Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2018, Az. VII ZB 27/17

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 15098

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:240118B[X.]27.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 27/17
vom

24. Januar 2018

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 850k Abs. 4; [X.] § 42 Abs. 4 (in der seit 1. August 2016 geltenden Fassung)
1. Bei der Festsetzung eines pfändungsfreien Betrags gemäß §
850k Abs.
4 ZPO ist auch der sich aus §
42 Abs.
4 SGB
II (in der seit 1. August 2016 geltenden [X.]) ergebende Pfändungsschutz zu berücksichtigen.
2. Werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]
für zurückliegende [X.]räume nachgezahlt, sind bei der [X.] des pfändungsfreien Betrages gemäß §
850k Abs.
4 ZPO die nachgezahlten Beträge den Leistungszeiträumen zuzurechnen, für die sie gezahlt werden (Fortfüh-rung von [X.], Beschluss vom 25.
Oktober
2012

VII
ZB
31/12, MDR
2013, 57; vgl. Beschluss vom 24.
Januar
2018

VII
ZB
21/17).
[X.], Beschluss vom 24. Januar 2018 -
VII ZB 27/17 -
LG [X.]

AG Schöneberg

-
2
-

Der
VII. Zivilsenat des [X.] hat am
24. Januar 2018
durch [X.] Eick,
die
Richter Halfmeier
und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen [X.] und Borris
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der Zivilkammer
51 des [X.] vom 27.
Februar 2017 aufgehoben. Zudem wird der Beschluss des Amtsgerichts

Vollstreckungsgericht

Schöneberg vom 2.
Januar 2017 aufge-hoben, soweit er über die Aufhebung der mit Beschluss vom 15.
November 2016 angeordneten einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung
hinausgeht.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag
des Schuldners vom 22.
September 2016, ergänzt durch den Antrag
vom 15.
November 2016, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Amtsgericht -
Vollstreckungsgericht -
Schöneberg [X.].
Bis eine rechtskräftige Entscheidung über den dem Schuldner für den Monat September 2016 zustehenden pfändungsfreien Betrag getroffen worden ist, darf das Guthaben dieses Monats weiterhin nicht an die Gläubigerin
geleistet werden und ist es über einen Be-trag von 1.073,88

d-ners entzogen.
-
3
-

Gründe:
I.
Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid wegen einer Forderung
von 478,82

Zinsen.
Sie erwirkte im Juli 2016 einen Pfändungs-
und Überweisungsbe-schluss, mit dem Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin, eine Bank, aus einem näher bezeichneten Konto gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen wurden. Das Konto wird als Pfändungsschutzkonto im Sinne von §
850k ZPO geführt.
Auf Antrag des Schuldners vom 17.
Juni 2016 bewilligte ihm das Jobcen-ter
mit Bescheid vom 5.
September 2016 für den [X.]raum vom 1.
Juli 2016 bis 31.
Dezember 2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] in Höhe von monatlich 910

Dem Pfändungs-schutzkonto des Schuldners wurden
deshalb
im September 2016 insgesamt 3.640

gutgeschrieben, und zwar am 8.
September 2016 2.730

h-lung für die Monate Juli bis September 2016 und am 30.
September 2016 wei-tere 910

Am 22.
September 2016, ergänzt am
15.
November 2016,
hat der Schuldner bei dem Amtsgericht -
Vollstreckungsgericht -
beantragt, den un-pfändbaren Betrag für den Monat September
2016 zu erhöhen. Nachdem das Amtsgericht -
Vollstreckungsgericht
-
zunächst mit Beschluss vom 15.
November 2016 einstweilen die Zwangsvollstreckung eingestellt hatte, hat es mit weiterem Beschluss vom 2.
Januar 2017 die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aufgehoben und überdies entsprechend dem Antrag des Schuldners den pfändungsfreien Betrag für den Monat September 2016 einma-lig auf 3.640

Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwer-1
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3
-
4
-

de der Gläubigerin zurückgewiesen; zudem hat es angeordnet, dass der für den Monat September 2016 einen Betrag von 1.073,88

rsteigende Betrag bis zur Rechtskraft seiner Entscheidung nicht an den Schuldner ausgezahlt werden dürfe. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Gläubigerin weiterhin gegen eine Erhöhung des pfändungsfreien Betrags für den Monat September 2016.
II.
Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statthafte und auch im Übri-gen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angegriffenen Ent-scheidungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht -
Voll-streckungsgericht.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, das Amtsgericht habe zu Recht auf Antrag des Schuldners gemäß §
850k Abs.
4 ZPO den pfändungs-freien Betrag für den Monat September 2016 einmalig auf 3.640

