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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 68/11
vom
6. Oktober
2011
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
[X.]§ 75
a)
Gehen mehrere zur einstweiligen Einstellung des Zwangsversteigerungsverfah-rens nach § 75 ZVG geeignete Zahlungen ein, ist Grundlage der Einstellung die zuerst eingegangene ordnungsgemäße Zahlung. Ordnungsgemäß ist die Zahlung eines [X.]nur, wenn dieser seine Ablösungsberechtigung vor der Zahlung nachweist.
b)
Besteht Streit darüber, welche Zahlung in diesem Sinne maßgeblich ist, muss das Vollstreckungsgericht
gegebenenfalls auch nach Aufhebung des Verfahrens
dem Schuldner und den anderen Einzahlern rechtliches Gehör gewähren und eine beschwerdefähige Entscheidung treffen. Danach bestimmen sich die materiell-rechtlichen Wirkungen der erfolgten Zahlungen.
BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2011 -
V ZB 68/11 -
LG Berlin
AG Charlottenburg
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Der V.
Zivilsenat des [X.]hat am 6. Oktober 2011 durch [X.]Dr. Krüger, die Richter [X.]und Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch, die Richterin [X.]und den Richter Dr.
Czub
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Be-schluss der Zivilkammer 82 des [X.]vom 16.
März
2011 werden
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die sofortigen Beschwerden gegen den Beschluss des [X.]vom 5. Januar 2011 nicht als unzulässig, sondern als unbegründet zurückgewiesen werden.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens
beträgt insgesamt 43.000
Gründe:
I.
Das Vollstreckungsgericht
bestimmte im Zwangsversteigerungsverfahren über die eingangs bezeichnete Eigentumswohnung der Schuldnerin Versteige-rungstermin auf den 12. Mai 2010. Am 5. Mai 2010 teilte die Beteiligte zu 2 dem Vollstreckungsgericht mit, sie habe die Forderung der Beteiligten
zu 3, der erst-betreibenden Gläubigerin,
als ablösungsberechtigte Mieterin (der zur Wohnung gehörenden Garage) mit einer Zahlung von 128.756,92
el-ben Tag bei dem Vollstreckungsgericht verbucht wurde. Am 6. Mai 2010 teilte die Schuldnerin dem Vollstreckungsgericht mit, die Forderung der Beteiligten zu 1
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3 sei durch Aufrechnung erloschen; sie werde sie aber dennoch vorsorglich ab-lösen. Dazu überwies sie dem Vollstreckungsgericht einen Betrag von 128.804,23
2010 stellte das Vollstreckungsgericht das Verfahren hinsichtlich der Beteiligten zu 3 nach § 75 ZVG mit der Begründung ein, die vorrangig zahlungsberechtigte Schuldnerin habe die Forderung dieser Gläubigerin und die Gerichtskosten überwiesen. Die Gläubigerin erhielt den von der Schuldnerin eingezahlten [X.]am 25. Mai 2010. Den anderen [X.]zahlte das Vollstre-ckungsgericht
der Beteiligten zu 2 aus, die ihn umgehend wieder zurücküber-wies.
Nachdem die Beteiligte zu 3 ihren Antrag zurückgenommen hatte, hat das Vollstreckungsgericht deren Verfahren mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 aufgehoben. Die Beteiligte zu 2 und die Schuldnerin haben beantragt, den Beschluss dahin zu berichtigen, dass die Ablösung nicht durch die Schuldnerin, sondern durch die Beteiligte zu 2 erfolgt sei, und Erinnerung eingelegt. Auf die
Erinnerung hat das Vollstreckungsgericht am 5. Januar 2011 einen Klarstel-lungsbeschluss
erlassen, in dem es heißt, die Einstellung des Verfahrens sei auf Grund der [X.]der Schuldnerin erfolgt. Die sofortigen Be-schwerden der Beteiligten
zu 2 und der Schuldnerin gegen den Klarstellungs-beschluss und die zusätzliche sofortige Beschwerde nur der Schuldnerin gegen den Aufhebungsbeschluss hat das [X.]als unzulässig verworfen. Mit ihren zugelassenen Rechtsbeschwerden
wollen die Schuldnerin und die [X.]zu 2 erreichen, dass das Zwangsversteigerungsverfahren fortgeführt und entschieden wird, dass
Grundlage der
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nicht angegriffenen
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Einstellung nach §
75 [X.]die
[X.]der Beteiligten
zu 2 ist.
