Bundessozialgericht, Urteil vom 30.10.2013, Az. B 12 R 14/11 R

12. Senat | REWIS RS 2013, 1543

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts - fehlerhafte Ermessensausübung des Rentenversicherungsträgers - kein Vorliegen eines Ermessens- bzw Abwägungsdefizits bei Kenntnis der Rücknahmetatsachen oder grob fahrlässiger Unkenntnis


Leitsatz

Stellt die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens in Bezug auf die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts einen eigenen Fehler in die Interessenabwägung nicht mit ein, so liegt ein Ermessens- bzw Abwägungsdefizit nicht vor, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des [X.] vom 16. November 2010 und des [X.] vom 14. Januar 2010 aufgehoben, soweit sie die Rücknahme der Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung und die Erstattung überzahlter Beitragszuschüsse betreffen.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Rücknahme der einem Rentner bewilligten Zuschüsse zu seiner Krankenversicherung und die Erstattung überzahlter Beitragszuschüsse.

2

Der 1943 geborene Kläger, der Leiter der Instandsetzung Wehrtechnik bei der [X.] war, stellte bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers ([X.]; im Folgenden einheitlich: Beklagte) im Juli 2005 einen Rentenantrag. Bis dahin war er bei der [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig und bei ihrer Pflegekasse in der [X.] Pflegeversicherung pflichtversichert. Auf die "Meldung zur Krankenversicherung der Rentner" teilte ihm die [X.] im August 2005 mit, dass er mit Beginn des [X.] der Versicherungspflicht in der [X.] unterliege.

3

Im Oktober 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1.12.2005 Rente nach Altersteilzeitarbeit, behielt von der Rente dessen Anteile an den Pflichtbeiträgen zur [X.] ein und führte diese ab. Mit Schreiben vom [X.] teilte die [X.] dem Kläger mit, dass mit Beginn des [X.] "die Beiträge aus der gesetzlichen Rente direkt vom Rentenversicherungsträger einbehalten" würden.

4

Anfang Mai 2006 erstattete die [X.] der Beklagten eine Fehlermeldung bezüglich des [X.]sverhältnisses des [X.] ab 1.12.2005 mit dem Textinhalt: "Es liegen [X.]räume der freiwilligen Krankenversicherung ohne Anspruch auf Beitragszuschuss vor". Die Beklagte übersandte dem Kläger daraufhin einen Antragsvordruck zur Gewährung eines Zuschusses zur Krankenversicherung (§ 106 [X.]) und teilte in einem Begleitschreiben vom [X.] hierzu mit: "… nach den hier vorliegenden Unterlagen besteht für Sie eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung … . Damit können Sie unter bestimmten Voraussetzungen zu Ihrer Rente Zuschüsse zur Krankenversicherung … erhalten."

5

Auf den daraufhin gestellten Antrag des [X.], in dem er die Frage nach dem Bestehen von Krankenversicherungspflicht für die [X.], für die der Beitragszuschuss beansprucht werde, verneinte, berechnete die Beklagte mit Bescheid vom [X.] seine Rente ab 1.12.2005 neu, ohne hierbei weitere Ermittlungen zu seinem Krankenversicherungsstatus anzustellen. Sie bewilligte ihm einen Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 89,28 Euro monatlich ab 1.5.2006 und zahlte ihm diesen laufend ab [X.]; zugleich gewährte sie dem Kläger eine Nachzahlung auf den Beitragszuschuss für die [X.] vom 1.12.2005 bis 30.6.2006 in Höhe von 1047,75 Euro. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass der Anspruch auf den Beitragszuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht entfalle und der Kläger zur unverzüglichen Mitteilung von Änderungen des Krankenversicherungsverhältnisses gesetzlich verpflichtet sei.

