Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2010, Az. VIII ZR 13/09

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 2168

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 13/09 Verkündet am: 20. Oktober 2010 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2010 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] Frellesen, die [X.]innen [X.] und [X.] sowie [X.] [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 18. Dezember 2008 aufgeho-[X.]. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger betreibt ein Autohaus in [X.]. Nachdem er bis zum 30. September 2004 autorisierter Vertragshändler der [X.] gewesen war, schloss er im September 2005 mit der [X.] zum 1. Oktober 2005 einen Nissan-Vertragswerkstattvertrag (im Folgenden: Werkstattvertrag). Art. XVI Nr. 1 des Vertrages lautet: 1 "Dieser Vertrag kann von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer Frist von 24 Monaten zum Ende eines Kalendermonats per [X.] 3 - [X.]/Rückschein gekündigt werden. Eine von [X.] ausgesprochene Kündigung muss eine ausführliche Begründung enthalten, die objektiv und transparent ist und darf nicht auf Verhaltensweisen der [X.] gestützt werden, die nach der Verordnung ([X.]) Nr. 1400/2002 nicht eingeschränkt werden dürfen. Die Verordnung ist als Anlage XI diesem Vertrag angefügt. Darüber hinaus gelten, insbesondere bezüg-lich der Kündigung, die Regelungen des nationalen Rechtes. Abweichend davon ist es [X.] gestattet, diesen Vertrag mit einer Frist von 12 Monaten zu beenden, unter der Voraussetzung, dass a) (–) b) sich für [X.] die Notwendigkeit ergibt, das Vertriebsnetz insge-samt oder zu einem wesentlichen Teil umzustrukturieren." Die Beklagte kündigte im Rahmen einer Netzkündigung, die sich auf sämtliche Vertragshändler- und Werkstattverträge erstreckte, mit Schrei[X.] vom 11. Januar 2006 auch den [X.] unter Berufung auf Art. XVI Nr. 1 Abs. 2 Buchst. b des Vertrages zum 31. Januar 2007. In dem Schrei-[X.] heißt es unter anderem: 2 "Das bestehende Vertriebsnetz entspricht weder den Bedürfnissen der regionalen Kaufgewohnheiten noch den Qualitätsanforderungen, die die potenziellen [X.]-Kunden an einen modernen Kfz-Vertrieb stellen. Mit dem bisherigen Vertriebsnetz werden daher weder alle potenziellen [X.]-Kunden in optimaler Weise erreicht noch werden unsere [X.] und Leistungsangebote in einem Umfeld präsentiert, das dem [X.] [X.] hinreichend gerecht wird. Aufgrund der Ergebnisse intensiver Beobachtungen und Untersuchun-gen des Käuferverhaltens und der Kaufgewohnheiten in der [X.] in den vergangen Jahren hat die [X.] [X.] DEUTSCHLAND AG ein völlig neu konzipiertes Händlernetz entwickelt. Darüber hinaus ist beabsichtigt, die Qualität und die Professionalität nicht nur des Neufahrzeugvertriebs, sondern auch die der [X.] zu verbessern, um den Anforderungen an einen modernen Kfz-Vertrieb gerecht zu werden. Hierzu ha[X.] wir nach geographischen [X.] unterschiedliche Qualitätskriterien für den Kfz-Vertrieb entwickelt. - 4 - Diese grundlegende Strukturänderung hat Auswirkungen nicht nur auf die [X.]-Vertragshändler mit Verkaufsrecht für [X.]-Neufahrzeuge, sondern auf alle Partner des [X.]-Vertriebsnetzes, also auch die zugelassenen [X.]-Servicebetriebe. Denn mit der be-absichtigten Neustrukturierung des gesamten Vertriebsnetzes ist u.a. auch eine Anhebung des Qualitätsniveaus für die Erbringung [X.] für [X.]-Fahrzeuge verbunden. Dementsprechend ist im Zuge der [X.] ein neuer Händlervertrag entwickelt worden, der auch Änderungen der Regelungen für die Erbringung autorisierter Wartungs- und Instandsetzungsdienstleistungen für [X.]-Fahrzeuge vorsieht. Die vorstehend beschrie[X.]e vertriebspolitische Entscheidung erfordert zwingend eine vollständige Umstrukturierung des derzeit bestehenden Vertriebsnetzes. Vor diesem Hintergrund hat die [X.] [X.] DEUTSCHLAND AG alle bestehenden Vertragshändlerverträge, die so-wohl den Vertrieb von neuen [X.]