Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.01.2019, Az. III R 8/18

3. Senat | REWIS RS 2019, 11377

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Gegenstand

(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 11.12.2018 III R 26/18 - Kindergeld; Abgrenzung zwischen der mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und der berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung))


Leitsatz

1. NV: Nimmt ein volljähriges Kind nach Erlangung eines ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine nicht unter § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG fallende Berufstätigkeit auf, erfordert § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, zwischen einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen .

2. NV: Eine einheitliche Erstausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht mehr anzunehmen, wenn die von dem Kind aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und sich die weiteren Ausbildungsmaßnahmen als eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen .

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. Januar 2018 9 K 994/17 Kg insoweit aufgehoben, als der Klage hinsichtlich des [X.] für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 stattgegeben wurde.

Die Sache wird insoweit an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

[X.]treitig ist der Kindergeldanspruch für Oktober 2016 bis März 2017.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter eines im Februar 1993 geborenen [X.] ([X.]). [X.] begann im [X.] an seine [X.]chulausbildung (Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung) im August 2011 eine dreijährige Ausbildung zum [X.]teuerfachangestellten, die er im Mai 2014 abschloss. Im [X.]eptember 2014 nahm [X.] ein Bachelorstudium an der X-Hochschule im [X.]tudienfach "[X.]teuerrecht Teilzeit" auf.

3

Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob die zugunsten der Klägerin erfolgte Kindergeldfestsetzung für [X.] mit [X.] vom 6. Juni 2014 ab Juli 2014 auf, weil [X.] seine Berufsausbildung voraussichtlich im Juni 2014 beenden werde.

4

Ende Juni 2016 beantragte der Ehemann der Klägerin und Vater des [X.] die Gewährung von Kindergeld rückwirkend ab Mai 2014. Er legte [X.]tudienbescheinigungen für das 1. bis 4. [X.]emester sowie Nachweise über [X.] als [X.]teuerfachangestellter vor. Die Familienkasse lehnte die [X.] mit [X.] vom 1. August 2016 ab dem Monat Juli 2014 gegenüber der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, [X.] habe eine erste Berufsausbildung abgeschlossen und neben einer weiteren Ausbildung eine nach § 32 Abs. 4 [X.]ätze 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (E[X.]tG) schädliche Erwerbstätigkeit ausgeübt. Der hiergegen von der Klägerin eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 8. [X.]eptember 2016).

5

Außerdem hob die Familienkasse mit [X.] vom 23. August 2016 die Kindergeldfestsetzung für Juni 2014 auf, da [X.] seine Berufsausbildung zu Beginn dieses Monats bereits beendet habe. Hiergegen erhob die Klägerin keinen Einspruch.

6

Im Januar 2017 beantragte die Klägerin Kindergeld ab Juni 2014. [X.]ie wiederholte ihr früheres Vorbringen und fügte eine aktuelle Immatrikulationsbescheinigung des [X.] für das Wintersemester 2016/2017 bei. Die Familienkasse lehnte den Antrag mit [X.] vom 2. Februar 2017 ab. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 14. März 2017).

7

Die gegen letztere Entscheidung gerichtete Klage hatte nur teilweise Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage für den Zeitraum Juni 2014 bis [X.]eptember 2016 unter Hinweis darauf ab, dass für diesen Zeitraum ein Kindergeldanspruch bereits bestandskräftig versagt worden sei. Für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 gab das [X.] der Klage statt und verpflichtete die Familienkasse, der Klägerin Kindergeld für [X.] zu gewähren.

8

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.

9

Die Familienkasse beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als der Klage für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 stattgegeben wurde, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. [X.]ie führt, soweit das [X.] die Familienkasse zu einer Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 verpflichtet hat, zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der [X.]ache nach § 126 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Denn der [X.] kann aufgrund der Feststellungen des [X.] nicht beurteilen, ob die im Bachelorstudium an der X-Hochschule im [X.]tudienfach [X.]teuerrecht (Teilzeit) durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen noch als Teil der Erstausbildung zu qualifizieren sind.

