Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.04.2010, Az. VIII ZR 120/09

8. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7649

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Gegenstand

Mietvertrag über eine preisgebundene Wohnung: Umlage weiterer Betriebskosten für die Zukunft


Leitsatz

Sieht der Mietvertrag über eine preisgebundene Wohnung nur die Umlage einzelner Betriebskosten vor (Teilinklusivmiete), kann der Vermieter durch einseitige Erklärung - für die Zukunft - die Umlage weiterer Betriebskosten im Sinne des § 27 II. Berechnungsverordnung erreichen, indem er dem Mieter diese nach Art und Höhe bekannt gibt; dies kann auch dadurch geschehen, dass er dem Mieter eine - formell ordnungsgemäße - Betriebskostenabrechnung erteilt, die derartige Betriebskosten umfasst .

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] - Zivilkammer 34 - vom 2. April 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger nehmen die Beklagten auf Zahlung des Saldos aus der Betriebskostenabrechnung für das [X.] in Anspruch.

2

Die Beklagten sind Mieter einer öffentlich geförderten Wohnung der Kläger in [X.] In dem Mietvertrag aus dem [X.] ist unter "§ 4 Miete" bestimmt:

"1. Die nach gesetzlichen Bestimmungen ermittelte Grundmiete beträgt bei Vertragsbeginn - vorläufig - monatlich 387,35 DM ... ohne die Kosten der Zentralheizungs- und Warmwasserversorgung und ohne nachstehende Betriebskosten.

2. Für nachstehende Betriebskosten sind monatlich neben der Miete folgende Vorauszahlungen zu leisten:

a) Mehrbelastungen für Wasserverbrauch und Sielbenutzungsgebühr 8 DM ..."

3

Die Kläger erwarben die Wohnung Anfang 1999. Zu diesem Zeitpunkt entrichteten die Beklagten eine Miete von monatlich insgesamt 682,33 DM (= 348,87 €). [X.] vom 24. Januar 1999 teilten die Kläger den Beklagten unter anderem mit, dass über die Betriebskosten jährlich gemäß § 2 der Betriebskostenverordnung abgerechnet werde. In den folgenden Jahren erstellten die Kläger für die Abrechnungszeiträume 1999 bis 2004 Betriebs- und Heizkostenabrechnungen, aus denen sich - bis auf die Abrechnung für das [X.], die mit einem Nachzahlungsbetrag in Höhe von 218,75 € endete - jeweils [X.] zugunsten der Beklagten errechneten.

4

[X.] vom 30. Oktober 2006 rechneten die Kläger die Nebenkosten für das [X.] in der gleichen Weise wie in den Vorjahren ab. Dies ergab eine Nachzahlungsforderung gegen die Beklagten in Höhe von 1.603,23 €, die die Kläger wegen eines Rechenfehlers später auf 1.609,74 € korrigierten und die sie - nebst Zinsen - eingeklagt haben.

5

Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 1.603,23 € nebst Zinsen stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das [X.] zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7

Das [X.]erufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

8

Zu Recht habe das Amtsgericht die [X.]eklagten zur Zahlung des [X.] 2005 verurteilt. Es sei davon auszugehen, dass die [X.]eklagten bei Erwerb der Wohnung durch die Kläger eine Miete entrichtet hätten, die sich aus einer Nettokaltmiete von 386,24 [X.], einer [X.]etriebskostenvorauszahlung von 208 [X.] und einer Heizkostenvorauszahlung von 88,09 [X.], insgesamt 682,33 [X.] (entsprechend 348,87 €), zusammengesetzt habe. Diese Miete sei den Klägern bei Erwerb der Wohnung durch die Verwaltungsgesellschaft [X.] mit Schreiben vom 18. Januar 1999 mitgeteilt worden. Unstreitig hätten die [X.]eklagten Mietzahlungen auch genau in dieser Höhe entrichtet.