-Fahrzeugen als auch die Erbrin-gung von autorisierten Wartungs- und Instandsetzungsleistungen für [X.]-Fahrzeuge regeln, zum 31. Januar 2007 gekündigt. Um die notwendige Gleichbehandlung aller Partner im [X.]-Vertriebsnetz, insbesondere auch mit den [X.]-Händlern, die ne[X.] dem Neufahrzeugvertrieb auch autorisierte Wartungs- und Instandset-zungsdienstleistungen für [X.]-Fahrzeuge erbringen, herzustellen, ist es erforderlich, die entsprechenden Regelungen auch gegenüber denjenigen Partnern der [X.] [X.] DEUTSCHLAND AG [X.], die ausschließlich Wartungs- und Instandsetzungsdienstleis-tungen für [X.]-Fahrzeuge erbringen." 3 Der Kläger hat mit seiner Klage die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung sowie die Feststellung der Verpflichtung der [X.] zur Fortfüh-rung des Vertragsverhältnisses über den 31. Januar 2007 hinaus und zum Er-satz des ihm infolge der Kündigung entstandenen Schadens begehrt. Die [X.] hat Klageabweisung und hilfsweise die Feststellung der Beendigung des zwischen den Parteien geschlossenen [X.] zum 31. Januar 2008 beantragt. Das [X.] hat der Klage und der [X.] stattgege[X.]. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf [X.] gerichtetes Begehren weiter. - 5 - Entscheidungsgründe: 4 Die Revision hat Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht ([X.], Urteil vom 18. Dezember 2008 - 19 U 33/08, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausge-führt: 5 Die Kündigung vom 11. Januar 2006 habe das Vertragsverhältnis [X.] den Parteien nicht zum 31. Januar 2007, sondern erst zum 31. Januar 2008 beendet, da die Voraussetzungen für eine Kündigung des Werkstattver-trags mit einjähriger Kündigungsfrist nach Art. XVI Nr. 1 Abs. 2 Buchst. b (im Folgenden: Strukturkündigung) nicht dargetan seien. 6 Das Sonderkündigungsrecht nach Art. XVI Nr. 1 Abs. 2 Buchst. b des Vertrags erfordere eine bedeutsame Änderung der Vertriebsstrukturen des [X.] sowohl in finanzieller als auch in räumlicher Hinsicht, die auf plausible Weise durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt sein müsse. Bei der Prüfung der Kündigungsvoraussetzungen für den vorliegenden Werk-stattvertrag sei auf ein einheitliches Vertriebsnetz, bestehend aus Händlern und Werkstattbetrie[X.], abzustellen. 7 Die nach dem Vortrag der [X.] vorgesehene Abschaffung des zweistufigen Händlernetzes, die Schaffung regional unterschiedlicher Qualitäts-standards (Metro-, Urban- und [X.]) sowie die Reduzierung der [X.] stellten zwar objektiv durchaus eine Umstrukturierung des Vertriebsnetzes dar. Es sei jedoch nicht hinreichend dargelegt, dass diese Um-strukturierungsmaßnahmen in finanzieller und räumlicher Hinsicht bedeutsam seien. 8 - 6 - 9 Der zur Darstellung einer in finanzieller Hinsicht bedeutsamen Änderung erfolgte Vortrag der [X.], dass sich bei einer zweijährigen Kündigungsfrist der Werteffekt der Strukturänderung um ca. 38 Mio. • schmälere und sich die Amortisationszeit auf mehr als vier Jahre verdoppele, sei unsubstantiiert. Die Bedeutsamkeit der Änderung in finanzieller Hinsicht könne sich auch nicht aus dem Umfang der mit der Kündigung verbundenen Abfindungs- und [X.] nach § 89b HGB analog erge[X.]. Diese seien eine Begleiterschei-nung der Kündigung, nicht aber das mit der Kündigung verfolgte Ziel und könn-ten deswegen nicht zur Rechtfertigung herangezogen werden. Auch eine in räumlicher Hinsicht bedeutsame Veränderung habe die [X.] nicht dargetan. Die Bedeutsamkeit der Veränderung in räumlicher Hin-sicht lasse sich nicht schon aus der Zahl der nach dem Vorbringen der [X.] von einem Wegfall betroffenen Standorte herleiten, da von 638 Standorten lediglich 352 entfallen und 286 (darunter 63 von bisher 213 [X.]n) erhalten blei[X.] sollten. Sei danach ein nicht unwesentlicher Teil des Vertriebs-netzes von dem Wegfall von Standorten nicht