Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.06.2023, Az. V ZB 12/22

5. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 4477

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Gegenstand

Grundbuchsache: Einheitlichkeit von Gebäuden bei einem Überbau; Erstreckung einer Tiefgarage als rechtmäßiger Überbau auf andere Grundstücke; Verbindungen des Tiefgaragenkörpers mit den auf den überbauten Grundstücken aufstehenden Gebäuden; grundbuchmäßiger Nachweis der eigentumsrechtlichen Zuordnung des Tiefgaragenkörpers zum Stammgrundstück


Leitsatz

1a. Maßgeblich für die Beurteilung der Einheitlichkeit von Gebäuden ist bei einem Überbau immer die Verkehrsanschauung; die körperliche bautechnische Beschaffenheit stellt nicht das allein entscheidende Kriterium dar, sondern erlangt nur im Rahmen der festzustellenden Verkehrsanschauung Bedeutung.

1b. Erstreckt sich eine Tiefgarage als rechtmäßiger Überbau auf andere Grundstücke, führt allein die bautechnische und statische Verbindung der Tiefgarage mit auf den überbauten Grundstücken aufstehenden Gebäuden nicht dazu, dass die Tiefgarage kein einheitliches Gebäude ist.

1c. Auch Verbindungen der auf den überbauten Grundstücken aufstehenden Gebäude mit dem Tiefgaragenkörper durch Treppenhäuser, Aufzugsschächte, Fluchtwege und der Haustechnik dienende Versorgungseinrichtungen oder von den anderen Grundstücken ausgehende weitere Zufahrten stehen der Einordnung der Tiefgarage als einheitliches Gebäude nicht entgegen.

2. Ist in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen, dass die im Wege des rechtmäßigen Überbaus grenzüberschreitend errichtete Tiefgarage durch eine Zufahrt von dem Stammgrundstück aus als Ganzes erreichbar ist, ist von dem Grundbuchamt aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss zu ziehen, dass der Tiefgaragenkörper unabhängig von einer aufstehenden Bebauung auf dem überbauten Grundstück eigentumsrechtlich dem Stammgrundstück zuzuordnen ist; dies setzt allerdings voraus, dass sich ein Gebäudeteil der Tiefgarage (wie etwa eine Rampe) auf dem Stammgrundstück befindet und dies grundbuchmäßig nachgewiesen ist.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beteiligten werden der Beschluss des 20. Zivilsenats des [X.] vom 17. Februar 2022 und der Beschluss des [X.] - Grundbuchamt - vom 27. Oktober 2020 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, die am 11. Februar 2020 beantragte Eintragung der Bildung von Teileigentum nicht aus den Gründen der oben genannten Beschlüsse zu verweigern.

Gründe

I.

1

Die Beteiligte ist als [X.]igentümerin des im [X.]ingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks (im Folgenden: [X.]) im Grundbuch eingetragen. Auf dem Grundstück errichtete sie eine Tiefgarage, wobei sich ein kleiner Teil des [X.] nebst Zufahrt auf dem [X.] befindet, während sich der weitaus größere Teil im Wege des Überbaus auf drei weitere Grundstücke erstreckt. Zu Lasten der überbauten Grundstücke ist jeweils eine Grunddienstbarkeit unter anderem mit dem Inhalt, dass dem jeweiligen [X.]igentümer des [X.]s der Überbau gestattet wird, in dem Grundbuch eingetragen (im Folgenden: Überbaugrunddienstbarkeit). Zudem ist zu Lasten des [X.]s eine Grunddienstbarkeit in dem Grundbuch eingetragen, die dem jeweiligen [X.]igentümer eines der überbauten Grundstücke (im Folgenden: Hausgrundstück) das Recht zu dem Aufbau eines Wohngebäudes auf dem Teil der Decke der Tiefgarage, der in das Hausgrundstück hineinragt, einräumt (im Folgenden: Aufbaugrunddienstbarkeit).

