Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2000, Az. XII ZR 316/97

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2679

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:29. März 2000Küpferle,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinBGB § 566 Satz 2Für die Kündigung eines [X.], der mangels Schriftform als für unbestimmte[X.] geschlossen gilt, sind vertraglich vereinbarte Kündigungsfristen jedenfalls [X.] maßgebend, wenn diese länger sind als die gesetzlichen Kündigungsfristen.[X.], Urteil vom 29. März 2000 - [X.] - [X.] NaumburgLG Halle- 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 29. März 2000 durch [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. November 1997 auf-gehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von [X.] für ein Grund-stück mit aufstehendem Lagergebäude in Anspruch, das er 1991 von derH. M. B. AG erworben hat. Diese hatte mit [X.] des Grundstücks, nämlich im einzelnen näher bezeich-nete Büro- und Sozialräume (60 qm), überdachte Lagerflächen (624 qm) [X.] (150 qm), an die [X.]-v. S. [X.] vermietet.- 3 -Der Mietvertrag enthält unter anderem folgende [X.] 2MietdauerDer Mietvertrag beginnt am 01.11.1990 und hat eine Laufzeit [X.] Jahren und 2 Monaten.§ 4MietpreisbindungDie Mietpreisbindung gilt vom 01.11.1990 - 31.12.1993; [X.] - 31.12.1995 gilt eine Neuregelung der [X.] den Marktverhältnissen. Danach kann von [X.] das Vertragsverhältnis aufgelöst werden bei einer [X.] von 12 Monaten, frühestens jedoch zum 31.12.1995.Danach verlängert sich die Mietdauer um jeweils 1 Jahr.Nach dem Erwerb des Grundstücks durch den Kläger wurden - unterZugrundelegung dieses [X.] - weitere Flächen auf dem Grundstückvon der [X.] (Beklagte) "dazugemietet". Fernerkamen diese und der Kläger zu einem nicht genannten [X.]punkt überein, [X.] auf sie "umzustellen". Die vom Kläger vorgelegte Korrespondenzüber das Mietverhältnis (Schreiben vom 26. März 1992, 2. November 1993,7. Februar 1994, 27. November 1995, 7. Dezember 1995 und 19. [X.]) wurde vom Kläger an die Beklagte adressiert bzw. von dieser unter ih-rem Briefkopf geführt.Die Beklagte räumte das Mietobjekt zum 31. Dezember 1995. Sie stehtauf dem Standpunkt, das Mietverhältnis habe gemäß § 2 des [X.] mitdiesem Tage geendet, ohne daß es der von ihr vorsorglich mit Schreiben vom27. November 1995 mitgeteilten Ankündigung bedurft hätte, das [X.] -zum 31. Dezember 1995 zu beenden. Sie hat vorgetragen, dem Kläger bereitsim Januar 1995 mündlich erklärt zu haben, das Mietverhältnis nicht über den31. Dezember 1995 fortsetzen zu wollen, da ihr ab 1. Januar 1996 ein eigenerNeubau zur Verfügung stehen werde.Der Kläger macht demgegenüber geltend, das Mietverhältnis habe nach§ 4 des [X.] lediglich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von12 Monaten gekündigt werden können und sei durch das Schreiben der [X.] vom 27. November 1995 somit erst zum 31. Dezember 1996 beendetworden.Mit seiner Klage verlangte der Kläger zunächst [X.] in der zuletztvereinbarten Höhe für die Monate Januar und Februar 1996 sowie Feststel-lung, daß das Mietverhältnis über den 31. Dezember 1995 hinaus [X.]. Das [X.] wies die Klage mit der Begründung ab, das [X.] gemäß § 2 des [X.] mit dem 31. Dezember 1995 geendet. DieBerufung des [X.], mit der er statt der ursprünglich begehrten Feststellungnunmehr auch [X.] für den zwischenzeitlich abgelaufenen [X.]raum Märzbis Dezember 1996 verlangte, hatte in Höhe von 162.236,76 DM nebst [X.]. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten.- 5 -Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.[X.] ist der Ausgangspunkt des [X.], das Mietver-hältnis der Parteien habe nicht schon durch [X.]ablauf zum 31. Dezember 1995geendet.Das Berufungsgericht legt den Mietvertrag vom 2. Oktober 1990, für dengemäß Art. 232 § 2 Abs. 1 EGBGB seit dem 3. Oktober 1990 die [X.] Bürgerlichen Gesetzbuches maßgeblich sind, dahin aus, das [X.] habe sich über den 31. Dezember 1995 hinaus jeweils um ein weiteres Jahrverlängern sollen, wenn es nicht zuvor rechtzeitig gekündigt werde; dies geltejedenfalls, wenn der [X.] - wie hier geschehen - gemäß § 4 des [X.] zum Beginn des Jahres 1994 angepaßt worden sei.Diese Auslegung, die das Revisionsgericht nur eingeschränkt zu über-prüfen hat, hält den Angriffen der Revision stand. Sie