betroffen, müssten für die Einstu-fung der Maßnahme als wesentliche Umstrukturierung sonstige bedeutsame Veränderungen geplant gewesen sein, von denen die verblei[X.]den Händler betroffen gewesen wären. Dies habe die Beklagte nicht nachvollziehbar darge-legt. Die von der [X.] genannten räumlichen und qualitativen Aspekte der Umstrukturierung ließen daher weder für sich genommen noch in ihrer Gesamt-heit erkennen, dass das gesamte Vetriebsnetz oder wenigstens ein wesentli-cher Teil davon umstrukturiert worden sei. 10 Die Beklagte habe darüber hinaus auch nicht dargetan, dass die Ände-rungen der Vertriebsstruktur plausibel durch Gründe der wirtschaftlichen Effi-zienz gerechtfertigt gewesen seien. Soweit die Beklagte sich darauf berufe, der geplanten Strukturänderung habe eine - hier nicht vorgelegte - Studie eines ex-11 - 7 - ternen Beraters zugrunde gelegen, die zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das Händlernetz für den Absatzrückgang ursächlich und eine schnelle Umstruk-turierung erforderlich sei, vermöge dies für sich genommen die Kündigung mit verkürzter Frist nicht plausibel zu begründen. Die Beklagte sei daher verpflichtet, dem Kläger den Schaden zu [X.], der ihm wegen der zum 31. Januar 2007 ausgesprochenen und bis zum 31. Januar 2008 als unberechtigt anzusehenden Kündigung entstanden sei. 12 I[X.] Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der [X.] kann die Wirksamkeit der zum 31. Januar 2007 ausgesprochenen Kündigung des [X.] den Parteien geschlossenen [X.] nicht verneint werden. Damit entfällt auch die Grundlage für die vom Berufungsgericht ausgesproche-ne Feststellung einer Verpflichtung der [X.], dem Kläger den infolge der Kündigung entstandenen Schaden zu ersetzen. 13 1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen einer Strukturkündi-gung nach Art. XVI Nr. 1 Abs. 2 Buchst. b des [X.] verkannt und ist infolge dessen zu Unrecht davon ausgegangen, die Beklagte habe diese Voraussetzungen nicht hinreichend dargetan. 14 a) Nach Art. XVI Nr. 1 Abs. 2 Buchst. b des [X.] und der zugrunde liegenden Regelung des Art. 3 Abs. 5 Buchst. [X.] ([X.]) 1400/2002 der [X.] vom 31. Juli 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor ([X.] 15 - 8 - [X.] Nr. L 203 S. 30; im Folgenden: [X.]) ist die Beklagte berechtigt, den Vertrag mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr zu beenden, wenn sich für sie die Notwendigkeit ergibt, das Vertriebsnetz insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil umzustrukturieren. Die Voraussetzungen, die an eine [X.] zu stellen sind, sind durch die Rechtsprechung des [X.] der [X.] (im Folgenden: Gerichtshof) zu Art. 5 Abs. 3 der Verordnung ([X.]) 1475/95 der [X.] vom 28. Juni 1995 über die An-wendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge ([X.] [X.] Nr. L 145 S. 25; im Folgenden: [X.] 1475/95) konkretisiert worden. Danach setzt das Bestehen der Notwendigkeit, das Vertriebsnetz insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil umzugestalten, eine bedeutsame Änderung der Vertriebsstrukturen des betroffenen Lieferanten sowohl in finanzieller als auch in räumlicher Hinsicht voraus, die auf plausible Weise durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz ge-rechtfertigt sein muss. Es ist Sache der nationalen Gerichte, unter Berücksichti-gung aller konkreten Gege[X.]heiten der Streitigkeit, mit der sie befasst sind, zu beurteilen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind ([X.], [X.]. 2006, [X.] Rn. 39 f. - Vulcan Silkeborg A/S ./. Skandinavisk Motor Co. A/S; [X.]. 