Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.05.2008, Az. IV ZR 282/07

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3767

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am:

28. Mai 2008

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja [X.] 94 § 3 (1) d Der Anwendungsbereich des [X.] in § 4 (1) [X.] 1975/95 (ent-spricht § 3 (1) d [X.] 94) ist nicht eröffnet, wenn Rechtsschutz für die Geltendma-chung eines Schadensersatzanspruchs gegen einen Rechtsanwalt begehrt wird, der in einem Rechtsstreit, welcher Vorhaben oder [X.] im Sinne von § 4 (1) [X.] bis [X.] 1975/95 betrifft, anwaltliche Pflichten verletzt haben soll. [X.], Urteil vom 28. Mai 2008 - [X.]/07 - [X.]

AG [X.] - 2 -

[X.] hat durch [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai 2008 für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 26. September 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Der Kläger und seine Ehefrau, die frühere Klägerin zu 2, haben die Feststellung begehrt, dass die Beklagte aus einer bei ihr gehaltenen Rechtsschutzversicherung zur Gewährung von Deckungsschutz für einen Rechtsstreit verpflichtet ist, den er gegen seinen früheren [X.] wegen der Verletzung anwaltlicher Pflichten führt. 1 Der Versicherungsvertrag mit dem Kläger umfasst Familien- und Verkehrsrechtsschutz für Lohn- und Gehaltsempfänger sowie Rechts-schutz für Grundstückseigentum und Miete (§§ 26 bzw. 29 der Allgemei-nen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung der Beklagten - [X.] 1975/95). In § 4 (1) k dieser Bedingungen findet sich unter der Über-schrift "[X.]" folgende Klausel: 2 - 3 -

"Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf die [X.] rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusam-menhang mit [X.]) dem Erwerb oder der Veräußerung eines zu Bauzwe-cken bestimmten Grundstückes, [X.]) der Planung und Errichtung eines Gebäudes oder [X.], das sich im Eigentum oder Besitz des Versi-cherungsnehmers befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt, cc) der genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung ei-nes Grundstückes, Gebäudes oder Gebäudeteiles, das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers [X.] oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt, [X.]) der Finanzierung eines der unter [X.]) bis cc) genannten Vorhaben."
Damit entspricht die Klausel inhaltlich der Regelung in § 3 (1) d [X.] 94. 3 Der Kläger errichtete in den Jahren 1999 bis 2002 gemeinsam mit der Lebensgefährtin seines [X.], die drei Viertel der Baukosten tra-gen sollte, ein Gebäude. Da diese die vereinbarte Zahlung verweigerte, beauftragte der Kläger einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung seiner Ansprüche in Höhe von 19.298,49 •. Dieses Verfahren, für das die [X.] unter Berufung auf § 4 (1) [X.] 1975/95 Deckungsschutz abge-lehnt hatte, wurde mit einem Vergleich beendet, durch den sich die da-malige Beklagte verpflichtete, zur Abgeltung aller gegenseitigen Ansprü-che 5000 • an den Kläger zu zahlen. Dieser machte daraufhin geltend, sein Prozessbevollmächtigter habe bei der Führung des durch den [X.] beendeten Rechtsstreits seine anwaltlichen Pflichten verletzt. Er habe unzureichend vorgetragen, [X.] unterlassen, ihn beim 4 - 4 -

Vergleich nicht auf die Möglichkeit eines Widerrufsvergleichs hingewie-sen und nur mangelhaft über das Kostenrisiko aufgeklärt. Der Kläger nahm ihn deshalb auf Schadensersatz in Anspruch und begehrte dafür Deckungsschutz, den die Beklagte - ebenfalls unter Hinweis auf den [X.] in § 4 (1) [X.] 1975/95 - mit Schreiben vom 27. Juli sowie vom 15. September 2007 verweigerte.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zu 2 zurückgewiesen. Auf die Berufung des [X.] zu 1 hat das [X.] die Beklagte unter Abänderung des Ur-teils des Amtsgerichts antragsgemäß verurteilt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte insoweit die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Ur-teils. 5 Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. 6 [X.] Nach Ansicht des Berufungsgerichts fällt der vom Kläger gegen seinen ehemaligen Prozessbevollmächtigten geführte [X.] nicht unter die Ausschlussklausel des § 4 (1) [X.] 1975/95. Dem um Verständnis dieses [X.] bemühten Versicherungsnehmer erschließe sich zwar, dass mit der Regelung Bauprozesse wegen des mit ihnen verbundenen hohen und kaum kalkulierbaren Kostenrisikos vom Versicherungsschutz ausgenommen werden sollen. Er könne jedoch nicht erkennen, dass sich der Risikoausschluss auch auf den, einem Bauprozess nachfolgenden [X.] wegen anwaltlicher [X.] - 5 -