Zwar ermögliche §
850k Abs.
4 ZPO nicht das Durchbrechen des sich aus §
850k Abs.
1 ZPO ergebenden Zuflussprinzips in der Weise, dass das Vollstreckungsgericht eine erfolgte Nachzahlung auf die Monate umverteilen könne, für die die Nachzahlung erfolgt sei und sich der pfändbare Betrag aus der Summe der jeweils in diesen Monaten fiktiv pfändbaren Beträge ergebe.
Gemäß §
850k Abs.
4 Satz
2 ZPO
sei jedoch §
17 Abs.
1 Satz
2 SGB
XII entsprechend anzuwenden. Diese Norm bestimme, dass der Anspruch auf [X.] nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch
nicht gepfändet werden könne. Gemäß §
850k Abs.
4 ZPO i.V.m. §
17 Abs.
1 Satz
2 SGB
XII habe das Vollstreckungsgericht somit auf Antrag des Schuldners auf das Konto einge-hende Sozialhilfeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch freizu-4
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5
-

stellen.
Entsprechendes habe in analoger Anwendung für die Grundsicherung für Arbeitssuchende gemäß §
42 Abs.
4 SGB
II zu gelten. Zwar habe der Ge-setzgeber die Vorschrift des §
42 Abs.
4 SGB
II nach dessen Inkrafttreten am 1.
August 2016 (noch) nicht in den Katalog des §
850k Abs.
4 ZPO aufgenom-men. Allerdings habe der Gesetzgeber den
§
42 Abs.
4 [X.] gerade mit der Intention neu gefasst, eine Gleichstellung mit der Unpfändbarkeit der Sozialhilfe gemäß §
17 Abs.
1 SGB
XII herbeizuführen.
2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis weitgehend
stand.
a) Mit §
850k Abs.
4 ZPO soll sichergestellt werden, dass das [X.] in den für den allgemeinen Pfändungsschutz von Arbeitsein-kommen und gleichgestellter Einkünfte vorgesehenen Fällen auch bei der [X.] einen anderen pfändungsfreien Betrag festlegen kann (vgl. BTDrucks.
16/7615, S.
20; [X.][X.], 5.
Aufl., §
850k Rn.
41 m.w.[X.]). Die Regelung verpflichtet das Vollstreckungsgericht, grundsätzlich das Gesamtkonzept des [X.] auf das Pfändungsschutzkonto zu beziehen (vgl. [X.], [X.], 117, 118; Musielak/[X.]/[X.], ZPO, 14.
Aufl., §
850k Rn.
5).
b) Wie das Beschwerdegericht
im Ergebnis
zutreffend annimmt, ist bei der Festsetzung eines pfändungsfreien Betrags gemäß §
850k Abs.
4 ZPO auch die neugeschaffene, seit 1.
August 2016 geltende Regelung des §
42 Abs.
4 SGB
II zu berücksichtigen.
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass diese Vorschrift in der Verweisung des §
850k Abs.
4 Satz
2 ZPO nicht erwähnt ist.
aa) Weder dem Wortlaut des §
850k Abs.
4 Satz
1 ZPO noch dem Wort-laut des §
850k Abs.
4 Satz
2 ZPO ist zu entnehmen, dass die Festsetzung ei-nes abweichenden pfändungsfreien Betrags ausschließlich aufgrund der ent-8
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-
6
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sprechenden
Anwendung der in Satz 2 genannten
Vorschriften möglich ist.
Die Aufzählung ist nicht abschließend.
bb) Die Gesetzgebungshistorie lässt nicht erkennen, dass der [X.] bewusst davon abgesehen hätte, §
42 Abs.
4 SGB
II in §
850k Abs.
4 Satz
2 ZPO zu erwähnen, weil dessen Regelungsgehalt
bei der Festsetzung des pfändungsfreien Betrags nicht berücksichtigt
werden solle.
Bei Einführung des ab dem 1.
Juli 2010 geltenden §
850k Abs.
4 ZPO wurden in dessen Satz
2 Vorschriften des Pfändungsschutzes von Arbeitsein-kommen und gleichgestellter Einkünfte aufgeführt, um den [X.] Gleichlauf für
das Pfändungsschutzkonto zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks.
16/7615, S.
20; BT-Drucks.
16/12714, S.
20).
Damals existierte die Vorschrift des §
42 Abs.
4 SGB
II noch nicht, so dass ihre Erwähnung nicht in Betracht kam.
Vielmehr waren Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem [X.] zu dieser [X.] gemäß §
54 Abs.
4
SGB
I wie Arbeitseinkommen pfändbar (vgl. BT-Drucks.
18/8041, S.
56; [X.], Beschluss vom 25.
Oktober 2012 -
VII ZB 31/12, MDR
2013, 57 Rn.
10 m.w.[X.]).
Im Jahr 2016 ordnete der Gesetzgeber in §
42 Abs.
4 SGB
II
die Un-pfändbarkeit des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunter-halts an.
Den [X.] ist nicht zu entnehmen, dass bei [X.] des §
42 Abs.
4 SGB
II eine Erweiterung des Katalogs des §
850k Abs.
4 Satz
2 ZPO überhaupt in Betracht gezogen oder gar aus inhaltlichen Gründen unterlassen worden wäre.
cc) Es ist schließlich kein Grund ersichtlich, der dafür sprechen könnte, den durch §
850k Abs.
4 ZPO bezweckten grundsätzlichen
Gleichlauf des Pfändungsschutzes auf dem Pfändungsschutzkonto mit dem allgemeinen Pfän-12
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7
-