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II.
Nach Ansicht des
Beschwerdegerichts
ist schon zweifelhaft, ob der Klar-stellungsbeschluss eine rechtsmittelfähige Entscheidung darstellt. Er wiederho-le nämlich nur den -
nicht angegriffenen und,
da den beiden [X.]günstig,
auch nicht angreifbaren
-
Einstellungsbeschluss. Sie hätten jedenfalls deshalb kein
Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung des Klarstellungsbeschlusses, weil dieser durch die [X.]der
Ablösungszah-lung
der Schuldnerin an die Gläubigerin und die Aufhebung des Verfahrens prozessual überholt sei. Die sofortige Beschwerde sei auch nicht deshalb zu-lässig, weil die
Vollstreckungsrechtspflegerin
zur Entscheidung über die maß-gebliche Zahlung angewiesen worden sei. Darüber hinaus sei die sofortige Be-schwerde unbegründet. Das Vollstreckungsgericht habe bei mehreren zur [X.]des Verfahrens geeigneten Zahlungen ein Ermessen
und dürfe [X.]den Schuldner vorziehen. Die Beschwerde der Schuldnerin gegen den Aufhebungsbeschluss sei verspätet eingegangen und deshalb unzulässig. Sie sei zudem unbegründet. Die Beteiligte zu 3 sei durch die Schuldnerin befriedigt worden und deshalb berechtigt gewesen, den [X.]zu stellen.
III.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaften und auch sonst zulässigen Rechtsbeschwerden sind unbegründet.
1. Soweit sie sich gegen die Zurückweisung der sofortigen Beschwerden gegen den [X.]richten, folgt das allerdings nicht daraus, dass die sofortigen Beschwerden unzulässig waren, sondern daraus,
dass die 3
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Einwände der Schuldnerin und der Beteiligten zu 2 gegen den [X.]im Ergebnis unbegründet sind.
a) Die sofortigen Beschwerden waren nach § 793 ZPO statthaft und ent-gegen der Ansicht des [X.]auch sonst zulässig.
aa) Der [X.]ist eine nach § 793 ZPO beschwerdefä-hige Entscheidung im Zwangsvollstreckungsverfahren.
[X.]Ob
die Zahlung des Schuldners oder eines [X.]die gesetzlichen Anforderungen für die einstweilige Einstellung des Verfahrens erfüllt, ist [X.]normalerweise nicht Gegenstand einer eigenständigen Entscheidung des Vollstreckungsgerichts. Sie wird vielmehr als Voraussetzung der Einstellung bei der Entscheidung darüber mitentschieden. Anders ist es dagegen, wenn
bei der Gerichtskasse mehrere Zahlungen eingehen, auf Grund derer die [X.]einzustellen ist. In dieser -
hier gegebenen -
Fallkonstellation muss wie auch sonst geprüft werden, ob die
eingegangenen Zahlungen die
gesetzli-chen Anforderungen für die Einstellung des Verfahrens erfüllen. Darüber hinaus muss auch entschieden werden, welche der Zahlungen zur Einstellung führt.
Die materiell-rechtlichen Wirkungen einer Zahlung treten zwar nach §§
362, 268 Abs. 3 BGB mit der Zahlung kraft Gesetzes ein. Das gilt aber nur für Zahlungen, die (in bar oder durch Überweisung) an den Gläubiger selbst erfolgen. Bei [X.]an Dritte tritt diese Folge nur ein, wenn der Dritte kraft Gesetzes oder auf Grund einer Bestimmung durch den Gläubiger dessen Zahlstelle ist. Ande-renfalls
treten diese Wirkungen erst mit der weisungsgemäßen Weiterleitung der Zahlung an den Gläubiger ein. Bei mehreren Zahlungen hängen sie davon ab, welche Zahlung den Gläubiger zuerst erreicht. Auch das ist an sich ein tat-sächlicher Vorgang, der eine Entscheidung nicht erfordert. Besteht aber Streit 6
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darüber, welche von mehreren eingegangenen Zahlungen weiterzuleiten ist, muss der Dritte vor der Weiterleitung eine Klärung herbeiführen, welche
der mit den Zahlungen verbundenen widersprüchlichen Weisungen er zu befolgen hat. So liegt es auch bei Zahlungen an die Gerichtskasse nach §
75 ZVG. Das Voll-streckungsgericht kann die für die Einstellung des Verfahrens maßgebliche Zahlung ohne weiteres an den Gläubiger weiterleiten
lassen. Besteht Streit dar-über, welche Zahlung maßgeblich ist, kann und muss es die auf jeden Fall vor-zunehmende einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung anordnen. Es muss indes
unabhängig davon eine Entscheidung darüber treffen, welche [X.]maßgeblich ist.
