Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.06.2014, Az. XI R 25/12

11. Senat | REWIS RS 2014, 5028

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Gegenstand

Keine Vorsteuerkorrektur beim letzten inländischen Unternehmer einer Lieferkette bei Rabattgewährung durch ausländischen Hersteller


Leitsatz

Gewährt der erste, in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässige und dort eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausführende Unternehmer in einer Lieferkette dem letzten inländischen Unternehmer einen Rabatt, ist dessen Vorsteuerabzug nicht nach § 17 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 5 UStG zu berichtigen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, ist Organträgerin der [X.], die [X.]omputer herstellt und vertreibt.

2

Die [X.] bezog für ihre Produktion u.a. Prozessoren des [X.] von dem in der [X.] ansässigen Unternehmen [X.], dem autorisierten Distributor der in [X.] ansässigen A. Die [X.] entrichtete an [X.] den vereinbarten Kaufpreis und machte die in den entsprechenden Eingangsrechnungen gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) hatte A die Prozessoren steuerfrei innergemeinschaftlich an [X.] geliefert, die diese innergemeinschaftlich erworben hatte.

3

Die A gewährte der [X.] in den Jahren 2008 und 2009 (Streitjahre) --abhängig von der Anzahl der von ihr in einem bestimmten Zeitraum in [X.]omputer eingebauten Prozessoren des [X.]-- als sog. "Maßnahme einer außerordentlichen Preisanpassung" (Exceptional [X.]ustomer Adjusted Price) [X.] (Rückvergütungen).

4

Nach einer den Prüfungszeitraum 2008 und 2009 umfassenden [X.] vertrat der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) die Auffassung, die Zahlungen der A an die [X.] seien als Minderungen des Entgelts zu betrachten, die gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu einer [X.]erichtigung der [X.] bei der Klägerin als Organträgerin der [X.] führten.

5

Dementsprechend änderte das [X.] mit [X.]escheid vom 20. Mai 2010 die Festsetzung der Umsatzsteuer für den [X.] Dezember 2009 und kürzte hierbei die abziehbaren Vorsteuerbeträge um ... €. Mit Änderungsbescheid vom 21. Mai 2010 setzte es --gleichfalls den Ergebnissen der [X.] folgend-- die Umsatzsteuer für das Streitjahr 2008 unter Kürzung der abziehbaren Vorsteuerbeträge um ... € neu fest.

6

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg.

7

Das [X.] führte zur [X.]egründung seiner Entscheidung im Wesentlichen aus, dem Streitfall liege der in § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG geregelte Sachverhalt, dass ein anderer Unternehmer, der durch die Änderung der [X.]emessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt werde, seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen habe, nicht zugrunde. Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtigung nach dieser Vorschrift sei, dass sich die [X.]emessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert habe. Das sei hier nicht der Fall. Denn die Umsätze der --die [X.] gewährenden-- A seien nicht steuerpflichtig, sondern steuerfrei. Auch die [X.]emessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb der [X.] habe sich nicht geändert.

8

Es bedürfe keiner Korrektur nach § 17 Abs. 1 UStG, weil sich die von [X.] geschuldete Umsatzsteuer und der Vorsteuerabzug der Klägerin der Höhe nach weiterhin ausglichen.

9

Das [X.] stützt seine Revision auf die Verletzung materiellen Rechts.

Es bringt vor, entgegen der vom [X.] vertretenen Auffassung habe die Klägerin ihren Vorsteuerabzug zu berichtigen, weil eine Änderung der [X.]emessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG auch dann vorliege, wenn --wofür Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift sprächen-- der innerhalb einer Lieferkette den Preisnachlass oder Rabatt gewährende Unternehmer innergemeinschaftlich liefere und dessen unmittelbarer Abnehmer innergemeinschaftlich i.S. des § 1a Abs. 1 Nr. 1 UStG erwerbe.

Die Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG sei nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der in der Lieferkette Rabatt gewährende Unternehmer einen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbringe. Der Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG beziehe sich nämlich lediglich auf § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG. Er mache die Vorsteuerkorrektur zwar von einer Änderung der [X.]emessungsgrundlage des Umsatzes des den Rabatt bzw. Preisnachlass gewährenden Unternehmers abhängig, definiere aber nicht die Fallkonstellationen, in denen eine Änderung der [X.]emessungsgrundlage anzunehmen sei.

