Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.10.2017, Az. VIII R 19/16

8. Senat | REWIS RS 2017, 3444

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Gegenstand

Abzug von Refinanzierungszinsen für Gesellschafterdarlehen nach einem Forderungsverzicht gegen Besserungsschein


Leitsatz

1. Ein Verzicht des Gesellschafters auf ein Gesellschafterdarlehen gegen Besserungsschein kann für Schuldzinsen, die auf ein Refinanzierungsdarlehen gezahlt werden, bis zum Eintritt des Besserungsfalls zu einem Wechsel des Veranlassungszusammenhangs der Aufwendungen hin zu den Beteiligungserträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen . Ein Wechsel des Veranlassungszusammenhangs tritt insbesondere ein, wenn der Gesellschafter durch den Verzicht auf Zins- und Tilgungsansprüche aus dem Gesellschafterdarlehen die Eigenkapitalbildung und Ertragskraft der Gesellschaft stärken will .

2. Das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG kommt für Aufwendungen, die im Zusammenhang mit Kapitalerträgen aus einem Gesellschafterdarlehen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) stehen, gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich auch dann nicht zur Anwendung, wenn die geschuldeten Kapitalerträge von der Gesellschaft nicht gezahlt werden .

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des [X.] vom 24. Mai 2016  13 K 3369/14 E aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. In den Streitjahren (2009 und 2010) waren der Kläger zu 66 % und die Klägerin zu 8 % an der [X.] (GmbH) beteiligt.

2

Die Kläger hatten ein Darlehen aufgenommen, um ihre Stammeinlagen in die GmbH zu finanzieren. In beiden Streitjahren zahlten sie hierfür Schuldzinsen in Höhe von 5.800 € an die finanzierende Bank.

3

Seit 1997 hatten die Kläger der GmbH mehrere verzinsliche Gesellschafterdarlehen gewährt, die sie zum größten Teil bei Banken refinanziert hatten.

4

In den Streitjahren bestand auf Grundlage von Umschuldungen früherer [X.] ein Darlehen der Kläger bei der ... Bank über rund 986.000 €. Auf dieses Darlehen zahlten die Kläger im Streitjahr 2009 Schuldzinsen in Höhe von 55.713,14 € und im Streitjahr 2010 in Höhe von 33.510,16 €. Für die mit den [X.] finanzierten Gesellschafterdarlehen an die GmbH hatten die Kläger in den Jahren 2003 und 2004 sowohl auf Zinsen als auch auf die Darlehensrückzahlung verzichtet. Die Wirkung des Verzichts sollte jeweils entfallen, wenn die Befriedigung der Kläger ohne Gefährdung anderer Gläubiger möglich sei oder die Eigenkapitalquote der GmbH 20 % erreicht hätte. In den Streitjahren waren diese Bedingungen nicht erfüllt. Die GmbH zahlte trotz des Verzichts im Streitjahr 2009 aus nicht näher festgestellten Umständen auf dieses Gesellschafterdarlehen Zinsen in Höhe von 155,83 €.

5

Für ein im Jahr 2000 aufgenommenes [X.] über 500.000 € zahlten die Kläger in beiden Streitjahren Schuldzinsen an die Bank in Höhe von 28.250,04 €. Für das ausgereichte Gesellschafterdarlehen hatten die Kläger im Jahr 2004 auf Zinsen und Rückzahlung gegen [X.] verzichtet. In den Streitjahren waren die Voraussetzungen der [X.] nicht erfüllt. Zinszahlungen der GmbH auf das Gesellschafterdarlehen erfolgten nicht. Gleiches galt für ein im Jahr 1997 aufgenommenes [X.] über 29.000 € (Schuldzinszahlungen der Kläger 2009 in Höhe von 1.116,55 € und 2010 in Höhe von 657,19 €); den Verzicht auf das hieraus finanzierte Gesellschafterdarlehen hatten die Kläger gegen [X.] im Jahr 2000 erklärt.