dungsschutz in der Weise zu durchbrechen, dass der sich aus §
42 Abs.
4 SGB
II ergebende Pfändungsschutz unbeachtlich wäre.
Würde man dies an-nehmen, stünde der Leistungsempfänger deutlich schlechter als vor der [X.] dieser Vorschrift, weil der sich nach bisheriger Rechtslage aus §
54 Abs.
4
SGB
I ergebende Pfändungsschutz gemäß dem Wortlaut des §
850k Abs.
4 Satz
2 ZPO einen entsprechenden Pfändungsschutz auf dem [X.] nach sich zog. Der Gesetzgeber hat mit Einführung des §
42 Abs.
4 SGB
II aber gerade keine Schlechterstellung des Leistungsempfängers beabsichtigt.
Vielmehr sollte nach der Begründung des Gesetzentwurfs sicher-gestellt werden, dass die der Sicherung des Existenzminimums dienenden Lebensunterhaltsleistungen
des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch bei den leis-tungsberechtigten Personen verbleiben (vgl. BT-Drucks.
18/8041, S.
56).
Der Begründung des Gesetzentwurfs ist zudem zu entnehmen, dass
die Regelung zur Unpfändbarkeit des Anspruchs auf Sozialhilfe gemäß §
17 Abs.
1 SGB
XII entsprechend auf das [X.] übertragen wer-den sollte (vgl. BTDrucks.
18/8041, aaO). Es steht im Einklang mit dieser be-absichtigten Gleichstellung,
wenn bei Beschlüssen gemäß §
850k Abs.
4 ZPO der
Pfändungsschutz gemäß §
42 Abs.
4 SGB
II ebenso berücksichtigt wird, wie dies für den Anspruch auf Sozialhilfe gemäß §
850k Abs.
4 Satz
2 ZPO, §
17 Abs.
1 Satz
2 SGB
XII
ausdrücklich vorgesehen ist.
c) Nicht durchzudringen vermag die Rechtsbeschwerde mit ihrer Ansicht, bei Beschlüssen gemäß §
850k Abs.
4 ZPO sei der sich aus §
42 Abs.
4 SGB
II ergebende Pfändungsschutz nicht zu berücksichtigen, wenn er sich auf Nach-zahlungen bezüglich zurückliegender [X.]räume bezieht.
aa) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, Empfänger von Arbeitslosengeld
II seien im Verhältnis zu Sozialhilfeempfängern aufgrund des 16
17
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-
8
-