2006, [X.] Rn. 33 f. - Brünsteiner GmbH u.a. ./. [X.]). Zu Recht hat das [X.] angenommen, dass diese von dem Gerichtshof zu Art. 5 Abs. 3 der [X.] 1475/95 entwickelten Grundsätze auch für die Auslegung des inhalt-lich übereinstimmenden Art. 3 Abs. 5 Buchst. [X.] der [X.] heranzu-ziehen sind (Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - [X.] ZR 150/08, [X.], 346 Rn. 22 mwN). b) Die Beurteilung, ob die Voraussetzungen einer Strukturkündigung nach Art. XVI Nr. 1 Abs. 2 Buchst. b des [X.] gege[X.] sind, unter-liegt nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Nachprüfung, die sich darauf zu beschränken hat, ob das Berufungsgericht die rechtlichen Voraussetzungen 16 - 9 - einer solchen Kündigung verkannt hat, ob ihm von der Revision gerügte Verfah-rensverstöße unterlaufen sind und ob es wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt oder Erfahrungssätze verletzt hat (vgl. Senats-urteil vom 17. Januar 2001 - [X.] ZR 186/99, NJW-RR 2001, 677 unter [X.]; [X.], Urteil vom 29. März 1990 - [X.], NJW 1990, 2889 unter [X.]). Ein solcher Rechtsfehler liegt hier vor. c) Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an eine Strukturkündi-gung verkannt. Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen des [X.]s revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringen der [X.] sind die Voraussetzungen einer Kündigung nach Art. XVI Nr. 1 Abs. 2 Buchst. b des [X.] gege[X.]. 17 [X.]) Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung der [X.] für den vorliegenden Werkstattvertrag zu Recht auf ein einheitliches, aus Vertragshändlern und Vertragswerkstattbetrie[X.] bestehendes Vertriebs-netz abgestellt. Dieser Ansatz wird im Revisionsverfahren auch nicht beanstan-det. 18 bb) Die Beklagte hat entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ei-ne in räumlicher und finanzieller Hinsicht bedeutsame Umstrukturierung ihres Vertriebsnetzes hinreichend dargetan. 19 (1) Nach Maßgabe des auch vom Berufungsgericht zugrunde gelegten [X.]s ist die beabsichtigte Umstrukturierung in räumlicher Hin-sicht bedeutsam. Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe ihr Vertriebsnetz durch eine Unternehmensberatungsgesellschaft überprüfen lassen und sich aufgrund dieser Untersuchung für ein eingliedriges Vertriebssystem mit einer Reduzierung der Gesamtzahl der Standorte entschieden. Von den 638 bisheri-gen Standorten sollten lediglich 286 - weniger als die Hälfte - unverändert [X.] - 10 - stehen blei[X.], während 352 der bisher für die Beklagte tätigen Primär- und [X.] durch 249 Unternehmen an neuen Standorten ersetzt werden sollten. Zugleich sollte das gesamte [X.]netz abgeschafft werden. Geplant war demnach, Standorte innerhalb des gesamten Vertriebsnetzes in [X.] zu einem nicht unerheblichen Teil zu verändern. Dies reicht ent-gegen der Auffassung des Berufungsgerichts für eine in räumlicher Hinsicht bedeutsame Umstrukturierungsmaßnahme aus (Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - [X.] ZR 150/08, [X.]O Rn. 24). Es ist nach der Rechtsprechung des [X.] nicht erforderlich, dass alle oder nahezu alle bisherigen Standorte [X.] oder verändert werden (Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - [X.] ZR 150/08, [X.]O). Unter diesen Umständen hängt die Einstufung der Maßnahme als in räumlicher Hinsicht bedeutsame Umstrukturierung nicht, wie das Berufungsge-richt gemeint hat, zusätzlich davon ab, dass sonstige bedeutsame Veränderun-gen geplant gewesen sein müssten, von denen die verblei[X.]den Händler be-troffen gewesen wären. (2) Die von der [X.] geplante Umstrukturierung des Vertriebsnet-zes ist auch in finanzieller Hinsicht als bedeutsam anzusehen. Es liegt auf der Hand, dass eine derart weitgehende Umstrukturierung des gesamten Vertriebs-netzes, wie sie die Beklagte nach ihrem Vortrag beabsichtigt und durchgeführt hat, auch in finanzieller Hinsicht bedeutsam ist (vgl. [X.], [X.] 2008, 1417, 1418; bestätigt durch Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - [X.] ZR 150/08, [X.]O Rn. 25). Dies ergibt sich schon daraus, dass die Vorbereitung und [X.] einer solchen Umstrukturierung mit erheblichen Kosten verbunden ist, zu denen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch die [X.] und Ausgleichsansprüche einer Vielzahl von Händlern gehören, die in-folge der das gesamte Vertriebsnetz umfassenden Kündigungen entstehen (Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - [X.] ZR 150/08, [X.]O). Es ist deshalb für die finanzielle Größenordnung der Umstrukturierung durchaus von Bedeutung, ob 21 - 11 - der [X.] infolge der Umstrukturierung - wie hier - fast der Hälfte seiner bisherigen Vertragshändler ausgleichspflichtig ist. Ne[X.] den Kos-ten der Umstrukturierung ist auch der mit der Umstrukturierung erstrebte wirt-schaftliche Vorteil zu berücksichtigen, der allerdings nicht exakt bemessen wer-den muss (Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - [X.] ZR 150/08, [X.]O). Er beläuft sich nach dem Vorbringen der [X.] auf einen Betrag in zweistelliger [X.]. Denn die Beklagte hat vorgetragen, dass sich der Werteffekt der Strukturänderung bei einer zwei- statt einjährigen Kündigungsfrist um ca. 38 Mio. • schmälern würde. [X.]) Nach dem [X.] ist auch die Notwendigkeit der Um-strukturierung auf plausible Weise durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt. 22 (1) Im Rahmen eines Rechtsstreits über die Rechtmäßigkeit einer Struk-turkündigung ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht Sache der nationalen Gerichte, die wirtschaftlichen und geschäftlichen Überlegungen, auf-grund deren ein Lieferant die Entscheidung getroffen hat, sein Vertriebsnetz umzustrukturieren, in Frage zu stellen. Andererseits kann die Notwendigkeit einer solchen Umstrukturierung - anders als die Revision meint - nicht der freien Beurteilung des Lieferanten unterliegen, sollen die Händler nicht jeden wirksa-men gerichtlichen Schutz in dieser Frage verlieren. Unter Berücksichtigung so-wohl des Zwecks als auch des Ausnahmecharakters der Vorschrift über die Strukturkündigung ist es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs daher [X.], aber auch ausreichend, dass die Notwendigkeit der Umstrukturierung auf plausible Weise gerechtfertigt werden kann mit Gründen der wirtschaftlichen Effizienz, die sich auf interne oder externe objektive Umstände des Unterneh-mens des Lieferanten stützen, welche ohne eine schnelle Umstrukturierung des Vertriebsnetzes in Anbetracht des Wettbewerbsumfelds, in dem der Lieferant 23 - 12 - agiert, die Effizienz der bestehenden Strukturen des Vertriebsnetzes [X.] können; mögliche wirtschaftlich nachteilige Folgen, die der Lieferant im Fall einer Kündigung der Vertriebsvereinbarung mit einer Frist von zwei Jah-ren erleiden könnte, sind in dieser Hinsicht erheblich ([X.], [X.]. 2006, [X.] Rn. 35 ff.; Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - [X.] ZR 150/08, [X.]O Rn. 27). (2) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Beklagte die Notwendigkeit einer Umstrukturierung ihres Vertriebsnetzes entgegen der Auffassung des Be-rufungsgerichts hinreichend dargelegt. 24 Die Beklagte hat vorgetragen, dass sie bis zum [X.] einen dramati-schen Einbruch der Verkaufszahlen erlitten habe und die Ursache für den star-ken Rückgang ihrer Marktanteile in der Struktur des zweistufigen Vertriebsnet-zes - insbesondere in der finanziellen Schwäche vieler kleiner Händler und Werkstätten, die sich nicht mehr zeitgemäß präsentieren - gelegen habe. Es sei erforderlich gewesen, die Anzahl der Vertriebspartner zu reduzieren, das [X.] abzuschaffen und durch eine Anhebung der Standards zu gewährleisten, dass die Vertragspartner der [X.] größer und [X.] werden. Schon dieser revisionsrechtlich zu unterstellende Zusammenhang zwischen den erlittenen Markteinbußen und der Schwäche des Händlernetzes begründet ein anerkennenswertes Interesse der [X.] daran, die [X.] möglichst kurzfristig zu ändern, um dem Rückgang der [X.] alsbald entgegenzuwirken (Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - [X.] ZR 150/08, [X.]O Rn. 28). Dieses berechtigte Interesse der [X.] reicht aus, um die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs erforderliche Notwendigkeit der Umstrukturierung zu begründen und damit die Strukturkündigung zu rechtferti-gen (Senatsurteil vom 24. Juni 2005 - [X.] ZR 150/08, [X.]O Rn. 31). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ([X.], [X.]. 2006, [X.] Rn. 26 ff.) sind für die Anwendbarkeit von Art. 3 Abs. 5 Buchst. [X.] [X.] eine [X.] - 13 - gung und - was kaum je gelingen dürfte - ein Nachweis, dass die binnen [X.] zu realisierende Umstrukturierung des Vertriebsnetzes die (einzig) gebo-tene Entscheidung des Herstellers war, um die Effizienz des Vertriebsnetzes zu erhalten, nicht erforderlich (Senatsurteil vom 24. Juni - [X.] ZR 150/08, [X.]O). Es kommt deshalb entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht da-rauf an, ob der [X.] über das Schwinden ihrer Marktanteile hinaus weitere wirtschaftliche Nachteile drohten und sie substantiiert dargelegt hat, dass eine - bei einer Kündigung mit zweijähriger Frist - um ein Jahr verzögerte [X.] den angestrebten wirtschaftlichen Nutzen der Umstrukturierung um ei-nen Betrag von etwa 38 Mio. • geschmälert hätte. Mögliche wirtschaftlich nach-teilige Folgen, die der Lieferant im Fall einer Kündigung der Vertriebsvereinba-rung mit einer Frist von zwei Jahren im Vergleich zur Strukturkündigung mit ein-jähriger Frist erleiden könnte, lassen sich nicht genau berechnen und ermitteln. Denn die Beurteilung der negativen Folgen einer unveränderten Fortführung des bisherigen Vertriebssystems beruht auf Prognosen, die sich nach erfolgter Umstrukturierung nicht mehr verifizieren lassen. Davon geht ersichtlich auch der Gerichtshof aus, wenn er auf lediglich mögliche - nicht sichere - Nachteile für den Lieferanten abstellt. Es kann daher nur verlangt werden, dass mögliche wirtschaftlich nachteilige Folgen einer um ein Jahr hinausgescho[X.]en Um-strukturierung plausibel dargelegt werden, nicht jedoch, dass die befürchteten wirtschaftlichen Nachteile - der Höhe nach - feststehen und bewiesen werden können. Das Berufungsgericht hat die in diesem Zusammenhang zu stellenden Anforderungen überspannt. Wenn der [X.] im Fall der Fortführung des bisherigen Vertriebssystems über einen Zeitraum von einem weiteren [X.] weiter sinkende Marktanteile drohten, so reicht dies aus, um einen möglichen wirtschaftlichen Nachteil im Sinne der Rechtsprechung des [X.] anzunehmen und eine Strukturkündigung zu rechtfertigen. Nicht [X.] ist dafür ein konkreter Nachweis für die in einem Geldbetrag ausge-26 - 14 - drückte Höhe dieser Nachteile (Senatsurteil vom 24. Juni 2009 - [X.] ZR 150/08, [X.]O Rn. 32). 27 2. Da auf der Grundlage des im Revisionsverfahren zugrunde zu legen-den Sachverhalts nicht festgestellt werden kann, dass die von der [X.] zum 31. Januar 2007 ausgesprochene Kündigung unwirksam war, kann auch die Feststellung einer aus einer unberechtigten Kündigung sich ableitenden Schadensersatzverpflichtung der [X.] gegenüber dem Kläger nicht getrof-fen werden. II[X.] Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand ha[X.]; es ist daher aufzuhe[X.] (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit das Berufungsgericht die erforderlichen Fest- 28 - 15 - stellungen treffen kann, soweit entscheidungserhebliches Vorbringen der [X.]n vom Kläger bestritten worden ist. [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] am [X.] Dr. [X.] ist arbeitsunfähig erkrankt und daher gehindert zu unterschrei[X.].
[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.02.2008 - 86 O 58/07 - [X.], Entscheidung vom 18.12.2008 - 19 U 33/08 -

Meta

VIII ZR 13/09

20.10.2010

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2010, Az. VIII ZR 13/09 (REWIS RS 2010, 2168)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2168

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