Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.12.2020, Az. V R 34/18

5. Senat | REWIS RS 2020, 3656

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Gegenstand

Herstellerrabatt als Entgeltbestandteil des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Arzneimitteln


Leitsatz

1. Das Entgelt für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Arzneimitteln durch eine gesetzliche Krankenkasse bemisst sich nach dem von dieser an die jeweilige Versandapotheke gezahlten --rabattierten-- Betrag zuzüglich des von dem pharmazeutischen Unternehmer der Apotheke gezahlten Herstellerrabatts.

2. Die Berücksichtigung des Herstellerrabatts als Entgeltbestandteil verstößt bei Lieferungen von Arzneimitteln in einer --mit Ausnahme der Versandapotheke-- inländischen Lieferkette von einem pharmazeutischen Unternehmer über einen Großhändler und eine Versandapotheke an eine gesetzliche Krankenkasse nicht gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 13.03.2018 - 15 K 832/15 U aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob die Erstattung des sog. [X.] durch pharmazeutische Unternehmer Bestandteil der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb von Arzneimitteln durch eine gesetzliche Krankenkasse ([X.]) ist.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine [X.], die in den Jahren 2011 und 2012 (Streitjahre) die [X.] 1a Abs. 3 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG) überschritt. Die bei der Klägerin versicherten Personen lösten ärztliche Medikamentenverordnungen u.a. bei [X.] ein. Diese versandten die Medikamente aus den [X.] entweder direkt an die Versicherten ins Inland oder zwecks Abholung durch die Versicherten an eine inländische Apotheke. Die ausländischen Versandapotheken machten von der Möglichkeit einer Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch die Apotheke nach Abschn. 1a.2 Abs. 14 des [X.] (UStAE) keinen Gebrauch. Für die Abgabe der Medikamente zahlte die Klägerin an die Versandapotheken jeweils einen um u.a. den sog. Herstellerrabatt (Abschlag nach § 130a Abs. 1 Satz 1 des [X.]) geminderten Betrag. Der Herstellerrabatt wurde den Versandapotheken vom pharmazeutischen Unternehmer "erstattet".

3

Eine [X.] kam u.a. zu dem Ergebnis, dass die Klägerin umsatzsteuerrechtliche Leistungsempfängerin der von den Versandapotheken gelieferten Medikamente sei; zur Bemessungsgrundlage dieser steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerbe gehöre auch der Herstellerrabatt.

4

Gemäß diesen Feststellungen erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) am 03.04.2014 erstmalig Umsatzsteuerbescheide und setzte für 2011 Umsatzsteuer in Höhe von ... € (Bemessungsgrundlage: ... €) und für 2012 Umsatzsteuer in Höhe von ... € (Bemessungsgrundlage: ... €) auf innergemeinschaftliche Erwerbe der Klägerin fest. Dabei wurde neben den um u.a. den Herstellerrabatt geminderten Zahlungen der Klägerin an die Versandapotheken auch der Herstellerrabatt angesetzt.

5

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das [X.] ([X.]) mit seinem in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2018, 1063 veröffentlichten Urteil statt.

6

Zwar habe die Klägerin innergemeinschaftliche Erwerbe getätigt, soweit bei ihr versicherte Personen Arzneimittel von den im innergemeinschaftlichen Ausland ansässigen Versandapotheken bezogen hätten. Die Erstattung des [X.] durch die pharmazeutischen Unternehmer gehöre allerdings nicht zur Bemessungsgrundlage des innergemeinschaftlichen Erwerbs, weil es insoweit an dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit der Lieferung der Arzneimittel fehle. Gegen eine Entgeltauffüllung durch einen Dritten spreche bereits, dass der Hersteller im Zeitpunkt der durch ihn bewirkten Lieferung nicht habe wissen können, ob der mit Umsatzsteuer belastete Endverbraucher eine gesetzliche Krankenkasse sei. Da es an einer Rechtsbeziehung zwischen dem Hersteller und der Klägerin fehle, stelle die Erstattung des [X.] umsatzsteuerrechtlich keine als Entgelt zu erfassende Preissubvention dar. Der Umstand, dass die Vertragspartner des Herstellers die Arzneimittel zu einem um den Herstellerrabatt geminderten Entgelt weiterlieferten, ändere daran nichts.

7

Hiergegen wendet sich das [X.] mit seiner Revision, mit der es die Verletzung materiellen Rechts rügt.

