Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.08.2018, Az. 5 AZR 551/17

5. Senat | REWIS RS 2018, 4549

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Gegenstand

Günstigkeitsvergleich - Sachgruppenvergleich - Anwendung und Auslegung der Tarifwerke der Deutschen Telekom Außendienst GmbH


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 31. August 2017 - 21 [X.]/17 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 31. August 2017 - 21 [X.]/17 - insoweit aufgehoben, als es der Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 4. Januar 2017 - 54 [X.] - teilweise stattgegeben hat.

3. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 4. Januar 2017 - 54 [X.] - wird insgesamt zurückgewiesen.

4. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Nachgewährung von [X.]ausgleich für den 24. und 31. Dezember der Jahre 2012 bis 2015 sowie die Gewährung von 4,19 Minuten Erholungszeit pro Arbeitsstunde und dabei insbesondere darüber, ob aufgrund des Günstigkeitsprinzips die entsprechenden Regelungen der für die [X.] ([X.]) geltenden Tarifverträge Anwendung finden.

2

Der Kläger, Mitglied der [X.] ([X.]), ist seit 1986 bei der [X.] und ihren [X.] beschäftigt. Im mit der [X.] geschlossenen Arbeitsvertrag vom 1. Februar 1991 heißt es ua.:

        

„Für das Arbeitsverhältnis gelten die für das in Art. 3 des [X.] genannte Gebiet vereinbarten Bestimmungen des Tarifvertrages für die Angestellten/Arbeiter der [X.] Telekom ([X.]. ([X.]) bzw. TVArb. ([X.])) und der sonstigen für das genannte Gebiet vereinbarten Tarifverträge der [X.] Telekom in ihrer jeweils geltenden Fassung als unmittelbar zwischen den Vertragsparteien vereinbart.“

3

Zum 1. Januar 1995 wurde das Arbeitsverhältnis des [X.] im Zuge der Postreform auf die [X.] übergeleitet. Diese wendete auf das Arbeitsverhältnis die von ihr mit [X.] geschlossenen Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung an. Ab dem 1. Januar 2007 wurde der Kläger als Servicetechniker im Außendienst mit der Aufgabenträgernummer ([X.].) [X.] eingesetzt. Am 25. Juni 2007 ging sein Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über, die am selben Tag mit [X.] mehrere Tarifverträge schloss, ua. einen Manteltarifvertrag ([X.]) und einen Tarifvertrag Erholungszeit ([X.]).

4

Im Abschnitt „Regelungen zur Arbeitszeit“ bestimmt § 16 Manteltarifvertrag [X.] idF vom 1. März 2004 ([X.] [X.]) zur Arbeit an Vorfesttagen Folgendes:

        

„(1)   

Als Arbeit an Vorfesttagen gilt die am 24. Dezember und am 31. Dezember sowie am Samstag vor [X.]ersonntag und [X.] in der [X.] von 14.00 Uhr bis 24.00 Uhr geleistete Arbeit.

        

(2)     

Am 24. Dezember und am 31. Dezember wird, soweit es die dienstlichen bzw. betrieblichen Verhältnisse zulassen, Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des [X.] gewährt.

        

(3)     

Kann die Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 aus betrieblichen Gründen nicht erfolgen, wird dem Arbeitnehmer spätestens bis zum 30. Juni des Folgejahres an einem anderen Arbeitstag ein zusammenhängender [X.]ausgleich in Höhe der erbrachten Arbeitsleistung unter Fortzahlung des [X.] gewährt.

        

(4)     

Für Arbeitsleistungen am 24. Dezember und am 31. Dezember wird neben dem vorgenannten [X.]ausgleich kein Zuschlag für Sonntagsarbeit oder Feiertagsarbeit gewährt. Soweit Mehrarbeit an diesen Tagen entsteht, wird lediglich der Mehrarbeitszuschlag gewährt.

        

Protokollnotizen

        

1. Für Arbeitnehmer, für die ein Arbeitszeitkonto nach Tarifvertrag über Arbeitszeitkonten eingerichtet ist, wird der Anspruch nach Absatz 3 im Arbeitszeitkonto gebucht und nach den für das Arbeitszeitkonto geltenden Regelungen ausgeglichen.