verletzungen erstrecke. Insoweit stehe für den Versicherungsnehmer die von ihm behauptete Pflichtverletzung seines Rechtsanwalts im [X.], nicht aber der Umstand, dass sich diese Pflichtverletzung anläss-lich eines Bauprozesses ereignet habe. Auch handele es sich bei einem [X.] nicht um einen typischerweise mit einem Bauprozess einhergehenden Folgeprozess. Diese Auslegung der Klausel finde der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer bei einem Blick auf § 4 (1) k [X.] 1975/95 bestätigt, wonach sich der versprochene [X.] auch nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Finanzierung eines in der Klausel zuvor aufgeführten Vorhaben erstrecke. Aus diesem Teil der Klausel könne er nur den (Umkehr)Schluss ziehen, dass einem Bauprozess nachfolgende [X.]e gerade nicht vom Versicherungsschutz ausgenommen seien.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. 8 Der Kläger beabsichtigt, seinen früheren Prozessbevollmächtigten wegen positiver Vertragsverletzung des mit ihm geschlossenen [X.] auf Schadensersatz in Anspruch zu [X.]. Dass ihm die Beklagte nach § 26 [X.] 1975/95 für die Geltendma-chung eines solchen Schadensersatzanspruchs grundsätzlich Deckungs-schutz zu gewähren hat, ist nicht im Streit. Entgegen der Auffassung der Beklagten greift aber der Risikoausschluss nach § 4 (1) [X.] 1975/95 nicht ein. 9 1. Nimmt man allerdings zunächst den Vorprozess in den Blick, in-nerhalb dessen die vom Kläger seinem damaligen [X.] - 6 -

ten angelasteten Pflichtverletzungen begangen worden sein sollen, könn-te eine Anknüpfung an den Risikoausschluss in § 4 (1) [X.] 1975/95 in Betracht zu ziehen sein. Denn die Wahrnehmung der rechtlichen Interes-sen des [X.] in jenem Prozess mag einen Bezug zu § 4 (1) k [X.] [X.] 1975/95 (Planung oder Errichtung) oder an § 4 (1) k [X.] 1975/95 (Finanzierung) aufweisen. Zu § 3 (1) d [X.] 94, dem § 4 (1) [X.] 1975/95 entspricht, hat der [X.] bereits ausgesprochen, dass die Rege-lung den - auch für den Versicherungsnehmer erkennbaren - Zweck ver-folgt, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen und im [X.] schwer überschaubaren und kaum kalkulierbaren rechtlichen [X.] in diesem Bereich bis hin zu den unter [X.]. [X.] gesondert aufgenommenen Finanzierungsvorgängen von der Versicherung auszu-nehmen, weil nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der in der Risi-kogemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherungsnehmer ein [X.] Risiko entstehen kann ([X.]surteil vom 29. September 2004 - [X.]/03 - VersR 2004, 1596 unter [X.]). Was die Regelung unter § 3 (1) d [X.] 94 (Finanzierungsklausel - hier § 4 (1) k [X.] 1975/95) anlangt, hat er zudem geklärt, dass dieser Ausschluss selbständig neben die Grundstückserwerbs- und Baumaßnahmen im eigentlichen Sinne er-fassenden Ausschlüsse unter [X.]. [X.] bis cc tritt und den [X.] auf damit zusammenhängende Finanzierungsangelegenheiten ausdehnt. Das setzt keinen Bezug zu einem spezifischen Baurisiko vor-aus. Die Finanzierungsklausel greift vielmehr schon ein, sofern ein ur-sächlicher Zusammenhang mit den in [X.]. [X.] bis cc genannten [X.] gegeben ist und knüpft damit nicht mehr an das Bauvorhaben selbst, sondern an seine Finanzierung an ([X.]surteile vom 29. September 2004 [X.]O unter II 2 c [X.]; vom 28. September 2005 - [X.]/04 - [X.], 684 unter [X.]). Ob für die jeweiligen Risikoausschlüsse unter [X.]. [X.] bis cc separat [X.] 7 -

