukommen zu lassen". Dass er durch die er-littene Untersuchungshaft bereits erheblich beeindruckt worden sei, habe die Kammer während der Hauptverhandlung nicht feststel[X.] können. 2 2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 3 a) Es ist bereits im Ansatz rechtsfehlerhaft, besondere Umstände im Sin-ne des § 56 Abs. 2 StGB zu verneinen, ohne sich mit der Frage zu befassen, ob dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose nach § 56 Abs. 1 StGB zu stel-[X.] ist. Dies gilt schon deshalb, weil zu den nach Absatz 2 zu berücksichtigen-den Faktoren auch solche gehören, die schon für die Prognose nach Absatz 1 relevant sind (vgl. [X.], 375 f.; [X.], 670), wie auch umge-kehrt besondere Umstände im Sinne des Absatz 2 für die Prognose nach [X.] von Belang sein können (vgl. [X.]R StGB § 56 Abs. 1 Sozialprognose 31). Die Annahme einer Wahrscheinlichkeit künftigen straffreien Verhaltens lag nach den Feststellungen auch nicht von vorneherein fern. Der Angeklagte ist lediglich geringfügig und nicht einschlägig wegen Beleidigungen, einer fahrläs-sigen Straßenverkehrsgefährdung und eines Diebstahls geringwertiger Sachen vorbestraft, die abgeurteilten Straftaten liegen einige Jahre zurück und die Ver-fahrensdauer war unangemessen lang (nähere Ausführungen dazu unter 2. c). Außerdem übt der Angeklagte eine Arbeitstätigkeit als Gas- und Wasserinstalla-teur aus und ist inzwischen von seinen Kindern getrennt. 4 - 4 - b) Darüber hinaus hat die [X.] zu hohe Anforderungen an das Vorliegen besonderer Umstände nach § 56 Abs. 2 StGB gestellt. Es genügt, dass Milderungsgründe von besonderem Gewicht vorliegen, die eine Strafaus-setzung trotz des erheblichen [X.], der sich in der Strafhöhe wider-spiegelt, als nicht unangebracht und als den vom Strafrecht geschützten Inte-ressen zuwiderlaufend erscheinen lassen (vgl. [X.]St 29, 370, 371; [X.], 27 m.w.N.). Dass diese Milderungsgründe der Tat Ausnahmecharakter verleihen, verlangt § 56 Abs. 2 StGB entgegen der Auffassung des Landge-richts nicht (vgl. [X.]R StGB § 56 Abs. 2 Umstände, besondere 1). 5 c) Schließlich bleiben in der Begründung, mit der das [X.] das Vorliegen besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB verneint hat, mildernde Umstände unerörtert. Die Kammer hat nicht berücksichtigt, dass die Taten vergleichsweise lange zurückliegen (vgl. StGB § 56 Abs. 2 Umstände, besondere 13). Außerdem wurde das Strafverfahren nach den Urteilsfeststel-lungen nicht mit der gebotenen [X.]eunigung betrieben. Die Missbrauchs-vorwürfe wurden gegenüber den Ermittlungsbehörden erstmals am [X.] 2006 erhoben. Die ermittlungsrichterliche Vernehmung des geschädigten Kindes erfolgte am 16. Mai 2007, seine kinderpsychiatrische Exploration fand am 4. April 2008 statt. Die Hauptverhandlung wurde erst am 8. Dezember und 15. Dezember 2008 durchgeführt. Diese unangemessen lange Verfahrensdauer hätte in die gebotene Gesamtbetrachtung ([X.]St 29, 370, 372) zu Gunsten des Angeklagten einbezogen werden müssen. 6 3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das [X.] bei Zugrun-delegung des zutreffenden [X.] sowie der außer Betracht ge-lassenen Milderungsgründe die verhängte Strafe zur Bewährung ausgesetzt hätte. Der Strafausspruch kann dagegen bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass die Einzelstrafen und die Gesamtfreiheitsstrafe noch milder [X.] - 5 - [X.] wären, wenn die [X.] die angesprochenen Umstände berücksich-tigt hätte. Der Senat weist für die neue Verhandlung darauf hin, dass besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB nicht mit der Begründung abgelehnt werden dürfen, der Angeklagte habe die Tat bestritten (vgl. [X.], [X.]. vom 7. Februar 2007 - 2 StR 17/07). [X.] Appl Cierniak [X.]

Meta

2 StR 112/09

30.04.2009

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2009, Az. 2 StR 112/09 (REWIS RS 2009, 3749)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3749

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 89/15 (Bundesgerichtshof)


5 StR 41/13 (Bundesgerichtshof)

Strafaussetzung zur Bewährung: Verbesserung der Sozialprognose durch die Erteilung von Weisungen


4 StR 445/14 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes: Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung


3 StR 305/12 (Bundesgerichtshof)

Strafaussetzung zur Bewährung: Bedeutung einer positiven Sozialprognose für die Aussetzung einer Freiheitsstrafe von mehr als …


1 StR 339/04 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.