Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2006, Az. I ZB 28/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 910

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[X.] vom 9. November 2006 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Gesamtzufriedenheit [X.] §§ 13, 17a Abs. 4 Satz 4; [X.] § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Wird ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch einer privaten Krankenkasse oder einer nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG klagebefugten Einrichtung gegen eine gesetzliche Krankenkasse nicht auf einen Verstoß gegen Vorschriften des [X.], sondern ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Normen gestützt, deren Beachtung auch jedem privaten Mitbewerber obliegt, handelt es sich nicht um eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 [X.], sondern um eine Streitigkeit, für die der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nach § 13 [X.] eröffnet ist. [X.], [X.]. v. 9. November 2006 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 9. November 2006 durch [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], Dr. Schaffert und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsmittel der Antragstellerin werden der [X.]uss des 5. Zivilsenats des [X.] vom 7. März 2006 und der [X.]uss der 12. Zivilkammer des [X.] vom 13. Januar 2006 aufgehoben. Zur Entscheidung über das Begehren der Antragstellerin ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das [X.] zu-rückverwiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerde- und des [X.]. Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde wird auf 2.000 • festgesetzt. - 3 - Gründe: [X.] Die Antragsgegnerin ist eine gesetzliche Krankenkasse. Sie warb unter Hinweis auf eine Studie des Unternehmens M. mit einem ersten Platz der Innungskrankenkassen in der Kategorie "Gesamtzufriedenheit" aufgrund einer [X.] des Jahres 2005. 1 Die Antragstellerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbe-werbs, hat die Werbung als wettbewerbswidrig beanstandet. Sie hat die An-tragsgegnerin im Verfügungsverfahren auf Unterlassung der Werbung in [X.] genommen, sofern die der [X.] zugrunde liegende Studie den angesprochenen Kunden auf Nachfrage nicht zugänglich gemacht wird. 2 Das [X.] hat den beschrittenen Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht für das [X.] verwiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der [X.] hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen ([X.] ZMGR 2006, 669). 3 Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechts-beschwerde der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin beantragt, die Rechtsbe-schwerde zurückzuweisen. 4 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO, § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] auch im Verfügungsverfahren zulässig ([X.], [X.]. v. 30.9.1999 - [X.], NJW 1999, 3785; [X.]. v. 5.4.2001 - [X.] 48/00, 5 - 4 - NJW 2001, 2181; [X.]. v. 19.12.2002 - [X.], [X.], 549 - Arz-neimittelversandhandel). Daran ist auch nach der Entscheidung des Bundes-verwaltungsgerichts festzuhalten, wonach in einem Verfahren über die Gewäh-rung vorläufigen Rechtsschutzes nach den Bestimmungen der Verwaltungsge-richtsordnung eine weitere Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Sätze 4 und 5 [X.] an das [X.] gegen eine Entscheidung eines Oberverwal-tungsgerichts über die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ausge-schlossen ist (BVerwG, [X.]. v. 8.8.2006 - 6 B 65.06, DVBl 2006, 1249 = [X.] 2006, 764). Diese Entscheidung beruht ersichtlich auf Unterschieden zwischen den jeweils anzuwendenden Verfahrensordnungen der Verwaltungs-gerichtsordnung und der Zivilprozessordnung. Anders als in der Verwaltungsge-richtsordnung (§ 152 VwGO) ist in der Zivilprozessordnung ein Rechtsbe-schwerdeverfahren vorgesehen (§§ 574-577 ZPO). Davon ist offenbar auch das [X.] ausgegangen. II[X.] In der Sache hat die Rechtsbeschwerde ebenfalls Erfolg. 6 1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 [X.] eröffnet sei; hierzu hat es ausgeführt: 7 Es komme für die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordent-lichen Gerichten nicht darauf an, ob das Begehren der Antragstellerin auf Vor-schriften des Privatrechts gestützt werde. Entscheidend sei im Streitfall viel-mehr, dass es sich um eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversiche-rung handele. Dazu zähle wegen der Wahlfreiheit der Versicherten und der [X.] verstärkten Wettbewerbssituation der Krankenkassen untereinander auch die Werbung der Krankenkassen um Mitglieder. Das Schwergewicht der [X.] - 5 - bemaßnahmen liege im heute zulässigen Wettbewerb der Krankenkassen un-tereinander. Es sei aber nicht sachgerecht, wegen ein und derselben Werbung, je nachdem, ob eine andere gesetzliche Krankenkasse oder ein privater Versi-cherer bzw. ein [X.] klage, im ersten Fall den Rechtsweg zu den Sozialgerichten und im zweiten Fall denjenigen zu den [X.]. 