Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2011, Az. 3 StR 314/11

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 1547

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 314/11
vom
10. November 2011
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
Betruges

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der Beschwerde-führer und des [X.] -
zu 1. b), 2. und 3. auf dessen Antrag -
am 10. November 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 206a Abs.
1 [X.] einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 18. März 2011 wird
a) bezüglich des Angeklagten G.

aa) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fäl-len C. II.
2.
b)
der Urteilsgründe wegen Betruges in sechs Fällen verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung [X.] die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Ausla-gen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
bb)
das vorbezeichnete Urteil
-
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betruges in fünf Fällen schuldig ist;
-
im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben;
b) bezüglich des Angeklagten E.

das vorbezeichnete Urteil aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass Ansprüche der Verletzten dem Verfall der [X.] entgegenstehen; diese Feststellung entfällt.
-
3
-
Hinsichtlich des Angeklagten G.

wird die Sache im [X.] der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
2.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Der Angeklagte E.

hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten G.

wegen Betruges in elf Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen den Angeklagten E.

hat es wegen Betruges eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt und bestimmt, dass deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Zudem hat es festgestellt, dass Ansprüche der Verletzten dem Verfall der [X.], bestehend aus den in der Anlage des Urteils ersichtlichen [X.], entgegenstehen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Rechtsmittel der Angeklagten haben den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 [X.].
I. Revision des Angeklagten G.

1
2
-
4
-
Soweit das [X.] den Angeklagten in den Fällen C. II.
2.
b)
der Ur-teilsgründe wegen Betruges in sechs Fällen verurteilt hat, fehlt es an den [X.] einer Anklageerhebung und eines Eröffnungsbe-schlusses, so dass das Verfahren gemäß § 354 Abs.
1, § 206a Abs.
1 [X.] einzustellen ist.
1. Mit der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage-schrift vom 28.
April 2010 war dem
Angeklagten unter anderem zur Last gelegt worden, als Geschäftsführer der Fa.

M GmbH in sechs Fällen zwischen dem 28. April und dem 26. Mai 2006 bei der Fa. Baustoffe B.

Baumaterialien dass die Rechnungen wegen mangelnder Liquidität der Fa.

M GmbH nicht bezahlt werden konnten, was in der Folgezeit mit Ausnahme einer Abschlags-zahlung in Höhe von 1.0n-zelnen habe es sich um folgende Bestellungen gehandelt: am 28. April 2006 im

18.

Nach den Feststellungen des [X.] tätigte der Angeklagte im Zeitraum vom 21. April bis zum 12. Mai 2006 folgende sechs Bestellungen: am 21. April 2006