1. Nach § 62 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. a E[X.]tG besteht Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird. In den Fällen des § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 E[X.]tG wird nach § 63 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 E[X.]tG i.V.m. § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 [X.]tunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.[X.]. der §§ 8 und 8a des [X.] sind insoweit unschädlich (§ 32 Abs. 4 [X.]atz 3 E[X.]tG).

a) Hinsichtlich der Auslegung der in § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG verwendeten Tatbestandsmerkmale erstmalige Berufsausbildung und Erststudium hat der [X.] entschieden, dass das Erststudium nur einen Unterfall des [X.] erstmalige Berufsausbildung darstellt ([X.]surteil vom 3. Juli 2014 III R 52/13, [X.], 427, [X.], 152, Rz 19 ff.) und der Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG enger auszulegen ist als das in § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. a E[X.]tG verwendete Tatbestandsmerkmal "Kind, das ... für einen Beruf ausgebildet wird" ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 22 ff.). Die den Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG begrenzenden Kriterien hat der [X.] dabei vor allem in folgenden Punkten gesehen: Es muss sich um einen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang handeln ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 24). Dieser muss auf einen Abschluss ausgerichtet sein, der in Form einer Prüfung erfolgt ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 24). Durch die berufliche Ausbildungsmaßnahme muss das Kind die notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen, wodurch insbesondere eine Abgrenzung gegenüber dem Besuch einer allgemein bildenden [X.]chule erfolgen soll ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 24). Liegen mehrere Ausbildungsabschnitte vor, können diese dann eine einheitliche Erstausbildung darstellen, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 27). In einem solchen Fall muss aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 30). Dabei ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden ([X.]surteil in [X.], 427, [X.], 152, Rz 30). An einer Ausbildungseinheit fehlt es dagegen, wenn die Aufnahme des zweiten [X.] eine berufspraktische Tätigkeit voraussetzt oder das Kind nach dem Ende des ersten [X.] eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum nächstmöglichen Beginn des weiteren [X.] dient ([X.]surteil vom 4. Februar 2016 III R 14/15, [X.], 145, [X.], 615, Rz 15).

b) Diese Rechtsprechungsgrundsätze sind --wie der [X.] bereits mit Urteil vom 11. Dezember 2018 III R 26/18 ([X.], 209) entschieden hat-- für Fälle, in denen die einheitliche Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit von einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen ist, fortzuentwickeln und zu präzisieren.

Danach kann es an einer einheitlichen Erstausbildung auch dann fehlen, wenn das Kind nach Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Ob die nach Erlangung des Abschlusses aufgenommene Berufstätigkeit die Hauptsache und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen, ist dabei anhand einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse zu entscheiden, für die vor allem die nachfolgenden Kriterien von Bedeutung sind.

aa) Für die Aufnahme einer Berufstätigkeit als Hauptsache spricht, dass sich das Kind längerfristig an einen Arbeitgeber bindet, indem es etwa ein zeitlich unbefristetes oder auf jedenfalls mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsverhältnis mit einer regelmäßigen vollzeitigen oder nahezu vollzeitigen Wochenarbeitszeit eingeht. Ist das Beschäftigungsverhältnis dagegen bis zum Beginn des nächsten [X.] befristet oder überschreitet die regelmäßige Wochenarbeitszeit die [X.] allenfalls geringfügig, kann dies für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen, die noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung ist. Für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung kommt es auch darauf an, in welchem zeitlichen Verhältnis die Arbeitstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen zueinander stehen. Da die [X.]umme aus Arbeits- und Ausbildungszeit nicht selten über 40 Wochenstunden liegen wird, kann allein eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von über 20 [X.]tunden noch nicht den Ausschlag geben. Führt das Kind etwa neben einer 22 Wochenstunden umfassenden Arbeitstätigkeit ein Vollzeitstudium an der [X.] durch, kann auch weiter der Ausbildungscharakter im Vordergrund stehen (s. hierzu etwa BFH-Urteil vom 3. [X.]eptember 2015 [X.] R 9/15, [X.], 10, [X.], 166).

