Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2017, Az. XII ZR 8/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4114

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:111017UXIIZR8.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
XII ZR 8/17
Verkündet am:

11. Oktober 2017

Fahrner,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
VOB/B § 2 Abs. 3 Nr. 2
Zur Anwendbarkeit von §
2 Abs.
3 Nr.
2 VOB/B auf den mietrechtlichen Teil eines [X.] über die Aufstellung, die Vorhaltung und den Abbau einer Containeranlage (Abgrenzung zu [X.] Urteil vom 11.
April 2013

VII
ZR
201/12

NJW 2013, 1670).
[X.], Urteil vom 11. Oktober 2017 -
XII ZR 8/17 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11.
Oktober 2017
durch den Vorsitzenden Richter Dose,
[X.],
Dr.
Günter und
Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Krüger
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des
2.
Zivilsenats
des Oberlandes-gerichts [X.]
vom 2.
Dezember 2016
wird auf Kos-ten der
[X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die
Klägerin
begehrt von der [X.] eine weitere Vergütung für die Überlassung einer Containeranlage.
Die Beklagte sanierte und erweiterte ab Mitte 2009 als kommunaler Schulträger ein Schulgebäude.
Zur Durchführung des Unterrichts der
Schüler in provisorischen Klassenräumen schrieb die Beklagte im Mai 2008
die Errichtung (Vorbereitung, Antransport und Montage), die Vorhaltung während der [X.] und den anschließenden Abbau und Abtransport einer Containeranlage aus. Grundlage der Ausschreibung waren ein von ihr erstelltes Leistungsverzeichnis, ihre Besonderen Vertragsbedingungen ([X.]), welche in der Einleitung die [X.] für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B

[X.] 1961)
teilweise einbeziehen, und ihre
Zusätzlichen Vertragsbedingungen ([X.]).
1
2
-
3
-
In dem
Leistungsverzeichnis war eine Grund-
und [X.]
von 72
Wochen vorgesehen. Für eine mögliche Verlängerung der Vorhaltung der Container über diesen Zeitraum hinaus waren in den Titeln
3.10, 3.20, 3.30 und 3.40
des Leistungsverzeichnisses für die unterschiedlichen Containerarten Be-darfspositionen
vorgesehen, die jeweils folgenden Wortlaut haben: "4 Wochen -
u. [X.] hinaus (bis zur [X.] zum Abbau)". Die Beklagte behielt sich eine weitere Verlängerung der [X.] bis zur Erteilung der Abbaugenehmigung ohne einen hierfür ge-sondert ausgewiesenen Mietpreis vor.
Nachdem die Klägerin im März 2009 den Zuschlag erhalten hatte, lieferte
und montierte sie die Container vertragsgemäß. Da sich die Sanierungsarbeiten an der Schule erheblich verzögerten, wurden die Container über die vorgese-hene
Grund-
und [X.] von 72
Wochen und die vorgesehene Bedarfszeit von vier Wochen hinaus noch weitere 57
Wochen vorgehalten.
Die Beklagte
forderte die
Klägerin mit Schreiben vom 23.
August 2011 auf, für die Vereinbarung eines neuen reduzierten [X.] ein Angebot zu unterbreiten. In einem an die Klägerin übersandten, aber nicht unterschrie-benen Bestellschein vom 27.
Dezember 2011 verlangte sie für die weitere Vor-haltezeit einen Nachlass von 20
%. Mit Schreiben vom 25.
Juni 2012 bot die Klägerin eine Minderung von 3
% an.
In ihrer Schlussrechnung vom 7.
August 2013 setzte sie für die zusätzlichen 57
Verlängerungswochen jeweils den [X.] an, den sie auch für die Bedarfsposition von vier Wochen berechnete und gewährte hierauf "aus Kulanz" einen Nachlass von 3
%. Die Beklagte legte dagegen bei der Prüfung der Schlussrechnung am 27.
September 2013
hin-sichtlich der
Vergütung für die über vier Wochen hinausgehende
Verlängerung der [X.] einen Abzug von 20
% nach §
2 Abs.
3 Nr.
2 VOB/B wegen Massenmehrungen zugrunde.
3
4
5
-
4
-
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Zahlung des nach ihrer Berechnung noch offenen Betrags
in Höhe von 85.804,53