t-t-3
4
5
-
5
-
Hauptverhandlung einen Hinweis dahin erteilt, dass anstelle einer Verurteilung wegen
der in der Anklageschrift mit Daten und Summen bezeichneten Taten auch eine Verurteilung wegen der festgestellten Taten in Betracht komme. Nä-here Feststellungen zu den Baumaterialien, auf die sich die einzelnen Bestel-lungen bezogen, hat das [X.] nicht getroffen.
2. Die auf diese Feststellungen gestützte Verurteilung des Angeklagten hat keinen Bestand; das Verfahren ist insoweit einzustellen. Das vom [X.] festgestellte Geschehen weicht so deutlich von den in der Anklageschrift geschilderten geschichtlichen Vorgängen ab, dass es sich nicht mehr als die von der Anklage bezeichneten Taten im Sinne des §
264 Abs. 1 [X.] darstellt.
a) Zwar muss das Gericht seine Untersuchung auch auf Teile der Tat er-strecken, die erst in der Hauptverhandlung bekannt werden. Die angeklagte Tat im verfahrensrechtlichen Sinne ist erschöpfend abzuurteilen. Das Gericht ist dabei an die rechtliche Beurteilung, wie sie der Anklage und dem [X.] zugrunde liegt, nicht gebunden. Der verfahrensrechtliche Tatbegriff umfasst den von der zugelassenen Anklage betroffenen geschichtlichen Vor-gang, innerhalb dessen der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht ha-ben soll; zu dieser Tat gehört deshalb das gesamte Verhalten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang darstellt ([X.], Beschluss vom 7.
November 1995 -
4
StR
608/95, [X.], 203 mwN). Bei der Un-tersuchung und Entscheidung muss aber die Identität der Tat gewahrt bleiben ([X.], Beschluss vom 10. November 2008 -
3
StR
433/08, [X.], 146, 147). Dies ist nicht der Fall, wenn das Gericht Umstände feststellt, die von den die angeklagten Taten [X.] in erheblicher Weise abweichen.
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7
-
6
-
b) So liegt es hier. Die Feststellungen des [X.] hinsichtlich der Modalitäten der jeweiligen Tatbegehung unterscheiden sich so wesentlich von den Anklagevorwürfen, dass mit ihnen andere als die angeklagten Taten [X.] sind. Die Urteilsfeststellungen stimmen mit den Anklagevorwürfen lediglich bezüglich des geschädigten Unternehmens und der allgemeinen Art der bestellten Ware ("Baumaterialien") überein. Die hinsichtlich der erworbenen
Gegenstände nicht konkretisierten einzelnen Taten erhalten
ihr wesentliches Gepräge hier indes durch den Tatzeitpunkt sowie den jeweiligen Warenwert. Insoweit entsprechen sich [X.] und Urteilsfeststellungen in keinem einzigen Punkt; alle sechs Bestelldaten und sämtliche [X.] weichen voneinander ab. Da es sich bei den abgeurteilten somit nicht um die angeklag-ten Taten handelt, wäre eine Verurteilung des Angeklagten nur nach Erhebung einer entsprechenden Nachtragsanklage möglich gewesen; der Hinweis des [X.] genügte hierfür nicht.
3. Die Einstellung des Verfahrens in den sechs Fällen C. II.
2.
b)
der Ur-teilsgründe
führt zur Änderung des Schuldspruchs und wegen des Wegfalls der insoweit verhängten Einzelstrafen zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
4. Der Senat weist darauf hin, dass über die genannten sechs angeklag-ten Betrugstaten noch keine Entscheidung ergangen ist; diese sind deshalb noch beim [X.] anhängig.
II. Revision des Angeklagten E.

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift zur Revision des Angeklagten E.

ausgeführt:
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12
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7
-
"1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat zum Schuld-
und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2.
Das angefochtene Urteil hält indes rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das
[X.] nach § 111i Abs. 2 [X.] ausgespro-chen hat, dass Ansprüche Verletzter einem Verfall der von dem [X.] aus der seiner Verurteilung zugrunde liegenden Tat (UA S.
33/35) erlangten Heizungsanlage entgegenstehen. Das Gericht hat übersehen, dass die Regelung des § 111i Abs. 2 [X.] im vorlie-genden Fall nicht anwendbar ist. Die Vorschrift ist durch das 'Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der [X.] bei Straftaten'
vom 24. Oktober 2006 ([X.]) geschaf-fen worden und am 1. Januar 2007 in [X.] getreten. Ihre Anwen-dung auf bereits zuvor beendete Taten ist gemäß § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB, wonach insoweit das mildere alte Recht gilt, ausge-schlossen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 18. Dezember 2008 -
3 [X.], [X.], 241 f.; vom 12. August 2010 -
4 [X.] Rdnr. 26, jeweils mwN).
Danach kommt hier ein Ausspruch nach §
111i Abs. 2 [X.] -
unab-hängig vom Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der Bestim-mung -
hinsichtlich der von der Firma W.

in C.

be-trügerisch erworbenen Heizungsanlage nicht in Betracht. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wurde die Tat am 20. Juli 2006 ([X.] und 34) begangen und war mit Erlangung des Besit-zes des Angeklagten an der Heizungsanlage (dazu Fischer StGB 58.
Aufl. § 263 Rdnr. 201) 'etwa vier bis sechs Wochen'
später (UA S.
35) beendet. Das Urteil unterliegt daher insoweit der Aufhebung."
-
8
-
Dem stimmt der Senat zu.
[X.] von [X.]

Schäfer

Mayer Menges
13

Meta

3 StR 314/11

10.11.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2011, Az. 3 StR 314/11 (REWIS RS 2011, 1547)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1547

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