Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.02.2019, Az. III R 42/18

3. Senat | REWIS RS 2019, 10115

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Gegenstand

(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 11.12.2018 III R 26/18 - Kindergeld; Abgrenzung zwischen mehraktiger Erstausbildung und Zweitausbildung bei Ausbildung zur Verwaltungsfachwirtin)


Leitsatz

1. Nimmt ein volljähriges Kind nach Erlangung eines ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine nicht unter § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG fallende Berufstätigkeit auf, erfordert § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zwischen einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen.

2. Eine einheitliche Erstausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht mehr anzunehmen, wenn die von dem Kind aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und sich die weiteren Ausbildungsmaßnahmen als eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen.

3. Eine Verbindung von zwei Ausbildungsabschnitten zu einer einheitlichen Erstausbildung kann nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil die Absichtserklärung zur Fortführung der Erstausbildung nicht spätestens im Folgemonat nach Abschluss des vorangegangenen Ausbildungsabschnitts bei der Familienkasse vorgelegt wird (entgegen DA-KG 2018 V 6.1 Abs. 1 Satz 8).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Juni 2018  7 K 223/18 Kg aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist der Kindergeldanspruch für den Zeitraum August 2013 bis März 2016.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter einer im März 1991 geborenen [X.]ochter ([X.]). [X.] befand sich bis 13. Juli 2013 in einer Ausbildung zur Verwaltungsangestellten. Vom 30. November 2013 bis 7. Juli 2016 absolvierte [X.] einen berufsbegleitenden [X.] zur Verwaltungsfachwirtin. Daneben stand sie in einem Vollzeitarbeitsverhältnis bei einer Stadtverwaltung.

3

Die Beklagte und Revisionsklägerin (die Familienkasse) hob die bestehende Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 3. Juli 2013 ab August 2013 auf. Am 28. September 2017 beantragte die Klägerin erneut Kindergeld. Diesen Antrag lehnte die Familienkasse mit Bescheid vom 17. Oktober 2017 unter Hinweis darauf ab, dass [X.] bereits ihre erste Berufsausbildung abgeschlossen habe und während der Zweitausbildung einer schädlichen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 28. Dezember 2017).

4

Auf die hiergegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum August 2013 bis März 2016 begehrte, verpflichtete das Finanzgericht (FG) die Familienkasse, Kindergeld im beantragten Umfang festzusetzen.

5

Mit der dagegen gerichteten Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.

6

Die Familienkasse beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Denn der [X.] kann aufgrund der Feststellungen des [X.] nicht beurteilen, ob die im [X.] durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen noch als [X.]eil der Erstausbildung zu qualifizieren sind.

9

1. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) besteht Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird. In den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wird nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S. der §§ 8 und 8a des [X.] sind insoweit unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).

a) Hinsichtlich der Auslegung der in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verwendeten [X.]atbestandsmerkmale erstmalige Berufsausbildung und Erststudium hat der [X.] entschieden, dass das Erststudium nur einen Unterfall des [X.] erstmalige Berufsausbildung darstellt ([X.]surteil vom 3. Juli 2014 III R 52/13, [X.], 427, [X.], 152, Rz 19 ff.) und der Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG enger auszulegen ist als das in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verwendete [X.]atbestandsmerkmal "Kind, das ... für einen Beruf ausgebildet wird" ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 22 ff.). Die den Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG begrenzenden Kriterien hat der [X.] dabei vor allem in folgenden Punkten gesehen: Es muss sich um einen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang handeln ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 24). Dieser muss auf einen Abschluss ausgerichtet sein, der in Form einer Prüfung erfolgt ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 24). Durch die berufliche Ausbildungsmaßnahme muss das Kind die notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen, wodurch insbesondere eine Abgrenzung gegenüber dem Besuch einer allgemein bildenden Schule erfolgen soll ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 24). Liegen mehrere Ausbildungsabschnitte vor, können diese dann eine einheitliche Erstausbildung darstellen, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 27). In einem solchen Fall muss aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 30). Dabei ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative [X.]eile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 30). An einer Ausbildungseinheit fehlt es dagegen, wenn die Aufnahme des zweiten [X.] eine berufspraktische [X.]ätigkeit voraussetzt oder das Kind nach dem Ende des ersten [X.] eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum nächstmöglichen Beginn des weiteren [X.] dient ([X.]surteil vom 4. Februar 2016 III R 14/15, [X.], 145, [X.], 615, Rz 15).

b) Diese Rechtsprechungsgrundsätze sind --wie der [X.] im Urteil vom 11. Dezember 2018 III R 26/18 ([X.], 209) entschieden hat-- für Fälle, in denen die einheitliche Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen ist, fortzuentwickeln und zu präzisieren.