2

Mit Schreiben vom 11. Februar 2020 hat die Beteiligte unter Beifügung einer notariellen Teilungserklärung und einer Abgeschlossenheitsbescheinigung bei dem Amtsgericht - Grundbuchamt - die Teilung des [X.]s in Teileigentum beantragt. Dabei bezieht die Teilungserklärung auch den Gebäudekörper der Tiefgarage ein, der sich auf die anderen Grundstücke erstreckt; die [X.] bestehen aus den einzelnen Tiefgaragenstellplätzen. Das Grundbuchamt hat den Antrag zurückgewiesen und dies unter anderem damit begründet, dass gemäß § 1 Abs. 4 [X.] die Bildung von Teileigentum an mehreren Grundstücken nicht möglich sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte den [X.] weiter.

II.

3

Das Beschwerdegericht, dessen [X.]ntscheidung unter anderem in [X.] 2023, 284 veröffentlicht ist, meint, das Grundbuchamt habe den Antrag auf Bildung von Teileigentum im [X.]rgebnis zu Recht zurückgewiesen. Zwar sei ein durch [X.]intragung einer Grunddienstbarkeit abgesicherter und damit rechtmäßiger Überbau gemäß § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB wesentlicher Bestandteil des [X.]s, soweit bei Beginn des Überbaus die Bestellung des Rechts schon in Aussicht genommen worden sei; letzteres ergebe sich hier aus der der Teilungserklärung beigefügten Vereinbarung der [X.]igentümer. Auch könnten die in einem rechtmäßigen Überbau gelegenen Räume grundsätzlich ohne Verstoß gegen § 1 Abs. 4 [X.] nach § 8 [X.] geteilt werden. Die Teilung sei hier aber deswegen nicht einzutragen, weil die Beschwerdeführerin nicht in [X.] Form nachgewiesen habe, dass die auf dem Hausgrundstück befindlichen Teile der Tiefgarage und ein auf diesem Grundstück errichtetes oder zukünftig noch zu errichtendes aufstehendes Gebäude kein einheitliches Gebäude im Sinne der §§ 93, 94 BGB bildeten. [X.]ntstehe insoweit ein einheitliches Gebäude, stände dies der (vollständigen) sachenrechtlichen Zuordnung der Tiefgarage zu dem [X.] entgegen. Aus der Aufbaugrunddienstbarkeit lasse sich nicht herleiten, ob die gesamte Tiefgarage ein einheitliches Gebäude und damit einen Überbau darstelle oder ob das (zukünftig) aufstehende Gebäude mit den auf dem Hausgrundstück befindlichen Teilen der Tiefgarage ein einheitliches Gebäude bilde. Vielmehr sei die körperliche bautechnische Beschaffenheit entscheidend; daneben könne es auch auf die funktionale [X.]inheit ankommen. Diese Kriterien könnten indes vor Fertigstellung eines Gebäudes, das im Bau oftmals bautechnische Änderungen erfahre, nicht beurteilt werden. Mit den Mitteln des Grundbuchverfahrens werde sich der erforderliche Nachweis nicht führen lassen. [X.]benso wenig lasse sich in [X.] Form nachweisen, dass das Gebäude nicht errichtet werde.

III.

4

Die nach § 78 Abs. 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 [X.] i.V.m. § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Mit der von dem Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann der Vollzug der Teilung nach § 8 Abs. 1 [X.] nicht abgelehnt werden.

5

1. Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht allerdings an, dass die Begründung von Teileigentum im Wege der Teilung durch den [X.]igentümer nach § 8 Abs. 1 [X.] nur bezogen auf ein einzelnes Grundstück zulässig ist und nicht mehrere Grundstücke betreffen darf (vgl. [X.]/Meier [1.6.2023], § 8 [X.] Rn. 8; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., Teil [X.] Rn. 10). Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 [X.], wonach der [X.]igentümer „eines Grundstücks“ die Teilung vornehmen kann, und zum anderen aus der allgemeinen Regelung des § 1 Abs. 4 [X.]. Nach dieser Vorschrift können Wohnungseigentum und Teileigentum nicht in der Weise begründet werden, dass das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden ist.