§ 17 Abs. 1 Satz 4 UStG sei systematisch im Zusammenhang mit § 17 Abs. 1 Satz 5 UStG zu sehen, der bestimme, dass die Sätze 1 bis 4 des § 17 Abs. 1 UStG sinngemäß in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG (innergemeinschaftlicher Erwerb) und des § 13b UStG (Leistungsempfänger als Steuerschuldner) anzuwenden seien, und somit den Anwendungsbereich auf die Fälle erweitere, in denen ein innergemeinschaftlicher Erwerb in der Lieferkette vorangegangen sei.

Zwar sei nach dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) vom 15. Oktober 2002 [X.]-427/98 --Kommission/ Deutschland-- (Slg. 2002, [X.], [X.]St[X.]l II 2004, 328) ein Mitgliedstaat berechtigt, die Grundsätze des [X.]-Urteils vom 24. Oktober 1996 [X.]-317/94 --Elida [X.] (Slg. 1996, [X.], [X.]St[X.]l II 2004, 324) dann nicht anzuwenden, wenn der Umsatz, dessen [X.]emessungsgrundlage sich ändere, steuerfrei sei ([X.]eschluss des [X.]undesfinanzhofs --[X.]FH-- vom 26. April 2012 V R 18/11, [X.]FHE 237, 512, [X.]FH/NV 2012, 1393). Mit der Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 5 UStG habe der Gesetzgeber dagegen ausdrücklich seinen Willen zum Ausdruck gebracht, die Grundsätze des [X.]-Urteils --Elida [X.] (Slg. 1996, [X.], [X.]St[X.]l II 2004, 324) auch im Falle eines innergemeinschaftlichen Erwerbs gelten zu lassen.

Die Rabattgewährung des ausländischen Herstellers mindere das Entgelt für seine innergemeinschaftliche Lieferung und damit korrespondierend das Entgelt für den innergemeinschaftlichen Erwerb des [X.], der die Vorsteuer i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG in sinngemäßer Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG ohne [X.]erücksichtigung des Preisnachlasses abziehen dürfe, weil er durch die Änderung der [X.]emessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt sei.

Dem Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer werde dadurch Rechnung getragen, dass sowohl die aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb entstandene Steuer des [X.] als auch die Vorsteuer des aus dem Preisnachlass wirtschaftlich begünstigten Einzelhändlers zu berichtigen seien.

Die [X.]erichtigung des Vorsteuerabzugs beim wirtschaftlich [X.]egünstigten nach § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG knüpfe lediglich --was vorliegend erfüllt [X.] an eine Änderung der [X.]emessungsgrundlage an, was sich sowohl aus dem Sinn und Zweck des § 17 Abs. 1 UStG ergebe, nach dem systemwidrige [X.] zu vermeiden seien, als auch aus dessen richtlinienkonformer Auslegung folge.

Während des Revisionsverfahrens hat das [X.] am 4. Oktober 2013 den [X.] für 2009 erlassen und (auch darin) die Umsatzsteuer entsprechend den Ergebnissen der [X.] festgesetzt. Die Klägerin hat hierzu --unwidersprochen-- mitgeteilt, durch den [X.] 2009 sei der bisherige [X.] nicht verändert worden.

Das [X.] beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen und den [X.] für 2009 vom 4. Oktober 2013 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2009 auf ... € festgesetzt wird, hilfsweise die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Sie tritt dem [X.] entgegen und führt hierzu im Wesentlichen aus, § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG setze --woran es im Streitfall fehle-- die Änderung der [X.]emessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG voraus.

Aus der Rechtsprechung des [X.] und des [X.]FH zur Rabattgewährung außerhalb einer Lieferkette, wonach es kein allgemeines Korrespondenzprinzip zwischen der [X.]emessungsgrundlage des Lieferanten und dem Vorsteuerabzug seines Abnehmers gebe, folge für den Streitfall, dass eine (mögliche) Änderung der [X.]emessungsgrundlage für die innergemeinschaftlichen Lieferungen --hier der [X.] nicht korrespondierend zu einer Änderung der [X.]emessungsgrundlage für die innergemeinschaftlichen Erwerbe des [X.] --hier der [X.]-- führe.