Danach kann es an einer einheitlichen Erstausbildung auch dann fehlen, wenn das Kind nach Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Ob die nach Erlangung des Abschlusses aufgenommene Berufstätigkeit die Hauptsache und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen, ist dabei anhand einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse zu entscheiden, für die vor allem die nachfolgenden Kriterien von Bedeutung sind.

aa) Für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Hauptsache spricht, dass sich das Kind längerfristig an einen Arbeitgeber bindet, indem es etwa ein zeitlich unbefristetes oder auf jedenfalls mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis mit einer regelmäßigen vollzeitigen oder nahezu vollzeitigen Wochenarbeitszeit eingeht. Ist das Beschäftigungsverhältnis dagegen bis zum Beginn des nächsten [X.] befristet oder überschreitet die regelmäßige Wochenarbeitszeit die [X.] allenfalls geringfügig, kann dies für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen, die noch [X.]eil einer einheitlichen Erstausbildung ist. Für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung kommt es auch darauf an, in welchem zeitlichen Verhältnis die Arbeitstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen zueinander stehen. Da die Summe aus Arbeits- und Ausbildungszeit nicht selten über 40 Wochenstunden liegen wird, kann allein eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von über 20 Stunden noch nicht den Ausschlag geben. Führt das Kind etwa neben einer 22 Wochenstunden umfassenden Arbeitstätigkeit ein Vollzeitstudium an der [X.] durch, kann auch weiter der Ausbildungscharakter im Vordergrund stehen (s. hierzu etwa BFH-Urteil vom 3. September 2015 [X.] R 9/15, [X.], 10, [X.], 166).

bb) Weiter ist von Bedeutung, ob das Kind mit der nach Erlangung des ersten Abschlusses aufgenommenen Berufstätigkeit bereits die durch den Abschluss erlangte Qualifikation nutzt, um eine durch diese eröffnete Berufstätigkeit auszuüben. Wird z.B. ein Geselle oder [X.] von seinem Ausbildungsbetrieb im erlernten Beruf übernommen oder nimmt ein Bachelor eine durch diesen Abschluss eröffnete Stelle an, kann dies Indiz dafür sein, dass die Berufstätigkeit in den Vordergrund getreten ist. Denn ein solcher Sachverhalt spricht dafür, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der beruflichen Weiterbildung oder Höherqualifizierung in einem bereits aufgenommenen und ausgeübten Beruf dienen. Nimmt das Kind dagegen eine Berufstätigkeit auf, die ihm auch ohne den erlangten Abschluss eröffnet wäre (z.B. [X.] in der Gastronomie oder im Handel) oder handelt es sich bei der Erwerbstätigkeit typischerweise um keine dauerhafte Berufstätigkeit (z.B. bei einem Bachelor, der während des nachfolgenden Masterstudiums mit 19 Stunden als wissenschaftliche Hilfskraft tätig ist und daneben 3 Nachhilfestunden pro Woche gibt), kann das für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen.

cc) Darüber hinaus ist in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, inwieweit die Arbeitstätigkeit im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Durchführung den im nächsten Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen untergeordnet ist und die Beschäftigung mithin nach ihrem äußeren Erscheinungsbild "neben der Ausbildung" durchgeführt wird. Wird etwa eine [X.]eilzeittätigkeit von regelmäßig 22 Wochenstunden so verteilt, dass sie sich dem jeweiligen Ausbildungsplan anpasst, ist das ein Indiz für eine im Vordergrund stehende Ausbildung. Gleiches gilt, wenn das Kind etwa während des Semesters maximal 20 Wochenstunden arbeitet, durch eine während der Semesterferien erhöhte Wochenstundenzahl aber auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von mehr als 20 Wochenstunden kommt. Arbeitet das Kind dagegen annähernd vollzeitig und werden die Ausbildungsmaßnahmen nur am Abend und am Wochenende durchgeführt, deutet dies darauf hin, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur "neben der Berufstätigkeit" durchgeführt werden. Schließlich kann auch von Bedeutung sein, ob und inwieweit die Berufstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen über den zeitlichen Aspekt hinaus auch inhaltlich aufeinander abgestimmt sind.