6

2. Richtig ist ferner, dass es einer Teilung nach § 8 Abs. 1 [X.] nicht entgegensteht, wenn sich die Teilungserklärung auf Räume bezieht, die zwar in dem Bereich eines anderen Grundstücks gelegen, aber nach §§ 93, 94 BGB wesentliche Bestandteile des [X.]s sind (vgl. [X.], Urteil vom 30. Mai 2008 - [X.], [X.], 2270 Rn. 7). Denn auch dann betrifft die Teilung gemäß § 1 Abs. 4 [X.] nur ein Grundstück (vgl. [X.], ZW[X.] 2011, 410, 411; [X.], Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 2817; [X.] in [X.], [X.], 7. Aufl., § 1 Rn. 30; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 1 [X.] Rn. 5).

7

3. Der Sache nach trifft weiter die Annahme zu, dass ein Überbau dann wesentlicher Bestandteil des [X.]s ist, wenn er mit Zustimmung der Nachbarn errichtet wurde. [X.]s entspricht ständiger Rechtsprechung des [X.]s, dass sowohl bei einem nach § 912 Abs. 1 BGB zu duldenden als auch - erst recht - bei einem durch den Nachbarn gestatteten Überbau der hinübergebaute Gebäudeteil entgegen der Grundregel der § 946, § 94 Abs. 1 BGB nicht Bestandteil des überbauten Grundstücks wird, sondern - entsprechend § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB - Scheinbestandteil des überbauten Grundstücks und gemäß § 93, § 94 Abs. 2 BGB wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist, von dem aus übergebaut wird (vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 1974 - [X.], [X.], 141, 145 f.; Urteil vom 22. Mai 1981 - [X.], NJW 1982, 756 f.; Urteil vom 17. Januar 2014 - [X.], NJW-RR 2014, 973 Rn. 23). Hintergrund hierfür ist der Zweckgedanke der Überbauvorschriften, wirtschaftliche Werte möglichst zu erhalten, sowie der Gesichtspunkt der natürlich-wirtschaftlichen [X.]inheit von Gebäuden (vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 1974 - [X.], [X.], 141, 145). Dabei liegt ein Überbau in diesem Sinne auch dann vor, wenn der überragende Gebäudeteil sich unterhalb der [X.]rdoberfläche befindet, wie dies bei einer Tiefgarage der Fall ist (vgl. [X.], Urteil vom 22. Mai 1981 - [X.], NJW 1982, 756 f.; Urteil vom 25. Februar 1983 - [X.], NJW 1983, 2022, 2023). Welches Grundstück als [X.] anzusehen ist, richtet sich nach den Absichten und wirtschaftlichen Interessen des [X.]rbauers im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Nachbargrundstücke. Größe und Wichtigkeit des übergebauten Gebäudeteils im Verhältnis zu dem auf dem Grundstück des [X.]rbauers verbliebenen „[X.]“ spielen keine Rolle (vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 1974 - [X.], [X.], 141, 146; Urteil vom 23. Februar 1990 - [X.], [X.]Z 110, 298, 302).

8

4. Richtig ist schließlich, dass die vorgenannten Grundsätze der [X.]igentumszuordnung bei einem rechtmäßigen Überbau nur Anwendung finden, wenn es sich bei dem grenzüberschreitend errichteten Bauwerk um ein einheitliches Gebäude handelt (vgl. [X.], Urteil vom 22. Mai 1981 - [X.], NJW 1982, 756; Urteil vom 4. Dezember 1987 - [X.], NJW-RR 1988, 458; Urteil vom 2. Juni 1989 - [X.], [X.] 1989, 1089; Urteil vom 23. Februar 1990 - [X.], [X.]Z 110, 298, 301). Für die danach maßgebliche Frage, ob eine grundstücksübergreifende Tiefgarage ein einheitliches Gebäude bildet, ist die Verkehrsanschauung entscheidend.