6

Nachdem die [X.] der Beklagten im Juni 2008 mitgeteilt hatte, dass der Kläger seit 1.12.2005 (doch) der für Rentner bestehenden Krankenversicherungspflicht unterliege, berechnete die Beklagte mit Bescheid vom [X.] die Rente des [X.] wieder rückwirkend ab 1.12.2005 neu. Sie hob die [X.] für die [X.] ab [X.] auf, behielt die Anteile des [X.] an den Pflichtbeiträgen zur [X.] ab diesem [X.]punkt ein und führte diese Anteile ab; gleichzeitig stellte sie einen Rückstand auf die Eigenbeteiligung an den Pflichtbeiträgen (Überzahlung von [X.]) für die [X.] vom 1.12.2005 bis 30.6.2008 in Höhe von 3877,53 Euro fest und erhob diesen Betrag nach.

7

Mit Bescheid vom 8.8.2008 nahm die Beklagte - nach Anhörung des [X.] - ihren Bescheid vom [X.] über die Bewilligung eines Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung (rückwirkend) ab 1.5.2006 zurück und ordnete die Erstattung überzahlter Beitragszuschüsse für die [X.] vom 1.5.2006 bis 30.6.2008 in Höhe von 2347,20 Euro an. Der Kläger habe die Fehlerhaftigkeit des aufgehobenen Bescheides gekannt bzw kennen müssen. Im Rahmen der Ermessensbetätigung stünden die wirtschaftlichen und [X.] Verhältnisse des [X.] sowie im Rahmen der Anhörung vorgetragene Gründe einer Rücknahme nicht entgegen.

8

Den gegen beide Bescheide erhobenen Widerspruch des [X.] wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom [X.] zurück. Mit dem Bescheid vom [X.] seien unterbliebene Pflichtbeiträge zur [X.] im Umfang der Eigenbeteiligung (3877,53 Euro) zu Recht [X.] worden und würden gegen die Rente "aufgerechnet". Zutreffend seien auch mit den Bescheiden vom 20.6. und 8.8.2008 die Bewilligung des [X.] für die Vergangenheit zurückgenommen und die insoweit entstandene Überzahlung (2347,20 Euro) zurückgefordert worden.

9

Das [X.] hat der Klage teilweise stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 8.8.2008 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom [X.] aufgehoben; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die hiergegen eingelegten Berufungen des [X.] und der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Berufung des [X.] sei nicht begründet, weil die Beklagte mit ihrem Bescheid vom [X.] rechtmäßig Pflichtbeiträge zur [X.] im Umfang der Eigenbeteiligung [X.] habe und diese von der weiterhin zu zahlenden Rente einbehalte. Die Berufung der Beklagten habe keinen Erfolg, weil ihr Bescheid vom 8.8.2008 wegen unzureichender Ermessensausübung rechtswidrig sei. Sie habe bei der rückwirkenden Aufhebung des den Beitragszuschuss bewilligenden Bescheides vom [X.] nach § 45 [X.]B X im Rahmen ihrer Ermessensausübung nämlich nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt. Sie habe über das Mitverschulden der Krankenkasse des [X.] hinaus auch ihr eigenes Verschulden am Zustandekommen des rechtswidrigen Bescheides berücksichtigen müssen. Die Beklagte habe die in der Fehlermeldung Anfang Mai 2006 von der [X.] mitgeteilten Tatsachen zum Krankenversicherungsstatus des [X.] nicht ohne weitere Prüfung als zutreffend unterstellen dürfen. Von einer Einbeziehung dieses Umstandes habe nicht deshalb abgesehen werden dürfen, weil eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen sei; auch sei der Ermessensfehler nicht nachträglich geheilt worden (Urteil vom 16.11.2010).