bb) Weiter ist von Bedeutung, ob das Kind mit der nach Erlangung des ersten Abschlusses aufgenommenen Berufstätigkeit bereits die durch den Abschluss erlangte Qualifikation nutzt, um eine durch diese eröffnete Berufstätigkeit auszuüben. Wird z.B. ein Geselle oder [X.] von seinem Ausbildungsbetrieb im erlernten Beruf übernommen oder nimmt ein Bachelor eine durch diesen Abschluss eröffnete [X.]telle an, kann dies Indiz dafür sein, dass die Berufstätigkeit in den Vordergrund getreten ist. Denn ein solcher [X.]achverhalt spricht dafür, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der beruflichen Weiterbildung oder Höherqualifizierung in einem bereits aufgenommenen und ausgeübten Beruf dienen. Nimmt das Kind dagegen eine Berufstätigkeit auf, die ihm auch ohne den erlangten Abschluss eröffnet wäre (z.B. [X.] in der Gastronomie oder im Handel) oder handelt es sich bei der Erwerbstätigkeit typischerweise um keine dauerhafte Berufstätigkeit (z.B. bei einem Bachelor, der während des nachfolgenden Masterstudiums mit 19 [X.]tunden als wissenschaftliche Hilfskraft tätig ist und daneben drei Nachhilfestunden pro Woche gibt), kann das für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen.

cc) Darüber hinaus ist in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, inwieweit die Arbeitstätigkeit im Hinblick auf den Zeitpunkt ihrer Durchführung den im nächsten Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen untergeordnet ist und die Beschäftigung mithin nach ihrem äußeren Erscheinungsbild "neben der Ausbildung" durchgeführt wird. Wird etwa eine Teilzeittätigkeit von regelmäßig 22 Wochenstunden so verteilt, dass sie sich dem jeweiligen Ausbildungsplan anpasst, ist das ein Indiz für eine im Vordergrund stehende Ausbildung. Gleiches gilt, wenn das Kind etwa während des [X.]emesters maximal 20 Wochenstunden arbeitet, durch eine während der [X.]emesterferien erhöhte Wochenstundenzahl aber auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von mehr als 20 Wochenstunden kommt. Arbeitet das Kind dagegen annähernd vollzeitig und werden die Ausbildungsmaßnahmen nur am Abend und am Wochenende durchgeführt, deutet dies darauf hin, dass die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur "neben der Berufstätigkeit" durchgeführt werden. [X.]chließlich kann auch von Bedeutung sein, ob und inwieweit die Berufstätigkeit und die Ausbildungsmaßnahmen über den zeitlichen Aspekt hinaus auch inhaltlich aufeinander abgestimmt sind.

c) Diese Fortentwicklung und Präzisierung des [X.] widerspricht nicht der Begründung zum Entwurf des [X.]teuervereinfachungsgesetzes 2011. Danach besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums die widerlegbare Vermutung, dass das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, und damit nicht mehr zu berücksichtigen sei. Die Vermutung gilt durch den Nachweis als widerlegt, dass das Kind sich in einer weiteren Berufsausbildung befindet und tatsächlich keiner (schädlichen) Erwerbstätigkeit nachgeht, die Zeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt (BTDrucks 17/5125, [X.]. 41). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber zwar ausgeführt, dass auch Ausbildungsgänge (z.B. Abendschulen, Fernstudium), die neben einer ([X.] durchgeführt werden, begünstigt werden sollen. Dies sollte aber nach der Gesetzesbegründung nur für Fälle gelten, in denen eine vorhergehende Berufsausbildung noch nicht durchgeführt worden ist. Aus dem [X.]inn und Zweck des Gesetzes, welche sich aus der Begründung ergeben und auch in § 32 Abs. 4 [X.]ätze 2 und 3 E[X.]tG ihren Niederschlag gefunden haben, wird erkennbar, dass ein weiterer Ausbildungsabschnitt nach Abschluss einer vorhergehenden Berufsausbildung nur dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung sein soll, wenn er im Verhältnis zur Erwerbstätigkeit nicht zur "Nebensache" wird.