9

a) Die eigentumsrechtliche Zuordnung einer über die Grundstücksgrenze errichteten Tiefgarage mit aufstehender Bebauung wird allerdings unterschiedlich beurteilt.

aa) Zum Teil wird angenommen, eine Tiefgarage, die sich im Wege des rechtmäßigen Überbaus auf andere Grundstücke erstrecke, könne dem [X.] dann nicht als wesentlicher Bestandteil zugeordnet werden, wenn auf den überbauten Teilen des [X.]s ein Gebäude errichtet sei. Dann könne nämlich die Tiefgarage nach § 93 BGB nicht Gegenstand besonderer Rechte sein, weil das aufstehende Gebäude baustatisch von der Tiefgarage abhängig sei und es daher bei einer [X.]ntfernung der Tiefgarage zerstört würde. Bei der Anwendung des § 93 BGB sei in erster Linie eine körperlich-bautechnische bzw. baustatische Betrachtungsweise zugrunde zu legen, die nicht mit dem Argument einer funktionalen [X.]inheit umgangen werden könne (vgl. [X.], [X.] 2015, 662, 665; [X.], [X.] 2016, 1, 6; [X.], [X.] 2018, 505, 531 f.).

bb) Andere halten die sachenrechtliche [X.]igenständigkeit einer Tiefgarage im Verhältnis zu einer aufstehenden Bebauung mit unterschiedlicher Begründung für möglich. Die baustatische Verbindung von Tiefgarage und aufstehender Bebauung sei nicht das allein entscheidende Kriterium für die [X.]inheitlichkeit eines Gebäudes. Vielmehr könnten Verkehrsanschauung bzw. eine natürlich-wirtschaftliche Betrachtungsweise unter Berücksichtigung funktionaler [X.]inheiten zu einem anderen [X.]rgebnis führen (vgl. [X.] in Festschrift 25 Jahre [X.], 2018, [X.], 205 f.; [X.], [X.] 2006, 433, 439 f.; [X.]., [X.], 21, 23; [X.] in [X.] Formularhandbuch Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., Kapitel 2 Rn. 72 f.; [X.] [X.]/Leidner [3.4.2023], § 3 Rn. 5; [X.][X.], [X.] [1.6.2023], § 1 Rn. 405; [X.]/Bernert, [X.] 2023, 290, 293 ff.).

b) Die zweite Ansicht entspricht der Rechtsprechung des [X.]s.

aa) Wann eine einheitliche Sache vorliegt, ist nicht ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. § 90 BGB bestimmt lediglich, dass Sachen körperliche Gegenstände sind. Auch § 93 BGB, wonach Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird, nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können, definiert nicht eine einheitliche Sache. Vielmehr setzt diese Vorschrift deren Vorliegen voraus und bestimmt, wann ein - nicht sonderrechtsfähiger - wesentlicher Bestandteil einer einheitlichen Sache vorliegt (vgl. [X.], 9. Aufl., § 93 Rn. 3; [X.] in Festschrift 25 Jahre [X.], 2018, [X.], 205; [X.]/Bernert, [X.] 2023, 290, 293; vgl. auch [X.], Urteil vom 15. Februar 2008 - [X.], [X.]Z 175, 253 Rn. 15; Urteil vom 22. Oktober 2021 - [X.], [X.]Z 231, 310 Rn. 24). Maßgebend dafür, ob eine einheitliche Sache vorliegt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s die Verkehrsanschauung und - wenn diese fehlt oder nicht festgestellt werden kann - die natürliche Betrachtungsweise eines verständigen Beobachters (vgl. [X.], Urteil vom 22. Oktober 2021 - [X.], [X.]Z 231, 310 Rn. 24 mwN).