läuft letztlich darauf hin-aus, den Widerspruch zwischen § 2 und § 4 des [X.] dadurch aufzu-lösen, daß die Regelung des § 2 als Mindestmietzeit verstanden wird, während§ 4 deren automatische Verlängerung unter den dort genannten [X.] vorsieht. Diese Auslegung ist möglich und widerspricht nicht dem überein-stimmenden Interesse der ursprünglichen Vertragsparteien, eine Bindung übereinen überschaubaren [X.]raum hinaus zu vermeiden, da es beiden [X.] 6 -parteien unbenommen blieb, einer Verlängerung der Vertragslaufzeit durchKündigung zuvorzukommen.Ohne Erfolg macht die Revision insoweit geltend, diese Auslegung ver-stoße gegen Denkgesetze, weil die in § 4 des [X.] vorgesehene [X.] des [X.]es mit dem 31. Dezember 1995 habe außer [X.] tretensollen, so daß es für die [X.] der vom Berufungsgericht angenommenen [X.] an einer Bestimmung des [X.]es fehle.Wie die Revisionserwiderung zutreffend ausführt, verbleibt es bei einer [X.] ohne weiteres bei dem zuletzt vereinbarten [X.], sofern die Vertragsparteien keine abweichende Regelung treffen (vgl.[X.] in Bub/[X.], Handbuch der Geschäfts- und [X.]. [X.]. [X.] 261).II.Die Revision rügt indessen mit Erfolg, das Berufungsgericht hätte [X.], ob der Mietvertrag infolge der nachträglichen Vereinbarung einesMieterwechsels und einer Erweiterung des Mietgegenstandes nicht mehr derSchriftform des § 566 BGB genügte und das Mietverhältnis deshalb durch dieals Kündigung auszulegende Erklärung der Beklagten vom Januar 1995 (zuder das Berufungsgericht aus seiner Sicht folgerichtig keine Feststellungengetroffen hat) zum 31. Dezember 1995 beendet worden ist.1. Dem Vortrag der Parteien ist nicht zu entnehmen, daß die nachträgli-chen Vereinbarungen in einer den Anforderungen des § 566 BGB genügendenForm getroffen worden seien. Sowohl die Erweiterung des [X.] -als auch die Vereinbarung, daß nunmehr die beklagte GmbH Mieterin [X.], hätten aber der Schriftform bedurft.Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte die weiteren Grundstücks-flächen durch einen oder mehrere selbständige Verträge angemietet hat unddie Parteien erst später vereinbarten, daß nunmehr die Beklagte Mieterin auchder an die [X.] vermieteten Flächen sein sollte, oder ob der [X.] mit der [X.] vor oder zeitgleich mit der Erweiterung um weitereGrundstücksflächen auf die Beklagte "umgestellt" wurde. In beiden Fällen istdie Schriftform mangels Beurkundung dieser Vereinbarungen der Parteiennicht gewahrt.a) Soweit die Revisionserwiderung der zuletzt genannten Alternativeentgegenhält, die Beklagte habe eine mehr als nur unwesentliche Erweiterungdes Mietgegenstandes nicht substantiiert dargelegt, kann dem nicht gefolgtwerden. Bereits aus der eigenen [X.]berechnung des [X.] in der [X.] ergibt sich, daß zu der ursprünglichen Lagerfläche von 624 qm [X.] ab Januar 1994 weitere 57 + 65 + 100 = 222 qm überdachte [X.] hinzukamen und statt der ursprünglichen Freiflächen von 150 qm nun-mehr insgesamt 686 + 55 + 71 + 83 + 250 = 1.145 qm Frei- und Zufahrtflächenvermietet waren. Eine Vertragserweiterung dieses Umfangs bedarf der Form.Der Umstand, daß der Vermieter bereits in § 1 des schriftlichen Mietver-trages vom 2. Oktober 1990 um "Prüfung gebeten" wurde, ob weitere im [X.] angegebene Flächen zusätzlich zur Verfügung gestellt werden könnten,macht die Schriftform einer entsprechenden [X.] entgegender Auffassung der Revisionserwiderung nicht entbehrlich. Die formbedürftigeÄnderung des Vertragsgegenstandes kam nämlich erst mit der Einigung [X.] über die zusätzlich vermieteten Flächen zustande; diese ist in- 8 -§ 1 des ursprünglichen [X.] nicht beurkundet, sondern allenfalls [X.] gestellt worden.b) Ebensowenig ist der Auffassung der Revisionserwiderung zu folgen,ein formbedürftiger Mieterwechsel habe nicht vorgelegen, weil die [X.] der beklagten GmbH mit den vertretungsberechtigten [X.]-H. P. -K. -v. S. [X.]identisch seien und die bloße Änderung der Rechtsform der Mieterin von eineroffenen Handelsgesellschaft in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung kei-nen Vertragseintritt der GmbH als neue Mieterin bedeute.Dem Vortrag der Parteien sind weder Anhaltspunkte dafür zu entneh-men, daß sich die [X.]