        

…“    

5

Der von der [X.] mit [X.] geschlossene Tarifvertrag Erholungszeit idF vom 7. Juni 2006 (TV Erholungszeit [X.]) bestimmt ua.:

        

§ 1 Geltungsbereich

        

Dieser Tarifvertrag gilt für die Arbeitnehmer, die bei der [X.] beschäftigt sind und unter den Geltungsbereich des [X.] fallen, soweit sie Mitglied der [X.] ([X.]) sind. Für Arbeitnehmer, die den Bereichen TI als Monteur ([X.]. 33249) und [X.] als Kundendienst Techniker, Service Monteur und Monteur ([X.]. 37323, 37328 und 37329) zugeordnet sind, finden die §§ 2 und 3 keine Anwendung.

        

…       

        

§ 2     

Erholungszeit

        

I       

Allgemeiner [X.]zuschlag

        

Der Arbeitnehmer erhält eine angemessene Erholungszeit. Sie beträgt für eine Arbeitsstunde 4,19 Minuten.

        

…       

        

IV    

Zusammenfassung von Erholungszeiten zu Kurzpausen

        

(1)     

Grundsätzlich sind Erholungszeiten nach den Abschnitten [X.] zu 75 v.H. zu Kurzpausen zusammenzufassen und im Dienstplan auszuweisen. Diese Kurzpausen beginnen und enden am [X.]. Sie gelten nicht als Arbeitsunterbrechungen im Sinne der bei der [X.] geltenden Regelungen zur Arbeitsunterbrechung aufgrund einer Tätigkeit an einem Bildschirmgerät.“

6

Dagegen sind bei der [X.] nach §§ 16, 20 Abs. 1 (c) [X.] die Vorfesttage 24. und 31. Dezember nicht arbeitsfrei oder zeitausgleichspflichtig, die Beschäftigten erhalten lediglich für die an diesen Tagen ab 12:00 Uhr geleistete Arbeit einen Zuschlag von 50 % und für die ab 18:00 Uhr geleistete Arbeit einen Zuschlag von 100 % je Arbeitsstunde. Der von der [X.] mit [X.] geschlossene Tarifvertrag Erholungszeit vom 25. Juni 2007 ([X.]) findet nach seinem Geltungsbereich keine Anwendung für Arbeitnehmer, die - wie der Kläger - im Bereich „[X.]“ beschäftigt sind.

7

In einem Vorprozess hat das [X.] entschieden, dass für das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit die Tarifverträge, die die Beklagte mit [X.] geschlossen hat, unmittelbar und zwingend gelten. Darüber hinaus finden auf das Arbeitsverhältnis kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die für die [X.] geltenden Tarifverträge statisch mit dem [X.] 25. Juni 2007 Anwendung, soweit sie günstiger sind ([X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - [X.]E 151, 221).

8

Davon ausgehend hat der Kläger gemeint, die Regelungen in den Tarifwerken der [X.] zur Arbeit an Vorfesttagen sowie diejenigen über eine Erholungszeit seien günstiger als diejenigen, die für die Beklagte gelten. Er hat mit der vorliegenden Klage für den 24. und 31. Dezember der Jahre 2012 bis 2015 die Nachgewährung eines zusammenhängenden [X.]ausgleichs, die (künftige) Einräumung einer Erholungszeit von 4,19 Minuten je geleisteter Arbeitsstunde und die Nachgewährung einer entsprechenden Erholungszeit für die [X.] vom 1. Januar 2012 bis zum 31. März 2016 verlangt.

9

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm einen zusammenhängenden [X.]ausgleich in Höhe von achtmal 7 Stunden und 36 Minuten unter Fortzahlung des Entgelts zu gewähren;

                 

hilfsweise zu 1.,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, dem Arbeitszeitkonto des Klägers 60 Stunden und 48 Minuten gutzuschreiben,

                 

hilfsweise zu 2.,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, für den Kläger ein Arbeitszeitkonto nach den Regelungen des TV AZK [X.], [X.] 24. Juni 2007, zu führen und diesem Arbeitszeitkonto 60 Stunden und 48 Minuten gutzuschreiben;

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Erholungszeit von 4,19 Minuten je voller geleisteter Arbeitsstunde gemäß dem Tarifvertrag Erholungszeit der [X.] in der Fassung vom 7. Juni 2006 zu gewähren,

                 

hilfsweise zu 4.,

        

5.    