d) [X.]oweit sich aus der Rechtsprechung des [X.]s in seinen Urteilen in [X.], 427, [X.], 152 und vom 8. [X.]eptember 2016 III R 27/15 ([X.], 202, [X.], 278) etwas anderes ergibt, wird hieran nicht weiter festgehalten. Der [X.]. [X.] hat mitgeteilt, dass er einer Abweichung von seinem Urteil in [X.], 10, [X.], 166 zustimmt.

2. Das mit der Revision angegriffene Urteil entspricht nicht diesen fortentwickelten Rechtsgrundsätzen, soweit das [X.] darin die Familienkasse zu einer Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 verpflichtet hat. Das Urteil ist daher aufzuheben.

a) Das [X.] hat zwar zutreffend entschieden, dass [X.] mit seinem im Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 an der X-Hochschule durchgeführten Bachelorstudium im [X.]tudienfach [X.]teuerrecht Teilzeit i.[X.]. des § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. a E[X.]tG für einen Beruf ausgebildet wurde.

b) Das [X.] hat jedoch nicht hinreichend geprüft, ob [X.] mit seinen ab Mai 2014 eingegangenen Vollzeitarbeitsverhältnissen als [X.]teuerfachangestellter bereits in den von ihm angestrebten Beruf eintrat und das parallel dazu betriebene Bachelorstudium nicht mehr als Teil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern nur noch als berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme durchführte.

3. Die [X.]ache ist nicht spruchreif. Der [X.] kann auf der Grundlage der vom [X.] bisher getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die von [X.] aufgenommene Arbeitstätigkeit als [X.]teuerfachangestellter der Annahme einer Ausbildungseinheit zwischen der [X.]teuerfachangestelltenausbildung und dem Bachelorstudium entgegensteht.

a) Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze wird das [X.] im zweiten Rechtsgang insbesondere zu prüfen haben, ob das Ausbildungsverhältnis eher dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis dem Ausbildungsverhältnis.

b) Entgegen der Rechtsauffassung der Familienkasse kann eine einheitliche Erstausbildung im vorliegenden Fall nicht bereits mit der Begründung verneint werden, dass der im zweiten Ausbildungsabschnitt angestrebte Abschluss eine Berufstätigkeit voraussetzt.

aa) Der [X.] hat im Urteil in [X.], 145, [X.], 615 entschieden, dass eine Einheit zwischen zwei [X.] nicht angenommen werden kann, wenn die Aufnahme des zweiten [X.] eine Berufstätigkeit voraussetzt, die das Kind zwischen dem ersten und zweiten Ausbildungsabschnitt durchführt. Dagegen kann aus dieser Entscheidung nicht abgeleitet werden, dass bereits jede von der Prüfungsordnung des zweiten [X.] als Prüfungsvoraussetzung geforderte Berufstätigkeit den notwendigen Zusammenhang zwischen den [X.] entfallen lässt. Eine solche Prüfungsvoraussetzung kann möglicherweise auch durch eine ohne besondere Qualifikationsanforderungen vor oder während des ersten [X.] durchgeführte Tätigkeit erfüllt werden. Ebenso ist denkbar, dass eine zwar während des zweiten [X.] durchgeführte, aber weniger als 20 Wochenstunden umfassende Arbeitstätigkeit einer solchen Prüfungsvoraussetzung genügen kann. Besteht in solchen Fällen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den [X.], hielte es der [X.] nicht für gerechtfertigt, allein aus einer solchen Prüfungsvoraussetzung eine Zäsur abzuleiten, obwohl die Arbeitstätigkeit die Ausbildung nicht unterbricht und die zweite Ausbildungsphase durch die Ausbildung und nicht durch die Arbeitstätigkeit geprägt wird.

