Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2004, Az. IX ZB 258/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 718

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[X.][X.]/03
vom 11. November 2004 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja

[X.] §§ 7, 14 Abs. 1, 34 Abs. 1; ZPO § 574 Abs. 2

Jedenfalls dann, wenn die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Insolvenz-rechtsbeschwerde nicht gegeben sind, kann vor dem Rechtsbeschwerdegericht ein Gläubigerantrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht mehr einseitig für erledigt erklärt werden.

[X.], [X.]uß vom 11. November 2004 - [X.] 258/03 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Ganter, [X.] und [X.] sowie die Richterin [X.]

am 11. November 2004 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß der 4. Zivilkammer des [X.] vom 28. Oktober 2003 wird auf Kosten der Antragstellerin verworfen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 500.000 •.

Gründe:
[X.]
Die Antragstellerin kaufte von der [X.] und der K.

GmbH & Co. KG - die gemeinsam die Aktien der [X.] (fortan: Schuldnerin) hielten - sämtliche Aktien der Schuldnerin. Als auflösende Bedin-gung war vereinbart, daß die Antragstellerin bis zu einem bestimmten Termin eine Bareinlage von 500.000 • direkt an die Schuldnerin leisten sollte. Wegen verspäteter Zahlung erklärten die Verkäufer, daß die auflösende Bedingung eingetreten, der Kaufvertrag mithin nicht mehr gültig sei. Nachdem die Schuld-nerin einer Aufforderung der Antragstellerin zur Rückzahlung der 500.000 • - 3 - keine Folge leistete, hat die Antragstellerin Antrag auf Eröffnung eines [X.] über das Vermögen der Schuldnerin gestellt.

Das Insolvenzgericht hat die Eröffnung abgelehnt, weil die Antragstelle-rin ihre Forderung und den von ihr behaupteten Eröffnungsgrund der [X.] nicht glaubhaft gemacht habe. Die dagegen gerichtete [X.] Beschwerde der Antragstellerin hat das [X.] zurückgewiesen. [X.] hat sich die Antragstellerin mit ihrer Rechtsbeschwerde gewandt. Später hat das Insolvenzgericht auf Antrag eines Dritten das Insolvenzverfahren eröff-net. Daraufhin hat die Antragstellerin "das Rechtsbeschwerdeverfahren" in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Insolvenzverwalter hat sich dazu nicht [X.].

I[X.]

Die Rechtsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil die Zuläs-sigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. [X.] ist eine Erledigung nicht eingetreten.

1. Für den Zivilprozeß ist umstritten, ob nur die Hauptsache oder auch ein Rechtsmittel für erledigt erklärt werden kann (offengelassen von [X.]Z 127, 74, 82; vgl. ferner [X.], ZPO 22. Aufl. § 91a Rn. 61 f; [X.]/ [X.], ZPO 25. Aufl. § 91a Rn. 8; [X.] NJW 1992, 1655, 1656; [X.] JZ 2001, 445). Zum insolvenzrechtlichen Beschwerdeverfahren liegen dazu - so-weit ersichtlich - bislang noch keine Stellungnahmen vor. Einer abschließenden - 4 - Äußerung des Senats bedarf es insoweit nicht. Denn der Erledigungserklärung der Antragstellerin ist - trotz ihres Wortlauts - zu entnehmen, daß sie nicht das Rechtsbeschwerdeverfahren, sondern die Hauptsache für erledigt erklären wollte. Die Antragstellerin hat beantragt, "die Verfahrenskosten" der Masse aufzuerlegen. Da die Kosten der Vorinstanzen der Antragstellerin auferlegt worden sind, ist dieses Ziel für sie nur erreichbar, wenn sich ihre Erledigungs-erklärung auf das Verfahren im Ganzen bezieht. Die bloße Erledigung des [X.] ließe die Kostenverteilung in den Vorinstanzen unberührt.

2. Solange nicht das Gericht den Eröffnungsbeschluß erlassen hat, kann bei einem Fremdantrag der Antragsteller die Hauptsache für erledigt erklären ([X.], 150; [X.] NZI 2001, 318, 319; MünchKomm-[X.]/ Ganter, § 4 Rn. 28; MünchKomm-[X.]/[X.], § 13 Rn. 112; [X.], [X.] 12. Aufl. § 14 Rn. 84; [X.], [X.] § 13 Rn. 126). Im [X.] Fall ist zwar ein Eröffnungsbeschluß ergangen, aber eben nicht auf den Antrag der Antragstellerin hin; dieser ist vielmehr abgelehnt geblieben und kann sich infolge "prozessualer Überholung" erledigt haben.