8

Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 10 Abs. 1 UStG entsprechend Art. 83 der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) bestehe die Bemessungsgrundlage aus denselben Elementen wie die Bemessungsgrundlage der entsprechenden Lieferung. Die Zahlungen der Hersteller zum Ausgleich des [X.] seien dabei als Entgelt von dritter Seite anzusehen. Sie kämen der Klägerin als Leistungsempfängerin zugute, weil sie ohne dieses zusätzliche Entgelt die Medikamente nicht zu dem von ihr selbst aufgewendeten Entgelt erwerben könne. Aufgrund der zu Abrechnungszwecken erforderlichen Aufzeichnungen seien die Zahlungen auch jeweils einem einzelnen Leistungsaustausch zuzuordnen. Schließlich seien die Hersteller als zuzahlende Dritte nach § 130a Abs. 1 SGB V zu dieser Zuzahlung verpflichtet. Diese Verpflichtung entstehe nur bei einer tatsächlichen Leistungserbringung in Form der Medikamentenlieferung.

9

Eine Bestätigung der Rechtsauffassung der Klägerin würde das innergemeinschaftliche Kontrollsystem beeinträchtigen, weil die im anderen Mitgliedstaat gemeldeten innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht mehr mit den erklärten innergemeinschaftlichen Erwerben korrespondierten. Der [X.] ([X.]) habe in seiner Rechtsprechung zur Korrektur des Vorsteuerabzugs in den Fällen grenzüberschreitender Lieferketten eine umsatzsteuerrechtliche Wirkung des Rabatts verneint. Ebenso habe der [X.] eine Änderung der Bemessungsgrundlage für die innergemeinschaftliche Lieferung und den damit korrespondierenden innergemeinschaftlichen Erwerb abgelehnt, wenn dem letzten Unternehmer in der Lieferkette ein Rabatt gewährt werde.

Das [X.] beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des [X.] vom 13.03.2018 - 15 K 832/15 U die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Erstattung des [X.] durch die pharmazeutischen Unternehmer stelle bereits kein von dritter Seite an die Apotheken [X.] Entgelt dar. Sie sei nicht mit einem Preisnachlassgutschein des Herstellers vergleichbar, weil es in der Hand des Händlers liege, den Gutschein anzunehmen und sich den Rabatt vom Hersteller erstatten zu lassen. Demgegenüber sei das Rabattierungssystem beim Herstellerrabatt gesetzlich vorgeschrieben, sodass es sich um eine gesetzlich angeordnete Minderung der Bemessungsgrundlage handele. Die Erstattung des [X.] führe lediglich zur Kompensation des gesetzlich angeordneten Preisnachlasses bei der Apotheke; für die Krankenkasse erhöhe dies den Wert der erhaltenen Leistung nicht.

Der innergemeinschaftliche Erwerb stelle trotz des einheitlichen Regelungsmechanismus mit den Bestimmungen zur innergemeinschaftlichen Lieferung einen eigenen Steuertatbestand dar, für den eine eigenständige Bemessungsgrundlage zu bestimmen sei. Daher sei nach § 17 Abs. 1 Satz 5 UStG --korrespondierend zur unstreitigen Minderung beim [X.] eine Minderung der Bemessungsgrundlage beim Erwerber vorzunehmen.

Bei Betrachtung der --mit Ausnahme der [X.] inländischen Lieferkette vom pharmazeutischen Unternehmer über den Großhändler und die Apotheke zur Klägerin fließe dem Fiskus andernfalls bezogen auf die Wertschöpfung des Herstellers ein Umsatzsteuerüberhang zu. Die Versagung der Minderung der Bemessungsgrundlage des innergemeinschaftlichen Erwerbs der Klägerin führe wegen der fehlenden Berechtigung zum Vorsteuerabzug dazu, dass sie systemwidrig mit einem Umsatzsteuerbetrag belastet sei, der nicht auf einer Wertschöpfung in der Lieferkette beruhe.

Entsprechend der Behandlung beim Hersteller, für den eine nachträgliche Minderung der Bemessungsgrundlage angenommen werde, bemesse sich auch der Umsatz der Apotheke zunächst anhand des --rabattierten-- Betrags, den diese der Krankenkasse berechne. Eine spätere Berichtigung nach § 17 UStG scheide jedoch aus, weil die Apotheke eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausführe und es deshalb an dem von § 17 UStG vorausgesetzten steuerpflichtigen Umsatz fehle.