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Erholungszeit von 4,19 Minuten je voller geleisteter Arbeitsstunde gemäß dem Tarifvertrag Erholungszeit der [X.] in der Fassung vom 1. August 1990 zu gewähren;

        

6.    

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Erholungszeit von 28.735,22 Minuten als bezahlte Freistellung nachzugewähren;

                 

hilfsweise zu 6.,

        

7.    

die Beklagte zu verurteilen, dem Arbeitszeitkonto des Klägers die seit 1. Januar 2012 bis einschließlich 31. März 2016 nicht gewährte Erholungszeit iHv. insgesamt 28.735,22 Minuten gutzuschreiben;

                 

hilfsweise zu 7.,

        

8.    

die Beklagte zu verurteilen, für den Kläger ein Arbeitszeitkonto nach den Regelungen des TV AZK [X.], [X.] 24. Juni 2007, zu führen und diesem Arbeitszeitkonto die seit dem 1. Januar 2012 bis einschließlich 31. März 2016 nicht gewährte Erholungszeit iHv. 28.735,22 Minuten gutzuschreiben;

                 

hilfsweise zu 8.,

        

9.    

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 9.658,10 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Regelungen zur Arbeit an Vorfesttagen und zur Erholungszeit seien bei dem vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich der Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“ zuzuordnen. Die tariflichen Regelungen zu dieser Sachgruppe seien bei der [X.] - [X.] 25. Juni 2007 - objektiv nicht günstiger als die bei der [X.] im Streitzeitraum geltenden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat auf die Berufung des [X.] der Klage zu den Vorfesttagen der Jahre 2014 und 2015 im Hauptantrag stattgegeben und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom [X.] für beide Parteien zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter, während die Beklagte die vollständige Klageabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet, die der [X.] begründet. Das [X.] hat zu Unrecht der Berufung des [X.] gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts teilweise stattgegeben. Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet.

I. Aufgrund des [X.] der Parteien steht fest, dass auf ihr Arbeitsverhältnis kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen der Tarifverträge, die die [X.] mit [X.] geschlossen hat, statisch mit dem [X.] 25. Juni 2007 nur Anwendung finden, soweit sie günstiger sind [X.] beiderseitiger Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis normativ geltenden. Eine Kollision beider Regelwerke ist nach dem Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 [X.] zu lösen ([X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 27, [X.]E 151, 221).

1. Bei der Prüfung der Günstigkeit kommt weder ein punktueller Vergleich von Einzelregelungen noch ein Gesamtvergleich in Betracht. [X.] ist vielmehr ein Sachgruppenvergleich, bei dem die durch Auslegung zu ermittelnden Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen, die in einem inneren Zusammenhang stehen, verglichen werden. Maßgebend sind bei dem anhand eines objektiven Beurteilungsmaßstabs vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich die abstrakten Regelungen und nicht das Ergebnis ihrer Anwendung im Einzelfall. Ist objektiv nicht zweifelsfrei feststellbar, dass die vom normativ geltenden Tarifvertrag abweichende Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist - sei es, weil es sich um eine „ambivalente“, sei es, weil es sich um eine „neutrale“ Regelung handelt -, verbleibt es bei der zwingenden Geltung des Tarifvertrags ([X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 28 ff., [X.]E 151, 221).

2. Die Dauer der Arbeitszeit und das dem Arbeitnehmer als Gegenleistung zustehende Entgelt sind zu einer Sachgruppe zusammenzufassen. Sie stehen als Teile der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten in einem engen, inneren sachlichen Zusammenhang, weil die Günstigkeit einer kürzeren oder längeren Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitsverhältnisses sich ebenso wenig isoliert beurteilen lässt, wie das Arbeitsentgelt ohne Rücksicht auf die hierfür aufzuwendende Arbeitszeit ([X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 35 ff. [X.], [X.]E 151, 221).

II. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger weder Anspruch auf die (Nach-)Gewährung von Zeitausgleich für die [X.] 24. und 31. Dezember der Jahre 2012 bis 2015 nach § 16 [X.] [X.] noch Anspruch auf eine Erholungszeit nach dem TV Erholungszeit [X.]. Die Regelung des [X.] [X.] zum Zeitausgleich an [X.]n ist ebenso Teil der Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“ (dazu 1.) wie die Tarifnormen zur Gewährung einer Erholungszeit nach dem TV Erholungszeit [X.] (dazu 2.). Diese statisch anwendbaren Regelungen der Tarifverträge der [X.] betreffend die Arbeitszeit und das Arbeitsentgelt sind im Streitzeitraum nicht günstiger iSd. § 4 Abs. 3 [X.] als die bei der [X.] geltenden tariflichen Regelungen (dazu 3.). Die Klage ist deshalb in den Hauptanträgen zu 1., zu 4. und zu 6. unbegründet.

1. Die Regelungen des § 16 [X.] [X.] zur Arbeit an den [X.]n 24. und 31. Dezember bilden entgegen der Auffassung des [X.]s keine eigene Sachgruppe, sondern sind der Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“ zuzuordnen.

a) Abgesehen davon, dass die Tarifvertragsparteien selbst die Bestimmungen zur Arbeit an [X.]n systematisch in den mit „Regelungen zur Arbeitszeit“ überschriebenen Abschnitt II des [X.] [X.] aufgenommen haben, steht die Arbeitsbefreiung an den [X.]n 24. und 31. Dezember (§ 16 Abs. 2 [X.] [X.]) bzw. deren „Nachgewährung“ bis zum 30. Juni des Folgejahres (§ 16 Abs. 3 [X.] [X.]) inhaltlich in einem engen, inneren sachlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsentgelt. Sie betrifft das Verhältnis der synallagmatischen Hauptleistungspflichten des § 611 Abs. 1 BGB. Der Sache nach ist die Arbeitsbefreiung eine „Zeitgratifikation“ (bezahlte Freizeit) aus besonderem Anlass, die an die herausgehobene Bedeutung, die diese Tage in weiten Teilen der Bevölkerung - unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft oder ihres Glaubens - als „Heiliger Abend“ und „[X.]“ haben, anknüpft.

b) Den engen inneren Zusammenhang zum Arbeitsentgelt verdeutlichen auch § 16 Abs. 4 [X.] [X.], der für aus betrieblichen Gründen notwendige Arbeit am 24. und 31. Dezember - wegen der in diesem Falle gemäß § 16 Abs. 3 [X.] [X.] nachzugewährenden bezahlten Freizeit - abweichend von § 20 Abs. 1 [X.] [X.] Zuschläge für Sonn- oder Feiertagsarbeit entfallen lässt, und die rein „vergütungsrechtliche Lösung“ bei den [X.]n in § 16, § 20 Abs. 1 (c) [X.]. Dort sind [X.] und [X.] nicht arbeitsfrei, die Beschäftigten erhalten indes einen Zuschlag zum Arbeitsentgelt.

2. Zu Recht hat das [X.] angenommen, die Regelungen zur Gewährung einer Erholungszeit nach dem TV Erholungszeit [X.] - sowohl idF vom 7. Juni 2006 als auch in derjenigen vom 1. August 1990 - seien der Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“ und nicht - wie der Kläger meint - einer Sachgruppe „bezahlte Freistellung von der Arbeit“ zuzuordnen.

Die Erholungszeit steht inhaltlich in einem engen, inneren sachlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsentgelt. Sie betrifft das Verhältnis der synallagmatischen Hauptleistungspflichten des § 611 Abs. 1 BGB, indem sie den zeitlichen Umfang der Arbeitspflicht pro Arbeitsstunde bestimmt. Es geht bei der Erholungszeit nicht wie bei den tariflichen Regelungen zu Zeiten ohne Arbeitsleistung (§§ 21 ff. [X.] [X.] bzw. §§ 21 ff. [X.]) darum, einen wegen fehlender Arbeitsleistung nach dem Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ an sich entfallenden Entgeltanspruch aufrechtzuerhalten. Vielmehr verstehen die Tarifvertragsparteien die Erholungszeit als einen „Zeitzuschlag“, der inhaltlich nichts anderes ist als eine bezahlte Pause. Dementsprechend sind die Erholungszeiten zu 75 % zu [X.] zusammenzufassen (§ 2 IV (1) TV Erholungszeit [X.] und § 2 IV (1) TV Erholungszeit [X.]). In ihrer Wirkung ist die Erholungszeit in Bezug auf die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit (§ 11 [X.] [X.]) eine Verkürzung der tatsächlich zu leistenden Arbeitszeit bei „vollem Lohnausgleich“.