(2) Diese Entscheidung hat das Vollstreckungsgericht hier erst mit dem [X.]getroffen. Die Auswahl zwischen der Zahlung der [X.]zu 2 und der der Schuldnerin hat es zwar schon vor oder bei dem Be-schluss über die Einstellung des [X.]vom 11. Mai 2010
getroffen. Diese Auswahl war allerdings keine nach § 793 ZPO beschwer-defähige Entscheidung. Eine solche Entscheidung liegt nämlich erst vor, wenn das Vollstreckungsgericht dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt hat (Se-nat, Beschluss vom 30. September 2010 -
V ZB 219/09, BGHZ 187, 132 = NJW 2011, 525, 526 Rn. 7 für Vollstreckungsmaßnahmen
durch das Beschwerdege-richt). Das war vor Erlass des [X.]nicht geschehen. Die Auswahl ist deshalb vollstreckungsrechtlich keine Entscheidung, sondern eine nach § 766 ZPO erinnerungsfähige Vollstreckungsmaßnahme. Die danach mögliche und gebotene Erinnerung haben die Schuldnerin und die Beteiligte zu 2 eingelegt.
Sie hat zu der Anweisung an die Vollstreckungsrechtspflegerin
ge-führt, über die zu berücksichtigende Zahlung zu entscheiden. Diese Entschei-dung hat die
Vollstreckungsrechtspflegerin
mit dem [X.]ge-troffen. In diesem Beschluss wird nicht nur die vor oder bei der Einstellung des 9
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Verfahrens getroffene
Auswahl referiert. Vielmehr nimmt das [X.]eine Prüfung vor, bestätigt seine Berechtigung, über die Berücksichtigung der Zahlungen zu entscheiden, und hält inhaltlich, allerdings ohne dies aus-drücklich auszusprechen, an der seinerzeitigen Auswahl der Zahlung der Schuldnerin fest. Damit hat es die Frage im Sinne von § 793 ZPO entschie-den.
bb) Die sofortigen Beschwerden waren auch nicht mangels Rechts-schutzinteresses
an der Anfechtung dieser Entscheidung
unzulässig. Dieses ergibt sich schon daraus, dass die
materiell-rechtlichen Wirkungen der Zahlung
Erfüllung durch den Schuldner oder Erfüllung durch die Beteiligte zu 2 mit der Folge des gesetzlichen Übergangs der Forderung und des Grundpfandrechts auf diese
von der Entscheidung abhängen.
cc) Die Zulässigkeit
der sofortigen Beschwerden scheitert auch nicht da-ran, dass diese prozessual überholt wären.
Der Beteiligten zu 3 als der von der Ablösung begünstigten Gläubigerin ist zwar am 25. Mai 2010 ein Betrag überwiesen worden, welcher der von der Schuldnerin
geleisteten Zahlung entspricht. Damit ist zunächst nur der [X.]gegen das Vollstreckungsgericht auf [X.]der für sie bestimmten [X.]erfüllt worden. Welche Rechtswirkungen die eingegangen Zahlungen im Verhältnis der Rechtsbeschwerdeführerinnen und der Beteiligten zu 3 untereinander haben, ist dabei offen geblieben. Denn die Frage, welche Zahlung für die Einstellung maßgeblich war, war streitig und musste zunächst entschieden werden. Daran ändert die Aufhebung des [X.]nichts.
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b) Die sofortigen Beschwerden der Schuldnerin und der Beteiligten zu 2 gegen diesen Beschluss sind aber im Ergebnis unbegründet.
aa) Das folgt entgegen der von dem Beschwerdegericht in seiner Hilfs-begründung vertretenen Ansicht nicht daraus, dass das Vollstreckungsgericht zwischen mehreren geeigneten Zahlungen auswählen und dabei regelmäßig der des Schuldners den Vorrang geben könnte und müsste. Dem [X.]steht ein solches Auswahlrecht vielmehr nicht zu.