bb) Dies gilt auch bei Gebäuden. Zwar hat der [X.] unter Bezugnahme auf die Wertung des § 93 BGB ausgeführt, dass sich die Frage, ob ein Bauwerk ein einheitliches Gebäude darstelle, in erster Linie nach seiner körperlichen bautechnischen Beschaffenheit beurteile, und dass ein Gebäude, dessen Teile nicht voneinander getrennt werden könnten, ohne dass der eine oder andere zerstört oder in seinem Wesen verändert werde, grundsätzlich ein einheitliches Gebäude sei (vgl. [X.], Urteil vom 22. Mai 1981 - [X.], NJW 1982, 756; bestätigt in Urteil vom 25. Februar 1983 - [X.], NJW 1983, 2022, 2023; vgl. auch [X.], Urteil vom 4. Dezember 1987 - [X.], NJW-RR 1988, 458). Der [X.] hat aber zugleich betont, dass Verkehrsanschauung oder natürliche und wirtschaftliche Betrachtungsweise zu einem anderen [X.]rgebnis führen können (vgl. [X.], Urteil vom 22. Mai 1981 - [X.], NJW 1982, 756; Urteil vom 4. Dezember 1987 - [X.], NJW-RR 1988, 458; Urteil vom 15. Februar 2008 - [X.], [X.]Z 175, 253 Rn. 15). [X.]r hat deutlich gemacht, dass alle Umstände des Falles gewürdigt werden müssen (vgl. Urteil vom 2. Juni 1989 - [X.], [X.] 1989, 1089), wobei insbesondere auch dem Gesichtspunkt funktionaler [X.]inheit besonderes Gewicht beizumessen ist (vgl. Urteil vom 4. Dezember 1987 - [X.], NJW-RR 1988, 458; Urteil vom 2. Juni 1989 - [X.], [X.] 1989, 1089; Urteil vom 23. Februar 1990 - [X.], [X.]Z 110, 298, 301). [X.]benso von Bedeutung können die Größe, die Lage, die bauliche [X.]igenart und die wirtschaftliche Nutzung sein (vgl. [X.], Urteil vom 4. Dezember 1987 - [X.], NJW-RR 1988, 458; Urteil vom 23. Februar 1990 - [X.], [X.]Z 110, 298, 301; Urteil vom 12. Oktober 2001 - [X.], NJW 2002, 54; Urteil vom 10. Oktober 2003 - [X.], [X.], 1340, 1342; Urteil vom 15. Februar 2008 - [X.], [X.]Z 175, 253 Rn. 15).

cc) Maßgeblich für die Beurteilung der [X.]inheitlichkeit von Gebäuden ist bei einem Überbau nach alledem immer die Verkehrsanschauung; die körperliche bautechnische Beschaffenheit stellt nicht das allein entscheidende Kriterium dar, sondern erlangt nur im Rahmen der festzustellenden Verkehrsanschauung Bedeutung. Folgerichtig hat der [X.] bereits mehrfach entschieden, dass es der [X.]igenständigkeit eines Gebäudes nicht entgegensteht, wenn es statisch von anderen Gebäuden bzw. Teilen anderer Gebäude abhängig ist. So hat er die Beurteilung einer Tiefgarage als einheitliche Sache nicht deswegen beanstandet, weil sie statische Verbindungen zu einer aufstehenden Bebauung auswies (vgl. Urteil vom 25. Februar 1983 - [X.], NJW 1983, 2022, 2023). Bei einem sogenannten verschachtelten Überbau, also bei einem wechselseitigen Überbau einzelner Geschosse von zwei Gebäuden, hat der [X.] die statische Verbundenheit ebenso wenig als entscheidend angesehen. Vielmehr hat er darauf abgestellt, welchem Gebäude die Geschosse bei natürlicher und wirtschaftlicher Betrachtung zuzuordnen sind. Diese mögliche [X.]inheitlichkeit eines Gebäudes trotz der statischen Abhängigkeit bestimmter Teile von einem anderen Gebäude hat der [X.] dabei nicht nur für die Teilung eines Grundstücks mit einem über die Grundstücksgrenze reichenden Bauwerk anerkannt (vgl. hierzu Urteil vom 12. Oktober 2001 - [X.], NJW 2002, 54; Urteil vom 10. Oktober 2003 - [X.], [X.], 1340, 1341 f.), sondern auch, an[X.] als [X.] ([X.] 2015, 662, 664 f.) meint, bei gestatteten Überbauten (vgl. Urteil vom 15. Februar 2008 - [X.], [X.]Z 175, 253 Rn. 15 f.). Ist der übergebaute Teil eines Gebäudes nach seiner Lage, baulichen Gestaltung und wirtschaftlichen Nutzung einem bestimmten Gebäude zuzuordnen, ist er auch eigentumsrechtlich diesem Gebäude zugehörig, und zwar selbst dann, wenn er statisch von einem anderen Gebäude abhängig ist. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn es sich bei dem Gebäude um eine Tiefgarage handelt.