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte sinngemäß die Verletzung von § 45 [X.]B X. Entgegen der vom L[X.] vertretenen Auffassung habe sie bei der Rücknahme des Bescheides über die Bewilligung des [X.] ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Zwar habe sie die Datenmeldung der Krankenkasse Anfang Mai 2006 nicht überprüft, obwohl sie ihren bisherigen Informationen über den Krankenversicherungsstatus des [X.] widersprochen habe. Jedoch habe sie diesen Umstand bei der Ermessensausübung nicht berücksichtigen müssen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts widerspreche insoweit bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung. Aus den Urteilen des B[X.] vom [X.] ([X.]-1300 § 45 [X.]) und 21.6.2001 (B 7 [X.] 6/00 R - Die Beiträge Beilage 2002, 294 = Juris) ergebe sich nämlich, dass [X.] bei der Ermessensausübung im Rahmen des § 45 [X.]B X kein wesentlicher Umstand sei, der zwingend mitberücksichtigt werden müsse. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei als Begründung hierfür zu entnehmen, dass in den Fällen des § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 [X.]B X (normale) [X.] den regelmäßigen Grund für eine Rücknahme rechtswidriger begünstigender Bescheide darstellten, diese Fehler deshalb auch kein Vertrauen bei dem begünstigten Betroffenen auslösen könnten und ein Wertungswiderspruch bestünde bzw die Zielvorstellung des Gesetzes in ihr Gegenteil verkehrt würde, wenn (normale) [X.] gleichwohl auf [X.] der Ermessensprüfung zugunsten des Betroffenen beachtlich wären.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Urteile des [X.] vom 16. November 2010 und des [X.] vom 14. Januar 2010 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das [X.] sei hier so gravierend gewesen, dass es auf sein eigenes Mitverschulden nicht mehr ankomme.

Entscheidungsgründe

Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs 2 [X.]G).

Die zulässige Revision der [X.] ist begründet. Zu Unrecht hat das [X.] die Berufung der [X.] gegen das Urteil des [X.] zurückgewiesen, soweit dieses der Klage gegen ihren Bescheid vom 8.8.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] stattgegeben und diese Bescheide aufgehoben hat. Die Bescheide sind rechtmäßig. Zutreffend hat die Beklagte darin ihren Bescheid vom [X.] im Umfang der Bewilligung eines Zuschusses zur Krankenversicherung für die Vergangenheit zurückgenommen und vom Kläger die Erstattung überzahlter Beitragszuschüsse in Höhe von 2347,20 Euro verlangt. Die vorinstanzlichen Urteile waren daher insoweit aufzuheben.

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur der - zulässigerweise mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 [X.]G) angegriffene - Bescheid der [X.] vom 8.8.2008 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.]). Nicht zu überprüfen ist demgegenüber ihr Bescheid vom [X.] (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides) über die Aufhebung der Bewilligung eines Zuschusses zur Krankenversicherung mit Wirkung für die Zukunft (ab [X.]) und die Feststellung eines Rückstandes auf die Eigenanteile an den (unterbliebenen) Pflichtbeiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 3877,53 Euro und deren Nacherhebung. Der Kläger, der insoweit mit Klage und Berufung unterlegen ist, hat nicht seinerseits Revision dagegen eingelegt.

Der Bescheid vom [X.] ist im Revisionsverfahren auch nicht deshalb einer Prüfung zu unterziehen, weil - wovon die Beklagte in der Begründung ihres Widerspruchsbescheides vom [X.] ausgegangen ist - die Rücknahme der Bewilligung des Beitragszuschusses für die Vergangenheit auch (oder bereits) mit diesem Bescheid angeordnet wurde. Die Beklagte hatte den Kläger hierzu im Bescheid vom [X.] nur angehört; die (rückwirkende) Aufhebung selbst erfolgte erst mit ihrem - wie dargestellt - den alleinigen Überprüfungsgegenstand des Revisionsverfahrens bildenden Bescheid vom 8.8.2008.