Selbst wenn --wie das [X.] meine-- sich die [X.]emessungsgrundlage für die innergemeinschaftlichen Erwerbe ändere und sich die vom Zwischenhändler hieraus geschuldete Umsatzsteuer dementsprechend mindere, würde sich zugleich dessen Vorsteueranspruch in gleicher Höhe reduzieren, sodass auch insoweit die Neutralität der Mehrwertsteuer gewahrt bliebe.

Der Fiskus erhalte --würde man der Ansicht des [X.] folgen-- mehr Umsatzsteuer, als der Endverbraucher zahle, sodass es zu einem gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verstoßenden Umsatzsteuerüberhang käme.

Die Klägerin regt hilfsweise eine Vorlage an den [X.] nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) an.

Entscheidungsgründe

II. Das Urteil des [X.] war aus verfahrensrechtlichen Gründen insoweit aufzuheben, als es über den [X.] für Dezember 2009 vom 20. Mai 2010 entschieden hat. Die mit [X.]escheid vom 4. Oktober 2013 festgesetzte Umsatzsteuer für 2009 war --dem [X.]ntrag der Klägerin entsprechend-- herabzusetzen. Im Übrigen war die Revision --hinsichtlich des [X.] nach § 126 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) als unbegründet zurückzuweisen.

1. Die Vorentscheidung muss --soweit sie den [X.] für Dezember 2009 vom 20. Mai 2010 betrifft-- aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben werden, weil ihr ein nicht mehr existierender Verwaltungsakt zugrunde liegt.

a) Der während des Revisionsverfahrens ergangene [X.] für 2009 vom 4. Oktober 2013 hat gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 [X.]O den [X.] für Dezember 2009 vom 20. Mai 2010, über den das [X.] entschieden hat, ersetzt und ist Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. dazu z.[X.]. [X.]FH-Urteile vom 3. November 2005 V R 63/02, [X.], 161, [X.], 337, unter [X.]; vom 10. November 2010 XI R 79/07, [X.], 373, [X.], 311, Rz 23 ff., jeweils m.w.N.).

Damit liegt dem [X.]-Urteil ein in seiner Wirkung suspendierter [X.]escheid zugrunde mit der Folge, dass auch das [X.]-Urteil insoweit keinen [X.]estand mehr haben kann (vgl. dazu z.[X.]. [X.]FH-Urteile vom 23. [X.]ugust 2007 V R 10/05, [X.], 332, [X.]FH/NV 2007, 2217, unter [X.]a; vom 12. Februar 2009 V R 61/06, [X.], 467, [X.], 828, unter [X.]; in [X.], 373, [X.], 311, Rz 23 ff.; vom 11. Juli 2012 XI R 17/09, [X.], 266, Rz 28, jeweils m.w.N.).

b) Dennoch bedarf es hier keiner Zurückverweisung der Sache an das [X.] gemäß § 127 [X.]O, da die Sache spruchreif ist. Der erkennende Senat kann auf der Grundlage der gleichwohl fortgeltenden finanzgerichtlichen Feststellungen auch zum Streitjahr 2009 entscheiden (vgl. dazu z.[X.]. [X.]FH-Urteile vom 12. September 2007 VIII R 38/04, [X.], 37; in [X.], 266, Rz 28, jeweils m.w.N.).

2. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass keine Rechtsgrundlage zur [X.]erichtigung des von der Klägerin in [X.]nspruch genommenen Vorsteuerabzugs vorhanden ist.

a) Hat sich die [X.]emessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 UStG geändert, so hat nach § 17 [X.]bs. 1 UStG in der im Streitfall geltenden Fassung der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen (§ 17 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG). Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen (§ 17 [X.]bs. 1 Satz 2 UStG). Dies gilt nicht, soweit er durch die Änderung der [X.]emessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird (§ 17 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG). Wird in diesen Fällen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der [X.]emessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 [X.]bs. 1 Satz 4 UStG). Die Sätze 1 bis 4 gelten in den Fällen des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 5 UStG --innergemeinschaftlicher Erwerb-- und des § 13b UStG --Leistungsempfänger als Steuerschuldner-- sinngemäß (§ 17 [X.]bs. 1 Satz 5 UStG).

b) [X.] beruht § 17 [X.]bs. 1 UStG auf [X.]rt. 20 [X.]bs. 1 der [X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/[X.]) --nunmehr [X.]rt. 185 [X.]bs. 1 der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)--, wonach der ursprüngliche Vorsteuerabzug berichtigt wird, "wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des [X.] berücksichtigt werden, nach [X.]bgabe der [[X.] geändert haben, insbesondere bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten".

c) Diese Voraussetzungen für eine Vorsteuerkorrektur sind im Streitfall nicht erfüllt.

aa) Für die von der [X.] an die [X.] ausgeführten Umsätze hat sich die [X.]emessungsgrundlage, das Entgelt (vgl. § 10 [X.]bs. 1 Sätze 1 bis 3 UStG), nicht gemindert. Es fehlt insoweit an den Voraussetzungen, an die die Vorsteuerkorrektur nach § 17 [X.]bs. 1 Sätze 1 und 2 UStG anknüpft. Das ist im Übrigen zwischen den [X.]eteiligten auch nicht umstritten.

bb) Der Umsatz, dessen [X.]emessungsgrundlage sich hätte nachträglich ändern können, wurde von der [X.] an die [X.] ausgeführt. Er war nicht im Inland steuerbar, sondern in [X.]; er war auch nicht steuerpflichtig.

(1) Erstattet der erste Unternehmer in einer Lieferkette dem letzten [X.]bnehmer --wie im Streitfall die [X.] der [X.]-- einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch grundsätzlich die [X.]emessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers --hier der Umsatz der [X.]-- (vgl. [X.]-Urteile --Elida [X.] in [X.]. 1996, [X.], [X.]St[X.]l II 2004, 324; vom 24. Oktober 1996 [X.]-288/94 --[X.]rgos Distributors [X.], [X.]. 1996, [X.], [X.] 1997, 263; [X.] in [X.]. 2002, [X.], [X.]St[X.]l II 2004, 328; [X.]FH-Urteile vom 12. Januar 2006 V R 3/04, [X.]FHE 213, 69, [X.], 479, unter [X.]b; vom 13. Juli 2006 V R 46/05, [X.]FHE 214, 463, [X.]St[X.]l II 2007, 186, unter II.2.; vom 13. März 2008 V R 70/06, [X.]FHE 221, 429, [X.]St[X.]l II 2008, 997, unter [X.]b aa; vom 15. Februar 2012 XI R 24/09, [X.]FHE 236, 267, [X.]St[X.]l II 2013, 712, Rz 15).

(2) Die [X.] hätte daher den für ihren Umsatz an ihren [X.]bnehmer der nächsten Stufe --[X.]-- geschuldeten Steuerbetrag nach § 17 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG zu ihren Gunsten berichtigen können (vgl. dazu [X.]FH-Urteil in [X.]FHE 213, 69, [X.], 479, unter [X.]b), soweit die Umsätze der [X.] nach § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer im Inland unterlegen hätten und steuerpflichtig gewesen wären.

Dies war jedoch nicht der Fall. Vielmehr hat [X.] die Lieferungen der Prozessoren an [X.] in [X.] erbracht, und zwar entsprechend [X.]rt. 28c Teil [X.] [X.]uchst. a der Richtlinie 77/388/[X.] --nunmehr [X.]rt. 138 [X.]bs. 1 der MwStSystRL-- als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.

cc) Die Vorsteuerberichtigung nach § 17 [X.]bs. 1 Satz 4 UStG setzt ebenso wie § 17 [X.]bs. 1 Sätze 1 und 2 UStG eine --im Streitfall nicht vorliegende-- Änderung der [X.]emessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz voraus.