dd) [X.]rstreckt sich eine Tiefgarage als rechtmäßiger Überbau auf andere Grundstücke, führt allein die bautechnische und statische Verbindung der Tiefgarage mit auf den überbauten Grundstücken aufstehenden Gebäuden infolgedessen nicht dazu, dass die Tiefgarage kein einheitliches Gebäude ist. [X.]ntscheidend für die [X.]inordnung der Tiefgarage als einheitliches Gebäude ist vielmehr die Verkehrsanschauung, wobei die Umstände des [X.]inzelfalles und insbesondere der Gesichtspunkt der funktionalen [X.]inheit zu würdigen sind. Nach der Verkehrsanschauung stehen Verbindungen der auf den überbauten Grundstücken aufstehenden Gebäude mit dem [X.] durch Treppenhäuser, Aufzugsschächte, Fluchtwege und der Haustechnik dienende Versorgungseinrichtungen oder von den anderen Grundstücken ausgehende weitere Zufahrten der [X.]inordnung der Tiefgarage als einheitliches Gebäude nicht entgegen. Bleibt die Tiefgarage als Ganzes über eine Zufahrt von dem [X.] aus erreichbar, dienen solche Verbindungen primär den aufstehenden Gebäuden und ihrem [X.] an die Tiefgarage. Sie ändern nichts daran, dass die Tiefgarage bei funktionaler und wirtschaftlicher Betrachtung als eigenständige [X.]inheit und damit als einheitliches Gebäude angesehen wird (vgl. [X.] in [X.] Formularhandbuch Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., Kapitel 2 Rn. 73; [X.], [X.], 21, 23; [X.]/Bernert, [X.] 2023, 290, 293 f.).

5. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist die Annahme des [X.], hier könne davon, dass die Tiefgarage ein einheitliches Gebäude sei, schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil nicht in [X.] Form nachgewiesen sei, dass die auf dem Hausgrundstück befindlichen Teile des [X.]s mit dem darauf (zukünftig) errichteten Gebäude kein einheitliches Bauwerk bildeten.

a) Ob sich - wie die Rechtsbeschwerde meint - aus der Aufbaugrunddienstbarkeit etwas für die sachenrechtliche Zuordnung des aufgebauten Gebäudes oder der Tiefgarage ergibt, kann dahinstehen. Daher kommt es auch nicht darauf an, inwieweit eine Aufbaudienstbarkeit, die - wie hier - lediglich das Recht zu dem Aufbau eines Wohngebäudes auf der [X.] gewährt, dem [X.]igentümer - an[X.] als eine Nutzungsdienstbarkeit mit einem darüber hinaus gehenden Inhalt - überhaupt einen rechtlichen Vorteil im Sinne des § 1019 Satz 1 BGB verschaffen kann oder ob diese Befugnis nicht ohnehin gemäß § 903 Satz 1 BGB besteht.