und vorgerichtli-chen
Kosten. Das [X.] hat der Klage hinsichtlich der Hauptforderung stattgegeben und sie
wegen der Nebenforderung teilweise
abgewiesen.
Die Berufung der
[X.] ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen richtet sich ihre
vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in juris veröffentlichten Entscheidung folgendes ausgeführt:
Die Einstufung des im Streit stehenden "Vertragsteils"
durch das [X.] als Mietvertrag sei
zutreffend. Der Vertrag sei
nach seinem hauptsächli-chen Inhalt ein atypischer Mietvertrag mit werkvertraglichen Elementen in den im vorliegenden Rechtsstreit nicht betroffenen Bereichen Vorbereitung und Montage sowie Demontage, jeweils einschließlich Transport.
Die Vergütung der verlängerten
Vorhaltung sei
in der Ausschreibung nicht eindeutig auf vier [X.] beschränkt. Der Ausschreibungstext der [X.] habe das [X.] Angebot für die Verlängerungskosten nicht erkennbar auf einen Zeitraum von vier Wochen beschränkt, sondern aus der Sicht eines objektiven Erklä-rungsempfängers habe
es für die gesamte Zeit
der Verlängerung bis zum Ab-bau
gelten
sollen.

6
7
8
9
-
5
-
Die Parteien hätten
auch keine ausdrückliche
oder konkludente Verein-barung über einen Nachlass von 20
% für eine Vorhaltung über den zunächst von der [X.] als [X.] vorgesehenen Zeitraum von vier [X.] hinaus getroffen.
Eine Annahme eines entsprechenden Angebots der Klä-gerin durch Schweigen liege
nicht vor. §
362 [X.] sei
auf das [X.] der Parteien nicht anwendbar, weil die Beklagte [X.] sei. Das Schweigen der Klägerin auf das Angebot der [X.], einen Nachlass ein-vernehmlich festzulegen, bedeute
folglich "im Zweifel"
eine Ablehnung.
Ein Nachlass von 20
% ergebe
sich auch nicht aus der Vereinbarung der VOB/B.
Die rechtliche Einstufung als Mietvertrag mit werkvertraglichen Neben-leistungen schließe
die Zulässigkeit der formularmäßigen Einbeziehung von §
2 Abs.
3 VOB/B innerhalb eines gewerblichen Mietverhältnisses zwar nicht gene-rell
aus.
Grundsätzlich könnten die VOB/B und die [X.] wie alle Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch Bestandteil eines Mietvertrags über Räume wer-den, die nicht Wohnzwecken dienen, solange sie nicht gegen Grundlagen und zwingende Vorschriften des Mietrechts verstießen.
Nach Ziffer
4.1.2 der insoweit als speziellerer Vertragsregelung vorrangi-gen [X.] sei
eine Verlängerung eines Dauerschuldverhältnisses aber nicht als "Massenmehrung"
erfasst. Es sei
bereits unklar, ob §
2 Abs.
3 VOB/B daneben überhaupt Geltung beanspruchen könne, was zu Lasten der [X.] als Ver-wenderin der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehe

305
c Abs.
2 BGB).
Wenn
die Anwendung von §
2 Abs.
3 VOB/B vereinbart
worden wäre,
wäre die Bestimmung im vorliegenden Fall zudem nach
§
307 Abs.
1 Satz
1 BGB
nichtig, weil die Klägerin dadurch unangemessen benachteiligt werde.

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11
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-
6
-
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
Der Klä-gerin steht gegen die
Beklagte ein restlicher vertraglicher Anspruch auf Vergü-tung für die Vorhaltung der Container über die vereinbarte Grundmietzeit von 72
Wochen und die weiteren vier Wochen [X.] hinaus
in Höhe von 85.804,53