6

Für ein im Jahr 2006 aufgenommenes [X.] über 250.000 € zahlten die Kläger im Streitjahr 2009 Schuldzinsen in Höhe von 11.187,50 € und im Streitjahr 2010 in Höhe von 8.625 €. Für das an die GmbH ausgereichte Gesellschafterdarlehen hatten die Kläger einen Teilverzicht auf die Rückzahlung (115.000 €) und auf die entsprechenden Zinsen gegen [X.] erklärt. In den Streitjahren waren die Voraussetzungen der [X.] nicht erfüllt. Zinszahlungen der GmbH auf das Gesellschafterdarlehen erfolgten jedoch auch nicht, soweit nicht verzichtet worden war.

7

Schließlich war ein Gesellschafterdarlehen an die GmbH vorhanden, auf das die Kläger nicht verzichtet hatten und auf das die GmbH in den Streitjahren die vereinbarten Zins- und Tilgungsbeträge zahlte. Das Darlehen war ebenfalls refinanziert. Die vereinnahmten Zinsen wurden gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren jeweils anzuwendenden Fassung (EStG) vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) als gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG tariflich zu besteuernde Einkünfte aus Kapitalvermögen und die im Zusammenhang mit diesen stehenden Schuldzinsen für das [X.] als Werbungskosten behandelt. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

8

Zudem waren den Klägern in den Streitjahren im Zusammenhang mit den Kapitaleinkünften Steuerberatungs- und Finanzierungskosten sowie Aufwendungen für Fachliteratur und Bankgebühren entstanden.

9

In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre erklärte der Kläger bei den Einkünften aus Kapitalvermögen einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 89.814 € (2009) und in Höhe von 58.070 € (2010), die Klägerin in Höhe von 1.292 € (2009) und in Höhe von 1.302 € (2010). Die Steuererklärungen waren vom steuerlichen Berater erstellt worden. Ein Antrag auf Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren für [X.] von der GmbH gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 3 Nr. 40 EStG wurde in den Erklärungen nicht gestellt.

Das [X.] veranlagte die Kläger im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2009 vom 15. Februar 2011 zunächst erklärungsgemäß. Am 19. April 2013 erließ das [X.] einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2009 und einen von der Erklärung abweichenden Erstbescheid für das Streitjahr 2010. Für den Kläger setzte das [X.] aus dem unstreitigen Darlehen, für das kein Verzicht vorlag und auf das von der GmbH Zinsen gezahlt worden waren, den Überschuss der Zinseinkünfte über die [X.] in Höhe von 14.684 € (2009) und in Höhe von 21.697 € (2010) als tariflich zu besteuernde Kapitaleinkünfte an. Im Übrigen verneinte es aufgrund der Verzichte der Kläger auf Zins- und Darlehensrückzahlungsansprüche für die Gesellschafterdarlehen jeweils die Überschusserzielungsabsicht und versagte die Berücksichtigung der Schuldzinsen als Werbungskosten. Soweit andere Kapitalerträge der Kläger dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG unterlagen, zog das [X.] von diesen Einkünften den Sparer-Pauschbetrag der Kläger ab.

Einspruch und Klage vor dem [X.] ([X.]) blieben erfolglos. Die Entscheidung des [X.] vom 24. Mai 2016  13 K 3369/14 E ist in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2016, 1781 veröffentlicht.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts durch das [X.].

Sie meinen, auslösendes Moment für die Zahlung der Schuldzinsen aus den [X.] und für die übrigen Werbungskosten sei in den Streitjahren trotz des Verzichts auf die Gesellschafterdarlehen ihre Erwartung gewesen, nach Eintritt des [X.] wieder tariflich zu besteuernde Zinseinnahmen von der GmbH zu vereinnahmen. Der ursprünglich begründete wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Gesellschafterdarlehen und den [X.] sei durch die Verzichte gegen [X.] nicht beendet worden.

