Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.10.2023, Az. 1 WB 27/23

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2023, 8734

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Gegenstand

Vermerk über ein Personalentwicklungsgespräch keine dienstliche Maßnahme


Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin begehrt die Änderung des Vermerks über ein [X.].

2

Die 1981 geborene Antragstellerin ist Soldatin auf [X.] mit einer festgesetzten Dienstzeit von 20 Jahren, die am 26. Dezember 2023 endet. Sie ist approbierte Ärztin und wird seit Januar 2016 beim [X.] ... als Sanitätsstabsoffizierin im Fachbereich Laboratoriumsmedizin eingesetzt.

3

Mehrfach im Jahre 2020 sowie zuletzt am 13., 15. und 19. Januar 2021 führte das [X.] mit der Antragstellerin telefonische [X.]e. Nach dem hierüber erstellten "Vermerk über ein [X.] (mit gemeinsamer Zielvereinbarung)" vom 22. Januar 2021 wurden dabei die persönliche und dienstliche Situation der Antragstellerin, ihre Vorstellungen zum weiteren Werdegang sowie die Planungen des [X.] erörtert. Der Vermerk hält unter Nr. 2.4 als Ergebnis fest, dass die Antragstellerin sich umfassend informiert fühle, dennoch Dissens bezüglich der weiteren Verwendungsplanung bestehe.

4

Mit E-Mail vom 14. März 2021 übermittelte die Antragstellerin eine Stellungnahme vom 12. März 2021 zu dem Personalgesprächsvermerk (Dateianhang "Antwort auf Vermerk mit Zielvereinbarung") und erklärte, dass sie den zugesandten Vermerk in der aktuellen Fassung nicht unterzeichnen werde, weil diverse Abweichungen bestünden, die sie korrigiert wissen wolle. Sie beantrage eine entsprechende Abänderung des Gesprächsvermerks. In der Stellungnahme vom 12. März 2021 äußert sich die Antragstellerin ausführlich und detailliert zu allen Punkten des [X.]s, insbesondere zu den verschiedenen Problemen ihrer Weiterbildung beim [X.] ..., zu ihrer persönlichen Situation als Soldatin, Ärztin und Mutter und zu Alternativen ihrer Verwendungsplanung und deren Realisierbarkeit.

5

Mit E-Mail vom 16. April 2021, erhalten am 30. Juni 2021, teilte das [X.] der Antragstellerin mit, dass es das Dokument "Antwort auf Vermerk der Zielvereinbarung" als Anhang zu dem Gesprächsvermerk sowohl in die Grundakte verfügen als auch digital an das PDF-Dokument anhängen werde; eine Änderung des Vermerks über das [X.] werde hingegen nicht erfolgen. Anschließend nahm das [X.] zu den Kritikpunkten der Antragstellerin Stellung und erläuterte die - seiner Auffassung nach zutreffenden - Aussagen in dem Gesprächsvermerk.

6

Mit Schreiben vom 7. Juli 2021 erhob die Antragstellerin Beschwerde, mit der sie sich gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Abänderung des Gesprächsvermerks wandte und verlangte, die aus ihrer Sicht falsch dargestellten Sachverhalte richtigzustellen. Schon die Bezeichnung als Gesprächsvermerk "mit gemeinsamer Zielvereinbarung" zeige, dass das Personalentwicklungsgespräch nicht ausschließlich aus der Sicht der Personalführung wiedergegeben werden dürfe. Im Einzelnen legte sie vier Punkte dar, in denen ihrer Auffassung nach die Personalführung unzutreffende Aussagen über die Möglichkeit einer erfolgreichen Durchführung ihrer Facharztausbildung im Fachgebiet Laboratoriumsmedizin beim [X.] ... getätigt habe.