b) Das Beschwerdegericht überspannt jedenfalls die Anforderungen an die Nachweise, die von dem Antragsteller im Rahmen des Grundbuchverfahrens zu erbringen sind. Zu Unrecht verlangt es einen grundbuchmäßigen Beleg der negativen Tatsache, dass die übergebaute Tiefgarage und das auf dem Hausgrundstück aufstehende Gebäude kein einheitliches Gebäude sind.

aa) Zwar müssen im Grundbuchverfahren grundsätzlich Nachweise in der Form des § 29 Abs. 1 [X.] geführt werden. [X.]twas anderes gilt aber dann, wenn aufgrund von Umständen, die in [X.] Form nachgewiesen sind, nach der Lebenserfahrung von bestimmten Tatsachen auszugehen ist. Dann kann ein Nachweis, dass keine Umstände vorliegen, aufgrund derer dieser [X.]rfahrungssatz ausnahmsweise nicht eingreift, von dem Antragsteller grundsätzlich nicht gefordert werden. Der Zwang, derartige, in der Regel fernliegende Möglichkeiten zu berücksichtigen, würde zu einem leeren Formalismus führen und den Grundbuchverkehr unnötig erschweren (vgl. [X.], Beschluss vom 28. April 1961 - [X.], [X.]Z 35, 135, 141 f.; Beschluss vom 14. Februar 1985 - [X.], [X.]Z 94, 24, 27; vgl. allgemein zu [X.]rfahrungssätzen im Grundbuchverfahren: [X.], Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 159; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 29 Rn. 176).

bb) [X.]in solcher [X.]rfahrungssatz greift hier ein.

(1) [X.]rstreckt sich ein [X.], der durch eine Zufahrt von dem [X.] aus als Ganzes erreichbar ist, als rechtmäßiger Überbau auf andere Grundstücke, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass sich die eigentumsrechtliche Zuordnung dieses Überbaus nicht allein dadurch ändert, dass auf den überbauten [X.] aufgebaut wurden bzw. werden können. Denn die aus einem Aufbau folgende bautechnische und statische Verbindung ändert für sich genommen nichts an der eigentumsrechtlichen Zuordnung der Tiefgarage zu dem [X.]. Gleiches gilt für Verbindungen durch Treppenhäuser, Fluchtwege, Aufzugschächte, für Versorgungseinrichtungen und für weitere Zufahrten (siehe oben Rn. 16). Vielmehr ist aufgrund der eigenständigen funktionalen Bedeutung einer grundstücksübergreifenden Tiefgarage davon auszugehen, dass diese nach der Verkehrsanschauung im Regelfall unabhängig von einer aufstehenden Bebauung als eigenständiges Gebäude anzusehen ist (vgl. [X.] in Festschrift 25 Jahre [X.], 2018, [X.], 205; [X.]/Bernert, [X.] 2023, 290, 293, 294; ähnlich [X.], [X.], 21, 23; [X.]., [X.] 2006, 433, 440; [X.] in [X.] Formularhandbuch Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., Kapitel 2 Rn. 73). Ist in [X.] Form nachgewiesen, dass die im Wege des rechtmäßigen Überbaus grenzüberschreitend errichtete Tiefgarage durch eine Zufahrt von dem [X.] aus als Ganzes erreichbar ist, ist von dem Grundbuchamt aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss zu ziehen, dass der [X.] unabhängig von einer aufstehenden Bebauung auf dem überbauten Grundstück eigentumsrechtlich dem [X.] zuzuordnen ist. Dies setzt allerdings voraus, dass sich ein Gebäudeteil der Tiefgarage auf dem [X.] befindet. Dafür reicht es aus, dass jedenfalls die befestigte Rampe, die in die Tiefgarage hinunterführt und die regelmäßig als Gebäudebestandteil anzusehen ist (zutreffend [X.], [X.], 265, 267; dazu bereits [X.], Urteil vom 15. November 2013 - [X.], NJW 2014, 311 Rn. 15), auf dem [X.] gelegen ist. Auch hierfür ist ein [X.] Nachweis erforderlich.