sozialrechtlichen Aktualitätsgrundsatzes ("in praeteritum non vivitur") vermindert schutzbedürftig, soweit es um Leistungen für zurückliegende [X.]räume geht.
Die Rechtsbeschwerde weist darauf hin, dass wegen des in §
40 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 SGB
II zum Ausdruck kommenden Aktualitätsgrundsatzes
der [X.] auf Gewährung von Leistungen nach dem [X.] für zurückliegende [X.]räume eingeschränkt
sei; der Gesetzesbegründung zufolge sollten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im besonde-ren Maße die Deckung gegenwärtiger Bedarfe bewirken und werden deshalb gegebenenfalls nur für vergleichsweise kurze [X.]räume rückwirkend erbracht (vgl. BTDrucks.
17/3404, S.
114
f.).
Der von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommene [X.] vermag allerdings im Falle der
Gewährung von Leistungen für zurücklie-gende [X.]räume nicht zu rechtfertigen, den
Leistungsempfänger als vermindert schutzwürdig anzusehen und ihm bezüglich der gewährten Leistungen
Pfän-dungsschutz auf dem Pfändungsschutzkonto vorzuenthalten. Denn der fehlen-de Pfändungsschutz auf dem Pfändungsschutzkonto hätte zur Folge, dass die Leistungen im Ergebnis nicht dem Leistungsempfänger, sondern seinen Gläu-bigern zugutekämen. Das aber widerspräche dem Zweck der Leistungen. [X.] nach dem [X.], insbeson-dere Arbeitslosengeld
II und Sozialgeld, dienen der Sicherung des [X.] und sollen daher bei den leistungsberechtigten Personen verbleiben (vgl. BTDrucks.
18/8041, S.
56).
bb) Entgegen der Argumentation der Rechtsbeschwerde kann auch aus der Nichterwähnung
des §
42 Abs.
4 SGB
II im Katalog des §
850k Abs.
4 Satz
2 ZPO nicht die gesetzgeberische Wertung abgelesen werden, ein Emp-fänger von Leistungen nach dem [X.] sei vermin-19
20
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-
9
-

dert schutzwürdig, soweit es um Leistungen für zurückliegende
[X.]räume gehe. Für den Ausdruck einer solchen Wertung wäre die Nichterwähnung des §
42 Abs.
4 SGB
II im Katalog des §
850k Abs.
4 Satz
2 ZPO schon deshalb unge-eignet, weil der genannte Katalog nicht nur für Leistungen hinsichtlich zurück-liegender [X.]räume von Bedeutung ist, sondern auch für Leistungen, die sich auf den gegenwärtigen [X.]raum
beziehen.
cc) Nicht nachvollziehbar ist schließlich die Auffassung der Rechtsbe-schwerde, aus §
850k Abs.
1 Satz
3 ZPO ergebe sich, dass die nachgezahlten Beträge dem Schuldner nicht zur Verfügung stehen dürften; zwar seien die [X.] nicht auf dem Pfändungsschutzkonto des Schuldners, sondern bei dem Sozialleistungsträger angespart worden, doch rechtfertige dieser [X.] keine Besserstellung des Schuldners.
Die Rechtsbeschwerde scheint anzunehmen, es gereiche dem Schuldner zum Nachteil, wenn er Guthaben nicht verbraucht, das er nicht verbrauchen kann, weil es ihm nicht zur Verfü-gung steht. Das liegt indes fern und ergibt sich auch nicht aus §
850k Abs.
1 Satz
3 ZPO.
d)
Aus dem Umstand allein, dass dem Schuldner für zurückliegende [X.]-räume gezahlte
Leistungen unpfändbar gemäß §
42 Abs.
4 SGB
II sind, kann allerdings -
entgegen der Annahme des [X.] -
nicht geschlos-sen werden, dass dem Schuldner im Monat der Nachzahlung gemäß §
850k Abs.
4 ZPO auf dem Pfändungsschutzkonto in jedem Fall ein pfändungsfreier Betrag in Höhe der Summe der unpfändbaren Leistungen zu gewähren wäre. Vielmehr ist dem Schuldner hinsichtlich der nachgezahlten Beträge
lediglich in dem Umfang ergänzender Pfändungsschutz zu gewähren, wie ihm unter An-wendung von §
850k
ZPO zugestanden hätte, wenn die Beträge in den
Leis-tungszeiträumen gezahlt worden wären, auf die sie sich beziehen (vgl. beispiel-22
23
-
10
-

haft für eine solche Berechnung LG
Nürnberg-Fürth, [X.] 2016, 494
ff., juris
Rn.
9 ff.).
Die beschriebene Zurechnung nachgezahlter Beträge zu den Leistungs-zeiträumen, für die sie gezahlt werden, ist bei Nachzahlungen wiederkehrender Bezüge allgemein anerkannt (vgl. [X.], Beschluss vom 25.
Oktober 2012