2. Zu Recht nahm die Beklagte im Bescheid vom 8.8.2008 ihren Bescheid vom [X.] im Umfang der Bewilligung eines Zuschusses zur Krankenversicherung rückwirkend ab 1.5.2006 zurück und forderte die für die [X.] bis 30.6.2008 überzahlten Zuschüsse zur Krankenversicherung in Höhe von insgesamt 2347,20 Euro zurück. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der dafür allein einschlägigen Vorschriften des § 45 und § 50 Abs 1 [X.]B X (dazu a) waren erfüllt (dazu b). Auch hat die Beklagte bei der Rücknahme des Bescheides vom [X.] ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt (dazu c).

a) Rechtsgrundlage für den Bescheid der [X.] vom 8.8.2008 (in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom [X.]) ist - soweit es um die Rücknahme des Bescheides vom [X.] geht - § 45 [X.]B X in seiner ab 1.1.2001 geltenden, bis heute unveränderten Neufassung. Gemäß § 45 Abs 1 [X.]B X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, (nur) unter den Einschränkungen der Abs 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 45 Abs 2 [X.]B X enthält Bestimmungen zum Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des ursprünglichen Verwaltungsakts; Abs 2 [X.] legt hierzu fest, dass sich der Begünstigte (von vornherein) nicht auf ein Vertrauen berufen kann, wenn einer der dort genannten Tatbestände vorliegt. § 45 Abs 3 und Abs 4 S 2 [X.]B X enthalten Regelungen über die zeitliche Begrenzung der [X.]. Die Entscheidung über die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts (auch für die Vergangenheit) steht, wenn die rechtlichen Voraussetzungen nach § 45 Abs 1 bis 4 [X.]B X erfüllt sind, gemäß § 45 Abs 1 [X.]B X ("darf") im Ermessen der zuständigen (vgl § 45 Abs 5 iVm § 44 Abs 3 [X.]B X) Behörde.

Grundlage für die im Bescheid der [X.] vom 8.8.2008 ebenfalls angeordnete Erstattung der überzahlten Beitragszuschüsse ist - entgegen der vom [X.] vertretenen Auffassung - § 50 Abs 1 [X.]B X. Nach § 50 Abs 1 [X.]B X - und nicht nach § 50 Abs 2 [X.]B X - bestimmt sich die Rückabwicklung zu Unrecht erbrachter Leistungen, wenn Rechtsgrund für diese Leistungen ein Verwaltungsakt war und dieser aufgehoben wurde.

b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides der [X.] vom [X.] im Umfang der Bewilligung eines Zuschusses zur Krankenversicherung mit Rückwirkung ab 1.5.2006 (bis zum 30.6.2008) lagen vor.

aa) Der Bescheid vom [X.] über die Bewilligung eines Zuschusses zur Krankenversicherung war bereits im [X.]punkt seines Erlasses rechtswidrig. Dem Kläger stand ab 1.5.2006 ein Anspruch auf den Beitragszuschuss nicht zu. Nach § 106 Abs 1 S 1 [X.]B VI erhalten (allein) Rentenbezieher, die - was hier nur in Betracht kommt - freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung … versichert sind, zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. Ein Anspruch auf einen solchen Beitragszuschuss besteht dagegen nicht, wenn der Rentenbezieher in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist. Letzteres war bei dem Kläger mit (bzw seit) dem Beginn des [X.] am 1.12.2005 der Fall. Hierüber besteht auch kein Streit.

bb) Der Kläger kann sich gegenüber der erfolgten Rücknahme der Bewilligung der Beitragszuschüsse von vornherein nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil einer der Tatbestände des § 45 Abs 2 [X.] [X.]B X vorlag, die die Notwendigkeit einer Abwägung nach § 45 Abs 2 S 1 [X.]B X ausschließen.

Der Senat kann dabei offenlassen, ob die Schutzwürdigkeit eines Vertrauens des [X.] - wie die Beklagte und das [X.] meinen - bereits (oder auch) ausgeschlossen ist, weil der Bescheid vom [X.] auf Angaben beruhte, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs 2 [X.] [X.] 2 [X.]B X). Zwar verneinte der Kläger in dem von ihm ausgefüllten Antragsvordruck zur Gewährung eines Zuschusses zur Krankenversicherung nach § 106 [X.]B VI, der ihm von der [X.] überlassen worden war, die Frage nach dem Bestehen von Versicherungspflicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse für die [X.], für die ein Beitragszuschuss beansprucht wurde bzw unterließ - in der Folgezeit - die Mitteilung des Bestehens seiner Krankenversicherungspflicht. Ob diese unrichtige oder unterlassene Angabe für den Erlass des Bescheides vom [X.] letztlich kausal ("beruht") war bzw insofern eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit "in wesentlicher Beziehung" gegeben war, ist jedoch zweifelhaft; denn die Beklagte wurde zu der Bewilligung eines Beitragszuschusses erkennbar (auch) durch die ihr Anfang Mai 2006 erstattete, den [X.] des [X.] betreffende Fehlermeldung der [X.] veranlasst.

Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger jedenfalls deshalb von vornherein nicht berufen, weil er die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom [X.] kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs 2 [X.] [X.] 3 1. Halbs [X.]B X). Wie das [X.] beanstandungsfrei entschieden hat, lag bei dem Kläger mindestens eine grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der [X.] vor. Er verletzte die gebotene Sorgfalt, die von ihm erwartet werden konnte und musste, in besonders schwerem Maße (vgl § 45 Abs 2 [X.] [X.] 3 2. Halbs [X.]B X), weil er einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellte, vielmehr davon ausging, dass die Bewilligung der Beitragszuschüsse zu Recht erfolgt war. Der Kläger hätte unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit erkennen können und müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch auf einen Zuschuss zu den - tatsächlich nicht entstandenen - Aufwendungen zur freiwilligen Krankenversicherung nicht bestand. Aus dem Verwaltungsverfahren bei der [X.], das zur Rentengewährung führte, sowie aus dem Antrag auf einen Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung, aus dem diesem Antrag beigefügten Schreiben der [X.] vom [X.] und aus den Hinweisen im Bescheid der [X.] vom [X.] war ihm bekannt bzw musste ihm bekannt sein, dass wesentliche Voraussetzung für die Bewilligung eines Beitragszuschusses gerade das Bestehen einer freiwilligen Krankenversicherung war und dass im Falle von Krankenversicherungspflicht eine Zuschussgewährung ausschied. Der Kläger hätte in diesem Zusammenhang unschwer erkennen können und müssen, dass er in der Krankenversicherung als Rentner der Versicherungspflicht unterlag. Zwar hatte ihm die Beklagte in ihrem Begleitschreiben vom [X.] mitgeteilt, dass nach ihren - also des Rentenversicherungsträgers - Unterlagen eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe. [X.] musste sich dem Kläger die Fehlerhaftigkeit dieser Einschätzung der [X.] als offensichtlich aufdrängen, nachdem ihm seine Krankenkasse - als zur Beurteilung des [X.] eigentlich berufener und originär zuständiger Versicherungsträger - zuvor bereits im August 2005 und später noch einmal unter dem [X.] mitgeteilt hatte, dass er mit Beginn des [X.] nicht mehr freiwillig krankenversichert war, sondern der Krankenversicherungspflicht unterlag und dass insoweit "die Beiträge aus der gesetzlichen Rente … direkt vom Rentenversicherungsträger einbehalten" würden. Im Hinblick auf diese widersprüchlichen Mitteilungen, hier vor allem im Hinblick darauf, dass in der Folgezeit bei der Zahlung der Rente nicht - wie angekündigt - Beiträge einbehalten, sondern ihm im Gegenteil noch zusätzlich zur Rente Zuschussbeträge gewährt wurden, hätte er Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom [X.] haben und diesen nachgehen, also den Bescheid einer kritischen Prüfung unterziehen müssen.