[X.]Wie bei Eingang mehrerer
zur einstweiligen Einstellung des Verfah-rens nach § 75 ZVG führenden
Ablösungszahlungen vorzugehen ist,
ist [X.]umstritten. Nach einer Ansicht, der auch das Vollstreckungsgericht und das Beschwerdegericht inhaltlich folgen, hat das Vollstreckungsgericht dann ein Ermessen. Es habe
dabei nicht die ersteingegangene, sondern die Zahlung vom Bestberechtigten, regelmäßig dem Schuldner, entgegenzunehmen ([X.]in: Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG,
13. Aufl., §
75 Rn. 8; Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 75 Anm. 3 aE; Stöber, ZVG, 18.
Aufl., § 75 Anm. 2.3; mit Einschränkungen auch Storz, ZIP 1980, 159, 164: keine Unterscheidung zwischen mehreren ablösungsberechtigten Gläubigern). Nach der Gegenansicht
schließt der zuerst Zahlende die anderen aus (Bött-cher, ZVG, 5. Aufl., § 75 Rn.
2; Storz/Kiderlen, Praxis des Zwangsversteige-rungsverfahrens, 11. Aufl., [X.]und für diesen Fall Steiner/Storz, ZVG, 9.
Aufl., § 75 Rn. 76). Nach einer vermittelnden
Ansicht soll die Reihenfolge des Eingangs maßgeblich sein, wenn gezahlt wird, dagegen ein Ermessen beste-hen, wenn, was allerdings nach § 75 ZVG in der heute geltenden Fassung nicht mehr möglich ist, die Zahlung lediglich angeboten wird (Steiner/[X.]wie vor). Der Senat folgt der
zweiten Meinung mit der Einschränkung, dass die zuerst 13
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eingegangene Zahlung
die anderen nur ausschließt, wenn die nach § 75 ZVG
erforderlichen Nachweise vorliegen.
(2) Außerhalb des [X.]ist, wie schon ange-sprochen, nach §§
362, 268 BGB die Zahlung maßgeblich, die den Gläubiger als erste erreicht. Die frühere Zahlung des Schuldners führt zur
Erfüllung und lässt die spätere Zahlung des ablösungsberechtigten [X.]ins Leere gehen. Erhält der Gläubiger dessen
Zahlung zuerst, kann der Schuldner Erfüllung nicht mehr durch Zahlung an den Gläubiger erreichen, weil die Forderung mit der Zahlung des Dritten
kraft Gesetzes auf diesen übergegangen ist. Daran ändert sich mit der Anordnung der Zwangsversteigerung zunächst nichts. Nach § 775 Nr. 5 ZPO ist das Verfahren einzustellen, wenn der zur Befriedigung des Gläu-bigers erforderliche Betrag gezahlt wird. Auch dafür kommt es auf die Zahlung an den Gläubiger und damit auf die materielle Rechtslage an. Das ändert sich bei
der in § 75 ZVG a.F. vorgesehenen Zahlung im Versteigerungstermin und der heute nur noch möglichen Zahlung zum Termin nach §
75 [X.]n.F. Beide können nicht an den Gläubiger selbst, sondern nur an das [X.]bzw. heute an die Gerichtskasse geleistet werden. Vollstreckungsgericht und Gerichtskasse werden
dadurch mangels entsprechender gesetzlicher An-ordnung oder Bestimmung durch den Gläubiger nicht zur Zahlstelle des Gläubi-gers. Sie
erlangen
vielmehr eine Stellung, die der des Empfängers eines
Zah-lungsauftrags vergleichbar ist. Dieser hat die eingegangenen Zahlungen formell zu prüfen und die rechtlich maßgebliche Zahlung an den Gläubiger weiterzulei-ten. Er ist nicht berechtigt, von der
Ausführung des Zahlungsauftrags Abstand zu nehmen, etwa um anderen Zahlungs-
oder [X.]den [X.]zu lassen. Ein sachlicher Grund, Zahlungen an das Vollstreckungsgericht oder die Gerichtskasse nach § 75 ZVG anders zu behandeln, ist nicht erkenn-bar.