Bestehe in den Streitjahren nach wie vor ein Veranlassungszusammenhang zwischen den Schuldzinsen und den erwarteten zukünftigen Zinseinkünften von der GmbH (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG), greife gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG für die geltend gemachten Schuldzinsen und die übrigen als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen nicht ein. Denn gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG seien nach Eintritt des [X.] aus den Gesellschafterdarlehen zu erzielende Zinseinkünfte nicht dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG zu unterwerfen, da es sich beim Kläger um einen mindestens zu 10 % an der GmbH beteiligten Gesellschafter handele. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG müsse auch in Zeiträumen Anwendung finden, für die auf ein Gesellschafterdarlehen gegen [X.] verzichtet werde und in denen keine Zinserträge erzielbar seien. Es komme zu systemwidrigen Ergebnissen, wenn aufgrund der Nichtanwendung der Regelungen in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG und § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG in den Jahren vor Eintritt des [X.] gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG ein Werbungskostenabzug der [X.] ausgeschlossen sei, die nach Eintritt des [X.] zufließenden Zinserträge aber gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG der tariflichen Einkommensteuer zu unterwerfen seien.

Auch nach Sichtweise der Finanzverwaltung sei es für die Anwendung der Regelung in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG nicht erforderlich, dass Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG auf ein Gesellschafterdarlehen tatsächlich in jedem Veranlagungszeitraum vereinnahmt würden (Verweis auf das Schreiben des [X.] --BMF-- vom 18. Januar 2016 IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, [X.], 85, Rz 143).

Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Einkommensteuerbescheide 2009 und 2010, jeweils vom 19. April 2013, in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. September 2014 unter Aufhebung des [X.]-Urteils mit der Maßgabe abzuändern, dass die geltend gemachten Werbungskosten im Zusammenhang mit den Darlehensverträgen mit der GmbH im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG zum Abzug zugelassen werden.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Die Feststellungen des [X.] tragen dessen Würdigung, dass ein Abzug der Schuldzinsen aus den [X.] und der übrigen Aufwendungen als Werbungskosten in den Streitjahren ausgeschlossen ist, nicht vollständig. Die Sache ist nicht spruchreif und daher an das [X.] zurückzuverweisen.

1. Das [X.] hat zutreffend einen Abzug der Schuldzinsen für das von den Klägern aufgenommene Darlehen zur Finanzierung der Stammeinlagen als Werbungskosten gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG verneint.

a) Die von den Klägern für das zur Finanzierung der Stammeinlagen aufgenommene Darlehen getragenen Schuldzinsen (jeweils 5.800 € in beiden Streitjahren) sind Werbungskosten, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Bezügen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG stehen.

Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG und die hierzu zählenden Schuldzinsen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG) sind alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn sie objektiv mit einer Einkunftsart zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind. Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die --wertende-- Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (vgl. Beschluss des Großen [X.]s des [X.] --BFH-- vom 21. September 2009 GrS 1/06, [X.], 1, [X.], 672, unter [X.]; [X.]surteil vom 7. Juni 2016 VIII R 32/13, [X.], 565, [X.], 769, Rz 38). Die Kläger haben das Darlehen zur Finanzierung der Stammeinlagen im Rahmen der Gründung der GmbH aufgenommen. Sie wollten aus der [X.] [X.] gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielen. Dieser [X.] ist auch in den Streitjahren noch maßgeblich. Denn für die Anerkennung von Schuldzinsen als Werbungskosten ist grundsätzlich auf den ursprünglichen, mit der Schuldaufnahme verfolgten Zweck und damit auf die erstmalige Verwendung der [X.] abzustellen (BFH-Urteil vom 27. März 2007 VIII R 28/04, [X.], 460, [X.], 699, unter [X.]).

b) Die Schuldzinsen aus dem Darlehen zur Refinanzierung der Stammeinlagen unterfallen jedoch dem Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG. Sie stehen mit Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Zusammenhang, die dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG unterliegen.

c) Die Regelung des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG, nach der § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG für Aufwendungen im Zusammenhang mit Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht anzuwenden ist, wenn vom [X.]er ein wirksamer Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gestellt wird, findet im Streitfall --wie vom [X.] zutreffend erkannt-- keine Anwendung.