Schließlich gehörten die Erstattungen der Hersteller auch deswegen nicht zum Entgelt, weil es sich lediglich um Beträge handele, die von den Apotheken treuhänderisch weiterzuleiten und deshalb durchlaufenden Posten vergleichbar seien.

Entscheidungsgründe

II.

[X.]ie Revision ist begründet. Sie führt zur [X.]ufhebung der Vorentscheidung und zur [X.]bweisung der Klage (§ 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). [X.]as [X.] hat den [X.] der pharmazeutischen Unternehmer zu Unrecht nicht als Bestandteil des Entgelts für den jeweiligen innergemeinschaftlichen Erwerb der [X.]rzneimittel durch die Klägerin berücksichtigt.

1. [X.]ie Beteiligten gehen nach der Rechtsprechung des Senats (Vorlagebeschluss vom 06.06.2019 - V R 41/17, [X.], 469, [X.], 164, Rz 38 ff.; vgl. auch [X.]-Urteil vom 20.05.2015 - XI R 2/13, [X.], 546, BStBl II 2018, 605, Rz 42) zu Recht davon aus, dass die Klägerin als Betriebskrankenkasse innergemeinschaftliche Erwerberin der [X.]rzneimittel ist, die von den [X.] in das Inland an die bei ihr versicherten Personen versandt wurden, weshalb die Klägerin gemäß § 13a [X.]bs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 1 [X.]bs. 1 Nr. 5 UStG die Umsatzsteuer auf die innergemeinschaftlichen Erwerbe schuldet.

2. Bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Steuer auf den jeweiligen innergemeinschaftlichen Erwerb hat das [X.] den [X.] des pharmazeutischen Unternehmers nicht --neben den rabattierten Zahlungen der [X.] berücksichtigt.

a) Nach § 10 [X.]bs. 1 Satz 1 UStG wird der Umsatz u.a. bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist nach Satz 2 dieser Vorschrift alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Zum Entgelt gehört gemäß Satz 3 auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt.

b) [X.]iese Regelung beruht auf [X.]rt. 83 Satz 1 i.V.m. [X.]rt. 73 MwStSystRL. Gemäß [X.]rt. 83 Satz 1 MwStSystRL setzt sich die Steuerbemessungsgrundlage beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen aus denselben Elementen zusammen wie denen, die zur Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage für die Lieferung derselben Gegenstände innerhalb des Gebiets des Mitgliedstaats gemäß Titel [X.]. 2 MwStSystRL dienen. Nach [X.]rt. 73 MwStSystRL umfasst die Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen und [X.]ienstleistungen, die nicht unter die [X.]rt. 74 bis 77 MwStSystRL fallen, alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder [X.]ienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder [X.]ienstleistungsempfänger oder einem [X.] erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen. In die Steuerbemessungsgrundlage nicht einzubeziehen sind nach [X.]rt. 79 Buchst. b MwStSystRL Rabatte und Rückvergütungen auf den Preis, die dem Erwerber oder [X.]ienstleistungsempfänger eingeräumt werden und die er zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem der Umsatz bewirkt wird.

c) [X.]as Entgelt für eine bestimmte Leistung ergibt sich regelmäßig auf der Grundlage des Rechtsverhältnisses zwischen [X.] und Leistungsempfänger ([X.]-Urteil vom 31.05.2017 - XI R 2/14, [X.], 191, [X.], 1024, Rz 26; Urteil des Gerichtshofs der [X.] --[X.]-- Primback vom 15.05.2001 - [X.], [X.]:[X.]:2001:271, [X.], 308, Rz 25). Entsprechendes gilt für die Beurteilung der Frage, ob die Zahlung eines [X.] für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird ([X.]-Urteil in [X.], 191, [X.], 1024, Rz 27; vgl. auch [X.]-Urteil [X.] vom 25.05.1993 - [X.]/92, [X.]:[X.]:1993:212, [X.] 1994, 72, Rz 17). Voraussetzung für die Qualifikation als Entgelt ist das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einer Leistung und einer tatsächlich empfangenen Gegenleistung (vgl. [X.]-Urteil vom 10.06.2020 - XI R 25/18, [X.], 81, Rz 30, m.w.N.).