3. Es ist von einer einseitigen Erledigungserklärung der Antragstellerin auszugehen.

Teilweise wird zwar die Ansicht vertreten, wenn der dazu angehörte Schuldner keine Stellungnahme abgebe, sei sein Schweigen als Erledigungs-erklärung / Zustimmung zur Erledigungserklärung des Antragstellers zu verste-hen ([X.] ZIP 2001, 257; MünchKomm-[X.]/[X.], § 13 Rn. 115); andere nehmen in diesem Fall eine einseitige Erledigungserklärung an ([X.] - 5 - [X.], 318, 319; HK-[X.]/Kirchhof, § 14 Rn. 42; [X.], [X.] § 13 Rn. 126; FK-[X.]/[X.], 3. Aufl. § 13 Rn. 109; [X.] EWiR 2001, 680). Der Senat schließt sich der zweiten Auffassung an. Grundsätzlich gilt im Verfahrensrecht Schweigen nicht als Zustimmung, es sei denn, es ist etwas anderes vorgeschrieben (vgl. etwa § 91a Abs. 1 Satz 2, § 269 Abs. 2 Satz 4 ZPO). Dies ist hier nicht der Fall. Im übrigen kann auch eine einseitige Erklärung zur Feststellung der Erledigung des [X.] füh-ren, so daß zu der Frage, ob der Antrag begründet gewesen ist, in keinem Fal-le mehr eine Sachaufklärung erfolgen muß.

4. Im Falle einer einseitigen Erledigungserklärung des antragstellenden Insolvenzgläubigers gelten die Grundsätze, die für den Zivilprozeß zur einseiti-gen Erledigungserklärung des [X.] entwickelt worden sind, in modifizierter Form ([X.] NZI 2001, 318, 319; MünchKomm-[X.]/[X.], § 13 Rn. 119; [X.], aaO; [X.], aaO). Hier wie dort hat das Gericht zu prüfen, ob der Antrag bis zu der Erledigungserklärung zulässig ge-wesen ist. Wird die Erledigung in einem höheren Rechtszug erklärt, muß auch das Rechtsmittel zulässig sein ([X.], [X.] v. 15. Januar 2004 - [X.] 197/03, [X.], 216). Trifft diese Voraussetzung nicht zu, ist das Rechtsmit-tel zu verwerfen, und es sind gemäß § 4 [X.], § 91 ZPO dem Antragsteller die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

5. In den Vorinstanzen ist entschieden worden, die Antragstellerin habe keinen gemäß § 14 Abs. 1 [X.] Erfolg versprechenden Antrag gestellt. Dieser sei unzulässig, weil eine Forderung der Antragstellerin gegen die Schuldnerin nicht glaubhaft gemacht sei; ein etwaiger Bereicherungsausgleich habe im [X.] zwischen den Kaufvertragsparteien stattzufinden. Demgemäß sei aus - 6 - dem Umstand, daß die Schuldnerin die 500.000 • nicht zurückgezahlt habe, auch nicht auf deren Zahlungsunfähigkeit zu schließen. Die Rechtsbeschwerde hat nicht aufzuzeigen vermocht, daß sich insofern eine Rechtsfrage von grund-sätzlicher Bedeutung stellt oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 4 [X.], § 574 Abs. 2 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde hat - vor der Erledigungserklärung - der Sache grundsätzliche Bedeutung insoweit beigemessen, als höchstrichterlich noch nicht geklärt sei, ob die von der Rechtsprechung zum "[X.] in der Bereicherungskette" entwickelten Grundsätze auch dann anwendbar seien, wenn das Tilgungsverhältnis unwirksam sei und ein [X.] nicht be-stehe (offen gelassen von [X.], [X.]. v. 1. Juni 1989 - [X.], NJW 1989, 2879, 2881; bejahend [X.] Saarbrücken NJW-RR 2000, 845; [X.]/[X.], 4. Aufl. § 812 Rn. 47; [X.]/[X.], [X.]. § 812 Rn. 65 a.E.).

Eine rechtlich ungeklärte Forderung ist zur Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrundes ungeeignet (vgl. [X.], [X.]. v. 19. Dezember 1991 - [X.], [X.], 947; [X.]/[X.], [X.] § 14 Rn. 28). Denn wegen dieser - 7 - Unklarheit konnte die Schuldnerin die Zahlung an die Antragstellerin [X.], und dann folgte aus dem Unterbleiben der Zahlung nichts für eine [X.] der Schuldnerin.

[X.] Ganter [X.]

[X.] [X.]

Meta

IX ZB 258/03

11.11.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2004, Az. IX ZB 258/03 (REWIS RS 2004, 718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 718

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