Die Rücknahme der [X.] ist nicht (gleichwohl) wegen eines schutzwürdigen Vertrauens rechtswidrig, weil der Kläger - wie er bis ins Widerspruchsverfahren hinein vorgetragen hat - "die Rentenzahlungen verbraucht" hat. Ein Verbrauch der erbrachten Leistungen macht das Vertrauen nur dann iS von § 45 Abs 2 S 2 [X.]B X schutzwürdig, wenn dieser in gutem Glauben vorgenommen wurde (vgl zB [X.] in [X.], Stand der Einzelkommentierung Oktober 2011, § 45 [X.]B X Rd[X.] 48, mwN aus der Rspr). Das war hier - wie bereits erörtert - nicht der Fall; auf den Verbrauch der Beitragszuschüsse kann sich der Kläger nicht berufen, weil er die Umstände, die zur Rechtswidrigkeit des Bescheides vom [X.] führten, infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Eine Rücknahme dieses Bescheides ist schließlich nicht - außerhalb der in § 45 Abs 2 S 1 und 2 [X.]B X genannten Gründe - von vornherein als unzulässige Rechtsausübung wegen eines Verstoßes gegen [X.] und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen (zu dieser weiteren Grenze der [X.] vgl Sachs in [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl 2008, § 48 Rd[X.] 94, 110, 137 und 173, unter Hinweis auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung). Der Kläger hat hierzu im Verwaltungs- und Klageverfahren vorgetragen, seinerzeit gerade durch die Beklagte auf die Möglichkeit eines Antrags auf einen Zuschuss zur Krankenversicherung hingewiesen worden zu sein. Ein solcher - angenommener - Verstoß der [X.] gegen [X.] und Glauben wäre jedenfalls wegen der dem Kläger [X.] Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der [X.] mangels schutzwürdigen Vertrauens unbeachtlich.

cc) Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung wahrte die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 8.8.2008 auch die für die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 45 Abs 4 S 2 [X.]B X geltende (Ein)Jahresfrist. Die Frist beginnt mit der Kenntniserlangung von eine Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen durch die Behörde. Kenntnis von den die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom [X.] begründenden Tatsachen hatte die Beklagte frühestens im Juni 2008, als ihr die Krankenkasse des [X.] mitteilte, dass dieser seit 1.12.2005 (doch) der für Rentner bestehenden Krankenversicherungspflicht unterliege. Bei der Bekanntgabe des [X.] war die (Ein)Jahresfrist zweifellos noch nicht abgelaufen. Ebenso wenig war bei dessen Bekanntgabe die für den Bescheid vom [X.] als Dauerverwaltungsakt nach § 45 Abs 3 [X.]B X geltende Rücknahmefrist verstrichen. Diese Frist betrug, weil der Tatbestand des § 45 Abs 2 [X.] [X.] 3 [X.]B X erfüllt war, zehn Jahre ab Bekanntgabe dieses Bescheides (§ 45 Abs 3 [X.] [X.]B X).

c) Abweichend von der vom [X.] vertretenen Rechtsansicht übte die Beklagte bei der Rücknahme ihres Bescheides vom [X.] über die [X.] rückwirkend ab 1.5.2006 auch ihr (Rücknahme)Ermessen fehlerfrei aus. Ein Ermessensfehler in Form eines Ermessens- bzw Abwägungsdefizits - wie von den Vorinstanzen angenommen - liegt nicht vor.

aa) Die Beklagte sah sich nach ihrem Vorbringen im Revisionsverfahren in ihren Bescheiden nicht zu Lasten des [X.] zu einer Rücknahme des Bescheides vom [X.] gezwungen, weil eine Ermessensschrumpfung auf Null anzunehmen sei und es deshalb (überhaupt) keiner Ermessensausübung bedurft habe (vgl zu den Konsequenzen einer Ermessensschrumpfung auf Null und der Rechtsprechungsentwicklung hierzu [X.] in [X.], aaO, § 45 [X.]B X Rd[X.] 58 f; 61). Sie erkannte vielmehr, dass ihr ein Rücknahmeermessen zustand und betätigte dieses auch ausdrücklich; diese Ermessensbetätigung ist gerichtlich auf Ermessensfehler hin zu kontrollieren. Insbesondere ist dabei zu prüfen, ob die Beklagte für die zur Ausschöpfung ihres [X.] notwendige Interessenabwägung alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen (öffentlichen und privaten) [X.] ermittelt, in diese Abwägung eingestellt, mit dem ihnen zukommenden objektiven Gewicht bewertet und bei widerstreitenden (öffentlichen und privaten) Belangen einen angemessenen Ausgleich hergestellt hat. Dabei steht es der Behörde - in den gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens - grundsätzlich frei zu entscheiden, auf welche der abwägungsrelevanten Umstände sie die zu treffende Ermessensentscheidung im Ergebnis stützen möchte (vgl [X.] in [X.], aaO, § 45 [X.]B X Rd[X.] 54, sowie Schütze in von [X.], [X.]B X, 7. Aufl 2010, § 45 Rd[X.] 90, jeweils unter Hinweis auf Rspr des B[X.]).

