Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2003, Az. I ZB 27/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3802

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[X.] ZB 27/01vom20. März 2003in der [X.] die Geschmacksmusteranmeldung Nr. 400 04 673.3Nachschlagewerk:[X.] : [X.]: jaDM-Tassen[X.] § 7 Abs. 2Ein Muster oder Modell, das die dekorative Abbildung gesetzlicher Zahlungs-mittel zum Gegenstand hat (hier: [X.] und [X.] Münzen [X.]), verstößt nicht gegen die öffentliche Ordnung i.S. von § 7 Abs. 2[X.].[X.], [X.]. v. 20. März 2003 - [X.]/01 - [X.]- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 20. März 2003 durchden Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und [X.], Prof.[X.], [X.] und [X.]:Die Rechtsbeschwerde gegen den an [X.] Statt [X.] Oktober 2001 zugestellten [X.]uß des [X.] ([X.]) des [X.] wird auf Ko-sten des Präsidenten des [X.] zu-rückgewiesen.Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 [X.]:[X.] Der Anmelder begehrt mit seiner am 8. Mai 2000 eingereichten [X.] die Eintragung von neun Mustern in das [X.]. Gegen-stand der Anmeldung sind Tassen mit Abbildungen von [X.] und von[X.]n Münzen, wie nachfolgend beispielhaft wiedergegeben:Das [X.] ([X.]) hat festgestellt,daß Schutz für die angemeldeten Muster nicht erlangt worden sei, und hat [X.] versagt. Es hat angenommen, die Veröffentlichung der Muster unddie Verbreitung von Nachbildungen würden gegen die öffentliche Ordnung ver-stoßen.Im Beschwerdeverfahren ist der Präsident des [X.] dem Verfahren auf eine entsprechende Anheimgabe des Bundes-patentgerichts (§ 10a Abs. 1 [X.] i.V. mit § 77 [X.]) beigetreten [X.] beantragt, die Beschwerde des Anmelders zurückzuweisen.- 4 -Das [X.] hat den [X.]uß des [X.] ([X.]) aufgehoben (B[X.]E 44, 148).Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde begehrt der Präsident des[X.] die Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und die Zurückverweisung der Sache an das [X.].I[X.] Das [X.] hat die angemeldeten Muster für eintra-gungsfähig gehalten und ein Schutzhindernis i.S. des § 7 Abs. 2 [X.] fürnicht gegeben erachtet. Dazu hat es ausgeführt:Weder die Veröffentlichung der Muster im Geschmacksmusterblatt nochdie Verbreitung von Nachbildungen verstoße gegen die öffentliche Ordnung.Abzustellen sei nur auf die Muster in ihrer konkret angemeldeten Form.Nur wenn deren Gestaltung gesetz- oder sittenwidrig sei, komme eine Eintra-gungsversagung in Betracht. Die Gefahr einer künftigen ungerechtfertigtenGeltendmachung von [X.] aus einzelnen Musterelementen [X.] einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung nicht begründen. Gegen [X.] und Anbieten eines Gegenstandes mit den in Rede stehendenAbbildungen von Banknoten und Münzen bestünden keine Bedenken.Das im [X.] vorgesehene absolute Schutzhindernis für staatli-che Hoheitszeichen (§ 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.]) sei kein für Muster entspre-chend geltender Fall eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung. Die Vor-schrift des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] sei eine eigenständige Regelung, wie [X.] mit § 8 Abs. 2 Nr. 5 [X.] zeige, der die Eintragung einer Marke- 5 -wegen eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung gesondert regele. [X.] verbiete § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] nur die Verwendung staatlicher Ho-heitszeichen in einer Marke, d.h. einer Kennzeichnung, die der [X.] von denjenigen andererUnternehmen diene. Da damit nicht jede Ausnutzung staatlicher Hoheitszeichenfür geschäftliche Zwecke verboten sei, lasse sich das markenrechtliche Verboteiner Monopolisierung staatlicher Hoheitszeichen nicht als allgemeiner Rechts-grundsatz auf Muster übertragen.Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung könne nur bei einer ersichtlichmißbräuchlichen gesetzwidrigen Verwendung eines staatlichen Hoheitszei-chens in einem Muster angenommen werden. Bei den hier zu beurteilendengesetzlichen Zahlungsmitteln sei schon zweifelhaft, ob sie überhaupt staatlicheHoheitszeichen seien. Jedenfalls stelle die dekorative Abbildung auf [X.] keine mißbräuchliche gesetzwidrige Verwendung dar.II[X.] Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. DieBeurteilung des [X.], der Eintragung des angemeldeten Ge-schmacksmusters stehe ein Schutzhindernis nach § 7 Abs. 2 [X.] nichtentgegen, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.1. Nach der Bestimmung des § 7 Abs. 2 [X.] wird der Schutz ge-gen Nachbildung durch die Anmeldung nicht erlangt, wenn die [X.] oder Modells oder die Verbreitung einer Nachbildung gegen dieöffentliche Ordnung verstoßen würde. Das setzt voraus, daß durch das [X.] Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens oder die tragendenGrundsätze der Rechtsordnung in Frage gestellt werden (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 7 [X.]. 72; [X.]/[X.],- 6 -[X.], 2. Aufl., § 7 [X.]. 15; vgl. auch zu § 2 Nr. 1 [X.]:[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 2 [X.]. 5; Busse/Keuken-schrijver, [X.], 5. Aufl., § 2 [X.]. 13; zu § 8 Abs. 2 Nr. 5 [X.]: [X.], Markenrecht, 3. Aufl., § 8 [X.]. 346; [X.]/[X.], [X.],6. Aufl., § 8 [X.]. 246; a.A. [X.]/[X.], [X.], § 8 [X.]. 112). [X.] bei einer Abbildung gesetzlicher Zahlungsmittel auf Gebrauchsgegen-ständen, wie Kaffeetassen, nicht die Rede sein. Es fehlen besondere, einenVerstoß gegen die öffentliche Ordnung erst begründende Umstände.2. Ein allgemeines Verbot, gesetzliche Zahlungsmittel auf Produkten [X.] und diese Produkte zu vertreiben, gibt es nicht. Ein derartiges grund-sätzliches Verbot ist, anders als die Rechtsbeschwerde meint, nicht § 8 Abs. 2Nr. 6 [X.] zu entnehmen, wonach Marken mit staatlichen Hoheitszeichenvon der Eintragung als Marke ausgenommen sind. Schon wegen der unter-schiedlichen Schutzrichtung und wirtschaftlichen Bedeutung des Markengeset-zes und des [X.]es ist das Verbot des § 8 Abs. 2 Nr. 6[X.] nicht auf Geschmacksmuster übertragbar.a) Zu den Hoheitszeichen i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] werden [X.] auch gesetzliche Zahlungsmittel gerechnet (vgl. [X.] aaO § 8[X.]. 360; [X.]/[X.] aaO § 8 [X.]. 118; [X.]/[X.] aaO § 8[X.]. 283). Dazu zählen auch die abgebildeten Banknoten und Münzen, [X.] infolge § 1 Satz 1 des Gesetzes über die Beendigung der Zahlungsmittel-eigenschaft der auf [X.] lautenden Banknoten und der auf [X.] oder Deutsche Pfennig lautenden Bundesmünzen (BGBl. 1999 I S. [X.] Ablauf des 31. Dezember 2001 ihre Eigenschaft als gesetzliche Zahlungs-mittel verloren haben. Denn die Anmeldung des Geschmacksmusters ist zu ei-nem Zeitpunkt erfolgt, als die abgebildeten [X.] und Münzen noch- 7 -gültig waren. Dieser Zeitpunkt ist für die Beurteilung der Schutzvoraussetzun-gen maßgeblich, weil sich nach ihm die Priorität des [X.] richtet (vgl. [X.]/[X.] aaO Allgemeines [X.]. 10).b) Das Verbot der Eintragung staatlicher Hoheitszeichen als Marke [X.] keinen Rückschluß darauf zu, ein Muster oder Modell mit einem Ho-heitszeichen verstoße stets auch gegen die öffentliche Ordnung i.S. von § 7Abs. 2 [X.].§ 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] schließt die Eintragung staatlicher Hoheitszei-chen als Marke aus. Die Vorschrift dient der Umsetzung des Art. 3 Abs. 1 lit. [X.], der Art. 6ter [X.] Rechnung trägt. Nach Art. [X.]. 