d) [X.]as der Lieferung von [X.]rzneimitteln zugrunde liegende Rechtsverhältnis wird im Hinblick auf die Gewährung und die Erstattung des [X.] auch durch die Regelung des § 130a [X.] ausgestaltet. [X.]anach ist entgegen der [X.]uffassung des [X.] der für die Entgelteigenschaft des [X.] erforderliche unmittelbare Zusammenhang mit der Lieferung der [X.]rzneimittel zu bejahen. [X.]ann liegt aber auch in Höhe der Erstattung ein Entgelt von dritter Seite vor (vgl. [X.]bschn. 10.3 [X.]bs. 7 Satz 3 USt[X.]E; i.Erg. ebenso Urteil des [X.] vom 06.07.2017 - [X.] 105/16, Betriebs-Berater --[X.]-- 2017, 2069, Rz 33; [X.], Umsatzsteuer und [X.]rzneimittel im System der gesetzlichen Krankenversicherung, 2019, S. 302 ff.; [X.] in [X.]/Söhn/[X.], § 10 UStG Rz 85 unter "[X.]potheken"; [X.] UStG/[X.], [X.]. [31.07.2020], UStG § 17 Rz 46.7; a.[X.], [X.] 2005, 180, 185; [X.]/Nordmann, Gesetzliche Krankenkassen - [X.]usländische Versandapotheken und [X.] ab 01.10.2013, Kranken- und Pflegeversicherung 2013, 149, 152).

[X.]abei wird der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Lieferung der [X.]rzneimittel und dem [X.] durch § 130a [X.] hergestellt. [X.]enn der [X.]nspruch der Versandapotheken entsteht nach § 130a [X.]bs. 1 Satz 3 [X.] nur aufgrund und in Höhe des [X.], den die [X.]potheke einer Krankenkasse gemäß § 130a [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] bei [X.]bgabe von [X.]rzneimitteln zu gewähren hat (vgl. Urteil des [X.] --BSG-- vom 29.04.2010 - [X.] 3/09 R, Neue Zeitschrift für Sozialrecht --NZS-- 2011, 386, Rz 13; [X.] in jurisPK-[X.], § 130a Rz 53). [X.]ie Zahlung des [X.] hängt damit direkt von der Lieferung der [X.]rzneimittel an die Klägerin ab.

Nichts anderes ergibt sich aus der vom [X.] angeführten Verfügung der [X.] [X.] vom 12.12.2013 - S 7330 (juris), die in der Erstattung des [X.] ebenfalls ein Entgelt von dritter Seite erkennt (ebenso [X.]bschn. 10.3 [X.]bs. 7 Satz 3 USt[X.]E) und diese daher in der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer auf die von einer [X.]potheke getätigte Lieferung von [X.]rzneimitteln an eine Krankenkasse berücksichtigt.

3. [X.]ie Einordnung des [X.] als Entgelt von dritter Seite entspricht der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Preisnachlässen in Lieferketten. Es mindert sich einerseits das Entgelt für die Lieferung des Herstellers, wobei der Vorsteuerabzug des Großhändlers unberührt bleibt, und es ist andererseits die Erstattung des Preisnachlasses durch den Hersteller Entgelt von dritter Seite für die Lieferung des Einzelhändlers an den Endverbraucher. [X.]anach bemisst sich hier das Entgelt für die innergemeinschaftlichen Erwerbe der [X.]rzneimittel nach dem von der Klägerin an die jeweilige Versandapotheke gezahlten --rabattierten-- Betrag zuzüglich des von dem pharmazeutischen Unternehmer der [X.]potheke gezahlten [X.].

a) Nach dem [X.]-Urteil [X.] Ltd. vom 24.10.1996 - [X.]/94 ([X.]:[X.]:1996:400, [X.], 324, Rz 31) ist "zur Gewährleistung der Einhaltung des [X.]es bei der Berechnung der Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer der Fall eines Steuerpflichtigen zu berücksichtigen (...), der zwar nicht vertraglich mit dem Endverbraucher verbunden ist, aber das erste Glied einer zu diesem führenden Kette von Umsätzen bildet und ihm durch Vermittlung der Einzelhändler einen Preisnachlaß gewährt". [X.]ementsprechend mindert sich nach der Rechtsprechung des [X.] die Bemessungsgrundlage der Steuer auf die Lieferung von [X.]rzneimitteln durch einen pharmazeutischen Unternehmer, der einer [X.]potheke den [X.] nach § 130a [X.]bs. 1 [X.] erstattet, um den Entgeltanteil der Erstattung (Senatsurteil vom 28.05.2009 - V R 2/08, [X.]E 226, 166, [X.], 870, unter [X.]; vgl. auch Senatsurteil vom 08.02.2018 - V R 42/15, [X.]E 260, 573, BStBl II 2018, 676, Rz 14 zu Rabatten eines pharmazeutischen Unternehmers an Unternehmen der privaten Krankenversicherung).