2. Die Annahme des [X.], für das Begehren der Antrag-stellerin sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 9 a) Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 [X.] entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegen-heiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese [X.] Dritte betroffen werden. Für die Eröffnung des Rechtswegs zu den Sozialgerichten ist deshalb entscheidend, ob es sich um eine Streitigkeit in [X.] der gesetzlichen Krankenversicherung handelt. Nicht von Bedeutung ist nach der Bestimmung des § 51 [X.], ob die Streitigkeit [X.] oder privatrechtlicher Natur ist ([X.], [X.]. v. 4.12.2003 - [X.], [X.], 444, 445 = [X.], 619 - [X.]). 10 aa) Für Streitigkeiten zwischen gesetzlichen Krankenkassen über die Zu-lässigkeit von Maßnahmen der Mitgliederwerbung ist nach § 51 Abs. 1 [X.] der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ([X.], [X.]. v. 15.1.1998 - I ZB 20/97, [X.], 744, 745 = [X.], 624 - Mitgliederwerbung). Maßgeblich hierfür ist, dass das Rechtsverhältnis der gesetzlichen Krankenkas-sen untereinander durch Vorschriften des [X.] gesondert geregelt ist (vgl. [X.] - 6 - besondere die Vorschriften zu gemeinsamen Vereinigungen und Verbänden der Krankenkassen (§§ 207 bis 219d [X.]), zum Finanz- und Risikostrukturaus-gleich (§§ 265 bis 269 [X.]), zur Verpflichtung zur gegenseitigen Information (§§ 13 bis 15 [X.] I), zur Verpflichtung zur vorläufigen Leistungserbringung (§ 43 [X.] I) und zur Pflicht zur engen Zusammenarbeit (§ 86 [X.] X)). [X.]) Die Frage, ob der Rechtsweg zu den Sozialgerichten auch für [X.] einer privaten Krankenkasse oder einer nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG klagebefugten Einrichtung mit einer gesetzlichen Krankenkasse über de-ren Mitgliederwerbung gilt oder nach § 13 [X.] der Rechtsweg zu den [X.] Gerichten eröffnet ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (den Rechtsweg zu den Sozialgerichten bejahen: [X.], Sozialgerichtsge-setz, 8. Aufl., § 51 Rdn. 21; Hk-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 51 [X.] Rdn. 21; [X.]/Wildberger/von Quast, NZS 2005, 187, 189 f.; den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nehmen an: [X.] WRP 2002, 858; [X.] WRP 2003, 1145, 1146; [X.] [X.], 922; [X.], [X.]. v. 24.4.2006 - 2 W 68/05). 12 Entscheidend für die Frage der Eröffnung des Rechtsweges zu den [X.] ist auch insoweit ausschließlich, ob eine Angelegenheit der [X.] Krankenversicherung Gegenstand der Streitigkeit ist. Hiervon ist auszugehen, wenn Maßnahmen betroffen sind, die unmittelbar der Erfüllung der den Krankenkassen nach dem [X.] öffentlich-rechtlichen Aufgaben dienen (vgl. [X.] [X.], 549 - Arzneimittelversandhandel). Wird der wettbewerbsrechtliche Anspruch dage-gen nicht auf einen Verstoß gegen Vorschriften des [X.] gestützt, sondern ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Normen, deren Beachtung auch je-dem privaten Mitbewerber obliegt, handelt es sich nicht um eine Angelegenheit 13 - 7 - der gesetzlichen Krankenversicherung i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 26.11.2002 - [X.], NJW 2003, 1192 für einen Unterlassungsanspruch gegen ehrverletzende Äußerungen nach § 823 Abs. 1, §§ 824, 1004 BGB; [X.].UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 26). b) Im Streitfall leitet die Antragstellerin das beantragte Verbot nicht aus einem Verstoß gegen Vorschriften des [X.] ab. Auch die Rechtsbeziehungen der gesetzlichen Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken und sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden i.S. von § 69 [X.], die einer Beurteilung nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb entzogen sind ([X.], Urt. v. 23.2.2006 - I ZR 164/03, [X.], 517 Tz 22 = [X.], 747 - Blutdruckmessungen; [X.], [X.], 1283, 1284 ff.), stehen nicht in Rede. Vielmehr stützt die Antragstellerin ihr Begehren ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Normen, die für jeden Wettbewerber gelten. Für eine derartige Streitigkeit ist auch dann der [X.] zu den ordentlichen Gerichten nach § 13 [X.] gegeben, wenn - wie hier - auf der Passivseite eine gesetzliche Krankenversicherung steht. Dass dadurch im Einzelfall zur gerichtlichen Überprüfung einer Werbemaßnahme je nachdem, ob Klägerin eine gesetzliche oder eine private Krankenkasse bzw. eine Einrich-tung i.S. von § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG ist, der Rechtsweg zu den [X.] oder den ordentlichen Gerichten eröffnet sein kann, hat seinen Grund in den besonders geregelten Rechtsbeziehungen der gesetzlichen Krankenkassen untereinander, die durch Normen des Sozialrechts geprägt sind. Daraus folgt aber nicht, dass auch bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten, bei denen [X.] Voraussetzungen nicht erfüllt sind und die sich nicht nach Vorschriften des Sozialrechts richten, der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist. 14 - 8 - [X.] Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. 15 [X.]Büscher

Schaffert [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 13.01.2006 - 12 O 417/05 - [X.], Entscheidung vom 07.03.2006 - 5 W 43/06-15 -

Meta

I ZB 28/06

09.11.2006

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2006, Az. I ZB 28/06 (REWIS RS 2006, 910)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 910

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