bb) Die Beklagte hat in ihrem Bescheid vom 8.8.2008 und vor allem in ihrem Widerspruchsbescheid vom [X.] bei der Einbeziehung abwägungsrelevanter Belange öffentliche und private Interessen geprüft. Hinsichtlich der individuellen Interessen des [X.] stellte sie in ihre Abwägung dessen nach Aktenlage erkennbaren wirtschaftlichen und [X.] Verhältnisse ein und bewertete diese so, dass sie eine Bescheidrücknahme für die Vergangenheit zuließen. Das Entstehen einer unbilligen (wirtschaftlichen) Härte als Folge der Rücknahme der [X.] verneinte sie, weil der Kläger bei seiner Anhörung weder geltend gemacht habe, durch die rückwirkende Bescheidkorrektur sozialhilfebedürftig zu werden, noch andere Gründe für eine unangemessene wirtschaftliche Belastung vorgetragen habe. Als - widerstreitende - öffentliche Belange ermittelte und berücksichtigte die Beklagte, dass sie zu einer gesetzmäßigen Verwaltung und als Sachwalterin der Versichertengemeinschaft zur zweckgebundenen Verwendung der Versichertenbeiträge verpflichtet sei. Des Weiteren stellte die Beklagte in ihre Interessenabwägung ein, dass sie infolge Selbstbindung durch vorangegangenes Verhalten bei Korrekturfällen mit gleicher Sachlage zur Gleichbehandlung des [X.] mit anderen Versicherten veranlasst sei. Als einer rückwirkenden Rücknahme des Bescheides vom [X.] möglicherweise (allein oder in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten) entgegenstehenden - und sich damit möglicherweise (allein oder in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten) zugunsten des [X.] auswirkenden - Umstand berücksichtigte die Beklagte bei ihrer Abwägung, dass die [X.] die ihr nach § 201 Abs 5 [X.]B V obliegende Meldung des [X.] des [X.] zunächst unrichtig bzw erst mit erheblicher Verspätung richtig abgegeben hatte. Die Beklagte rechnete sich dieses "Mitverschulden" der Krankenkasse zu, weil die Aufgabenbereiche der beteiligten Versicherungsträger materiell-rechtlich miteinander verknüpft seien. Sie sah jedoch dieses "Mitverschulden" als objektiv nicht so gewichtig an, dass es ein vollständiges oder teilweises Absehen von der Rücknahme rechtfertigen konnte.

Die Beklagte hat demgegenüber - wie sie auch selbst einräumt - einen eigenen Verwaltungsfehler in die Abwägung für und gegen eine Bescheidkorrektur für die Vergangenheit sprechender Interessen bewusst nicht eingestellt. Sie sieht diesen Verwaltungsfehler darin, dass sie die ihr Anfang Mai 2006 von der [X.] erstattete Fehlermeldung bezüglich des [X.] des [X.] ab 1.12.2005 nicht überprüft hatte, obwohl diese Fehlermeldung den bisherigen, bei ihr im Rahmen des Rentenverfahrens aufgelaufenen Informationen widersprach, und dass sie den Kläger infolgedessen - auf der Grundlage dieser ungeprüften Fehlermeldung - mit Schreiben vom [X.] zur Beantragung eines Zuschusses zur Krankenversicherung anregte. Die Beklagte hält einen solchen, einer Rücknahme des Bescheides vom [X.] möglicherweise (allein oder in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten) entgegenstehenden eigenen Verwaltungsfehler für keinen abwägungsrelevanten Belang. Das ist - entgegen der von den Vorinstanzen vertretenen Auffassung - nicht zu beanstanden. Dass die Beklagte ihre eigenen Versäumnisse auf [X.] der im Rahmen des Ermessens vorzunehmenden Interessenabwägung nicht als wesentlichen Abwägungsgesichtspunkt einstellte, macht ihre Ermessensausübung nicht unvollständig und stellt keinen Ermessensfehler in Form eines Ermessens- bzw Abwägungsdefizits dar. Das ergibt sich schon aus den in der bisherigen Rechtsprechung des B[X.] anerkannten Grundsätzen und ist auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen.

