Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.06.2016, Az. II R 14/12

2. Senat | REWIS RS 2016, 9081

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Gegenstand

Rückerwerb des Eigentums wegen Nichtigkeit des dem Erwerbsvorgang zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts


Leitsatz

1. NV: Für den Rückerwerb eines Grundstücks ist nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG Grunderwerbsteuer nicht festzusetzen, wenn das dem vorausgegangenen Erwerbsvorgang zugrunde liegende Rechtsgeschäft nichtig ist und ein Anspruch des Veräußerers auf Rückübertragung des wirksam übereigneten Grundstücks besteht .

2. NV: Die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts beurteilt sich nach zivilrechtlichen Grundsätzen. Eine nur steuerrechtlich nach § 41 oder § 42 AO zu beachtende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts rechtfertigt nicht die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 26. Oktober 2011 4 K 3557/08 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) verkaufte mit notariell beurkundetem [X.] zwei in [X.] und in [X.] belegene Eigentumswohnungen an die in [X.] ansässige [X.]. Die [X.] wurde als Alleineigentümerin des bezeichneten [X.]rundbesitzes im [X.]rundbuch eingetragen. Der vom [X.]eklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) am 7. Mai 1998 gegenüber der [X.] erlassene [X.]escheid über die gesonderte Feststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen für die [X.]runderwerbsteuer wurde am 17. Juli 1998 aufgehoben, weil die [X.] geltend gemacht hatte, sie sei eine ausländische Domizilgesellschaft ohne eigene [X.]üroräume und ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Die für die [X.]esellschaft auftretenden Personen seien aus einer Vielzahl von Fällen als Domizilgeber bekannt; auch die Klägerin sei an der [X.]esellschaft beteiligt. Die [X.]esellschaft diene ausschließlich Zwecken der Haftungsbeschränkung im Inland.

2

Mit notariell beurkundetem [X.] erklärten die [X.] und die Klägerin u.a. die Auflassung zur Rückübereignung der beiden Eigentumswohnungen an die Klägerin. Die Rückübereignung sollte unentgeltlich erfolgen.

3

Wegen der Rückübereignung der in [X.] belegenen Eigentumswohnung setzte das [X.] die [X.]runderwerbsteuer zuletzt mit [X.]escheid vom 9. Mai 2007 auf 0 € fest.

4

Das [X.] stellte mit [X.]escheid vom 17. Januar 2008 gegenüber der Klägerin die [X.]esteuerungsgrundlagen für den Rückerwerb der zwei Eigentumswohnungen gesondert fest. Dieser [X.]escheid wurde bestandskräftig. Den Antrag der Klägerin auf Änderung des [X.]escheids nach § 174 der Abgabenordnung ([X.]) lehnte das [X.] mit [X.]escheid vom 6. November 2008 ab.

5

Zudem setzte das [X.] mit [X.]escheid vom 15. Juli 2008 [X.]runderwerbsteuer für die Auflassung der in [X.] belegenen Eigentumswohnung in Höhe von 1.382 € fest. Als [X.]emessungsgrundlage für den unentgeltlichen Rückerwerb wurde nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des [X.]runderwerbsteuergesetzes in der für 2005 maßgeblichen Fassung ([X.]rESt[X.]) der mit [X.]escheid vom 2. Juli 2008 festgestellte [X.]rundbesitzwert angesetzt.

6

Die Einsprüche gegen den [X.]runderwerbsteuerbescheid und gegen die Ablehnung der Änderung des [X.] blieben erfolglos. Das Finanzgericht (F[X.]) wies die Klagen insgesamt als unbegründet ab.

7

Mit der Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung von § 174 [X.] und von § 16 Abs. 2 Nr. 2 [X.]rESt[X.]. Für den Rückerwerb der zwei Eigentumswohnungen sei keine [X.]runderwerbsteuer festzusetzen, weil steuerrechtlich keine Eigentumsübertragung stattgefunden habe. Maßgeblich sei, dass der ursprüngliche Kaufvertrag vom 5. Februar 1998 zwar zivilrechtlich wirksam geschlossen, aber steuerrechtlich als unwirksam i.S. der §§ 41 und 42 [X.] angesehen worden sei. Der Kaufvertrag sei am 7. November 2005 aufgehoben worden, so dass die Rückübertragung nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 [X.]rESt[X.] steuerfrei sei. Im Falle einer Steuerbarkeit seien die verfassungsrechtlichen [X.]edenken gegen die [X.]emessungsgrundlage unter Heranziehung des Steuerwertes zu berücksichtigen.