(1) Mit der Formulierung "in diesen Fällen" knüpft die Vorsteuerberichtigung nach § 17 [X.]bs. 1 Satz 4 UStG nach Wortlaut und Gesetzessystematik nicht nur --wie das F[X.] meint-- (voraussetzungslos) an die in § 17 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG geregelten Fälle an, in denen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der [X.]emessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt wird, sondern auch an die in § 17 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG enthaltene [X.]edingung, dass "sich die [X.]emessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 [UStG] geändert" hat.

Denn § 17 [X.]bs. 1 Satz 4 UStG regelt nicht die Voraussetzungen der Vorsteuerberichtigung, sondern lediglich (in personeller Hinsicht), welcher Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen hat. [X.]bweichend von § 17 [X.]bs. 1 Satz 2 UStG, wonach der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer zu berichtigen ist, "an den dieser Umsatz ausgeführt wurde", ordnet § 17 [X.]bs. 1 Satz 4 UStG die [X.]erichtigung des Vorsteuerabzugs bei dem (anderen) Unternehmer an, der durch die Änderung der [X.]emessungsgrundlage "wirtschaftlich begünstigt" wird.

(2) Dieses Verständnis entspricht der Gesetzesbegründung zu § 17 [X.]bs. 1 Satz 4 UStG.

Durch § 17 [X.]bs. 1 Satz 4 UStG hat der Gesetzgeber § 17 UStG an die [X.]-Rechtsprechung im Urteil --Elida [X.] ([X.]. 1996, [X.], [X.]St[X.]l II 2004, 324) angepasst (vgl. dazu [X.]FH-Urteil in [X.]FHE 236, 267, [X.]St[X.]l II 2013, 712, Rz 28). In den Gesetzesmaterialien ([X.]RDrucks 605/04, 69 f.) wird ausgeführt, dass für Unternehmer, die auf den Produktions- und Vertriebsstufen vor der Endverbrauchsstufe tätig seien, die Umsatzbesteuerung neutral sein müsse. Unter [X.]erücksichtigung dieses Grundsatzes dürfe dem Fiskus aus allen Umsatzgeschäften von der Produktion bis zum Endverbraucher insgesamt nur der [X.] zufließen, den der Endverbraucher wirtschaftlich aufwende.

Hieraus folgt, dass § 17 [X.]bs. 1 Satz 4 UStG dazu dient, beim wirtschaftlich begünstigten Unternehmer durch eine Vorsteuerkorrektur den nach § 17 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG geminderten Steuerbetrag auszugleichen. Der [X.]nwendung dieser Korrekturvorschrift bedarf es jedoch nicht, soweit es --wie im [X.] an einer Minderung des Steuerbetrags i.S. des § 17 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG fehlt. [X.]nderenfalls käme es --was dem Sinn und Zweck des § 17 [X.]bs. 1 UStG, die Neutralität der Umsatzsteuer zu gewährleisten, widerspräche-- zu einem Umsatzsteuerüberhang.

(3) [X.]n dieser Änderung der [X.]emessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz als Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtigung nach § 17 [X.]bs. 1 Satz 4 UStG fehlt es, soweit --wie im [X.] der Unternehmer, der eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung aus einem anderen Mitgliedstaat der [X.] in das Inland ausführt, an den letzten inländischen Unternehmer der Lieferkette eine Rückvergütung gewährt. Ein steuerpflichtiger Umsatz, dessen [X.]emessungsgrundlage sich geändert hätte, liegt --wie vorstehend ausgeführt-- nicht vor. Die Rückvergütung, die der ausländische, die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in [X.] ausführende Unternehmer [X.] der [X.] als letztem (inländischen) Unternehmer der Lieferkette gewährt hat, führt bei [X.] mithin zu keiner Vorsteuerberichtigung nach § 17 [X.]bs. 1 Satz 4 UStG.

dd) [X.]us § 17 [X.]bs. 1 Satz 5 UStG, der u.a. bestimmt, dass die "Sätze 1 bis 4" auch im Falle eines innergemeinschaftlichen Erwerbs sinngemäß gelten, ergibt sich --entgegen der [X.]nsicht des F[X.]-- nichts anderes.

