Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2013, Az. KVR 56/12

Kartellsenat | REWIS RS 2013, 4349

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BUND[X.]SG[X.]RICHTSHOF

B[X.]SCHLUSS
K[X.]R 56/12
vom

9. Juli 2013

in dem Kartellverwaltungsverfahren

-
2
-

Der Kartellsenat des [X.] hat am 9.
Juli 2013 durch den [X.]orsitzenden
Richter Prof. Dr.
Bornkamm
und die
Richter [X.],
Dr.
Kirchhoff, Dr.
[X.] und Dr.
Deichfuß
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des 1.
Kartellsenats des [X.] vom 1.
August 2012 wird als unzulässig verworfen.
Ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der [X.] in diesem Beschluss wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte trägt die Kosten ihrer Rechtsmittel.
Der [X.] wird auf 30.000

festgesetzt.

Gründe:

I.
Die Beteiligte
ist die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker ([X.]), eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihr gehört die weitaus überwiegende Zahl der in [X.] tätigen Hörgeräteakustiker an.
Hörgeräte, die sozialversicherungsrechtlich zu den sogenannten [X.] rechnen,
werden in der Regel vom [X.] verordnet und dem Patienten auf diese [X.]erordnung hin vom Hörgeräteakustiker angepasst. [X.] geschieht dies auf der Grundlage von [X.]erträgen zwischen den Krankenkassen und den sogenannten Leistungserbringern
(§§
126, 127 1
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3
-

SGB
[X.]). Daneben gibt es nach §
128 Abs.
4 SGB
[X.] die Möglichkeit, dass [X.] auf der Grundlage vertraglicher [X.]ereinbarungen mit den gesetzlichen Krankenkassen oder deren [X.]erbänden weitergehend an der [X.]ersorgung mit Hilfsmitteln mitwirken. Das geschieht nach der Darstellung der Beteiligten in der Weise, dass der [X.] die erforderlichen Messungen am Patienten vor-nimmt und die so gewonnenen Daten an einen Hörgerätehersteller übermittelt, der auf dieser Grundlage ein Hörgerät fertigt. Dieses wird sodann an den Arzt geliefert, der es dem Patienten anpasst. Dieses [X.]erfahren wird als verkürzter [X.] bezeichnet.
Zur [X.]indämmung des verkürzten [X.]s, der nach [X.] der Beteiligten verschiedene Nachteile mit sich bringt, hat sie im
August 2009 mit einer gesetzlichen
Krankenkasse eine [X.]ereinbarung getroffen, nach der
dieser günstigere [X.]rstattungspreise für die [X.]ersorgung mit zuzahlungsfreien Hörgeräten eingeräumt wurden, solange die Kasse keine [X.]ereinbarungen über den verkürzten [X.] schloss.
Nachdem das [X.] hiervon Kenntnis erlangt hatte, gab es der Beteiligten auf, Unterlagen zum verkürzten [X.] und zu [X.] mit den gesetzlichen Krankenkassen vorzulegen. Die Beschwerde
der Beteiligten gegen das Auskunftsverlangen ist
vom Oberlan-desgericht zurückgewiesen worden ([X.], [X.]/[X.] D[X.]-R 3320).
Die Beteiligte hat mit Schreiben vom 23.
Dezember 2010 dem
Bundes-kartellamt angeboten, eine Reihe von [X.]erpflichtungen einzugehen, um die vom [X.] gegen ihr [X.]orgehen geäußerten Bedenken auszuräumen. Dieses Angebot hat sie jedoch mit Schreiben vom 27.
Januar 2011 zurückge-nommen.
Das [X.] hat mit [X.]erfügung vom 18.
November 2011 der Beteiligten untersagt,
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4
5
6
-
4
-

1.
Beschlüsse zu fassen mit dem Inhalt, den Krankenkassen als [X.]ertrags-partnern in [X.]ersorgungsverträgen nach §
127 SGB
[X.] günstigere Konditio-nen anzubieten oder
zu gewähren, soweit diese im Gegenzug auf den [X.] weiterer

rechtmäßiger

[X.]ersorgungsverträge über die [X.]ersor-gung mit Hörhilfen/Hörgeräten/Hörsystemen verzichten, insbesondere auf solche über den verkürzten [X.],

2.
den Abschluss und die Geltung von [X.]ergütungsvereinbarungen in [X.]ersor-gungsverträgen mit Krankenkassen nach §
127 SGB
[X.] an die Bedingung zu knüpfen, dass diese Krankenkassen keine weiteren

rechtmäßigen

[X.]ersorgungsverträge über die [X.]ersorgung mit Hörhilfen/Hörgeräten/Hör-systemen mit anderen Anbietern schließen und