8

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung sowie
1. den Ablehnungsbescheid vom 6. November 2008 in [X.]estalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2010 aufzuheben und das [X.] zu verpflichten, den Feststellungsbescheid vom 17. Januar 2008 dahin zu ändern, dass die [X.] vom 7. November 2005 nicht der [X.]runderwerbsteuer unterliegen, und
2. den [X.]runderwerbsteuerbescheid vom 15. Juli 2008 in [X.]estalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 2008 aufzuheben.

9

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass das [X.] nicht zu einer Änderung des [X.]s über die gesonderte Feststellung der [X.]esteuerungsgrundlagen verpflichtet und der [X.]runderwerbsteuerbescheid für den Rückerwerb der in [X.] belegenen Eigentumswohnung rechtmäßig ist.

1. Die Revision der Klägerin ist dahin zu verstehen, dass sie sich sowohl gegen die Ablehnung der Änderung des Feststellungsbescheids als auch gegen die Festsetzung der [X.]runderwerbsteuer richtet. Die Klägerin wendet sich gegen die Steuerpflicht der Erwerbsvorgänge vom 7. November 2005, die im Feststellungsbescheid mit bindender Wirkung i.S. von § 182 Abs. 1 [X.] festgestellt und im [X.]runderwerbsteuerbescheid zugrunde gelegt wurde.

2. Eine Änderung des [X.]s über die gesonderte Feststellung der [X.]esteuerungsgrundlagen nach § 174 [X.] wegen widerstreitender Steuerfestsetzungen ist nicht geboten. Die Tatbestände des § 174 [X.], insbesondere des § 174 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 [X.] sind nicht erfüllt.

a) Ist aufgrund irriger [X.]eurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen [X.]unsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 [X.] aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. [X.]egenüber [X.] gilt Abs. 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren (§ 174 Abs. 5 Satz 1 [X.]). § 174 [X.] gilt gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.] sinngemäß für Feststellungsbescheide.

aa) Das Merkmal "bestimmter Sachverhalt" ist zentrales Element aller Tatbestände des § 174 [X.] und deshalb einheitlich auszulegen (Urteil des [X.] --[X.]FH-- vom 19. August 2015 [X.], [X.] 251, 389, Rz 20 ff.). Darunter ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das [X.]esetz steuerliche Folgen knüpft. Es fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Tatbestandsmerkmal hierunter, sondern auch der einheitliche, für die [X.]esteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex. Nach dem Wortlaut aller Tatbestände des § 174 [X.] ist es dieser "bestimmte Sachverhalt", der verschiedene einander widerstreitende Steuerfestsetzungen verklammert und die Auflösung des [X.] verlangt und erlaubt.

bb) Im Streitfall ist der gegenüber der Klägerin ergangene bestandskräftige Feststellungsbescheid vom 17. Januar 2008 nicht deshalb zu ihren [X.]unsten zu ändern, weil der gegenüber der [X.] erlassene Feststellungsbescheid vom 7. Mai 1998 mit [X.] vom 17. Juli 1998 aufgehoben wurde. Die Feststellungsbescheide betreffen jeweils verschiedene Sachverhalte. Der aufgehobene Feststellungsbescheid vom 7. Mai 1998 bezog sich auf den notariell beurkundeten Vertrag zwischen der Klägerin und der [X.] vom 5. Februar 1998 über den Kauf der beiden Eigentumswohnungen. Dagegen werden im Feststellungsbescheid vom 17. Januar 2008 die [X.]esteuerungsgrundlagen für die Rückauflassung der beiden Eigentumswohnungen vom 7. November 2005 festgestellt. Da der Erwerb und der Rückerwerb von [X.]rundstücken unterschiedliche Sachverhalte sind, kann über die Änderungsnorm des § 174 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 [X.] keine einheitliche steuerrechtliche [X.]eurteilung der Erwerbsvorgänge erreicht werden.