(2) Hier hat die Beteiligte durch die Nachbarschafts- und Rahmenvereinbarung als Teil der notariellen Teilungserklärung (§ 9 Abs. 1 Satz 2 BeurkG), insbesondere aber durch die zugunsten des [X.]s eingetragenen Überbaugrunddienstbarkeiten (vgl. [X.], Urteil vom 15. November 2013 - [X.], NJW 2014, 311 Rn. 9) in der erforderlichen Form des § 29 Abs. 1 [X.] nachgewiesen, dass die Tiefgarage einen rechtmäßigen Überbau des [X.]s darstellt. Zudem hat sie durch die mit dem Antrag als Anlage zur Teilungserklärung vorgelegten Aufteilungspläne in der erforderlichen Form nachgewiesen, dass der [X.] von dem [X.] aus als Ganzes erreichbar ist. Auch ist in der erforderlichen Form nachgewiesen, dass ein Teil des [X.] auf dem [X.] gelegen ist. Daher musste das Grundbuchamt, ohne weitere Nachweise fordern zu dürfen, und unabhängig von einem auf dem Hausgrundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude nach der Lebenserfahrung davon ausgehen, dass der [X.] eigentumsrechtlich dem [X.] zuzuordnen ist. Darauf, ob möglicherweise künftig ein Gebäude auf dem [X.] errichtet wird, kann es für die [X.]inheitlichkeit der Tiefgarage nach dem zuvor Ausgeführten von vornherein nicht ankommen. Hier ist das auf dem Hausgrundstück geplante Gebäude, wie sich aus der in Bezug genommenen, vorangegangenen [X.]ntscheidung des [X.] vom 22. Juli 2020 (20 W 296/19, juris Rn. 18) ergibt, abgesehen von einer statischen Verzahnung mit der Tiefgarage in seiner Funktion ohnehin völlig autark und weist keine Verbindungen bautechnischer oder funktionaler Art zu dem [X.] auf.

IV.

1. Da das Beschwerdegericht die Beschwerde zu Unrecht zurückgewiesen hat, sind seine [X.]ntscheidung und der Beschluss des [X.] aufzuheben (§ 78 Abs. 3 [X.] i.V.m. § 74 Abs. 5 FamFG). Die Sache ist zur [X.]ntscheidung über das [X.]intragungsersuchen an das Grundbuchamt zurückzuverweisen (§ 78 Abs. 3 [X.] i.V.m. § 74 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 FamFG), das den Vollzug der [X.]intragung nicht aus den in dem Beschluss des [X.] und der Beschwerdeentscheidung genannten Gründen verweigern darf. § 1 Abs. 4 [X.] steht der [X.]intragung nicht entgegen. Die weiteren Gründe, auf die das Grundbuchamt die Ablehnung des Antrags gestützt hat, verneint das Beschwerdegericht mit insoweit zutreffender Begründung.

2. [X.]ine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Brückner     

        

Göbel     

        

     Malik

        

Laube     

        

Rin[X.] Dr. Grau ist infolge
Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.
[X.], den 6.7.2023

        
                          

Die Vorsitzende
Brückner

        

Meta

V ZB 12/22

15.06.2023

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 17. Februar 2022, Az: 20 W 261/20, Beschluss

§ 93 BGB, § 94 Abs 2 BGB, § 95 Abs 1 S 2 BGB, § 912 Abs 1 BGB, § 1018 BGB, § 1 Abs 4 WoEigG, § 8 Abs 1 WoEigG, § 29 Abs 1 GBO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.06.2023, Az. V ZB 12/22 (REWIS RS 2023, 4477)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4477

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

V ZB 8/23

Zitiert

V ZR 24/13

V ZR 69/20

V ZR 292/12

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