Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2004, Az. I ZB 16/03

I. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3538

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 22. April 2004 in der [X.]

betreffend die Geschmacksmusteranmeldung Nr. 499 08 337.7

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

Ersttagssammelblätter

[X.] § 7 Abs. 2

Ein Muster oder Modell, in das ein Postwertzei[X.] im Original einbezogen ist, (hier: Ersttagssammelblatt) ist nicht wegen eines Verstoßes gegen die öffentli-che Ordnung i.S. von § 7 Abs. 2 [X.] von der Eintragung in das [X.] ausgeschlossen.

[X.], [X.]. v. 22. April 2004 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 22. April 2004 durch [X.] Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß des 10. Senats (Juri-stis[X.] Beschwerdesenats) des [X.]s vom 16. Januar 2003 wird auf Kosten des Präsidenten des Deuts[X.] Patent- und Markenamts zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 • festgesetzt.

Gründe:

[X.] Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 8. September 1999 eingereichten Sammelanmeldung die Eintragung von noch 13 Mustern in das [X.]. Die [X.] zu weiteren sieben Mustern hat die Anmelderin [X.] des Beschwerdeverfahrens vor dem [X.] zurückgenom-men. Gegenstand der Anmeldung der verbliebenen 13 Muster sind Ersttags-sammelblätter, die [X.] - gestempelte und ungestempelte - [X.] 3 - [X.] (Briefmarken) im Original enthalten und Bildmotive, Texte sowie eine Schmuckbordüre aufweisen.
Zwei der Muster (15 A und 19 C) sind nachfolgend beispielhaft wieder-gegeben:

- 4 -
- 5 -
- 6 - Das [X.] ([X.]) hat festgestellt, daß Schutz für die angemeldeten Muster nicht erlangt worden sei, und hat die Eintragung versagt. Es hat angenommen, die Veröffentlichung der Muster und die Verbreitung der Nachbildungen würden gegen die öffentliche Ordnung ver-stoßen.
Im Beschwerdeverfahren ist der Präsident des Deuts[X.] Patent- und Markenamts dem Verfahren auf eine entspre[X.]de Anheimgabe des Bundes-patentgerichts beigetreten und hat beantragt, die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.
Das [X.] hat den [X.]uß des Deuts[X.] Patent- und Markenamts ([X.]) aufgehoben.
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde begehrt der Präsident des Deuts[X.] Patent- und Markenamts die Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und die Zurückverweisung der Sache an das [X.].
I[X.] Das [X.] hat die angemeldeten Muster für eintra-gungsfähig gehalten und das Vorliegen eines Schutzhindernisses i.S. des § 7 Abs. 2 [X.] verneint. Es hat angenommen, weder die Veröffentlichung der Muster im Geschmacksmusterblatt noch die Verbreitung von Nachbildun-gen verstoße gegen die öffentliche Ordnung.
II[X.] Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht hat das [X.] angenommen, der Eintragung der [X.] Geschmacksmuster stehe ein Schutzhindernis nach § 7 Abs. 2 [X.] nicht entgegen. - 7 -
1. Nach der Bestimmung des § 7 Abs. 2 [X.] wird der Schutz ge-gen Nachbildung durch die Anmeldung nicht erlangt, wenn die Veröffentlichung des Musters oder Modells oder die Verbreitung einer Nachbildung gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde. Das setzt voraus, daß durch das Muster die Grundlagen des staatli[X.] oder wirtschaftli[X.] Lebens oder die tragenden Grundsätze der Rechtsordnung in Frage gestellt werden ([X.], [X.]. v. 20.3.2003 - I ZB 27/01, [X.], 707 = [X.], 990 - [X.]; [X.]. v. 20.3.2003 - I ZB 29/01, [X.], 705 f. = [X.], 992 - [X.]; [X.]. v. 20.3.2003 - I ZB 1/02, [X.], 708, 709 - Schlüssel-anhänger, jeweils m.w.[X.]). Davon ist bei dem Gegenstand der Anmeldung (Ersttagssammelblätter mit gestempelten und ungestempelten Postwertzei[X.] im Original) nicht auszugehen. Es fehlen besondere Umstände, die einen [X.] gegen die öffentliche Ordnung begründen.
2. a) Ein allgemeines Verbot, Postwertzei[X.] in Muster einzubeziehen und diese Muster in Gestalt von Ersttagssammelblättern zu vertreiben, gibt es nicht. Es läßt sich auch nicht mit der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] begründen, wonach Marken mit staatli[X.] Hoheitszei[X.] von der Eintragung als Marke ausgenommen sind. Dabei kann im Rechtsbeschwerdeverfahren da-hinstehen, ob Postwertzei[X.] nach der weitgehenden Privatisierung des Postwesens staatliche Hoheitszei[X.] sind. Aufgrund der unterschiedli[X.] Schutzrichtung des Markengesetzes und des [X.] ist das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] nicht auf das Geschmacks-musterrecht übertragbar (vgl. [X.] [X.], 707 f. - [X.]; [X.], 705, 706 - [X.]; [X.], 708, 709 - Schlüsselanhänger). - 8 - b) Ein grundsätzliches Verbot, Postwertzei[X.] in Muster einzubeziehen und diese zu vertreiben, ergibt sich auch nicht aus der Möglichkeit des Miß-brauchs des Musters. Zutreffend hat das [X.] angenommen, daß bei der Prüfung des [X.] nach § 7 Abs. 2 [X.] das Muster in seiner konkret angemeldeten Form zugrunde zu legen ist. Nur wenn diese Mustergestaltung als solche gesetzes- oder sittenwidrig ist, kommt eine Versagung der Eintragung in Betracht. Eine Möglichkeit des Mißbrauchs der Muster oder von Teilen eines Musters durch die Art der Verwendung oder die ungerechtfertigte Geltendmachung von Verbietungsrechten steht im Hinblick auf den ebenfalls mögli[X.] unbedenkli[X.] Gebrauch der Muster deren Ein-tragung als Geschmacksmuster nicht entgegen (vgl. [X.] [X.], 705, 706 - [X.]; [X.]/[X.], Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 7 Rdn. 72; vgl. auch: [X.], Urt. v. 19.10.1971 - [X.], [X.], 704, 707 - [X.]; zu § 2 Abs. 1 [X.]: Busse/Keukenschrijver, [X.], 6. Aufl., § 2 Rdn. 15).
c) Die Verbreitung einer Nachbildung des Musters verstößt auch nicht aus anderen Gründen gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten.
Die Rechtsbeschwerde macht geltend, aus den Regeln des [X.] ([X.], 2135, 2140 i.V. mit der [X.], [X.] II 1999, 82) ergäben sich besonde-re Umstände, die einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung begründeten. Im Fall der Eintragung der Muster entstehe im Verhältnis zu den übrigen [X.] des [X.] der Eindruck, die [X.] komme ihren Verpflichtungen aus dessen Art. 5 nicht nach. Nach Art. 5 Nr. 1 des [X.] dürfe nur die Postverwaltung zur Frankierung bestimmte Postwertzei[X.] ausgeben. Die Befugnis, Postwertzei[X.] mit dem Aufdruck - 9 - "[X.]" auszugeben, sei nach der zum Zeitpunkt der Anmeldung gültigen Bestimmung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] vom 22. Dezember 1997, [X.] I S. 3294, 3303) dem [X.] vor-behalten gewesen; dessen Zuständigkeit sei auf das [X.] übergegangen. Nach § 54 [X.] habe die [X.] das ausschließliche Recht, nach § 43 [X.] herausgegebene Postwertzei[X.] zu verwenden. Durch die Eintragung der Muster entstehe im Verhältnis zu den üb-rigen Vertragsstaaten des [X.] der - unzutreffende - Eindruck, die [X.] habe auch der Anmelderin das Recht zur Ausgabe amtlicher Postwertzei[X.] eingeräumt. Diese Rüge greift nicht durch.
Nach den Feststellungen des [X.]s enthalten die Muster [X.] Postwertzei[X.], die von den in [X.] zuständigen Stellen ausgegeben und der Anmelderin von der Deuts[X.] Post AG verkauft worden sind. Damit gibt die Anmelderin keine Postwertzei[X.] aus. Anders als die Rechtsbeschwerde geltend macht, entsteht auch nicht der - unzutreffende - Eindruck, die Anmelderin gebe die in die Ersttagssammelblätter eingefügten Postwertzei[X.] aus. Nach den Feststellungen des [X.]s weiß der Verkehr, daß neben der Deuts[X.] Post AG auch andere privatwirtschaftli-che Unternehmen Ersttagssammelblätter mit darin enthaltenen Postwertzei[X.] im Original verkaufen. Deren Vertrieb läßt bei den Verkehrskreisen nicht den Eindruck aufkommen, die Anmelderin gebe auch die Postwertzei[X.] selbst aus. - 10 - IV. Danach war die Rechtsbeschwerde auf Kosten des Präsidenten des Deuts[X.] Patent- und Markenamts (§ 10a Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V. mit § 109 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 [X.]) zurückzuweisen.

[X.] Bornkamm Büscher

Schaffert Bergmann

Meta

I ZB 16/03

22.04.2004

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2004, Az. I ZB 16/03 (REWIS RS 2004, 3538)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3538

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.