b) [X.]abei ist es nach der Rechtsprechung des [X.] in einem solchen Fall weder erforderlich, die Besteuerungsgrundlage für die Zwischenumsätze zu berichtigen, noch ändert sich durch den Preisnachlass der Vorsteuerabzug des [X.]bnehmers, der in der Lieferkette auf den rabattgewährenden Unternehmer folgt ([X.]-Urteile [X.] Ltd., [X.]:[X.]:1996:400, [X.], 324, Rz 33, und Kommission/[X.] vom 15.10.2002 - [X.]-427/98, [X.]:[X.], [X.], 328, Rz 42; vgl. auch [X.]-Urteil vom 15.02.2012 - XI R 24/09, [X.]E 236, 267, [X.], 712, Rz 15).

c) Mit Blick auf den Umsatz des Einzelhändlers, der dem Endverbraucher den Preisnachlass weiterreicht, hat der [X.] schließlich festgehalten, dass "die Besteuerungsgrundlage des Einzelhändlers für den Verkauf an den Endverbraucher (…) dem gesamten [X.] [entspricht], d.h. dem vom Endverbraucher gezahlten Betrag zuzüglich des vom Hersteller an den Einzelhändler erstatteten Betrages" ([X.]-Urteile Kommission/[X.], [X.]:[X.], [X.], 328, Rz 59, und [X.] vom 16.01.2003 - [X.]/99, [X.]:[X.]:2003:20, [X.], 335, Rz 21). [X.]uch der [X.] hat bereits entschieden, dass die Bemessungsgrundlage eines späteren Umsatzes in der Lieferkette von der Rabattgewährung nicht betroffen ist ([X.]-Urteil in [X.]E 236, 267, [X.], 712, Rz 15).

4. [X.]ie hiergegen von der Klägerin vorgebrachten Einwände haben keinen Erfolg. [X.]abei geht der Senat entsprechend dem Vortrag der Klägerin davon aus, dass der pharmazeutische Unternehmer die [X.]rzneimittel im Inland an einen Großhändler geliefert hat, bevor diese an die Versandapotheken in die [X.] weitergeliefert wurden.

a) [X.]ie Berücksichtigung des [X.]nspruchs auf Erstattung des [X.] als Entgeltbestandteil des innergemeinschaftlichen Erwerbs der [X.]rzneimittel verstößt bei der hier zu beurteilenden Lieferung von [X.]rzneimitteln in einer --mit [X.]usnahme der [X.] inländischen Lieferkette von einem pharmazeutischen Unternehmer über einen Großhändler und eine Versandapotheke an die Klägerin nicht gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer.

aa) [X.]ie Neutralität der Mehrwertsteuer wird bei einer durch den Einzelhändler weitergereichten Rabattgewährung an den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Endverbraucher bereits durch das Zusammenwirken der Minderung der Bemessungsgrundlage der Steuer auf den Umsatz des den Rabatt erstattenden Unternehmers mit dem zugleich unveränderten Vorsteuerabzug seines [X.]bnehmers erreicht (vgl. [X.]-Urteile [X.] Ltd., [X.]:[X.]:1996:400, [X.], 324, Rz 33, und Kommission/[X.], [X.]:[X.], [X.], 328, Rz 42).

bb) Im Fall der Lieferung von [X.]rzneimitteln in einer --mit [X.]usnahme der [X.] inländischen Lieferkette von einem pharmazeutischen Unternehmer an einen Großhändler, weiter an eine Versandapotheke und schließlich an die Klägerin führt demnach bereits die aufgrund des [X.] vorzunehmende Berichtigung der Bemessungsgrundlage für die Lieferung des pharmazeutischen Unternehmers bei unverändertem Vorsteuerabzug des Großhändlers dazu, dass die Steuerbelastung der gesamten Lieferkette der Steuer entspricht, die auf den von der gesetzlichen Krankenkasse als Endverbraucher aufgewendeten Betrag entfällt ([X.], a.a.[X.], S. 304 ff.; [X.]/[X.], [X.] 2005, 361, 363).