terhin ein Bezug zu einem spezifischen Baurisiko zu verlangen ist, hat der [X.] bisher offen gelassen ([X.]surteil vom 29. September 2004 [X.]O unter II 2 c [X.]).
2. Einer solchen näheren Bestimmung des [X.] zwischen dem Streitgegenstand eines [X.]es und den [X.] in § 4 (1) [X.] 1975/95 bedarf es indessen nicht. Der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch fällt vielmehr von vornherein nicht in den Anwendungsbereich der Klausel in § 4 (1) [X.] 1975/95. Das ergibt die Auslegung der Klausel. 11 a) Dem vom Kläger verfolgten Schadensersatzanspruch, für den er Versicherungsschutz begehrt, liegt allein zugrunde, sein damaliger Pro-zessbevollmächtigter habe im Zuge der Führung des [X.] Pflichten aus dem zwischen ihm und dem Anwalt bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag verletzt. Der Vorwurf dieser anwaltlichen Pflichtverletzung, aus dem ein Schadensersatzanspruch hergeleitet wird, kennzeichnet die Art der rechtlichen Interessenwahrnehmung durch den Kläger. Sie bildet mithin den Ausgangspunkt für die aus Sicht des durch-schnittlichen Versicherungsnehmers ([X.]Z 123, 83, 85) vorzunehmende Prüfung, ob diese vom Risikoausschluss des § 4 (1) [X.] 1975/95 [X.] wird. Dafür gibt schon der Wortlaut nichts her. Dabei wird der [X.] zwar erkennen, dass mit den Ausschlüssen unter [X.]. [X.] bis cc der Klausel bestimmte Bauvorhaben erfasst und der Ausschluss unter [X.]. [X.] schon dann eingreift, wenn ein ursächlicher Zusammenhang mit solchen Vorhaben gegeben ist. Bezieht sich mithin die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen auf diesen so umschrie-benen "[X.]", liegt auch für den durchschnittlichen Versiche-rungsnehmer offen, dass der Risikoausschluss eingreift. Das macht ihm 12 - 8 -

aber nicht deutlich, dass sein Anwendungsbereich schon dann eröffnet ist, wenn lediglich im Rahmen eines auf eine anwaltliche Pflichtverlet-zung gestützten Schadensersatzanspruchs etwa bei der Feststellung des Schadens Fragen aus dem "[X.]" Bedeutung erlangen kön-nen. Der verständige Versicherungsnehmer wird vielmehr - vor dem [X.] der hier gewählten Klauselfassung - den Bereich des [X.] gerade nicht mit dem Risiko gleichsetzen oder in Verbindung bringen, dass aus einem mit einem Rechtsanwalt geschlossenen Geschäftsbe-sorgungsvertrag erwachsen kann. Deshalb führt ihn auch die einleitende Formulierung in § 4 (1) [X.] 1975/95 "in ursächlichem Zusammenhang mit" hier zu keiner anderen Betrachtung.
b) In diesem Verständnis der Klausel kann sich der Versiche-rungsnehmer insbesondere durch die Regelung in § 4 (1) k [X.] 1975/95 gestützt sehen. Sie macht ihm deutlich, dass sich dieser Aus-schluss auf sämtliche Streitigkeiten aus [X.]n be-zieht, die ein Versicherungsnehmer zur Realisierung eines Vorhabens gemäß [X.]. [X.] bis cc der Regelung eingegangen ist, und dass er kei-nen Bezug zu einem spezifischen Baurisiko voraussetzt. Hat eine solche über das spezifische Baurisiko hinausgehende Ausdehnung aber aus-drücklich Aufnahme in § 4 (1) [X.] 1975/95 gefunden, so darf der [X.] davon ausgehen, dass eine weitere Ausdehnung, die auch den hier in Rede stehenden Regressanspruch gegen den einen Bauprozess führenden Rechtsanwalt erfasst, mangels Aufnahme in § 4 (1) [X.] 1975/95 gerade nicht erfolgt ist. Im vorliegenden Fall greift deshalb der Risikoausschluss des § 4 (1) [X.] 1975/95 nicht ein. 13 - 9 -

14 c) Ob etwas anderes gelten könnte, wenn dem beauftragten Anwalt schon die rechtliche Betreuung eines Vorhabens im Sinne von § 4 (1) k [X.]. [X.] bis [X.] 1975/95 obliegt, bedarf hier keiner Entscheidung.
[X.] [X.] [X.] Ri[X.] [X.] ist durch

[X.] Urlaub verhindert, zu unterschreiben.

[X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 04.04.2007 - 545 C 15574/06 - LG [X.], Entscheidung vom 26.09.2007 - 6 S 35/07 -

Meta

IV ZR 282/07

28.05.2008

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.05.2008, Az. IV ZR 282/07 (REWIS RS 2008, 3767)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3767

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