3.
[X.]ersorgungsverträge nach §
127 SGB
[X.] anzubieten oder abzuschließen, die wie die in Rn.
6 bis
8 dieser
[X.]erfügung genannten [X.]erträge ein [X.] und die anschließende Geltung ungünstigerer Konditi-onen für den Fall vorsehen, dass die Krankenkasse eine oder mehrere an-derweitige

rechtmäßige

[X.]ereinbarungen zur [X.]ersorgung von [X.]ersicher-ten mit Hörhilfen/Hörgeräten/Hörsystemen abschließt.
In der mündlichen [X.]erhandlung über die Beschwerde gegen diese [X.]er-fügung hat der Prozessbevollmächtigte der Beteiligten zu Protokoll erklärt, dass diese
endgültig auf die [X.]erwendung der in Rede stehenden Klauseln verzichte und nicht beabsichtige, sie nochmals zu verwenden. Auf Hinweis des Gerichts hat die Beteiligte anschließend ihren Antrag auf das Begehren umgestellt, die Rechtswidrigkeit der angefochtenen [X.]erfügung feststellen zu lassen,
und gel-tend gemacht, sie habe ein hohes Interesse daran, dass in der Öffentlichkeit nicht der [X.]indruck entstehe, sie habe sich kartellrechtswidrig verhalten.
Das Beschwerdegericht hat die Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde mit der Begründung verworfen, der Beteiligten stehe kein berechtigtes Interesse zur Seite, die Rechtmäßigkeit der erledigten [X.]erfügung gerichtlich klären zu lassen. Die Rechtsbeschwerde
hat es
nicht zugelassen. Gegen diese [X.]ntscheidung wendet sich die Beteiligte mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde und
mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
Die nach §
74 Abs.
4 GWB statthafte zulassungsfreie Rechtsbe-schwerde hat keinen [X.]rfolg. Die [X.]ntscheidung des [X.] beruht nicht auf einer [X.]erletzung rechtlichen Gehörs.
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-
5
-

1. Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe sie nicht rechtzeitig auf das [X.]rfordernis von [X.]ortrag zum Fortsetzungsfeststellungs-interesse hingewiesen, greift nicht durch.
[X.]in Anlass für einen solchen Hinweis ergab sich erst, als die Beteiligte ih-ren Antrag umstellte und damit erst in der
mündlichen [X.]erhandlung vom 13.
Juni 2012.
Die in diesem Zusammenhang geäußerte Ansicht der Beteiligten, das Beschwerdegericht hätte schon vor der mündlichen [X.]erhandlung darauf hinwei-sen müssen, dass die für die Anfechtungsbeschwerde erforderliche Beschwer entfallen sei, trifft nicht zu. Das Beschwerdegericht hat eingehend begründet, warum aus seiner Sicht erst in der mündlichen [X.]erhandlung hinreichende [X.] darüber gewonnen wurde, dass sich die angefochtene [X.]erfügung erledigt
hatte. Für die Frage, ob der Beteiligten
das rechtliche
Gehör versagt worden ist, ist diese tatrichterliche Würdigung zugrunde zu legen. Ob etwas anderes in [X.] kommen könnte, wenn die tatrichterliche Würdigung willkürlich wäre, [X.] keiner [X.]rörterung.
Die Würdigung ist vielmehr im Wesentlichen überzeu-gend. Zweifelhaft mag sein, ob das Beschwerdegericht der Beteiligten zu Recht angelastet hat, dass sie an ihrem Rechtsstandpunkt festhielt und sich für den Fall einer ihr günstigen [X.]ntscheidung des [X.] die Wiederauf-nahme des beanstandeten [X.]erhaltens vorbehielt (vgl. [X.], Urteil vom 1.
April 1993

I
ZR
136/91, [X.], 677

Bedingte Unterwerfung). Die Würdigung des [X.] wird aber jedenfalls durch den Hinweis darauf getra-gen, dass die Beteiligte ihre [X.]erpflichtungszusage vom 23.
Dezember 2010 am 27.
Januar 2011 ohne Angabe von Gründen zurückgezogen hat.
2. Die weitere Rüge, das Beschwerdegericht hätte der Beteiligten durch [X.]ertagung, Übergang in das schriftliche [X.]erfahren oder [X.] verschaffen müssen, sich ergänzend zum Fortsetzungsfeststellungs-interesse zu äußern, greift nicht durch.
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6
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Konkrete Anhaltspunkte, aus denen sich für das Beschwerdegericht [X.] ergeben können, dass es ihr nicht möglich sei, sich in der mündlichen [X.]er-handlung zum [X.] zu äußern, hat die Beteiligte nicht aufgezeigt. Insbesondere ist nicht ersichtlich
und wird von der Beteiligten auch nicht behauptet, dass ihr
Prozessbevollmächtigter
oder ihr
persönlich an-wesender
Hauptgeschäftsführer gegenüber dem Gericht erkennen ließen, dass sie hierfür
nicht über ausreichende Informationen verfügten.
3. Ohne [X.]rfolg rügt die Beteiligte, das Beschwerdegericht habe es unter-lassen darauf hinzuweisen, dass es ihren [X.]ortrag als unzureichend ansah. [X.]s entspricht ständiger Rechtsprechung, dass das Gebot der Gewährung rechtli-chen Gehörs keine allgemeine Pflicht zu Hinweisen einschließt, insbesondere in dem Sinne, dass der bisherige [X.]ortrag das Gericht nicht von der Berechtigung des Standpunkts der betreffenden [X.] überzeuge (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
Februar 2010