Der erforderliche Antrag ist von den Klägern weder zusammen mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 noch mit der Erklärung für das Streitjahr 2010 gestellt worden (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG). Eine Nachholung des Antrags durch die Kläger, die bei der Erstellung der Einkommensteuererklärungen fachkundig beraten waren, ist ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat durch die Verwendung des Wortes "spätestens" eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Ausübung des Wahlrechts zeitlich durch die Abgabe der Einkommensteuererklärung befristet ist (vgl. zur Vermeidung von Wiederholungen BFH-Urteil vom 28. Juli 2015 VIII R 50/14, [X.], 413, [X.], 894, Rz 14 ff., m.w.N.). Die Klägerin erfüllte zudem weder die Voraussetzung, mindestens zu 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt zu sein (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG), noch ist festgestellt, dass sie in den Streitjahren beruflich für die GmbH tätig war (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG).

2. Das [X.] hat ebenfalls zutreffend entschieden, dass ein Abzug der Schuldzinsen gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG ausgeschlossen ist, soweit die Kläger vollständig auf Zinszahlungen und die Rückzahlung von [X.]erdarlehen gegen [X.] gegenüber der GmbH verzichtet hatten und in den Streitjahren auf die zur Refinanzierung aufgenommenen Darlehen Schuldzinsen (2009: 85.079,73 €; 2010: 62.417,39 €) zahlen mussten.

Für diese Schuldzinsen bestand --unabhängig von der Besserungsabrede-- in den Streitjahren kein wirtschaftlicher Zusammenhang zu (künftigen) Kapitalerträgen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) aus den [X.]erdarlehen, die nach Eintritt des [X.] erzielbar waren, sondern nur zu den [X.]n aus der GmbH gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die in den Streitjahren aber ebenfalls nicht erzielt wurden (s. unter [X.]). Die Kläger hätten einen Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG stellen müssen, um gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG die Nichtanwendung des [X.] aus § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG für diese Schuldzinsen zu erreichen. Daran fehlt es (s. unter [X.]). Auch bestand kein [X.] der [X.] mehr zu früheren Kapitalerträgen aus den [X.]erdarlehen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG (s. unter II.2.c).

a) Das [X.] hat zu Recht erkannt, dass die Schuldzinsen aus den [X.] in den Streitjahren nicht durch die nach Eintritt des [X.] erzielbaren Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sondern nur noch durch die [X.] der Kläger gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG veranlasst waren. Aufgrund des Verzichts auf die Ansprüche aus den [X.]erdarlehen hat sich der ursprüngliche wirtschaftliche Zusammenhang der [X.], der zu den Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG aus den [X.]erdarlehen bestand, hin zu den [X.]n gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG verlagert.

aa) Verzichtet ein [X.]er wie hier unter der auflösenden Bedingung der Besserung der wirtschaftlichen Lage der [X.] auf ein [X.]erdarlehen, liegen [X.] nicht mehr vor, solange die Bedingung für den Wegfall des Verzichts nicht eingetreten ist. Der auflösend bedingte Forderungsverzicht führt --für die Dauer bis zum [X.] zum Wegfall der Forderung (s. z.B. BFH-Urteil vom 12. Juli 2012 I R 23/11, [X.], 344, Rz 15; BMF-Schreiben vom 2. Dezember 2003 IV A 2-S 2743-5/03, [X.], 648). Bei Eintritt des [X.] werden die [X.]erdarlehen wieder zu Fremdkapital (BFH-Urteile vom 30. Mai 1990 I R 41/87, [X.], 87, [X.] 1991, 588, unter [X.]; vom 15. April 2015 I R 44/14, [X.], 493, [X.], 769, Rz 18). Der Eintritt der Bedingung entfaltet jedoch keine Rückwirkung (BFH-Urteil in [X.], 87, [X.] 1991, 588, unter II.3.c).