7

Mit Bescheid vom 12. Mai 2023 verband das [X.] die Beschwerde der Antragstellerin vom 7. Juli 2021 mit einer weiteren, von ihr unter dem 20. Dezember 2021 erhobenen Beschwerde zur gemeinsamen Entscheidung und wies beide Beschwerden zurück. Die Beschwerde betreffend die Änderung des Protokolls über das [X.] sei bereits unzulässig. Es fehle an einem Eingriff in Rechte der Antragstellerin, weil ein Vermerk über ein [X.] im Bereich der Mitteilung von bloßen Planungen und Absichten verbleibe und damit keine mit der Wehrbeschwerde anfechtbare Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] darstelle. Auch bestehe kein Anspruch auf inhaltliche Korrektur; der Betroffene könne nur verlangen, dass seine schriftliche Stellungnahme mit seiner abweichenden Position zusammen mit dem Vermerk über das [X.] zu den Personalakten genommen werde. Dem sei das [X.] bereits nachgekommen. Weil die Stellungnahme der Antragstellerin der Dokumentation des [X.]s unmittelbar nachgeheftet sei, sei auch für jedermann ersichtlich, dass ein Dissens bestehe. Inwieweit allein aus der Überschrift "Vermerk über ein [X.] (mit gemeinsamer Zielvereinbarung)" unmittelbare Nachteile erwachsen sollten, habe die Antragstellerin nicht dargelegt. Im dienstaufsichtlichen Teil des Bescheids verwies das [X.] darauf, dass der Antragstellerin angesichts der von ihr dargelegten zwischenmenschlichen Spannungen frühzeitig und transparent mehrere Modelle dargelegt worden seien, wie sie unter Verbleib am Standort ... die [X.] erreichen könne; diese seien jedoch von ihr wegen des Wunsches nach einer Verwendung in einem zivilen Labor abgelehnt worden. Der Dienstherr habe ein Interesse, dass die Inhaberin eines hochwertigen Dienstpostens ihre Arbeitskraft innerhalb von Einrichtungen des Dienstherrn einbringe.

8

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 9. Juni 2023 hat die Antragstellerin gegen den Beschwerdebescheid die Entscheidung des [X.] beantragt. Das [X.] hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 19. Juni 2023 dem Senat vorgelegt.

9

Im gerichtlichen Verfahren hat sich die Antragstellerin in der Sache nur zum Gegenstand ihrer Beschwerde vom 20. Dezember 2021 (Verfahren BVerwG 1 WB 28.23), nicht aber zu der hier gegenständlichen Änderung des Vermerks über das [X.] geäußert. Sie beantragt,

das [X.] unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Das [X.] beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Es verweist auf seine Beschwerdeentscheidung.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten verwiesen. Dem Senat lagen bei der Beratung die Beschwerdeakte und die Personalgrundakte der Antragstellerin vor.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

1. Soweit die Antragstellerin, ihrem Antrag vom 14. März 2021 und ihrer Beschwerde vom 7. Juli 2021 entsprechend, die Änderung des Vermerks über ein [X.] vom 22. Januar 2021 begehrt, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung unzulässig.

Ein Vermerk über ein [X.] stellt keine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.]O (hier [X.] m. § 21 Abs. 2 Satz 1 [X.]O) und damit keinen zulässigen Gegenstand eines gerichtlichen Antragsverfahrens dar (BVerwG, Beschluss vom 29. September 2022 - 1 [X.] 43.22 - [X.] 450.1 § 17 [X.]O Nr. 116 Rn. 13 ff.). Auch gibt es bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf inhaltliche Korrektur eines Vermerks über ein [X.], so dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung außerdem deshalb unzulässig ist, weil der Antragstellerin die Antragsbefugnis fehlt; die Antragstellerin kann vielmehr nur verlangen, dass - wie geschehen (siehe unten 2.) - eine schriftliche Stellungnahme, die ihre abweichende Position darlegt, zusammen mit dem Vermerk über das [X.] zu den Personalakten genommen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. September 2022 - 1 [X.] 43.22 - [X.] 450.1 § 17 [X.]O Nr. 116 Rn. 20 ff.).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ergibt sich etwas Anderes auch nicht aus der (formularmäßigen) Bezeichnung als "Vermerk über ein [X.] (mit gemeinsamer Zielvereinbarung)" (vgl. zum Folgenden BVerwG, Beschluss vom 29. September 2022 - 1 [X.] 43.22 - [X.] 450.1 § 17 [X.]O Nr. 116 Rn. 23). Ungeachtet der Tatsache, dass nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften eine gemeinsame Zielvereinbarung anzustreben ist, liegt die Zuständigkeit und Verantwortung für die Erstellung des Gesprächsvermerks allein bei der [X.] Stelle (siehe [X.] und [X.] der Zentralen Dienstvorschrift [X.]/57 über "Gespräche in Personalangelegenheiten der militärischen Personalführung"). Eine einvernehmliche Erstellung oder eine (konstitutive) Billigung des von der [X.] Stelle verfassten Vermerks durch den Soldaten ist nicht vorgesehen. Der Soldat ist hierdurch nicht schutzlos gestellt. Wird seinen Änderungs-, Ergänzungs- oder Korrekturwünschen nicht Rechnung getragen, so kann er seine sachlichen Anliegen, die seiner Auffassung nach von dem in dem Protokoll erfassten Gesprächsinhalt abweichen, in einer Stellungnahme niederlegen und zusammen mit dem Protokoll zu den Personalakten geben (Nr. 212 Satz 2 ZDv [X.]/57).