c) Diese Fortentwicklung und Präzisierung des [X.] widerspricht nicht der Begründung zum Entwurf des Steuervereinfachungsgesetzes 2011. Danach besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, und damit nicht mehr zu berücksichtigen sei. Die Vermutung gilt durch den Nachweis als widerlegt, dass das Kind sich in einer weiteren Berufsausbildung befindet und tatsächlich keiner (schädlichen) Erwerbstätigkeit nachgeht, die Zeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt (B[X.]Drucks 17/5125, S. 41). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber zwar ausgeführt, dass auch Ausbildungsgänge (z.B. Abendschulen, Fernstudium), die neben einer ([X.] durchgeführt werden, begünstigt werden sollen. Dies sollte aber nach der Gesetzesbegründung nur für Fälle gelten, in denen eine vorhergehende Berufsausbildung noch nicht durchgeführt worden ist. Aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes, welche sich aus der Begründung ergeben und auch in § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG ihren Niederschlag gefunden haben, wird erkennbar, dass ein weiterer Ausbildungsabschnitt nach Abschluss einer vorhergehenden Berufsausbildung nur dann [X.]eil einer einheitlichen Erstausbildung sein soll, wenn er im Verhältnis zur Erwerbstätigkeit nicht zur "Nebensache" wird.

d) Soweit sich aus der Rechtsprechung des [X.]s in seinen Urteilen in [X.], 427, [X.], 152 und vom 8. September 2016 III R 27/15 ([X.], 202, [X.], 278) etwas anderes ergibt, wird hieran nicht weiter festgehalten. Der [X.]. [X.] hat mitgeteilt, dass er einer Abweichung von seinem Urteil in [X.], 10, [X.], 166 zustimmt.

2. Das mit der Revision angegriffene Urteil entspricht nicht diesen fortentwickelten Rechtsgrundsätzen. Das Urteil ist daher aufzuheben.

a) Das [X.] ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass [X.] im Streitzeitraum August 2013 bis März 2016 die Voraussetzungen eines Berücksichtigungstatbestands nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllte. Denn sie befand sich von August 2013 bis Oktober 2013 in einer Übergangszeit i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG und wurde ab November 2013 i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet. Die Berücksichtigungsfähigkeit der [X.] für den Kindergeldanspruch endete --wie vom [X.] angenommen-- erst mit Ablauf des Monats März 2016, da [X.] in diesem Monat das 25. Lebensjahr vollendete.

b) Das [X.] hat jedoch zum einen keine näheren Feststellungen zur Dauer des [X.] getroffen. So ist insbesondere nicht erkennbar, ob dieses auch bereits während der Übergangszeit bestand. Zum anderen hat das [X.] nicht hinreichend geprüft, ob [X.] mit ihrem Vollzeitarbeitsverhältnis als Angestellte im kommunalen Verwaltungsdienst bereits in den von ihr angestrebten Beruf eintrat und den parallel dazu betriebenen [X.] mit dem Berufsziel "Verwaltungsfachwirt" nicht mehr als [X.]eil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern nur noch als berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme durchführte.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der [X.] kann auf der Grundlage der vom [X.] bisher getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die von [X.] aufgenommene Arbeitstätigkeit der Annahme einer Ausbildungseinheit zwischen der Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten und dem [X.] entgegensteht.

a) Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze wird das [X.] im zweiten Rechtsgang insbesondere zu prüfen haben, ob das Ausbildungsverhältnis eher dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis dem Ausbildungsverhältnis. Dabei bestünden keine Bedenken dagegen, die sich danach ergebende Bewertung, ob die Erstausbildung bereits mit der Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten abgeschlossen wurde, auch auf die vor Beginn des [X.] liegende Übergangszeit zu erstrecken, sofern nicht besondere Umstände ersichtlich werden, die eine abweichende Beurteilung der Übergangszeit und des zweiten [X.] rechtfertigen.

