Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2017, Az. VI ZR 454/16

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 12556

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:110417UVIZR454.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]/16
Verkündet am:

11. April 2017

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 116 Abs. 1 Satz 1; [X.] NRW § 3 Abs. 1

Wird nach einem [X.] (hier: [X.] NRW § 3 Abs. 1) [X.]n-hilfe mit der Maßgabe gewährt, dass auf bürgerlich-rechtlichen Rechtsvorschrif-ten beruhende Schadensersatzleistungen Dritter zum
Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen auf das [X.]ngeld anzurechnen sind, kann der Sozialleistungsträger keinen Regress beim Schädiger aus übergegan-genem Recht gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] nehmen.

[X.], Urteil vom 11. April 2017 -
VI [X.]/16 -
OLG [X.]

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
11.
April 2017
durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterinnen von [X.] und [X.] und [X.] Klein
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 26. Zivilsenats des [X.] vom 9. September 2016 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger, ein Sozialleistungsträger, macht gegen den beklagten Au-genarzt Regressansprüche wegen der Zahlung von [X.]ngeld an [X.] (im Folgenden: Geschädigter) geltend.
Der Geschädigte war in den Jahren 2006 und 2007 wegen Augen-schmerzen mehrfach bei dem als Augenarzt niedergelassenen Beklagten vor-stellig geworden. Er klagte im September 2007 auch über [X.] auf dem linken Auge. Bei einem Türkeiaufenthalt ließ sich der Geschädigte dort augenärztlich untersuchen. Die Untersuchung ergab Hinweise auf ein fortge-schrittenes Glaukom. Nach seiner Rückkehr suchte er eine andere Arztpraxis auf. Trotz zweier Operationen konnte das Augenlicht nicht gerettet werden. Das Gesichtsfeld des Geschädigten ist auf unter 5° verengt, womit er praktisch blind ist.
1
2
-

3

-

Der Kläger zahlt dem Geschädigten seit Januar 2009 [X.]ngeld nach den [X.] [X.] ([X.] NRW)
vom 25. November 1997 (GV. NRW
1997, 430 ff.).
Daneben machte der Geschädigte Schadensersatzansprüche gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Beklagten geltend. Der vom Haftpflichtversiche-rer eingeschaltete Gutachter bestätigte grobe Behandlungsfehler des [X.]. Im Mai 2010 bot der Haftpflichtversicherer eine Abfindung von 450.000

g-ten Mehraufwendungen. Anfang Juli 2010 bot der Haftpflichtversicherer nd erhielt das Geld ausbezahlt.
Gegenüber einem Sachbearbeiter des [X.] erklärte der Bevollmäch-tigte des Geschädigten im September 2010, dieser habe einen Betrag von Kläger kürzte daraufhin unter Berücksichtigung der statistisch verbleibenden Lebenserwartung des Geschädigten das

Das [X.] hat der auf Ersatz des vom Kläger bereits geleisteten, gekürzten [X.] sowie Feststellung der weiteren Einstandsverpflich-tung des Beklagten gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung
des erstinstanzlichen Urteils.

3
4
5
6
-

4

-

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass die für einen gesetzlichen Forderungsübergang nach § 116 [X.] notwendige sachliche Kongruenz zwi-schen dem vom Kläger geleisteten [X.]ngeld und dem Anspruch des [X.] auf Ersatz seiner blindheitsbedingten Mehraufwendungen fehle. Die im Sozialrecht vorgenommene abstrakte Berechnung des [X.], die für sich gar nicht in Anspruch nehme, jeglichen Mehraufwand abzudecken, sei auf den für den Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 [X.] maßgeblichen zivil-rechtlichen Schadensersatzanspruch schwerlich übertragbar, weil es nach haf-tungsrechtlichen Gesichtspunkten allein auf den tatsächlich entstandenen blindheitsbedingten Mehrbedarf ankomme. Entscheidend komme hinzu, dass auch in Fällen einer sachlichen Kongruenz zu prüfen sei, ob Sinn und Zweck des § 116 [X.] einen Anspruchsübergang rechtfertigten, wenn der [X.] durch den Leistungsträger anstelle des Geschädigten geltend gemacht werde. Es solle sichergestellt werden, dass eine vollständige Schadensdeckung beim Geschädigten erreicht werde und nicht allein deswegen, weil der Sozial-versicherungsträger (nur) einen Teil abdecke, ein Schadensrest ungedeckt
bleibe.

II.
Das angefochtene Urteil hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Prüfung stand.
7
8
-

5

-

Der Kläger ist bereits nicht aktivlegitimiert, weil im Streitfall ein Übergang der
Ansprüche des Geschädigten gegen den Schädiger auf Ersatz [X.] Mehraufwendungen auf den Kläger nach § 116
Abs. 1 Satz 1 [X.] wegen der vorrangigen Anrechnungsregelung des § 3 Abs. 1 [X.] NRW aus-scheidet.
1. [X.] erhalten nach § 1
Abs. 1 [X.] NRW zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen [X.]ngeld. Nach § 3 Abs. 1 [X.] NRW werden
Leistungen, die [X.] zum Ausgleich der durch die Blind-heit bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften erhalten, auf das [X.]ngeld angerechnet. Ausgenommen sind Leistungen aus bürger-lich-rechtlichen Unterhaltsansprüchen, jedoch nicht Leistungen von Schadens-ersatz.
2. Aus dieser Regelung ergibt sich, dass
auf bürgerlich-rechtlichen Rechtsvorschriften beruhende Schadensersatzleistungen
zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen auf das [X.]ngeld anzu-rechnen sind,
was der Kläger auch getan hat. Die so gegebene Anrechnungs-möglichkeit ermöglicht es dem Kläger, ohne Legalzession die Kosten für die Solidargemeinschaft gering zu halten, indem tatsächlich erfolgte Schadenser-satzleistungen
auf das [X.]ngeld angerechnet werden. Deshalb können die staatlichen Stellen, die nach den [X.]en mit einer [X.] Anrechnungsregelung [X.]nhilfe gewähren, keinen Regress beim Schädiger aus übergegangenem Recht gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.]

9
10
11
-

6

-

nehmen (vgl. [X.], in: von [X.]/[X.]/[X.], Sozialrechtshand-buch, 5.
Aufl. 2012, § 9 Rn. 20).
Galke

[X.]
von [X.]

Oehler
Klein
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.12.2015 -
I-6 [X.]/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.09.2016 -
I-26 [X.] -

Meta

VI ZR 454/16

11.04.2017

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.04.2017, Az. VI ZR 454/16 (REWIS RS 2017, 12556)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12556

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 454/16 (Bundesgerichtshof)

Blindengeldleistung in Nordrhein-Westfalen: Regress des Sozialleistungsträgers beim Schädiger aus übergegangenem Recht


26 U 14/16 (Oberlandesgericht Hamm)


B 9 BL 1/17 R (Bundessozialgericht)

(Bayerisches Landesblindengeld - Blindheit nach Art 1 BlindG BY - gleich zu achtende Beeinträchtigung der …


B 9 BL 1/14 R (Bundessozialgericht)

Schwerbehindertenrecht - Anspruch auf Landesblindengeld für cerebral schwerst geschädigte Kinder - Entbehrlichkeit einer spezifischen Sehstörung …


L 15 BL 1/12 (LSG München)

Blindengeld: Blindengeldanspruch nach dem BayBlindG


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VI ZR 454/16

26 U 14/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.