bb) [X.] auslösendes Moment für die Tragung der [X.] war in den Streitjahren danach nicht, dass die Kläger nach Eintritt des [X.] wieder Kapitalerträge der GmbH aus den [X.]erdarlehen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG würden erzielen können. Denn dieser Zusammenhang wird bei wertender Betrachtung von der Entscheidung der Kläger überlagert, durch den Verzicht auf Zins- und Tilgungszahlungen aus den [X.]erdarlehen bis zum Eintritt des [X.] die Ertragslage und Eigenkapitalbildung der GmbH zu fördern und damit die Substanz ihrer Beteiligungen zu stärken und höhere [X.] zu erzielen. Durch diese Entscheidung der Kläger ist der zunächst unzweifelhaft begründete [X.] der Schuldzinsen aus den [X.] zu den Kapitalerträgen aus den [X.]erdarlehen unterbrochen und ein neuer [X.] der [X.] zu den [X.]n i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG begründet worden (s. für den insoweit vergleichbaren Fall von [X.] für ein zinslos oder teilentgeltlich gewährtes Darlehen BFH-Urteile vom 2. Mai 2001 VIII R 32/00, [X.], 302, [X.] 2001, 668, unter 2.a aa, und vom 25. Juli 2000 VIII R 35/99, [X.], 264, [X.] 2001, 698, unter 5.a). Es kommt somit entgegen der Meinung der Kläger auch nicht zu systemwidrigen Ergebnissen im Streitfall. Denn die [X.] können unter dem neu begründeten [X.] zu den [X.]n gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG weiterhin dem Grunde nach als Werbungskosten abzugsfähig sein.

b) Für die durch die [X.] (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) veranlassten [X.] greift in den Streitjahren jedoch das Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG ein. Da die Kläger für die Kapitalerträge aus der GmbH keinen wirksamen Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gestellt haben (s. dazu oben unter [X.]), kommt § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG, nach dem § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG in diesem Fall nicht gilt, nicht zur Anwendung.

c) Die Schuldzinsen aus den [X.] sind in den Streitjahren auch nicht gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 i.V.m. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG als nachträgliche Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG abzugsfähig, die mit den bis zum Verzicht auf die [X.]erdarlehen erzielten früheren Zinseinkünften gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Zusammenhang stehen. Die Entscheidung der Kläger, bis zum Eintritt des [X.] auf Einnahmen aus den [X.]erdarlehen zu verzichten, um ihre Beteiligungen an der GmbH zu stärken und um höhere [X.] erzielen zu können, hat den ursprünglichen [X.] zwischen den [X.] und den früheren Kapitalerträgen aus dem [X.]erdarlehen beendet. Der ursprüngliche wirtschaftliche Zusammenhang ist mit dem Verzicht der Kläger durch einen neuen Zusammenhang zu den [X.]n ersetzt worden (s. unter [X.]). Daher können die Rechtsgrundsätze zur Abzugsfähigkeit nachträglicher Schuldzinsen (s. ausführlich BFH-Urteil vom 8. April 2014 IX R 45/13, [X.], 442, [X.], 635, Rz 15, m.w.N.), die einen fortbestehenden [X.] zu den früheren Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG bis zum Verzicht auf das [X.]erdarlehen voraussetzen, im Streitfall keine Anwendung finden (a.[X.], [X.], 229, 232).

3. Hinsichtlich der [X.], die mit dem Darlehen über 250.000 € in Zusammenhang stehen, auf dessen Rückzahlung teilweise (in Höhe von 115.000 €) verzichtet wurde und hinsichtlich der weiteren streitigen Werbungskosten erweist sich die Vorentscheidung jedoch als rechtsfehlerhaft. Sie ist aufzuheben.

a) Das Werbungskostenabzugsverbot aus § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG gilt gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 und § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG nicht für Kapitalerträge aus einem [X.]erdarlehen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, wenn diese von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner (hier den Kläger) gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der [X.] beteiligt ist. Das [X.] stützt sich zu Unrecht darauf, dass die Regelungen in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 und in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht anzuwenden sind, wenn Zinszahlungen auf ein [X.]erdarlehen von der [X.] zwar zivilrechtlich geschuldet, aber nicht erbracht werden.

