Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2014, Az. VII ZB 9/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4214

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB
9/13

vom

9. Juli 2014

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 930
Eine aufgrund eines [X.] gepfändete Forderung kann dem Gläubiger nicht zur Einziehung überwiesen werden. Einem gleichwohl erlassenen Überweisungsbe-schluss kommt keinerlei Wirkung zu. Er ist nicht lediglich anfechtbar, sondern nichtig (Bestätigung von [X.], Urteil vom 17.
Dezember 1992 -
IX ZR 226/91, [X.]Z 121, 98).
[X.], Beschluss vom 9. Juli 2014 -
VII ZB 9/13 -
O[X.]

[X.]
-
2
-

Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
9.
Juli
2014
durch [X.]
Eick, die Richterin [X.], die Richter [X.] und Prof.
Dr.
Jurgeleit und die Richterin Graßnack
beschlossen:
Auf die Beschwerden der Schuldnerin
werden
der Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss des [X.] vom 5.
Oktober 2012
sowie die
Beschlüsse der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 10.
Dezember 2012 und des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 22.
Januar 2013 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teil-weise aufgehoben, soweit der Gläubigerin die Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin zu 1 zur Einziehung über-wiesen worden sind. Insoweit wird der Antrag
der Gläubigerin auf Erlass eines Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:
I.
Das
[X.]
hat gegen die Schuldnerin
einen Arrestbefehl
erlassen, mit dem wegen eines Anspruchs
der Gläubigerin in Höhe von 464.067

zuzüg-lich Zinsen der dingliche Arrest in das Vermögen der Schuldnerin angeordnet

1
-
3
-
worden ist. Auf Antrag der Gläubigerin hat das [X.] -
soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse
-
die angeblichen Forderungen
der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin zu 1
(im Folgenden: Drittschuldnerin)
"aus den
notariellen Angeboten"
des Notars D. zum Abschluss von [X.]
vom 18. und vom 23.
Juni
2005 "auf Über-tragung des Eigentums"
an den darin näher bezeichneten Grundstücken ge-pfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen. Gleichzeitig hat es angeordnet, dass die Grundstücke an den zu bestellenden Sequester heraus-zugeben und [X.] sind.
Das [X.] hat die Erinnerung der Schuldnerin
zurückgewiesen, mit der diese
beantragt hat, den Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss
aufzuhe-ben und den Antrag der Gläubigerin
auf Erlass eines Pfändungs-
und Überwei-sungsbeschlusses
zurückzuweisen.
Die sofortige Beschwerde
der Schuldnerin ist
ebenfalls
ohne Erfolg geblieben.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde ver-folgt die Schuldnerin ihren im Erinnerungsverfahren gestellten Antrag weiter.

II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg, soweit sich die Schuldnerin dagegen wendet, dass die gepfändeten Forderungen gegen die Drittschuldnerin der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen worden sind. Im Übrigen ist
die Rechtsbeschwerde unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht führt aus, ausweislich der Formulierung in den Pfändungs-
und Überweisungsbeschlüssen sei Gegenstand der Pfändung der Anspruch
der Schuldnerin
auf Eigentumsverschaffung. Dessen Pfändbarkeit sei 2
3
4
5
-
4
-
nicht mangels Übertragbarkeit gemäß §
857 ZPO in Verbindung mit
§
851 Abs.
1 ZPO ausgeschlossen. Der Anspruch auf Annahme des Angebots zum Abschluss eines [X.] sei im vorliegenden Fall pfändbar. Abgesehen
von der Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten
habe
die Schuldnerin ausweislich der notariellen Urkunden eine Gegenleistung nicht erbringen
sollen. Es handele sich nicht um eine Schenkung, weil die Grund-stücksüberlassung im Hinblick auf Leistungen erfolge, die die Schuldnerin für das Grundstück erbracht habe. Würde man die Pfändbarkeit des Rechts der Schuldnerin, die
Vertragsangebote
der Drittschuldnerin anzunehmen, vernei-nen, wäre die Zwangsvollstreckung in die Grundstücke faktisch ausgeschlos-sen.
2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nur teilweise
stand.
a) Das Beschwerdegericht geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die künftigen Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin auf Über-tragung des Eigentums an den beiden Grundstücken wirksam gepfändet [X.] sind. Dies ergibt die Auslegung des Antrags der Gläubigerin. Der Anspruch ergibt sich nicht "aus den notariellen [X.]"
zum Abschluss von [X.], sondern nach Annahme dieser Angebote aus den damit zustande gekommenen Erwerbsverträgen. Anders kann der [X.] der Gläubigerin auf Erlass des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses nicht verstanden werden.
Die Pfändung dieser Ansprüche richtet sich allerdings nicht