b) Im Übrigen teilt der [X.] in Übereinstimmung mit dem [X.] nicht die Rechtsansicht der Familienkasse, dass eine Verbindung von zwei [X.] zu einer einheitlichen Erstausbildung bereits dann abgelehnt werden kann, wenn die Absichtserklärung zur Fortführung der Erstausbildung nicht spätestens im Folgemonat nach Abschluss des vorangegangenen [X.] vorgelegt wird. Entgegen der aus der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ([X.]) 2018 V 6.1 Abs. 1 Satz 8 abgeleiteten Verwaltungsauffassung genügt es, wenn die Sachverhaltsumstände im Entscheidungszeitpunkt vollständig und glaubhaft dargelegt sind. Zwar kann der Zeitpunkt, wann der Familienkasse ein Sachverhalt unterbreitet worden ist, ein Indiz für oder gegen die Glaubhaftigkeit des Vortrages sein, ebenso, dass ein Sachverhalt nicht oder falsch dargestellt wurde, weil die Rechtslage unzutreffend beurteilt worden war. Dies führt aber nicht dazu, dass der Anspruch auf die Leistung entfällt. Entscheidend ist nicht, was erklärt wurde, sondern die tatsächliche Lage, denn es handelt sich hier nicht um eine rechtsgestaltende Erklärung, sondern um eine im Wege der Glaubhaftmachung zu würdigende [X.]atsachenbekundung. Der Zeitpunkt des Eingangs einer entsprechenden Absichtserklärung bei der Familienkasse mag Bedeutung haben für die Frage, ob die Familienkasse im Falle des Fehlens anderer objektiver Beweisanzeichen verpflichtet ist, aktuell und fortlaufend Kindergeld zu gewähren. Soweit die Familienkasse z.B. im Einspruchsverfahren und nachfolgend das [X.] aber einen in der Vergangenheit liegenden [X.] zu beurteilen haben, lässt der Untersuchungsgrundsatz (§ 88 Abs. 1 und 2 der Abgabenordnung, § 76 Abs. 1 und 4 [X.]O) keinen Raum dafür, erst nach Ablauf des [X.]s entstandene oder bekannt gewordene Beweisanzeichen unberücksichtigt zu lassen.

c) Ebenso wenig kann sich der [X.] der Auffassung der Familienkasse anschließen, dass bereits jede von der Prüfungsordnung des zweiten [X.] als Prüfungsvoraussetzung geforderte Berufstätigkeit den notwendigen Zusammenhang zwischen den [X.] entfallen lässt. Eine solche Prüfungsvoraussetzung kann möglicherweise auch durch eine ohne besondere Qualifikationsanforderungen vor oder während des ersten [X.] durchgeführte [X.]ätigkeit erfüllt werden. Ebenso ist denkbar, dass einer solchen Prüfungsvoraussetzung durch eine zwar während des zweiten [X.] durchgeführte, aber weniger als 20 Wochenstunden umfassende Arbeitstätigkeit genügt werden kann. Besteht in solchen Fällen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den [X.], hielte es der [X.] nicht für gerechtfertigt, allein aus einer solchen Prüfungsvoraussetzung eine Zäsur abzuleiten, obwohl die Arbeitstätigkeit die Ausbildung nicht unterbricht und die zweite Ausbildungsphase durch die Ausbildung und nicht durch die Arbeitstätigkeit geprägt wird.

Im Übrigen hat das [X.] nicht festgestellt, dass der Abschluss zur Verwaltungsfachwirtin eine vorangegangene Berufstätigkeit voraussetzt. Die Klägerin bestreitet das Bestehen einer entsprechenden Prüfungsvoraussetzung.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

III R 42/18

20.02.2019

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 20. Juni 2018, Az: 7 K 223/18 Kg, Urteil

§ 62 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 63 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 32 Abs 1 Nr 1 EStG 2009, § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a EStG 2009, § 32 Abs 4 S 2 EStG 2009, § 32 Abs 4 S 3 EStG 2009, Abschn V6.1 Abs 1 S 8 DA-KG 2018, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014, EStG VZ 2015, EStG VZ 2016

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.02.2019, Az. III R 42/18 (REWIS RS 2019, 10115)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 2422 REWIS RS 2019, 10115

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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