aa) Eine Verpflichtung der GmbH zur Zahlung von Zinsen auf das [X.]erdarlehen bestand in den Streitjahren noch, soweit die Kläger auf Zins- und Tilgungsansprüche nicht verzichtet hatten. Die Nichtzahlung der geschuldeten Zinsen aus dem [X.]erdarlehen bewirkt aber nicht, dass die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG in den Streitjahren nicht erfüllt sind. Zwar könnte aus dem Merkmal "gezahlt" in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG geschlossen werden, dass stets eine tatsächliche Zahlung vom Schuldner an den Gläubiger erfolgen muss, damit die [X.] der Regelung für Kapitalerträge aus dem [X.]erdarlehen und für das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG greift. Eine derart enge Auslegung entspricht aber nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes (vgl. zur weiten Auslegung der Vorschrift auch [X.] in Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 32d Rz 12; [X.]/[X.] in Kanzler/[X.]/[X.], EStG, 2. Aufl., § 32d Rz 8; [X.]/[X.], § 32d EStG Rz 76, sowie [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Kommentar, § 32d Rz 204; [X.] in [X.], § 32d EStG Rz 53). Dies lässt sich daraus ableiten, dass § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG sowohl für laufende Kapitalerträge (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) als auch für Veräußerungsgewinne (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG) gilt. Aus dem Ausschluss sowohl der laufenden Kapitalerträge als auch der Veräußerungsgewinne in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG aus dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG und dem damit verbundenen Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG geht hervor, dass das [X.]erdarlehen eines zu mindestens 10 % beteiligten [X.]ers mit den laufenden Erträgen und dem Vermögensstamm nicht der Besteuerung in der Schedule unterliegen soll. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob vom [X.]er aus dem [X.]erdarlehen tatsächlich Kapitalerträge erzielt werden. Folglich ist das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG in den Streitjahren nicht auf die Aufwendungen (Schuldzinsen) anzuwenden, die mit dem --hier teilweise fortbestehenden-- [X.]erdarlehen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

bb) Zudem ist unklar, wie die Feststellung des [X.] zu verstehen ist, die geschuldeten Zinsen aus dem [X.]erdarlehen seien "faktisch nicht gezahlt" worden. Eine fehlende Zahlung der Zinsen erlaubt noch nicht den Schluss, dass dem Kläger in den Streitjahren keine Zinsen aus dem [X.]erdarlehen gemäß § 11 EStG zugeflossen sind. Denn bei einer Aufwandsbuchung der [X.] wären diese dem Kläger als beherrschendem [X.]er auch ohne tatsächliche Zahlung i.S. des § 11 EStG zugeflossen (vgl. BFH-Urteile vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, [X.], 542, [X.] 1984, 480; vom 15. Juni 2016 VI R 6/13, [X.], 134, [X.], 903, Rz 12, auch zur Abgrenzung von der verdeckten Einlage). Ausführungen des [X.] zur Behandlung des Darlehens bei der GmbH in den Streitjahren fehlen jedoch.

b) Ferner hat das [X.] den Abzug der Steuerberatungs- und Finanzierungskosten sowie Fachliteratur und Bankgebühren gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG versagt, ohne ausreichende Feststellungen zum [X.] dieser Aufwendungen zu treffen. Ein [X.] dieser Werbungskosten kommt in den Streitjahren insbesondere auch mit den Zinseinkünften aus dem [X.]erdarlehen in Betracht, für das das [X.] die gezahlten Zinsen als tarifliche Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 1 EStG besteuert und die [X.] gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG zum Abzug zugelassen hat, weil das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1  2. Halbsatz EStG gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht anzuwenden ist. Sofern es sich bei den streitigen Kosten um Werbungskosten handelt, die im Zusammenhang mit diesen Zinseinkünften stehen, wäre der Werbungskostenabzug entsprechend der Veranlassungsbeiträge quotal zuzulassen.

4. Die Sache ist nicht spruchreif und wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O). Der [X.] kann die notwendigen Feststellungen nicht selbst treffen.

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 19/16

24.10.2017

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 24. Mai 2016, Az: 13 K 3369/14 E, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 1 EStG 2009, § 20 Abs 1 Nr 7 EStG 2009, § 20 Abs 9 S 1 Halbs 2 EStG 2009, § 32d Abs 2 Nr 1 S 1 Buchst b S 1 EStG 2009, § 32d Abs 2 Nr 3 S 1 Buchst a EStG 2009, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.10.2017, Az. VIII R 19/16 (REWIS RS 2017, 3444)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3444

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11 K 2371/18

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