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(3) Es fehlten auch Kriterien, an denen die
Entscheidung über eine
Zu-rückweisung ordnungsgemäßer Zahlungen ausgerichtet werden könnte. Das Kriterium soll zwar die bessere Zahlungs-
oder Ablösungsberechtigung
sein. Das setzt aber gedanklich voraus, dass die Zahlungs-
und Ablösungsberechti-gungen in eine Rangordnung eingeordnet sind oder wenigstens eingeordnet werden könnten. Das ist nicht der Fall. Nach §§ 362, 268 BGB hängt die Erfül-lungs-
oder Ablösungswirkung einer Zahlung nur
von der Reihenfolge des [X.]der Zahlungen bei dem Gläubiger ab. Einen Vorrang bestimmter Zah-lungs-
und Ablösungsberechtigungen sieht das materielle Recht nicht vor. Die Unterscheidung zwischen sicher verloren gehenden und nur gefährdeten Rech-ten (Jaeckel/Güthe, aaO, § 75 Anm. 3 aE) findet weder im Verfahrensrecht noch im materiellen Recht
eine
Stütze, welches
die Ablösungsberechtigung in beiden Fällen ohne Unterschied gewährt. Auch eine Bevorzugung des zah-lungswilligen Schuldners, auf die sich das Vollstreckungsgericht beruft, ist nicht zu rechtfertigen. Die Ablösungsberechtigung Dritter
hängt materiell-rechtlich allein von der Gefahr ab, ein Recht an dem Gegenstand zu verlieren, nicht [X.](auch) davon, dass der Schuldner nicht zahlungswillig oder -fähig ist. Auch die Verfassungsgarantie des Eigentums erfordert einen solchen Vorrang nicht. Der Schuldner verliert zwar als Folge der Versteigerung sein Eigentum. Schon das muss ihn nicht härter treffen als etwa einen Mieter, der als Folge der Versteigerung auf Grund des Sonderkündigungsrechts nach § 57a ZVG seine Existenzgrundlage verliert. Vor allem aber trifft die Annahme nicht zu, der Schuldner, dessen in diesem Sinne verspätete [X.]hinter die
frühere eines [X.]zurücktritt, müsse damit sein Eigentum
r-lust, sondern die einstweilige Einstellung des Verfahrens
auf Grund der anderen Zahlung. Die
Zwangsversteigerung könnte zwar durch den ablösenden Gläubi-17
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ger fortgesetzt werden. Dabei wäre der Schuldner aber nach §
775 Nr. 5 ZPO, § 75 ZVG wiederum berechtigt, die auf den [X.]übergegan-gene Forderung mit dem zurückzuzahlenden [X.]zu erfüllen und den [X.]jedenfalls wegen dieser Forderung zu vermeiden. Es würde sich zudem die Frage stellen,
womit eine Bevorzugung des Schuldners zu rechtfertigen ist, wenn sich
wie im vorliegenden Fall -
alle Einzahler erklär-termaßen einig sind, dass die ersteingegangene Zahlung
des Dritten, nicht aber die des Schuldners maßgeblich sein soll.
(4) Die Reihenfolge, in der mehrere (Ablösungs-) Zahlungen
bei der [X.]nach § 75 ZVG zu berücksichtigen sind, wird allerdings nicht allein von ihrem Eingang bei der Gerichtskasse bestimmt. Die Einstellung setzt nach § 75 ZVG nicht nur den Nachweis der Zahlung, sondern auch den Nachweis der [X.]voraus. Die nicht nachgewiesene Ablösungsberechtigung wäre zwar
von Amts wegen aufzuklären, wenn eine einstweilige Einstellung trotz behaupteter Zahlung zurückgewiesen und ein Zuschlag erteilt werden soll
(Senat, Beschluss vom 5. Oktober 2006
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V ZB 2/06, NJW-RR 2007, 165). [X.]liegt es aber, wenn die Einstellung erfolgen soll und nur zu klären ist, [X.]Zahlung als erste eingegangen ist. Dafür kann nicht allein der frühere [X.]maßgeblich sein. Erforderlich ist auch, dass diese Zahlung ohne weitere Aufklärung oder Ergänzung eine Einstellung nach §
75 [X.]erlaubt. Bei der Zahlung eines Ablösungsberechtigten, der seine Ansprüche im Verfahren bis-lang nicht angemeldet und belegt hat, erfordert das die Vorlage eines Nachwei-ses seiner Ablösungsberechtigung. Fehlt dieser, ist seine Zahlung rechtlich nicht die erste, die die Einstellung erlaubt, sondern nachrangig.
bb) Danach ist die Entscheidung
des Vollstreckungsgerichts, die [X.]auf die Zahlung der Schuldnerin zu stützen,
im Ergebnis richtig.