cc) Vor diesem Hintergrund wäre der [X.] vielmehr verletzt, wenn trotz der Entgeltminderung beim rabattgewährenden Unternehmer ([X.]) für seine Lieferung an den Großhändler (B) und seiner Zahlung an den Einzelhändler ([X.]) --hier die [X.] der [X.] nicht in die Bemessungsgrundlage der Steuer auf den Umsatz des Einzelhändlers an den Endverbraucher ([X.]) --hier die innergemeinschaftlichen Erwerbe der [X.] einbezogen würde (s. allgemein [X.]-Urteil Kommission/[X.], [X.]:[X.], [X.], 328, Rz 53). [X.]enn in diesem Fall würde die Steuerbelastung der gesamten Lieferkette [X.]-B-[X.]-[X.] nicht mehr der Steuer entsprechen, die auf den von der Krankenkasse als Endverbraucher aufgewendeten Betrag entfällt (vgl. [X.], a.a.[X.], S. 269).

b) [X.]ie Grundsätze der Rechtsprechung zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von in Lieferketten gewährten Rabatten gelten auch dann, wenn --wie hier-- die Rabattierung und die Erstattung des Rabatts auf gesetzlicher Grundlage erfolgen.

aa) [X.]er [X.] hat bereits entschieden, dass die Grundsätze seines Urteils [X.] Ltd. ([X.]:[X.]:1996:400, [X.], 324) auch dann anzuwenden sind, wenn der Preisnachlass nicht auf einer entsprechend geänderten vertraglichen Beziehung beruht. Er hat diese Grundsätze dementsprechend auch im Fall eines gesetzlich angeordneten Preisnachlasses angewendet ([X.]-Urteil [X.] Pharma vom 20.12.2017 - [X.]-462/16, [X.]:[X.]:2017:1006, [X.] 2018, 166, Rz 37 ff.).

bb) Im Übrigen ist es für die Versandapotheken unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität (vgl. hierzu allgemein [X.]-Urteil Loyalty Management UK und [X.] vom 07.10.2010 - [X.]-53/09 und [X.]-55/09, [X.]:[X.]:2010:590, [X.] 2010, 857, Rz 39, m.w.N.) unerheblich, ob ihnen die für [X.]rzneimittellieferungen an die Klägerin gewährten Rabatte von den pharmazeutischen Unternehmern aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung oder aufgrund eines gesetzlich begründeten öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses nach § 130a [X.]bs. 1 Satz 3 [X.] (vgl. [X.]xer in [X.]/[X.], [X.], 7. [X.]ufl., § 130a Rz 17; [X.] Sozialrecht/von [X.]ewitz, [X.]. [01.09.2020], [X.] § 130a Rz 10) erstattet werden.

cc) Vor diesem Hintergrund greift auch der von der Klägerin angeführte Umstand, dass der [X.] der Klägerin von jeder [X.]potheke eingeräumt werde, weshalb der Wert der Leistung für sie lediglich im rabattierten Betrag zu sehen sei, nicht durch. Bereits die Berücksichtigung von Gegenleistungen, die durch einen "anderen als den Leistungsempfänger" (§ 10 [X.]bs. 1 Satz 3 UStG) und damit durch einen "[X.]" ([X.]rt. 73 [X.]) gewährt werden, verdeutlicht, dass der Wert der Gegenleistung auch unter Berücksichtigung der Perspektive des Leistenden zu ermitteln ist (vgl. [X.]-Urteile [X.], [X.]:[X.]:2003:20, [X.], 335, Rz 18, 20 f., und Kommission/[X.], [X.]:[X.], [X.], 328, Rz 46, 58 f.; vgl. auch Völker/[X.]rdizzoni, [X.]StR 2003, 714, 719).

dd) Nichts anderes folgt schließlich aus dem von der Klägerin angeführten Senatsurteil in [X.]E 260, 573, BStBl II 2018, 676, das --anders als im [X.] die Besteuerung eines pharmazeutischen Unternehmers betrifft, der Unternehmen der privaten Krankenversicherung [X.]bschläge nach § 1 des Gesetzes über Rabatte für [X.]rzneimittel gewährte.

c) Einer Berücksichtigung der Erstattung des [X.] als Entgelt steht § 17 [X.]bs. 1 UStG nicht entgegen.