3. Der im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung vorzunehmende Vergleich der Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“ in den für die [X.] und den für die Beklagte geltenden Tarifwerken führt dazu, dass die für das Arbeitsverhältnis der Parteien einzelvertraglich weiterhin - statisch - anwendbaren Regelungen der Tarifverträge der [X.] betreffend die Arbeitszeit und das Arbeitsentgelt im Streitzeitraum nicht günstiger iSd. § 4 Abs. 3 [X.] sind (vgl. im Einzelnen [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 33 ff., [X.]E 151, 221). Der Kläger hat zwar nach den bei der [X.] geltenden tariflichen Regelungen länger arbeiten müssen, jedoch lag sein Entgelt nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s im Streitzeitraum in jedem Jahr erheblich über demjenigen, das er nach den Tarifregelungen der [X.] - Stand 24. Juni 2007 - erhalten hätte. Deshalb lassen sich die arbeitsvertraglichen Regelungen im Vergleich zu den tarifvertraglichen nicht als günstiger, sondern lediglich als ambivalent qualifizieren. Das hat zur Folge, dass die statisch auf das Arbeitsverhältnis weiterhin anwendbaren Tarifverträge der [X.] mit Stand vom 24. Juni 2007 die normativ geltenden tariflichen Regelungen im Streitzeitraum nicht zu verdrängen vermochten (vgl. [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 45, aaO).

III. Die Hilfsanträge sind - wie schon beim [X.] - nicht zur Entscheidung angefallen.

1. Die Hilfsanträge zu 2. und zu 3. sind bei gebotener, vom Kläger in der Revisionsbegründung geteilter Auslegung nicht für jeden Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag auf Nachgewährung von Zeitausgleich für die streitgegenständlichen [X.] gestellt, sondern nur für den, dass § 16 [X.] [X.] nach dem Günstigkeitsprinzip Anwendung findet, das Gericht indes die vom Kläger im Hauptantrag angenommene Rechtsfolge nicht teilt. Dann sollen hilfsweise die nicht durch bezahlte Freistellung ausgeglichenen Stunden dem bei der [X.] geführten, hilfsweise einem nach den tariflichen Regelungen bei der [X.] zu führendem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden.

2. Zu Recht hat das [X.] angenommen, der „Hilfsantrag“ zu 5. sei kein solcher, sondern Teil des [X.] zu 4., mit dem der Kläger die Gewährung einer Erholungszeit pro Arbeitsstunde nach dem TV Erholungszeit [X.] begehrt, und zwar nach dessen Fassung vom 7. Juni 2006 oder - sollte er aus dem tariflichen Geltungsbereich herausgefallen sein - jedenfalls nach dessen Fassung vom 1. August 1990. Diese zutreffende Auslegung hat der Kläger in der Revisionsbegründung ausdrücklich gebilligt.

3. Auch die Hilfsanträge zu 7., zu 8. und zu 9. sind nicht zur Entscheidung angefallen. Sie betreffen nur die „Modalitäten“ der Nachgewährung in der Vergangenheit nicht gewährter Erholungszeiten und setzen daher voraus, dass das Gericht dem Grunde nach einen Anspruch des [X.] auf Erholungszeiten nach dem TV Erholungszeit [X.] für die Vergangenheit bejaht. Dieses schon vom [X.] angenommene Verständnis der Hilfsanträge hat der Kläger in der Revisionsbegründung bestätigt.

IV. [X.] folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

        

    [X.]    

        

    Volk    

        

    Biebl    

        

        

        

    A. Christen    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Meta

5 AZR 551/17

22.08.2018

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 4. Januar 2017, Az: 54 Ca 14767/15, Urteil

§ 1 TVG, § 4 Abs 3 TVG, § 611 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.08.2018, Az. 5 AZR 551/17 (REWIS RS 2018, 4549)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4549

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