cc) Eine Änderung des Feststellungsbescheids vom 17. Januar 2008 ist auch nicht deshalb veranlasst, weil das [X.] S im [X.] vom 9. Mai 2007 die [X.]runderwerbsteuer für den Rückerwerb der Eigentumswohnung in [X.] auf 0 € festgesetzt hat. Der Feststellungsbescheid ist vielmehr [X.]rundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 Satz 1 [X.] für die Festsetzung der [X.]runderwerbsteuer, mit der Folge, dass insbesondere die Entscheidung über die Steuerpflicht der im Feststellungsbescheid aufgenommenen Erwerbsvorgänge für die [X.]runderwerbsteuer bindend ist (vgl. § 182 Abs. 1 [X.]). Der [X.]runderwerbsteuerbescheid ist als Folgebescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] an den Feststellungsbescheid anzupassen (vgl. [X.], [X.]runderwerbsteuergesetz, 10. Aufl., § 17 Rz 27).

b) Die Voraussetzungen für eine Änderung des bestandskräftigen Feststellungsbescheids zugunsten der Klägerin nach § 174 Abs. 1 und 2 [X.] wegen mehrfacher [X.]erücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts zuungunsten (Abs. 1) oder zugunsten (Abs. 2) eines oder mehrerer Steuerpflichtiger sind aus den vorgenannten [X.]ründen ebenfalls nicht erfüllt. Ebenso scheidet eine Änderung nach § 174 Abs. 3 Satz 1 [X.] aus. Das [X.] hat im Feststellungsbescheid keinen Sachverhalt in der Annahme nicht berücksichtigt, dass er in einem anderen [X.] zu berücksichtigen sei.

3. Der Feststellungsbescheid, in dem die Steuerpflicht des [X.] der Eigentumswohnungen festgestellt wird, ist nicht nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 [X.]rESt[X.] wegen Nichtigkeit des vorausgegangenen Erwerbsvorgangs aufzuheben.

a) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten [X.]rundstück zurück, wird gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2 [X.]rESt[X.] auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn das dem vorausgegangenen Erwerbsvorgang zugrunde liegende Rechtsgeschäft nichtig ist. [X.]egrifflich setzt die Vorschrift damit voraus, dass sowohl der Rückerwerb als auch der vorausgegangene Erwerbsvorgang grunderwerbsteuerbar sind.

b) Das Tatbestandsmerkmal der Nichtigkeit erfasst Fälle, in denen die (abstrakte) Eigentumsübertragung am [X.]rundstück zivilrechtlich wirksam erfolgt ist, diese Eigentumsübertragung jedoch aufgrund einer nichtigen schuldrechtlichen Verpflichtung vorgenommen wurde ([X.]FH-Urteile vom 27. Januar 1999 II R 78/96, [X.]FH/NV 1999, 964, und vom 27. April 2005 II R 4/04, [X.]FH/NV 2005, 1629). Dem Veräußerer steht hier nach §§ 812 ff. des [X.]ürgerlichen [X.]esetzbuchs ([X.][X.][X.]) ein Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums zu. § 16 Abs. 2 Nr. 2 [X.]rESt[X.] setzt damit einen einseitig und gegen den Willen des ursprünglichen Erwerbers durchsetzbaren Anspruch auf Rückerwerb voraus. Das betreffende zivilrechtliche Rechtsgeschäft muss objektiv nichtig sein. Es kommt nicht darauf an, ob die Parteien selbst das Rechtsgeschäft für nichtig halten.

c) [X.] beurteilt sich nach zivilrechtlichen [X.]rundsätzen. Eine nur steuerrechtlich nach §§ 41 oder 42 [X.] zu beachtende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts rechtfertigt nicht die Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 2 [X.]rESt[X.]. Die [X.]runderwerbsteuer knüpft als Rechtsverkehrsteuer grundsätzlich an das Zivilrecht an. Die wirtschaftliche Einordnung eines Erwerbsvorgangs und seine steuerrechtliche [X.]ehandlung haben deshalb für § 16 Abs. 2 Nr. 2 [X.]rESt[X.] keine [X.]edeutung.

d) Im Streitfall ist der Kaufvertrag vom 5. Februar 1998, der Rechtsgrund für die Übereignung der Eigentumswohnungen von der Klägerin auf die [X.] ist, zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden.

aa) Der Kaufvertrag vom 5. Februar 1998 ist nicht wegen mangelnder Rechtsfähigkeit der Käuferin nichtig. Die [X.] ist in der [X.]undesrepublik Deutschland rechtsfähig.