1 [X.] sind die [X.] unter anderem verpflichtet, die [X.] staatlichen Hoheitszeichen als Fabrik- und Handelsmarken zurückzuwei-sen, sofern die zuständigen Stellen den Gebrauch nicht erlaubt haben. Die Vor-schrift bezweckt den Ausschluß der Eintragung und Benutzung staatlicher Ho-heitszeichen, weil ihre Registrierung oder Benutzung als Marke die Rechte ei-nes Staates auf Kontrolle seiner [X.] verletzen und die Öf-fentlichkeit über die Herkunft der mit solchen Marken gekennzeichneten Warentäuschen könnte (vgl. [X.], [X.] zum [X.] gewerblichen Eigentums, [X.]). Dagegen bestimmt Art. 6ter Abs. 1 [X.]keinen allgemeinen Grundsatz, daß staatliche Hoheitszeichen von einer ge-werblichen Nutzung ausgeschlossen sind. Denn über die markenmäßige Ver-wendung hinaus sieht Art. 6ter Abs. 9 [X.] nur ein Verbot im Falle eines unbe-fugten Gebrauchs von Staatswappen im Handel vor, wenn dieser Gebrauch [X.] über den Ursprung der Erzeugnisse geeignet ist (vgl. auch [X.] aaO S. 87). § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] kann daher ebenfalls nicht [X.] 8 -nommen werden, staatliche Hoheitszeichen seien generell jeder gewerblichenVerwertung entzogen.Die grundlegend unterschiedlichen Schutzrichtungen des Markenrechtsund Geschmacksmusterrechts lassen auch keinen Schluß von dem Verbot derEintragung staatlicher Hoheitszeichen als Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 6[X.] darauf zu, die Verwendung der Hoheitszeichen in Mustern und [X.] verstoße gegen die öffentliche Ordnung i.S. des § 7 Abs. 2 [X.].Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] betrifft die [X.] Hoheitszeichen als Marke. Deren Hauptfunktion besteht in der Ge-währleistung der Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienst-leistungen (vgl. [X.], [X.]. v. 17.2.2000 - [X.], [X.], 882 =[X.], 1140 - Bücher für eine bessere Welt; [X.]. v. 21.9.2000- I ZB 35/98, [X.], 240, 241 = [X.], 157 - [X.]). [X.] des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] wird verhindert, daßStatussymbole des Staates und andere Hoheitszeichen als Hinweis auf ein be-stimmtes Unternehmen registriert werden. Das Verbot einer musterrechtlichgeschützten, ästhetischen Verwendung, wie sie dem [X.]eigen ist, kann daraus nicht abgeleitet werden. Das eingetragene Ge-schmacksmuster dient nicht als Hinweis auf den Inhaber des Modells, sonderngewährt vorrangig ein Schutzrecht für eine ästhetische Gestaltung des [X.] Modells (vgl. [X.], Urt. v. 27.1.1983 - I ZR 177/80, GRUR 1983, 377, 378= WRP 1983, 484 - [X.]; [X.]/[X.] aaO Einf. [X.]. 41; [X.]/[X.] aaO Allgemeines [X.]. 26).3. Die Rechtsbeschwerde macht weiter geltend, das Bundespatentge-richt habe keine Feststellungen getroffen, ob nicht die Verbindung zwischen- 9 -staatlichen Hoheitszeichen und einem alltäglichen Gebrauchsgegenstand einenVerstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten begründe. Die [X.] staatlicher Hoheitszeichen, zu denen die gesetzlichen [X.], verstoße auf einem Muster oder Modell regelmäßig gegen die öf-fentliche Ordnung i.S. von § 7 Abs. 2 [X.], weil staatliche Hoheitszei-chen wegen der Aushöhlung ihres ideellen Wertes von jeder gewerblichen [X.] ausgeschlossen sein sollen. Auch diese Rüge greift nicht durch. Das[X.] ist zu Recht davon ausgegangen, daß ohne Hinzutretenweiterer Umstände die Verwendung staatlicher Hoheitszeichen in Mustern [X.] keinen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung zur Folge hat und [X.], den Verstoß gegen die öffentliche Ordnung erst begründende Umständevorliegend nicht gegeben sind. Im Streitfall ergeben sich aus der Art der staatli-chen Hoheitszeichen, den Schutzgegenständen und ihrer konkreten Gestaltung(dekorative Abbildung gesetzlicher Zahlungsmittel auf Kaffeetassen) keine be-sonderen Umstände, die die Annahme eines Verstoßes gegen die öffentlicheOrdnung rechtfertigen [X.] 10 -IV. Danach war die Rechtsbeschwerde auf Kosten des Präsidenten des[X.] (§ 10a Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V. mit§ 109 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 [X.]) zurückzuweisen.Ullmann[X.]BornkammBüscherSchaffert

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I ZB 27/01

20.03.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2003, Az. I ZB 27/01 (REWIS RS 2003, 3802)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3802

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