2. Die Antragstellerin ist auch nicht in ihrem Anspruch auf ordnungsgemäße Bescheidung ihrer Beschwerde verletzt (vgl. - auch zum Folgenden - BVerwG, Beschluss vom 29. September 2022 - 1 [X.] 30.21 - juris Rn. 16 ff.).

Allerdings hätte es nicht ausgereicht, wenn sich das [X.] in seinem Beschwerdebescheid allein darauf zurückgezogen hätte, dass der Vermerk über ein [X.] keine anfechtbare dienstliche Maßnahme darstellt. Denn für das vorgerichtliche Beschwerdeverfahren gilt nicht die "Verengung" auf dienstliche Maßnahmen im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.]O (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2019 - 1 [X.] 40.18 - juris Rn. 11); vielmehr kann sich der Beschwerdeführer gegen jede (von ihm so empfundene) unrichtige Behandlung durch Vorgesetzte oder Dienststellen (und gegen jedes pflichtwidrige Verhalten von Kameraden) wenden (§ 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]O). Auch geht es im vorgerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht nur um Rechtsverstöße, sondern auch um die Korrektur "unsachgemäßer" Maßnahmen (siehe § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.]O).

Das [X.] und das [X.] haben sich jedoch darüberhinausgehend auch inhaltlich mit dem Anliegen und Vorbringen der Antragstellerin auseinandergesetzt. Sie haben - zum einen - sowohl in der E-Mail vom 16. April 2021 als auch im dienstaufsichtlichen Teil des [X.] - nochmals zu den strittigen Punkten bei der Facharztausbildung der Antragstellerin Stellung genommen und dargelegt, warum sie die aufgezeigte Verwendungsplanung (einschließlich der der Antragstellerin eröffneten Alternativen) auch nach erneuter Überprüfung nicht für korrekturbedürftig halten. Zum anderen haben sie die Antragstellerin zutreffend darauf hingewiesen, dass sie zwar keinen Anspruch auf Änderung des Gesprächsvermerks, wohl aber darauf hat, dass eine schriftliche Stellungnahme mit ihrer abweichenden Position zusammen mit dem Vermerk über das [X.] zu den Personalakten genommen wird (siehe oben 1.). In diesem Sinne hat schon das [X.] im April 2021 verfügt, die von der Antragstellerin übermittelte "Antwort auf Vermerk der Zielvereinbarung" als Anhang zu dem Gesprächsvermerk in die [X.] aufzunehmen und die Antwort auch digital an das entsprechende [X.] anzuhängen. Was die Umsetzung dieser Verfügung betrifft, ist allerdings festzustellen, dass die dem Senat im Juni 2023 vorgelegte [X.] weder den Vermerk über ein [X.] vom 22. Januar 2021 noch die Stellungnahme der Antragstellerin vom 12. März 2021 enthält.

Auch soweit sich die Antragstellerin gegen den Klammerzusatz "mit gemeinsamer Zielvereinbarung" in der Bezeichnung des Vermerks über ein [X.] wendet, ist ein Rechtsverstoß nicht zu erkennen. Es handelt sich dabei offenkundig um eine formularmäßig vorgegebene Bezeichnung. Ob und in welcher Form eine gemeinsame Zielvereinbarung nicht nur angestrebt, sondern auch tatsächlich erzielt wurde, kann sich nur aus dem Inhalt des Gesprächsvermerks ergeben. Im vorliegenden Fall ist der offene Dissens zwischen der Personalführung und der Antragstellerin sowohl ausdrücklich als Ergebnis des Gesprächs festgehalten (Nr. 2.4 des Vermerks) als auch aus der Gegenüberstellung der beiderseitigen Positionen in Nr. 2.2 und 2.3 des Vermerks und der angehängten Stellungnahme der Antragstellerin ersichtlich.

Meta

1 WB 27/23

26.10.2023

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 17 Abs 3 S 1 WBO, § 21 Abs 2 S 1 WBO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.10.2023, Az. 1 WB 27/23 (REWIS RS 2023, 8734)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8734

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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