r-einbarung zwischen den Vertragsparteien zu einer Kürzung der mit der Schlussrechnung der Klägerin vom 7.
August 2013 geltend gemachten Vergü-tung für die verlängerte [X.] berechtigt noch stand ihr ein Anspruch auf Anpassung des [X.] wegen Massenmehrung nach §
2 Abs.
3 Nr.
2 VOB/B zu.
1. Die Vorhaltung der Container über die vorgesehene Grund-
und Vor-haltezeit
hinaus ist in dem Leistungsverzeichnis, das Grundlage der vertragli-chen Vereinbarung zwischen den Parteien ist, in den Titeln 3.10, 3.20, 3.30 und 3.40 als Bedarfsposition vorgesehen. Mit der Inanspruchnahme
dieser Bedarfs-position durch die Beklagte war die Klägerin
verpflichtet, die darin vorgesehe-nen Leistungen zu erbringen,
und die Beklagte, die zusätzlichen Leistungen mit dem vereinbarten Preis zu vergüten.
Auf dieser Grundlage hat das Berufungs-gericht zu Recht angenommen, dass der Klägerin noch ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte in der geltend gemachten Höhe zusteht.
2. Ebenso zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte nicht berechtigt
ist, von der in der Schlussrechnung der Klägerin vom 7.
August 2013 für die Titel 3.10, 3.20, 3.30 und 3.40 des [X.] festgesetzten Vergütung einen
Abzug in Höhe von 20
% vorzunehmen.

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-
7
-
a) Entgegen der Auffassung der Revision ist zwischen den Vertragspar-teien keine

konkludente

Vereinbarung über eine Reduzierung der Vergütung für die verlängerte [X.] der Container um 20
% zustande gekommen.
aa) Unabhängig davon, ob ein Angebot der [X.] zu einer [X.] Vertragsänderung bereits in deren Schreiben vom 28.
August 2011
lag, mit dem sie die Klägerin aufforderte, ihr ein Angebot für einen reduzierten Einheitspreis für die verlängerte [X.] zu unterbreiten,
oder
erst der an die
Klägerin mit Schreiben vom 22.
Dezember 2011 übersandte
Bestellschein, der eine Anpassung von 20
% vorsah,
ein entsprechendes Angebot zur Redu-zierung des
[X.]
darstellte, liegt jedenfalls keine Annahmeerklärung der Klägerin vor.
Nach den getroffenen Feststellungen antwortete die Klägerin auf diese Schreiben der [X.] zunächst nicht. Erst am 25.
Juni 2012 bot sie
ihrer-seits eine Herabsetzung der Vergütung um weitere 3
% an. Ausdrücklich nahm die Klägerin daher das Angebot der [X.]
nicht an, sondern unterbreitete ein neues Angebot auf Anpassung der vereinbarten Vergütung für den streitge-genständlichen Zeitraum (vgl. §
150 Abs.
2 BGB).
bb) Eine stillschweigende Annahme des Angebots der [X.] liegt
ebenfalls nicht vor. Sie ergibt sich insbesondere
nicht daraus, dass die Klägerin auf
das Angebot der [X.] zunächst nicht reagierte.
Schweigen bedeutet im Rechtsverkehr grundsätzlich keine Zustimmung. Deshalb kann das
Schweigen
des
Empfängers auf ein ihm unterbreitetes [X.]

auch im kaufmännischen Verkehr

grundsätzlich nicht als
An-nahme
des Angebots
verstanden werden (vgl. Senatsurteil vom 1.
Juni 1994

XII
ZR
227/92

NJW-RR 1994, 1163, 1165 mwN). Das
schließt es zwar nicht aus, auch dem Schweigen nach der Verkehrssitte unter bestimmten Umständen 17
18
19
20
21
-
8
-
sowohl bei verkörperten als auch bei nicht
verkörperten Angeboten einen Erklä-rungswert beizumessen und es daher als Annahme zu werten. Eine Verpflich-tung, einen empfangenen Antrag ausdrücklich abzulehnen, besteht jedoch grundsätzlich nicht, und zwar auch dann nicht, wenn der Anbietende

wie hier

erklärt, Schweigen als Annahme verstehen zu wollen
(vgl. [X.]/[X.] BGB [2015] §
146 Rn.
5 mwN).
cc) Etwas
Anderes
ergibt sich im vorliegenden Fall

entgegen der Auf-fassung der Revision

auch nicht aus §
362 Abs.
1 Satz
1 [X.].
Zwar stünde der Anwendung dieser Vorschrift

entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts

nicht entgegen, dass die Beklagte [X.] i.S.d. §§
1
ff. [X.] ist. Denn §
362 Abs.
1 [X.] setzt nur voraus, dass der Empfänger des Antrags
Kaufmannseigenschaft i.S.d. §§
1
ff. [X.] besitzt. Dies ist
bei der Klägerin als Gesellschaft mit beschränkter Haftung der Fall, §
6 Abs.
1 [X.] i.V.m. §
13 Abs.
3 GmbHG.
Die in §
362 Abs.
1 Satz
1 [X.]
normierte Annahme eines Angebots durch Schweigen (bzw. nicht unverzügliches Ablehnen des Angebots) gilt [X.] nur für [X.], dessen Gewerbe die Besorgung von Geschäften für andere umfasst. Geschäftsbesorgung in diesem Sinn ist jede selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art für einen anderen und in dessen Interesse, wobei die Tätigkeit rechtsgeschäftlicher oder rein tatsächlicher Art sein kann ([X.]Z 46, 43 =
NJW 1966, 1966, 1967; vgl. auch MünchKomm[X.]/[X.] 3.
Aufl. §
362 Rn.
19 mwN; [X.]/[X.]/[X.] [X.] 37.
Aufl. §
362 Rn.
2
f.
mwN). Beschränkt sich die Tätigkeit des Kaufmanns im Rahmen eines Vertragsver-hältnisses

wie bei einem Miet-
oder Werkvertrag

nur auf den reinen Aus-tausch von Leistungen,
ist der Anwendungsbereich des §
362 Abs.
1 Satz
1 22
23
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-
9
-
[X.] dagegen nicht eröffnet
(vgl. [X.]/Boujong/[X.]/[X.] [X.] 3.
Aufl. §
362 Rn.
13; [X.]OK [X.]/Füller [Stand: 1.
Juli 2017] §
362 Rn.
7).
So liegen die Dinge hier. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag beinhaltet werk-
und mietvertragliche Elemente und ist somit
auf einen Leistungsaustausch und nicht auf eine Geschäftsbesorgung gerichtet. §
362 Abs.
1 Satz
1 [X.] findet daher im vorliegenden Fall keine Anwendung.
Ebenso wenig kann
das
Schweigen der Klägerin gemäß §
362 Abs.
1 Satz
2 [X.] als Annahme des Angebots angesehen werden. Denn die Klägerin hat sich gegen-über der [X.] nicht zuvor zur Vornahme einer Geschäftsbesorgung ange-boten.
b) Schließlich steht der [X.] auch kein Anspruch
auf Preisanpas-sung nach §
2 Abs.
3 Nr.
2 VOB/B zu.
Dabei kann die vom Berufungsgericht für zulassungsrelevant erachtete Frage nach der Rechtsnatur des vorliegenden Vertrags ebenso dahin stehen wie die Frage, ob die Regelungen der VOB/B auf
Mietverträge Anwendung [X.] können (vgl. hierzu [X.] Urteil vom 11.
April 2013

VII
ZR
201/12

NJW 2013, 1670 Rn.
18). Denn jedenfalls fehlt es im vorliegenden Fall an den Vo-raussetzungen für einen Anspruch der [X.]
auf Preisanpassung nach §
2 Abs.
3 Nr.
2 VOB/B.
aa) Nach §
2 Abs.
3 Nr.
2 VOB/B
ist bei einer über 10
% hinausgehen-den Überschreitung des Mengenansatzes im Leistungsverzeichnis auf [X.] ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr-
oder Minderkosten
zu vereinbaren. Diese Klausel trifft eine spezielle Regelung für die ansonsten als Wegfall der Geschäftsgrundlage einzuordnende Mengenänderung
und begründet
hinsichtlich der Mehrmengen einen vertraglichen Anspruch auf [X.] in einen neuen Einheitspreis (vgl. [X.] Urteil vom 14.
April 2005 25
26
27
28
-
10
-