bb) Das [X.] hat nicht festgestellt, dass im vorliegenden Fall die Aufnahme der Ausbildung im Bachelorstudium eine solche nach Absolvierung der Ausbildung zum [X.]teuerfachangestellten durchgeführte Berufstätigkeit erfordert. Ebenso wenig wäre der mit der Revisionsbegründung vorgetragene [X.]achverhalt geeignet, diese Voraussetzung zu erfüllen. Denn nach dem vorgelegten Internetauszug über die Beschreibung des [X.]tudiengangs ist nur eine aktuelle Berufstätigkeit erforderlich, also nicht eine die vor, sondern während des Bachelorstudiums ausgeübt wird. Zudem genügt auch eine Teilzeittätigkeit, ohne dass nähere Vorgaben für eine Mindeststundenzahl ersichtlich wären.

c) Im Übrigen teilt der [X.] in Übereinstimmung mit dem [X.] nicht die Rechtsansicht der Familienkasse, dass eine Verbindung von zwei [X.] zu einer einheitlichen Erstausbildung bereits dann abgelehnt werden kann, wenn die Absichtserklärung zur Fortführung der Erstausbildung nicht spätestens im Folgemonat nach Abschluss des vorangegangenen [X.] vorgelegt wird. Entgegen der aus der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ([X.]) 2018 V 6.1 Abs. 1 [X.]atz 8 abgeleiteten Verwaltungsauffassung genügt es, wenn die [X.]achverhaltsumstände im Entscheidungszeitpunkt vollständig und glaubhaft dargelegt sind. Zwar kann der Zeitpunkt, zu dem der Familienkasse ein [X.]achverhalt unterbreitet worden ist, ein Indiz zur Frage der Glaubhaftigkeit des Vortrages sein, ebenso, dass ein [X.]achverhalt nicht oder falsch dargestellt wurde, weil die Rechtslage unzutreffend beurteilt worden war. Dies führt aber nicht dazu, dass der Anspruch auf die Leistung entfällt. Entscheidend ist nicht, was erklärt wurde, sondern die tatsächliche Lage, denn es handelt sich hier nicht um eine rechtsgestaltende Erklärung, sondern um eine im Wege der Glaubhaftmachung zu würdigende Tatsachenbekundung. Der Zeitpunkt des Eingangs einer entsprechenden Absichtserklärung bei der Familienkasse mag Bedeutung haben für die Frage, ob die Familienkasse im Falle des Fehlens anderer objektiver Beweisanzeichen verpflichtet ist, aktuell und fortlaufend Kindergeld zu gewähren. [X.]oweit die Familienkasse z.B. im Einspruchsverfahren und nachfolgend das [X.] aber einen in der Vergangenheit liegenden [X.] zu beurteilen haben, lässt der Untersuchungsgrundsatz (§ 88 Abs. 1 und 2 der Abgabenordnung, § 76 Abs. 1 und 4 [X.]O) keinen Raum dafür, erst nach Ablauf des [X.]s entstandene oder bekannt gewordene Beweisanzeichen unberücksichtigt zu lassen.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

III R 8/18

17.01.2019

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 11. Januar 2018, Az: 9 K 994/17 Kg, Urteil

§ 62 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 63 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 32 Abs 1 Nr 1 EStG 2009, § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a EStG 2009, § 32 Abs 4 S 2 EStG 2009, § 32 Abs 4 S 3 EStG 2009, EStG VZ 2014, EStG VZ 2015, EStG VZ 2016, EStG VZ 2017, Abschn V6.1 Abs 1 S 8 DA-KG 2018, § 88 AO, § 76 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.01.2019, Az. III R 8/18 (REWIS RS 2019, 11377)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 11377

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