wie das Be-schwerdegericht meint -
nach § 857 ZPO, sondern nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in Ansprüche, welche die Herausgabe oder Leistung körperlicher Sachen zum Gegenstand haben, §§ 846 ff. ZPO. Der sogar durch eine Auflassungsvormerkung sicherbare, lediglich von der Annahme des Ver-6
7
8
-
5
-
tragsangebots durch den Schuldner abhängige Anspruch auf Übertragung des Eigentums an einem näher bezeichneten Grundstück kann gemäß §§ 846, 848 Abs. 1 ZPO wirksam gepfändet werden (vgl. [X.], Urteil vom 20. Februar 2003 [X.], [X.]Z 154, 64, 66 f.).
Die Pfändbarkeit der auf Übertragung des Eigentums an den bezeichne-ten Grundstücken gerichteten Ansprüche der Schuldnerin ist nicht nach §
851 Abs.
1 ZPO ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist eine Forderung in Er-mangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist. Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Es handelt sich nicht um höchstpersönliche Ansprüche der Schuldnerin. Den Ansprüchen kommt die Eigenschaft als höchstpersönliche nicht deswegen zu, weil der Schuldnerin die Ansprüche auf Übertragung des Eigentums als Gegenleistung für die von ihr auf das Grundstück erbrachten Investitionen zugewendet worden sind. Eine Zweckbindung der [X.], die ihre Über-tragbarkeit nach § 399 1. Fall BGB ausschließen würde, ist damit nicht verbun-den. Ein Abtretungshindernis nach §
399 1. Fall BGB ist im Übrigen nicht gege-ben. Mit der Übertragung der Forderung, die auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gerichtet ist, wird der Inhalt der Leistung nicht geändert.
b) Rechtsfehlerhaft hält das Beschwerdegericht den angefochtenen Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss des [X.]s auch insoweit für rechtmäßig, als der Gläubigerin die gepfändeten Forderungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin zur Einziehung überwiesen worden sind. Der vom [X.] als Arrestgericht auf der Grundlage des [X.] erlassene Überweisungsbeschluss ist nichtig, weil es von vornherein an einem geeigneten Titel fehlte. Der Arrest dient ausschließlich der Sicherung der Zwangsvollstre-ckung, nicht jedoch der Befriedigung des Gläubigers. Demzufolge wird die Voll-ziehung des [X.] in Forderungen durch Pfändung bewirkt, §
930 Abs.
1 9
10
-
6
-
Satz 1 ZPO. Eine Überweisung einer aufgrund eines [X.] gepfändeten For-derung ist dagegen schlechthin ausgeschlossen. Einem gleichwohl erlassenen Überweisungsbeschluss kommt keinerlei Wirkung zu. Er ist nicht lediglich an-fechtbar, sondern nichtig (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Dezember 1992 -
IX
ZR 226/91, [X.]Z 121, 98, 101; Urteil vom 4.
April
1977 -
VIII ZR 217/75, [X.]Z 68, 289, 292).
c) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist
der Antrag der Gläubigerin auf Erlass des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses nicht darauf gerichtet, das
Recht
der Schuldnerin
zu pfänden, die
Annahme der nota-riellen Vertragsangebote gegenüber der Drittschuldnerin zu erklären. Der [X.] kann den Antrag der Gläubigerin als Prozesserklärung selbst auslegen (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 1996

[X.], NJW-RR 1996, 1210, 1211 m.w.N.). Nach dem Wortlaut
des Antrags sind
Gegenstand der zu bewirkenden
Pfändung lediglich die
auf Übertragung des Eigentums an den näher bezeich-neten Grundstücken gerichteten
Ansprüche
der Schuldnerin gegen die Dritt-schuldnerin.
Der
Antrag der Gläubigerin kann dagegen nicht erweiternd
dahin
ausgelegt werden, dass zugleich das Annahmerecht der Schuldnerin gepfändet werden sollte. Für eine Rechtspfändung nach § 857 ZPO bestehen keine [X.] Anhaltspunkte. Das Recht, durch eine Willenserklärung einen [X.] auf Übertragung des Grundstückseigentums zur Entstehung zu bringen, ist
darüber hinaus
nicht mit dem [X.] gleichzuset-zen, der dem Berechtigten nach Ausübung dieses Rechts
zusteht. Die Pfän-dung des [X.]s erfasst danach nicht ohne weiteres auch das Recht des Schuldners, das Vertragsangebot der Drittschuldnerin an-zunehmen und den Anspruch dadurch zum Entstehen zu bringen (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Februar
2003
IX
ZR
102/02, [X.]Z 154, 64, 67).
Auf die vom Beschwerdegericht und von der Rechtsbeschwerde für erheblich gehaltene Frage, ob das der Schuldnerin eingeräumte Recht, ein notarielles Vertragsan-11
-
7
-
gebot zum Abschluss eines Grundstücksübertragungsvertrags anzunehmen, übertragbar und damit gemäß §
851 Abs. 1 ZPO pfändbar ist, kommt es danach für die Entscheidung nicht an.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
92 Abs.
1
Satz
1 ZPO.

Eick
[X.]
[X.]

Jurgeleit

Graßnack

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.12.2012 -
4 O 2506/12 -

O[X.], Entscheidung vom 22.01.2013 -
2 W 1/13 -

12

Meta

VII ZB 9/13

09.07.2014

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2014, Az. VII ZB 9/13 (REWIS RS 2014, 4214)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4214

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZB 9/13 (Bundesgerichtshof)

Forderungspfändung aufgrund eines Arrestes: Nichtigkeit des Überweisungsbeschlusses


VII ZB 24/17 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckung: Pfändung eines Anteils an einer Limited Liability Partnership britischen Rechts


VII ZB 15/09 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckungsverfahren: Pfändbarkeit der sich aus dem Treuhandverhältnis ergebenden Ansprüche des Treugebers gegen den Treuhänder


VII ZB 15/09 (Bundesgerichtshof)


25T59_01 (Landgericht Düsseldorf)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VII ZB 9/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.