(1) [X.]uch danach ist eine Änderung der [X.]emessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtigung. Denn § 17 [X.]bs. 1 Satz 5 UStG ordnet für die Fälle des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 5 UStG --innergemeinschaftlicher Erwerb-- und des § 13b UStG --Leistungsempfänger als Steuerschuldner-- die sinngemäße Geltung von § 17 [X.]bs. 1 Sätze 1 bis 4 UStG an. Die Vorschrift knüpft damit auch an die in § 17 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG enthaltene Voraussetzung an, dass "sich die [X.]emessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz ... geändert" hat.

§ 17 [X.]bs. 1 Satz 5 UStG erweitert die in § 17 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG für einen "Umsatz im Sinne des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1" UStG getroffene Regelung auf die Fälle des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 5 UStG und des § 13b UStG. Die Vorschrift bezieht also lediglich die Umsätze des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 5 UStG und die Fälle des § 13b UStG in die in § 17 [X.]bs. 1 Sätze 1 bis 4 UStG für die Umsätze i.S. des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 UStG getroffenen Regelungen ein, verzichtet aber nicht auf die in § 17 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG aufgestellte --und im Streitfall nicht vorliegende-- Voraussetzung der Änderung der [X.]emessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz.

(2) [X.]estätigt wird dies durch § 17 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG in der vor der Änderung der Vorschrift durch das Gesetz zur Umsetzung von [X.] in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften ([X.]) vom 9. Dezember 2004 ([X.]G[X.]l I 2004, 3310) bis zum 15. Dezember 2004 geltenden Fassung. Die Vorschrift lautete:

"Hat sich die [X.]emessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 geändert, haben

1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und

2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in [X.]nspruch genommenen Vorsteuerabzug

entsprechend zu berichtigen; dies gilt in den Fällen des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 5 und des § 13b sinngemäß."

Hierdurch wird der dargelegte Zusammenhang zwischen § 17 [X.]bs. 1 Satz 1 und § 17 [X.]bs. 1 Satz 5 UStG in der nachfolgenden, in den Streitjahren 2008 und 2009 geltenden Gesetzesfassung besonders deutlich.

ee) Die [X.]nsicht, der zum Vorsteuerabzug berechtigte letzte Unternehmer einer Lieferkette müsse auch bei vorausgegangener innergemeinschaftlicher Lieferung des Rabatt gewährenden Herstellers nach § 17 [X.]bs. 1 Satz 4 UStG seinen Vorsteuerabzug berichtigen und jener habe im [X.]estimmungsland in analoger [X.]nwendung des [X.]rt. 185 [X.]bs. 1 der MwStSystRL, § 17 [X.]bs. 1 UStG einen Rückforderungsanspruch in Höhe der Umsatzsteuer (vgl. dazu Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 17 Rz 215), widerspricht sowohl der in § 17 [X.]bs. 1 UStG geregelten Gesetzeslage als auch dem Unionsrecht in der [X.]uslegung durch den [X.] in den bezeichneten Urteilen.

3. Eine Vorlage an den [X.] nach [X.]rt. 267 [X.]EUV --wie von der Klägerin hilfsweise angeregt-- ist nicht geboten.

Zweifel an der [X.]uslegung des für die Entscheidung im Streitfall einschlägigen Unionsrechts bestehen nicht.

Meta

XI R 25/12

05.06.2014

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 29. September 2011, Az: 16 K 255/10, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 UStG 2005, § 1 Abs 5 UStG 2005, § 15 Abs 1 Nr 3 UStG 2005, § 17 Abs 1 S 4 UStG 2005, § 17 Abs 1 S 5 UStG 2005, § 68 S 1 FGO, § 127 FGO, Art 20 Abs 1 EWGRL 388/77, Art 185 Abs 1 EGRL 112/2006, UStG VZ 2008, UStG VZ 2009, § 17 Abs 1 S 1 UStG 2005, § 17 Abs 1 S 2 UStG 2005, § 17 Abs 1 S 3 UStG 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.06.2014, Az. XI R 25/12 (REWIS RS 2014, 5028)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5028

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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