K[X.]Z
16/09, [X.]/[X.] D[X.]-R 2879 Rn.
23

Kosmetikartikel).
III.
Die nach §§
75, 76 Abs.
1 GWB statthafte und auch sonst zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen [X.]rfolg. Die Sache wirft weder Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine [X.]ntscheidung des [X.] (§
74 Abs.
2 GWB).
1. [X.]s entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass ein [X.] genügen kann, um die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungskla-ge oder beschwerde nach [X.]rledigung des ursprünglichen Begehrens zu be-gründen. Danach besteht ein [X.], wenn die [X.] Feststellung als Genugtuung oder zur Rehabilitierung des Betroffenen erforderlich ist, was insbesondere dann in Betracht kommt, wenn das [X.] diskriminierenden Charakter hatte (B[X.]erfG[X.] 110, 77, 92). Diese Grundsätze gelten auch für das kartellverwaltungsgerichtliche [X.]erfahren ([X.], Beschluss vom 5.
Mai 1967

K[X.]R 1/65,
[X.]/[X.] [X.] 852, 855 14
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17
-
7
-

Großgebinde
I[X.]; KG,
[X.]/[X.] OLG 1074

Feuerfeste Steine; [X.]/[X.] OLG 2433

[X.]; [X.]/[X.] OLG 3213

[X.]; [X.]/[X.] OLG 5497

[X.]). Das Beschwerdegericht hat seiner [X.]nt-scheidung diese Rechtsprechung zugrunde gelegt. Die Rechtsbeschwerde er-hebt insoweit lediglich Beanstandungen gegen die Anwendung dieser Grund-sätze im konkreten Fall. Damit ist ein Zulassungsgrund nicht dargetan.
2. Der [X.]erweis der Rechtsbeschwerde auf die Rechtsprechung des Se-nats
zu den Anforderungen an das Bestehen eines Fortsetzungsfeststellungsin-teresses im Falle eines erledigten Zusammenschlussvorhabens ([X.], [X.] vom 25.
September 2007

K[X.]R
30/06, [X.]Z 174, 179 Rn.
13
ff.

Springer/[X.]; Beschluss vom 20.
April 2010

K[X.]R
1/09, [X.]/D[X.]-R 2905 Rn.
16

Phonak/GN Store) bleibt erfolglos. Dass danach geringere Anfor-derungen zu stellen sind, hat der Senat mit den Besonderheiten der [X.] begründet. Daher ist es nicht zu beanstanden, wenn das Beschwerde-gericht die Grundsätze dieser [X.]ntscheidungen hier nicht angewendet hat. [X.]ine Divergenz zu den ansonsten in der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufge-stellten Grundsätzen zum [X.] wegen Wiederho-lungsgefahr (vgl. [X.], Beschluss vom 9.
Juli 2002

K[X.]R
1/01, [X.]Z 151, 260, 267
ff.

Stellenmarkt für [X.]) zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf und ist auch nicht ersichtlich.
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3. Soweit die Rechtsbeschwerde ein [X.] wegen drohender Schadensersatzforderungen geltend macht, kann das die Zulassung nicht begründen. Das tatsächliche [X.]orbringen hierzu war nicht Ge-genstand des [X.]erfahrens vor dem Beschwerdegericht.
I[X.].
Die Kostenentscheidung beruht auf §
78 GWB.

Bornkamm
Strohn
Kirchhoff

[X.]
Deichfuß
[X.]orinstanz:
[X.], [X.]ntscheidung vom 01.08.2012 -
[X.]I-Kart 7/11 ([X.]) -

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Meta

KVR 56/12

09.07.2013

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2013, Az. KVR 56/12 (REWIS RS 2013, 4349)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4349

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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U (Kart) 24/17 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


M 16 K 15.5455 (VG München)

Untersagung der selbstständigen Ausübung des Hörgeräteakustikerhandwerks im Rahmen seines stehenden Gewerbes


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