VII
ZB 31/12, MDR
2013, 57 Rn.
20; Beschluss vom 24.
Januar 2018

VII
ZB
21/17; [X.], VuR
2014, 117; jeweils m.w.[X.]). Sie ist, da sie zum Ge-samtkonzept des [X.] gehört, auch bei Beschlüssen gemäß §
850k Abs.
4 ZPO maßgeblich (vgl. [X.], VuR
2014, 117, 118; [X.], ZVI
2016, 50, 51; [X.], Beschluss vom 14.
März 2017 -
12 [X.], juris Rn.
20; [X.][X.], ZPO, 9.
Aufl., §
850k Rn.
48; Musielak/[X.]/[X.], ZPO, 14.
Aufl., §
850k Rn.
5; BeckOK
ZPO/[X.], Stand: 1.
Dezember 2017, §
850k Rn.
29b).
Ohne die beschriebene Zurechnung könnte es zu einer ungerechtfertig-ten Bevorteilung eines Schuldners kommen, der in den Monaten, auf die sich die Nachzahlung bezieht, bereits Pfändungsschutz in Anspruch genommen
hat. Dem Schuldner soll jedoch im Ergebnis auf dem Pfändungsschutzkonto weder mehr noch weniger Pfändungsschutz gewährt werden, als ihm zugestanden hätte, wenn die nachgezahlten Beträge in den Leistungszeiträumen gezahlt worden wären, auf die sie sich beziehen.
Wären auf dem Pfändungsschutzkon-to eines Schuldners beispielsweise im August 2016 Arbeitslosengeld
II in Höhe von 910

grundsätzlich pfändbare Zahlungen
in Höhe von 800

eingegangen, so wäre ein Teil der Zahlungseingänge von 1.710

d-bar gewesen; es ist nicht geboten, dem Schuldner insgesamt mehr Pfändungs-schutz zu gewähren, wenn das Arbeitslosengeld
II erst später nachgezahlt wird.

24
25
-
11
-

3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Bislang ist nicht festgestellt, in welchem Umfang dem Schuldner zusätzlicher
Pfändungsschutz zugestanden hätte, wenn die nachgezahlten Beträge in den [X.] gezahlt worden wären, auf die sie sich beziehen. Die Sache ist daher an das Amtsgericht -
Vollstreckungsgericht -
zurückzuverweisen, §
577 Abs.
4 Satz
1, § 572 Abs. 3 ZPO.
Bei der Bemessung des Pfändungsschutzes, der dem Schuldner zuge-standen hätte, wenn ihm die Zahlung für Juli 2016 bereits in diesem Monat zu-geflossen wäre, wird zu berücksichtigen sein, dass §
42 Abs.
4 SGB
II erst am 1.
August 2016 in Kraft getreten ist
und Leistungen zur Sicherung des [X.] nach dem [X.] zuvor gemäß §
54 Abs.
4 SGB
I wie Arbeitseinkommen pfändbar waren (vgl. BTDrucks.
18/8041, S.
56; [X.], Beschluss vom 25.
Oktober 2012 -
VII ZB 31/12, MDR
2013, 57 Rn.
10 m.w.[X.]; Beschluss vom 24.
Januar 2018 -
VII
ZB
21/17).
Bei der neuen Beschlussfassung besteht Gelegenheit,
in geeigneter Form sicherzustellen, dass dem
Schuldner der pfändungsfreie
Betrag tatsäch-lich zugutekommt. Hierfür könnte etwa angeordnet werden, dass der
Schuldner über den pfändungsfreien Betrag des Monats September 2016, der über 1.073,88

bis Ende des
Kalendermonats
der
Rechtskraft der Ent-scheidung verfügen
darf, sowie zu bestimmen, dass
-
soweit über ihn bis dahin nicht verfügt wurde
-
der über 1.073,88

s-freien Betrags des Monats September 2016 entsprechend §
850k Abs.
1 Satz
3 ZPO in dem darauffolgenden Kalendermonat nicht von der Pfändung erfasst
wird.

26
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28
-
12
-

4. Die einstweilige Anordnung beruht auf §
850k Abs.
4 Satz
3, §
732 Abs.
2 ZPO und setzt die durch das Beschwerdegericht getroffene einstweilige Anordnung fort.
Eick
Halfmeier
Jurgeleit

[X.]

Borris

Vorinstanzen:
AG [X.]-Schöneberg, Entscheidung vom 02.01.2017 -
30 M 4938/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 27.02.2017 -
51 [X.]/17 -

29

Meta

VII ZB 27/17

24.01.2018

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2018, Az. VII ZB 27/17 (REWIS RS 2018, 15098)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15098

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZB 27/17

VII ZB 31/12

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