[X.]ei der "Establishment" handelt es sich um eine Anstalt liechtensteinischen Rechts (vgl. [X.]eschluss des [X.] vom 5. November 2013  1 Sch 1/11, juris), deren Rechtsfähigkeit nach liechtensteinischem Recht zu beurteilen ist (vgl. [X.]eschluss des [X.]undesgerichtshofs --[X.][X.]H-- vom 3. Dezember 2014 IV Z[X.] 9/14, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2015, 623, Rz 22). Nach Art. 534 Abs. 1 des liechtensteinischen Personen- und [X.]esellschaftsrechts ist eine Anstalt ein rechtlich verselbständigtes Unternehmen, dem eigene Rechtspersönlichkeit und Rechtsfähigkeit zukommt.

Für die Frage der Rechtsfähigkeit ist unerheblich, ob die im Ausland gegründete [X.] an ihrem statutarischen Sitz in [X.] einen Verwaltungssitz hat und von dort aus [X.]eschäftstätigkeiten nachgegangen ist. Die in einem Vertragsstaat der [X.] oder des [X.] ([X.]) nach dessen Vorschriften wirksam gegründete [X.]esellschaft ist in einem anderen Vertragsstaat auf der [X.]rundlage der im Vertrag über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) garantierten Niederlassungsfreiheit (Art. 54 [X.]) unabhängig von dem Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie gegründet wurde ([X.][X.]H-Urteil vom 19. September 2005 II ZR 372/03, [X.][X.]HZ 164, 148; Urteile des [X.]erichtshofs der [X.] Überseering vom 5. November 2002 [X.]/00, [X.]:[X.], NJW 2002, 3614, und [X.] vom 30. September 2003 C-167/01, [X.]:[X.], NJW 2003, 3331). [X.] ist ein Vertragsstaat des [X.].

bb) Der Kaufvertrag vom 5. Februar 1998 ist auch nicht im Hinblick auf ein Scheingeschäft nach § 117 [X.][X.][X.] nichtig. Nach dieser [X.]estimmung ist eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, nichtig, wenn sie mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Klägerin ging es bei der Übertragung des [X.]rundbesitzes auf die [X.] um eine "Haftungsbeschränkung im Inland", die jedenfalls nicht ohne einen zivilrechtlich wirksamen Verkauf der Eigentumswohnungen an die [X.] hätte realisiert werden können.

cc) Der Verkauf der Eigentumswohnungen an die [X.] war nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]rESt[X.] steuerbar. Zur Aufhebung des Feststellungsbescheids vom 7. Mai 1998 ist es nur deswegen gekommen, weil die Finanzverwaltung (vgl. etwa Erlass des [X.] vom 14. Juni 1994 S 4540-4-V A 2, [X.], juris) damals den Rechtsstandpunkt vertreten hatte, dass eine im Ausland gegründete [X.] ohne [X.]eschäftstätigkeit an ihrem statutarischen Sitz im Inland grundsätzlich als nicht rechtsfähig zu gelten habe und daher keine Erwerbstatbestände des [X.]runderwerbsteuergesetzes verwirklichen könne. Diese Auffassung wird nicht mehr vertreten.

4. Die Festsetzung der [X.]runderwerbsteuer für den Rückerwerb der Eigentumswohnung in [X.] ist rechtmäßig.

a) Die Steuerpflicht des Erwerbsvorgangs ist durch den nach § 17 Abs. 2  1. Halbsatz i.V.m. Abs. 1 Satz 2 [X.]rESt[X.] ergangenen Feststellungsbescheid vom 17. Januar 2008 bestandskräftig festgestellt und der [X.]runderwerbsteuerfestsetzung zugrunde zu legen.