-K. -v. S. [X.] in die beklagte GmbH umgewandelt hat, noch dafür, daß es [X.] einen unternehmensbezogenen Mietvertrag handelte, bei dem die [X.] in den Hintergrund tritt, sofern nur das in den [X.] Unternehmen identisch bleibt. Selbst wenn die [X.] ihren Geschäftsbe-trieb zugunsten der GmbH aufgegeben haben sollte, wären die Gesellschafterder [X.] - nunmehr in [X.] - Mieter geblieben(vgl. [X.], Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts7. Aufl. [X.]. 31 m.N.), so daß die Beklagte nur im Wege des vereinbartenMieterwechsels Mieterin werden konnte.Im übrigen ist es für einen späteren Grundstückserwerber, dessenSchutz § 566 BGB vor allem bezweckt, auch bei Personenidentität der [X.] der vorgenannten Gesellschaften keineswegs ohne Bedeutung,ob er sich wegen seines [X.]anspruchs an unbeschränkt haftende [X.]-Gesellschafter oder aber nur an eine GmbH halten kann.- 9 -2. [X.] weist zwar zutreffend darauf hin, daß [X.], vor deren Ablauf ein Mietverhältnis nach § 566 Satz 1 2. Hs. [X.] Kündigung nicht vorzeitig beendet werden kann, erst mit dem [X.] nicht formgerechten Änderungsvertrages beginnt, der die Schriftform desursprünglich formgerechten [X.] entfallen läßt (vgl. [X.]Z 99, 54).Unzutreffend ist jedoch der Hinweis, die Beklagte habe nicht dargelegt, wannwelche zusätzlichen Absprachen getroffen worden seien, so daß die Einhal-tung dieser Jahresfrist nicht festgestellt werden könne. Sowohl aus der [X.] Korrespondenz als auch der eigenen [X.]berechnung des [X.]in der Klageschrift ergibt sich nämlich, daß diese [X.]enjedenfalls vor 1994 zustande gekommen sein müssen, so daß die Kündigungzum 31. Dezember 1995 diese Jahresfrist wahrt.Richtig ist ferner, daß die gesetzliche Kündigungsfrist des § 565Abs. 1 a BGB abdingbar ist. Nicht zu folgen ist der Revisionserwiderung aber,soweit sie geltend macht, daß ein Formmangel, abgesehen von der Fiktion ei-nes Mietverhältnisses auf unbestimmte [X.], alle übrigen Vertragsbestimmun-gen unberührt lasse, mithin auch die hier vertraglich vereinbarte [X.] zum Jahresende, so daß auch die behauptete [X.] Januar 1995 das Mietverhältnis nicht vor dem 31. Dezember 1996 habe [X.] können.Es bedarf keiner Entscheidung, ob dann, wenn die Form des § 566 [X.] eingehalten ist, an die Stelle vertraglicher Kündigungsfristen stets die ge-setzlichen Fristen des § 565 BGB treten (so [X.], Miete 7. Aufl. § 566[X.]. 13; [X.]/[X.] [1997] § 566 [X.]. 61; [X.]. § 566 [X.]. 13; Heile in Bub/[X.], Handbuch der Geschäfts- undWohnraummiete 3. Aufl. [X.]. II 780; a.A., soweit ersichtlich, nur [X.], [X.] 10 -3. Aufl. [X.]. 201, der abweichend vereinbarte Kündigungsfristen für maßgeb-lich hält).Für eine auf § 566 Satz 2 BGB gestützte Kündigung gelten vertraglichvereinbarte Kündigungsfristen jedenfalls dann nicht, wenn diese länger sind alsdie gesetzlichen Kündigungsfristen (vgl. [X.], 245, 246 und [X.] Hamburg[X.] Rspr. 22, 257 [jeweils mit eingehender Begründung]; [X.], [X.] 566 [X.]. 5 unter Hinweis auf den Gesetzeszweck). Andernfalls hätten [X.] eines nicht formgerechten langfristigen [X.] es in der Hand,den durch § 566 BGB bezweckten Schutz eines späteren Grundstückserwer-bers durch mündliche Vereinbarung einer mehrjährigen Kündigungsfrist zu un-terlaufen.3. Entgegen der von der Revisionserwiderung vertretenen Auffassungbrauchte die von der Beklagten behauptete Kündigungserklärung vom [X.] auch nicht schriftlich erklärt zu werden, um wirksam zu sein. [X.] dahinstehen, ob die Vereinbarung in § 7 des ursprünglichen [X.], daß "sämtliche im Prozeß der Zusammenarbeit auftretenden Problemeprotokollierend geregelt werden und bei Einfluß auf den Mietvertrag eine[X.] bewirken", als Schriftformklausel auszulegen ist. [X.] jedenfalls nicht für die einseitige Kündigungserklärung, da diese keine einer[X.] zugängliche Änderung des [X.], sonderndessen Beendigung zur Folge [X.] -III.Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. [X.] aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen,damit es über die Behauptung der Beklagten Beweis erheben kann, sie habedem Kläger bereits im Januar 1995 erklärt, den Mietvertrag nicht über den31. Dezember 1995 hinaus fortsetzen zu wollen.[X.] Hahne [X.] [X.] Wagenitz

Meta

XII ZR 316/97

29.03.2000

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2000, Az. XII ZR 316/97 (REWIS RS 2000, 2679)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2679

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