Es durfte 18
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die Schuldnerin zwar nicht nach Ermessen vorziehen. Deren Zahlung war aber die ersteingegangene ordnungsgemäße Zahlung. Die Beteiligte zu 2 hatte ihre Ablösungsberechtigung vor dem Eingang der Zahlung der Schuldnerin nur be-hauptet
und erst danach nachgewiesen. Auf die Ablösungsberechtigung kam es für die Einstellung entscheidend an. Diese Voraussetzung steht weder zur [X.]des Vollstreckungsgerichts
noch zu der der Einzahlerinnen.
2. [X.]ih-rer sofortigen Beschwerde gegen den Aufhebungsbeschluss
ist unbegründet, weil die sofortige Beschwerde unzulässig
ist.
a) Ob sich das allerdings, wie das Beschwerdegericht meint, damit be-gründen lässt, dass diese Beschwerde verspätet war, ist zweifelhaft. Sie ist zwar schriftlich erst nach Ablauf der Beschwerdefrist bei dem [X.]eingegangen. Verspätet wäre sie aber nur, wenn sie nicht vor Ablauf der Frist mit [X.]eingereicht worden wäre. Eine solche [X.]ist in den Akten nicht enthalten. Das Vollstreckungsgericht hat ihren Eingang auch nicht feststellen können. Damit durfte sich das Beschwerdegericht aber
nicht zufrie-den geben, weil die Schuldnerin die rechtzeitige Absendung einer [X.]mit der Beschwerde durch Vorlage eines Sendeberichts belegt
hat. Die an sich notwendige zusätzliche Sachaufklärung durch das Beschwerdegericht ist [X.]entbehrlich, weil die sofortige Beschwerde aus einem anderen Grund [X.]ist.
b) Es fehlt das Rechtsschutzinteresse der Schuldnerin an dem Rechts-mittel.
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An der Aufhebung einer Aufhebung der Zwangsversteigerung kann der Schuldner kein Interesse haben, weil sie sein Grundstück wieder der Gefahr einer Versteigerung aussetzte. Die
in der Sache mangels Titelumschreibung unbegründeten (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1963 -
III ZR 178/61, VersR 1963, 671, 672) -
Zweifel der Schuldnerin an der
Antragsberechtigung der [X.]zu 3
ändern
daran nichts. Das Fehlen
der Antragsberechtigung kann nur anderen Beteiligten -
hier der Beteiligten zu 2
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zum Nachteil gereichen und ist nur zu prüfen, wenn diese selbst ihre Rechte geltend machen, was hier nicht geschehen ist. Die Aufhebung der Verfahrensaufhebung ist, auch nicht notwen-dig, um eine nachträgliche Klärung der Frage zu erreichen, wessen Zahlung zur Einstellung führte. Über diese Frage muss, wie dargelegt, trotz der Aufhebung des Verfahrens entschieden werden.
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da sich die Beteiligten in einem durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahren im Grundsatz nicht kon-tradiktorisch gegenüber stehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar
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2007 -
V
ZB 125/05, BGHZ 170, 378, 381 Rn. 7). Bei der Festsetzung des [X.]ist der Senat der Festsetzung des [X.]gefolgt.
Krüger
Lemke
Schmidt-Räntsch
Stresemann
Czub
Vorinstanzen:
AG Charlottenburg, Entscheidung vom 05.01.2011 -
70 K 12/09 -
LG Berlin, Entscheidung vom 16.03.2011 -
82 T 62/11, 82 T 83/11 -
Meta
06.10.2011
Bundesgerichtshof V. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2011, Az. V ZB 68/11 (REWIS RS 2011, 2625)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 2625
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
V ZB 68/11 (Bundesgerichtshof)
Einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung bei Eingang mehrerer Zahlungen: Nachweis der Ablösungsberechtigung; Gewährung rechtlichen Gehörs
V ZB 48/08 (Bundesgerichtshof)
V ZB 161/12 (Bundesgerichtshof)
Ablösung durch Dritten im Zwangsversteigerungsverfahren: Rechtsverfolgungskosten als Teil des zur Befriedigung des Gläubigers erforderlichen Betrags; …
V ZB 161/12 (Bundesgerichtshof)