9

Zwar weise der Mietvertrag von 1978 keine Nettokaltmiete nebst Vorauszahlungen auf [X.]etriebskosten und auf Heizkosten aus, vielmehr handele es sich um einen Vertrag, mit dem eine Kostenmiete zuzüglich einer Pauschale (8 [X.]) für Mehrbelastung für Wasserverbrauch und Sielgebühr vereinbart worden sei. Grundsätzlich trage der Vermieter, soweit er sich auf eine gegenüber dem Mietvertrag geänderte Mietstruktur berufe, für die Änderung die Darlegungs- und [X.]eweislast. Die Kläger hätten insoweit sowohl das Schreiben der Firma [X.] vom 18. Januar 1999, welches auf eine Umstellungserklärung vom 12. Dezember 1997 [X.]ezug nehme, als auch vom [X.]eklagten gegengezeichnete [X.]etriebskostenabrechnungen zur Akte gereicht. Die Kläger, die das Mietobjekt erst längere [X.] nach Abschluss des Mietvertrags erworben hätten, hätten damit eine Vielzahl von Indizien für die Richtigkeit der von ihnen behaupteten Mietstruktur vorgetragen. Demgegenüber könnten sich die [X.]eklagten nicht auf ein schlichtes [X.]estreiten beschränken. Spätestens aufgrund der unstreitigen [X.]ezahlung des [X.] aus der [X.]etriebskostenabrechnung vom 30. November 2003 in Höhe von 218,75 € sei eine Umkehr der [X.]eweislast eingetreten. Es sei daher an den [X.]eklagten, darzulegen und zu beweisen, welche Veränderungen der nach ihrem Vortrag weiterhin geschuldeten Kostenmiete eingetreten seien, die dazu führten, dass die [X.]eklagten genau die von der Firma [X.] bescheinigte Miete - allerdings nicht als Nettokaltmiete mit Vorauszahlungen auf [X.]etriebs- und Heizkosten, sondern als Kostenmiete - zahlten.

Das Amtsgericht habe die [X.]eklagten daher zu Recht zur Zahlung des Saldos 2005, der im Wesentlichen auf hohen Nachzahlungen für Wasser sowie Wassererwärmung beruhe, verurteilt.

II.

Das [X.]erufungsurteil hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.

1. Es ist entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb aufzuheben (§ 545 Abs. 1, § 546 ZPO), weil es die im [X.] von den Parteien gestellten Anträge nicht wiedergibt. § 540 Abs. 1 ZPO entbindet das [X.]erufungsgericht zwar nicht von der Aufnahme der [X.] in das Urteil. Allerdings muss dies nicht durch wörtliche Wiedergabe geschehen, sondern es kann genügen, dass aus den Ausführungen des [X.]erufungsgerichts im Übrigen sinngemäß deutlich wird, was der [X.]erufungskläger mit seinem Rechtsmittel und was der [X.] im [X.]erufungsverfahren erstrebt haben ([X.], 99, 100 f.; [X.], Urteil vom 7. Oktober 2008 - [X.], [X.], 287, [X.]. 5). Diesen Anforderungen ist im [X.]erufungsurteil noch hinreichend Genüge getan. Den Ausführungen des [X.]erufungsgerichts, das Amtsgericht habe in dem angefochtenen Urteil die [X.]eklagten zur Zahlung des [X.] 2005 verurteilt, lässt sich entnehmen, dass die Kläger diesen in der ausgeurteilten Höhe weiterverfolgt haben und die [X.]eklagten mit dem von ihnen eingelegten Rechtsmittel die Abänderung des Amtsgerichtsurteils und Klageabweisung begehrt haben (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., § 540 [X.]. 8).