aa) [X.]ie Berichtigung des Steuerbetrags nach § 17 [X.]bs. 1 UStG setzt eine nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage voraus (vgl. Senatsurteile vom 04.12.2014 - V R 6/13, [X.]E 248, 431, [X.], 810, Rz 10, und vom 28.09.2000 - V R 37/98, [X.]/NV 2001, 491, unter II.2.), an der es hier fehlt. [X.]enn der Erstattungsanspruch der [X.]potheken nach § 130a [X.]bs. 1 Satz 3 [X.] entsteht bereits mit der (rabattierten) [X.]bgabe der [X.]rzneimittel an die bei der Klägerin versicherten Personen (vgl. unter II.2.d), sodass das Entgelt von vornherein entsprechend erhöht ist. Zwar ist der [X.]bschlag den [X.]potheken gemäß § 130a [X.]bs. 1 Satz 5 [X.] innerhalb von zehn Tagen nach Geltendmachung des [X.]nspruchs zu erstatten. [X.]ies betrifft jedoch lediglich die Zahlungsmodalitäten, während die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs abschließend in Satz 3 geregelt sind (vgl. [X.] in [X.] Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 130a [X.] Rz 4; [X.] Sozialrecht/von [X.]ewitz, ebenda).

bb) [X.] eine Berichtigung gemäß § 17 [X.]bs. 1 UStG damit aus, da es an einer nachträglichen Änderung der Bemessungsgrundlage fehlt, stellt sich auch die von der Klägerin aufgeworfene Frage nicht, ob der Berichtigung der Bemessungsgrundlage der innergemeinschaftlichen Erwerbe der Klägerin der Umstand entgegensteht, dass die Bemessungsgrundlage der korrespondierenden, auf der Grundlage von [X.]rt. 138 MwStSystRL in den [X.]n steuerfreien, innergemeinschaftlichen Lieferungen der Versandapotheken nicht berichtigungsfähig sei (vgl. hierzu Senatsurteil in [X.]E 248, 431, [X.], 810, Rz 18 f.).

d) [X.]er [X.] stellt schließlich bei den Versandapotheken keinen durchlaufenden Posten dar, dessen Vereinnahmung und Verausgabung nicht zum Entgelt gehört (§ 10 [X.]bs. 1 Satz 6 UStG). [X.]ie [X.]potheken haben aus § 130a [X.]bs. 1 Satz 3 [X.] einen eigenen [X.]nspruch auf die Erstattung des [X.] (vgl. [X.] in NZS 2011, 386, Rz 13; [X.], a.a.[X.], § 130a Rz 52 f.). Sie sind nicht, wie dies für die [X.]nnahme eines durchlaufenden Postens erforderlich wäre (vgl. allgemein Senatsurteile vom 03.07.2014 - V R 1/14, [X.]E 246, 562, Rz 25, und vom 22.04.2010 - V R 26/08, [X.]E 229, 429, [X.], 883, Rz 19), lediglich als vermittelnde Person in eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem pharmazeutischen Unternehmer und der Krankenkasse zwischengeschaltet, sondern vereinnahmen und verausgaben diese Beträge im eigenen Namen und für eigene Rechnung ([X.], a.a.[X.], S. 302).

5. [X.]ie Sache ist spruchreif. [X.]ie Klägerin ist innergemeinschaftliche Erwerberin der von den Versandapotheken an die bei ihr versicherten Personen versandten [X.]rzneimittel und schuldet als solche die auf diese innergemeinschaftlichen Erwerbe anfallende Umsatzsteuer. Bei deren Bemessungsgrundlage ist --neben den rabattierten Zahlungen der [X.] auch der [X.] durch den pharmazeutischen Unternehmer gegenüber der jeweiligen [X.]potheke zu berücksichtigen. [X.]ie angegriffenen [X.] für 2011 und 2012 erweisen sich danach als rechtmäßig.

6. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 135 [X.]bs. 1 [X.]O.

Meta

V R 34/18

10.12.2020

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 13. März 2018, Az: 15 K 832/15 U, Urteil

§ 10 Abs 1 UStG 2005, § 17 Abs 1 UStG 2005, Art 73 EGRL 112/2006, Art 83 S 1 EGRL 112/2006, § 130a Abs 1 SGB 5, UStG VZ 2011, UStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.12.2020, Az. V R 34/18 (REWIS RS 2020, 3656)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3656

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