VII
ZR
14/04

NJW-RR 2005, 1041, 1042). Die Vergütungsregelung zielt [X.] ab, den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers den Unwägbarkeiten zu entziehen, die sich aus der unzutreffenden Einschätzung der für die Ausführung der Bauleistung
erforderlichen Mengen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses er-geben. Damit
trägt sie dem einem Bauvertrag immanenten Risiko Rechnung, dass die Mengenschätzung im
Zeitpunkt der Ausschreibung naturgemäß unge-nau sein kann und die tatsächlichen Gegebenheiten auf
der Baustelle insofern nicht genau erfasst worden sein können.
§
2 Abs.
3 VOB/B
ist deshalb nur auf die Fälle anwendbar, in denen sich das Risiko einer Fehleinschätzung verwirk-licht, weil im Hinblick auf die Mengen andere Verhältnisse vorgefunden wurden,
als sie im [X.] Eingang gefunden haben
([X.]Z 192, 252 =
NJW 2012, 1348 Rn.
18 mwN). Liegt danach eine Abweichung des im Leistungsverzeichnis festgelegten
Mengenansatzes von mehr als 10
% vor, kann jede der Vertrags-parteien eine Anpassung des [X.] verlangen. Kommt es trotz der insoweit bestehenden Kooperationspflicht der Parteien zu keiner Vereinbarung, kann der neue Preis unmittelbar zum Gegenstand eines Rechtsstreits gemacht werden ([X.] Urteil vom 14.
April 2005

VII
ZR
14/04

NJW-RR 2005, 1041, 1042 mwN).
bb) Allerdings sieht
§
2 Abs.
3 Nr.
2 VOB/B ein [X.] nur für unerwartete Abweichungen
der verbauten Massen von den in der Leis-tungsbeschreibung verbindlich vereinbarten Vordersätzen vor
(vgl. Keldungs in [X.]/Korbion VOB 20.
Aufl.
B. §
2 Abs.
3 Rn.
6).
Die Vergütungsregelung ist daher lediglich
auf die Positionen des Leistungsverzeichnisses anwendbar, für die im Vertrag ein konkreter [X.] vereinbart worden ist. Betrifft die Mengenänderung eine sogenannte
Bedarfsposition, also eine Position, bei de-nen sich der Auftraggeber ein Wahlrecht vorbehält, ob sie ausgeführt werden soll oder nicht, kommt eine Preisanpassung nach §
2 Abs.
3 Nr.
2
VOB/B nur dann in Betracht, wenn die Parteien übereinstimmend von einer bestimmten zu 29
-
11
-
erwartenden Menge ausgegangen sind. Enthält das Leistungsverzeichnis hin-gegen insoweit keine verbindliche Mengenangabe, ist die Leistung, wenn sie vom Auftraggeber
in Anspruch genommen wurde, nach dem vereinbarten [X.] abzurechnen (vgl.
[X.] in [X.]`scher VOB-Kommentar Teil
B 3.
Aufl. §
1 Abs.
1 Rn.
48).
cc) Ob die Parteien bei einer Bedarfsposition eine verbindliche Mengen-angabe vereinbart haben, ist durch Auslegung des Leistungsverzeichnisses zu ermitteln. Nach der Rechtsprechung des [X.] sind [X.]en in Bauverträgen nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung, also insbesondere nach §§
133,
157 BGB
auszulegen
([X.]Z
168, 368 =
NJW 2006, 3413, 3414 mwN). Es ist dabei nicht am
Buchstaben zu haften, sondern ein Sinn zu ermitteln, wie er sich für einen verständigen Empfänger der Erklä-rungen unter Berücksichtigung von Verkehrssitte und Treu und Glauben ergibt ([X.] Urteil vom 9.
Februar 1995

VII
ZR
143/93

NJW-RR 1995, 914, 915). Die Auslegung ist dabei Sache des Tatrichters. Eine revisionsrechtliche Über-prüfung findet nur dahingehend
statt, ob Verstöße gegen gesetzliche Aus-legungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder
Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung
auf Verfahrensfehlern be-ruht ([X.] Urteil vom 12.
September 2013

