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PDF anzeigen BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 169/10 vom 22. Juli 2010 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am 22. Juli 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Dezember 2009 im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des [X.] zu-rückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und bestimmt, dass die Unterbringung in der Entzie-hungsanstalt zuerst zu vollstrecken ist. Die hiergegen gerichtete, auf sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. 1 - 3 - 1. Zum Schuld- und Strafausspruch hat die Überprüfung des Urteils kei-nen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht. 2 2. Die [X.] nach § 64 StGB hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. 3 a) Das [X.] hat die Unterbringung als "nicht von vorneherein [X.]" bezeichnet und damit einen Maßstab angelegt, der vom [X.] ([X.], Beschluss vom 16. März 1994 - 2 BvL 3/90 (u. a.), [X.]E 91, 1 ff.) für verfassungswidrig erklärt worden ist. Seither war § 64 Abs. 2 aF StGB verfassungskonform dahin auszulegen, dass er die Feststellung einer konkreten Erfolgsaussicht der Maßregel voraussetzt. Hierauf hat der [X.] in zahlreichen Entscheidungen hingewiesen. Durch das am 20. Juli 2007 in [X.] getretene Gesetz vom 16. Juli 2007 ([X.]) ist § 64 StGB entsprechend geändert worden und trägt dem Erfordernis einer konkreten Erfolgsaussicht nun auch im Wortlaut der Vorschrift ausdrücklich Rechnung (§ 64 Satz 2 StGB). 4 Es lässt sich den Urteilsgründen in ihrer Gesamtheit nicht sicher ent-nehmen, dass der Tatrichter gleichwohl von der notwendigen hinreichend kon-kreten Erfolgsaussicht ausgegangen ist (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2007 - 2 StR 393/07). Zwar hat der Angeklagte seine Suchterkran-kung eingestanden und sich zur Mitarbeit bei der Therapie bereiterklärt. Dem stehen indes die zahlreichen Vorverurteilungen, bei denen der Angeklagte die ihm eingeräumten [X.] jeweils nicht genutzt hat, sowie dessen ausgeprägte dissoziale Persönlichkeitsstörung gegenüber. Über die Erfolgsaus-sicht der Maßregel muss deshalb erneut vom Tatrichter befunden werden. 5 - 4 - b) Die Darlegungen zur Gefährlichkeit des Angeklagten begegnen [X.] rechtlichen Bedenken. Das [X.] führt unter Bezugnahme auf den gehörten Sachverständigen aus, bei der [X.] - der Angeklagte verletzte gemeinschaftlich mit einem Mittäter im [X.] und Obdachlosenmilieu während eines mehrstündigen Geschehens das Opfer durch Schläge und Tritte erheblich - handele es sich "um ein Delikt mit einer hohen Rückfallwahrschein-lichkeit. Diese liege in sieben Jahren bei 76% und in 10 Jahren bei 82%" ([X.]). Herkunft und Bedeutung dieser Angaben sind unklar und erlauben des-halb eine revisionsgerichtliche Nachprüfung der Gefährlichkeitsprognose nicht. Sofern es sich um Erkenntnisse aus standardisierten, auf statistischen Erfah-rungen beruhenden Prognoseinstrumenten handeln sollte, gilt Folgendes: Diese Instrumente listen Umstände auf, die einen Zusammenhang mit [X.] aufweisen. Sie sind jeweils das Ergebnis der Untersuchung von unterschiedlich zusammengesetzten Stichproben verurteilter Straftäter. Ob ein bestimmtes Prognoseinstrument für die Beurteilung des beim Angeklagten bestehenden individuellen [X.] generell tauglich ist, hängt zuerst einmal davon ab, ob die in die Stichprobe einbezogenen Täter bezüglich ihrer persönlichen Um-stände (z. B. Anlassdelikt, psychische Erkrankung, Alter) mit dem Angeklagten vergleichbar sind. Entsprechendes gilt hinsichtlich des für den Angeklagten zu-künftig zu erwartenden Umfelds und der für die Prognose als entscheidend er-achteten Zeitspanne. Gibt es keine oder eine geringe Vergleichbarkeit zwischen der Stichprobe des angewendeten [X.] und dem zu beurtei-lenden Einzelfall, ist die Bestimmung eines individuellen Risikogrades aus me-thodischer Sicht nicht zu rechtfertigen (vgl. König, [X.], 67, 71 f. mwN). Stützt der Tatrichter seine Gefährlichkeitsprognose auf ein von einem Sachver-ständigen verwendetes standardisiertes Prognoseinstrument, hat er deshalb darauf zu achten, dass es im jeweiligen Einzelfall tauglich ist ([X.], Beschluss vom 23. Oktober 2008 - 3 [X.], [X.], 118). Selbst dann bedarf es 6 - 5 - zur individuellen Prognose über die Anwendung derartiger Instrumente hinaus einer differenzierten Einzelfallanalyse durch den Sachverständigen ([X.], [X.] vom 30. März 2010 - 3 StR 69/10 mwN). 3. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) wird vorliegend von der Aufhebung miterfasst. 7 Wegen der [X.] gegen die Darlegungen des [X.] zur Gefährlichkeit bei § 64 StGB sowie wegen des Zusammenhangs beider Maßregeln hebt der Senat auch die Unterbringung nach § 63 StGB auf. 8 Über die Verhängung beider Maßregeln muss deshalb erneut [X.] werden. Der neue Tatrichter sollte erwägen, einen anderen Sachverständi-gen heranzuziehen. 9 VRi[X.] [X.] ist wegen Urlaubs
[X.] Ri[X.] von [X.] ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. an der Unterschriftsleistung gehindert.
[X.] [X.] [X.]
Meta
22.07.2010
Bundesgerichtshof 3. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2010, Az. 3 StR 169/10 (REWIS RS 2010, 4511)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 4511
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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