Nach § 351 Abs. 2 [X.] können Entscheidungen in einem [X.]rundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 [X.]) nur durch Anfechtung dieses [X.]s, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden. Diese Vorschrift findet auch im finanzgerichtlichen Verfahren Anwendung (§ 42 [X.]O). Die gesonderte Feststellung der [X.]esteuerungsgrundlagen ist ein [X.]rundlagenbescheid und damit für die [X.]runderwerbsteuerfestsetzung bindend (§ 182 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Einwendungen gegen die festgestellte Steuerpflicht können nur mit Rechtsbehelfen gegen den [X.]rundlagenbescheid, nicht aber gegen den Folgebescheid --die [X.]runderwerbsteuerfestsetzung-- erhoben werden.

b) Die [X.]runderwerbsteuer ist der Höhe nach zutreffend unter [X.]erücksichtigung des festgestellten [X.]rundbesitzwerts festgesetzt worden. Insoweit kann dahinstehen, ob die Klägerin Einwendungen gegen den mit [X.] vom 2. Juli 2008 festgestellten Wert der Eigentumswohnung wegen § 351 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 42 [X.]O überhaupt im Rahmen der [X.]runderwerbsteuerfestsetzung geltend machen kann.

aa) Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.]rESt[X.] in der für 2005 maßgeblichen Fassung wird die Steuer nach den Werten i.S. des § 138 Abs. 2 bis 4 des [X.]ewertungsgesetzes bemessen, wenn eine [X.]egenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist.

Das [X.]undesverfassungsgericht ([X.]Verf[X.]) hat zwar § 8 Abs. 2 [X.]rESt[X.] als mit Art. 3 Abs. 1 des [X.]rundgesetzes unvereinbar erklärt, jedoch die weitere Anwendung der Vorschrift bis zum 31. Dezember 2008 zugelassen ([X.]Verf[X.]-[X.]eschluss vom 23. Juni 2015  1 [X.]vL 13/11, 1 [X.]vL 14/11, [X.]Verf[X.]E 139, 285, [X.]St[X.]l II 2015, 871). Der [X.]esetzgeber wurde verpflichtet, spätestens bis zum 30. Juni 2016 rückwirkend zum 1. Januar 2009 eine Neuregelung zu treffen. Die Neuregelung des [X.]esetzgebers in Art. 8 Nr. 2 des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2. November 2015 ([X.][X.][X.]l I 2015, 1834) hat die Verweise in § 8 Abs. 2 [X.]rESt[X.] geändert und damit dem [X.]eschluss des [X.]Verf[X.] Rechnung getragen. Die neuen Regelungen sind erst auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2008 verwirklicht werden (§ 23 Abs. 14 Satz 1 [X.]rESt[X.]).

bb) Im Streitfall war die [X.]emessungsgrundlage unter Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.]rESt[X.] in der für 2005 maßgeblichen Fassung zu ermitteln. Die Klägerin hat den Erwerbsvorgang, der dem [X.]runderwerbsteuerbescheid vom 15. Juli 2008 zugrunde liegt, bereits am 7. November 2005 und damit weit vor dem 1. Januar 2009 verwirklicht. Nach der Vereinbarung in der notariellen Urkunde vom 7. November 2005 sollten die Rückübertragungen der Eigentumswohnungen ausdrücklich "unentgeltlich" erfolgen. Der Wert des [X.]rundstücks [X.] war deshalb wie festgestellt anzusetzen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O, die Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 14/12

29.06.2016

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 26. Oktober 2011, Az: 4 K 3557/08, Urteil

§ 41 AO, § 42 AO, § 171 Abs 10 AO, § 174 Abs 1 AO, § 174 Abs 2 AO, § 174 Abs 3 AO, § 174 Abs 4 AO, § 182 Abs 1 S 1 AO, § 351 Abs 2 AO, § 42 FGO, § 1 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 1 Abs 1 Nr 2 GrEStG 1997, § 8 Abs 2 S 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 16 Abs 2 Nr 2 GrEStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.06.2016, Az. II R 14/12 (REWIS RS 2016, 9081)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9081

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