VII
ZR
227/11
NJW 2013, 3511 Rn.
11 mwN).
dd) Gemessen hieran ist die vom Berufungsgericht vorgenommene
Aus-legung des Inhalts der streitgegenständlichen Bedarfspositionen aus Rechts-gründen nicht zu beanstanden.
Im
Text des Leistungsverzeichnisses zu den
Bedarfspositionen, die die Verlängerung der [X.] für die Container betreffen,
heißt es zwar, "4
Wo--
u. [X.] hinaus (bis zur 30
31
32
-
12
-
Freigabe zum
Abbau)". Das Berufungsgericht hat mit dem [X.] diesen mehrdeutigen Vertragstext indes dahingehend ausgelegt, dass durch den [X.] die Vergütung für die Verlängerung der [X.] nicht auf einen Zeitraum von vier Wochen über die Grundmietzeit hinaus beschränkt ist, sondern
die in den Titeln 3.10, 3.20, 3.30 und 3.40 des Leistungsverzeichnisses enthaltenen Regelungen, insbesondere die dort festgesetzten Einheitspreise,
für die Vergütung einer verlängerten
Vorhaltung der Container den gesamten Zeitraum erfassen, in denen die Container über die Grundmietzeit hinaus von der Klägerin vorgehalten werden.
Bei den streitgegenständlichen Positionen des Leistungsverzeichnisses handelt es sich ersichtlich um Bedarfspositionen, die darauf ausgerichtet sind, die Vergütung der Vorhaltung der Container bis zur Freigabe durch die Beklagte zu regeln, falls es zu Verzögerungen bei den Sanierungsarbeiten an der Schule kommt und deshalb die Container über die Grundmietzeit hinaus benötigt wer-den. Da die Klägerin auf die Dauer dieser Sanierungsarbeiten keinerlei Einfluss hatte und demgemäß auch bei der Erstellung des [X.] tragfähigen Grundlagen hatte, um die mögliche Dauer einer Verlängerung der [X.] verlässlich zu bestimmen, hat das Berufungsgericht zu Recht die
in den Titeln 3.10, 3.20, 3.30 und 3.40 des Leistungsverzeichnisses jeweils angegebene
[X.] von vier Wochen nicht als verbindlich vereinbarten
[X.] angesehen.
Für das vom Berufungsgericht gewonnene Auslegungs-ergebnis spricht auch, dass
Bedarfspositionen grundsätzlich für den Auftrag-nehmer schwer zu kalkulieren
sind, weil er bei der Erstellung der [X.] nicht weiß, ob die Bedarfsposition überhaupt zur Ausführung ge-langt.
Zu Recht hat das Berufungsgericht daher die streitgegenständlichen Po-sitionen dahingehend verstanden, dass durch die Leistungsbeschreibung für die Vorhaltung der Container über die Grundmietzeit hinaus lediglich der auf eine Woche bezogene Einheitspreis und nicht ein [X.] für die zu erbringenden 33
-
13
-
Leistungen festgesetzt wird. Daher handelt es sich bei der Verlängerung der [X.] für die Container nicht um eine Änderung der Vordersätze des an-genommenen Leistungsumfangs, auf die allein sich
das [X.] aus §
2 Abs.
3 Nr.
2 VOB/B bezieht.
Hinzu kommt,
dass
§
2 Abs.
3 VOB/B
nur solche Fälle betrifft, in denen es zu einer Über-
oder Unterschreitung des im Leistungsverzeichnis ver-einbarten [X.]es kommt, die für beide Vertragspartner unerwartet sind. Die Klausel
ist daher nicht anwendbar, wenn sich der Umfang der
Leistung durch Anordnungen des Auftraggebers ändert (vgl. [X.]Z 192, 252 =
NJW 2012, 1348 Rn.
18 mwN)
oder die Massenänderung aufgrund von Umständen

34
-
14
-

erfolgt, die aus dem
Risikobereich des Auftraggebers stammen (vgl. Keldungs in [X.]/Korbion VOB 20.
Aufl.
B. §
2 Abs.
3 Rn.
14; [X.] in [X.]`scher VOB-Kommentar Teil
B. 3.
Aufl. §
2 Abs.
3 Rn.
9).
Dies ist hier jedoch der Fall, da die Verlängerung der [X.] über die Grundmietzeit hinaus auf Verzö-gerungen
bei den Sanierungsmaßnahmen beruhte, die allein im Risikobereich der
[X.] als Bauherrin lagen.

Dose

Schilling

Günter

[X.]

Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.04.2016 -
2-26 O 230/15 -

O[X.], Entscheidung vom 02.12.2016 -
2 [X.] -

Meta

XII ZR 8/17

11.10.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2017, Az. XII ZR 8/17 (REWIS RS 2017, 4114)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4114

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 8/17

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