2. Das [X.]erufungsgericht hat den Klägern im Ergebnis zu Recht den Nachzahlungsbetrag aus der [X.]etriebskostenabrechnung für das [X.] von 1.603,23 €, den die Revision der Höhe nach nicht angreift, nebst Zinsen zuerkannt. Die [X.]eklagten haben die abgerechneten [X.]etriebskosten unabhängig davon zu tragen, ob der [X.] abgeschlossene Mietvertrag eine Umlage dieser Kosten vorsah. Denn die Kläger haben spätestens mit der für das [X.] erteilten Abrechnung für die nachfolgenden Abrechnungszeiträume eine gegebenenfalls erforderliche Änderung der ursprünglichen Mietstruktur durch einseitige Erklärung nach § 10 Abs. 1 Wo[X.]indG herbeigeführt.

a) Der Vermieter konnte nach früherer Rechtslage (vgl. dazu im Einzelnen [X.] in: [X.]/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Stand Dezember 2009, § 20 [X.]. 2.1) die [X.]etriebskosten in die Durchschnittsmiete einrechnen. Diese Möglichkeit ist auf Grund der am 1. Mai 1984 in [X.] getretenen Änderung des § [X.] mit Ablauf der Übergangsfrist des § 25b NMV (31. Dezember 1985) entfallen; der Vermieter preisgebundenen Wohnraums kann [X.]etriebskosten seither nur als gesondert abzurechnende Kosten auf den Mieter abwälzen. Insoweit kann die bisherige Mietstruktur für die Zukunft vom Vermieter durch einseitige Erklärung nach § 10 Wo[X.]indG geändert werden, indem er die bisher in der Grundmiete enthaltenen [X.]etriebskosten [X.] und diesen [X.]etrag als Vorauszahlung auf die nunmehr zwingend [X.] [X.]etriebskosten erhebt ([X.], aaO, [X.]. 2.4).

b) Ob eine solche Umstellung hier bereits von der Rechtsvorgängerin der Kläger vorgenommen wurde, bedarf keiner Entscheidung. § 10 Abs. 1 Wo[X.]indG eröffnet dem Vermieter preisgebundenen Wohnraums generell die Möglichkeit zur Erhöhung der Miete, wenn der Mieter nur zur Entrichtung eines geringeren als des nach dem Gesetz zulässigen Entgelts verpflichtet ist. Nach zutreffender Meinung kann deshalb der Vermieter einer preisgebundenen Wohnung [X.]etriebskosten, deren Umlage im Mietvertrag nicht vereinbart ist, generell durch Erklärung nach § 10 Abs. 1 Wo[X.]indG für die Zukunft auf den Mieter umlegen ([X.], [X.] der Wohn- und Gewerberaummiete, 5. Aufl., [X.], [X.]. 29 m.w.N; [X.], aaO, [X.]. 2.5.4 m.w.[X.]). Hierzu genügt die Übermittlung einer formell ordnungsgemäßen [X.]etriebskostenabrechnung. Denn aus dieser kann der Mieter ersehen, welche [X.]etriebskosten der Vermieter nunmehr geltend macht und mit welchen Kosten er insoweit für die Zukunft rechnen muss ([X.], aaO). Eine Umstellung der Mietstruktur dahin, dass die Kläger die [X.]etriebskosten gemäß § 27 II. [X.]V gesondert zu tragen haben, ist deshalb vorliegend spätestens dadurch erfolgt, dass die Kläger diese Kosten für das [X.] gegenüber den [X.]eklagten abgerechnet haben.

[X.]all                                   Dr. Milger                                      Dr. Hessel

                Dr. Fetzer                                    Dr. [X.]ünger

Meta

VIII ZR 120/09

14.04.2010

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Hamburg, 2. April 2009, Az: 334 S 16/08, Urteil

§ 20 Abs 1 NMV 1970, § 10 Abs 1 WoBindG, § 27 BVO 2

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.04.2010, Az. VIII ZR 120/09 (REWIS RS 2010, 7649)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7649

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

VIII ZR 335/10

VIII ZR 209/15

VIII ZR 121/10

VIII ZR 121/10

VIII ZR 120/09

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