(1) Nach einem Urteil des 7. Senats des B[X.] vom [X.] in einem um die Erstattung von Arbeitslosenhilfe nach § 50 Abs 2 [X.]B X geführten Rechtsstreit ist es nicht iS von § 45 Abs 1 [X.]B X ermessensfehlerhaft, wenn die Behörde dem Gesichtspunkt eigenen (Verwaltungs)Verschuldens keine Bedeutung beigemessen hat ([X.] 3-1300 § 45 [X.] 2 S 15). Die Behörde habe dieses Verschulden bei ihrer Ermessensausübung berücksichtigen können, aber nicht müssen. Der 7. Senat hat diesen Schluss für den - dort vorliegenden - einen Ausschluss von Vertrauen anordnenden Tatbestand des § 45 Abs 2 [X.] [X.] 3 [X.]B X gezogen und zur Begründung für seine Auffassung ausgeführt, dass die Kenntnis bzw das Kennenmüssen der Rechtsgrundlosigkeit der Leistung den eigentlichen Grund dafür abgebe, dass der Begünstigte die ohne Rechtsgrund erbrachte Leistung nicht behalten dürfe; in diesen Fällen erscheine ein Verzicht auf die Erstattung allein wegen dieses Verwaltungsfehlers als sachfremd.

(2) Mit Urteil vom [X.] hat es derselbe Senat des B[X.] in einem um die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld geführten Rechtsstreit nicht beanstandet, wenn die Behörde den Umstand, dass die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides auf einen eigenen Fehler zurückgehe, bei der Ermessensprüfung nicht beachtete ([X.] [X.] 6/00 R - Juris Rd[X.] 27). Der Senat hat zur Erläuterung ausgeführt, dass (grobe) Fehler der Verwaltung bei der Vertrauensschutzprüfung nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie das Vertrauen des Begünstigten im Sinne der Fehlerperpetuierung nachhaltig und zusätzlich gestärkt haben. Der 7. Senat hält es insoweit für einen Wertungswiderspruch, wenn Versäumnisse, die dem Machtbereich der Behörde zuzurechnen sind, nunmehr zugunsten des ursprünglich Begünstigten in die Ermessensentscheidung einfließen. Im Rahmen seiner vorangegangenen Darlegungen zur Vertrauensschutzprüfung nach § 45 Abs 2 S 1 [X.]B X hat der 7. Senat eine Stärkung des Vertrauens in den Bestand einer fehlerhaften Leistungsbewilligung allenfalls dann für möglich gehalten, wenn einer Behörde über den bloßen Fehler bei der ursprünglichen Bewilligung hinaus noch weitere Fehler - mit der Folge der Vertiefung oder Perpetuierung des ursprünglich gemachten Fehlers durch zusätzliches Verwaltungshandeln - unterlaufen sind ([X.] [X.] 6/00 R - Juris Rd[X.] 25).

(3) Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsprechung des 7. Senats des B[X.] über die Abwägungsrelevanz von [X.] bei der Betätigung des Rücknahmeermessens in einem Fall des § 45 Abs 2 [X.] [X.] 3 [X.]B X für die hier vorzunehmende Beurteilung nach eigener Überprüfung an. Dabei braucht der Senat die in der Rechtsprechung des B[X.] teilweise kontrovers diskutierte Frage (vgl [X.] in [X.], aaO, § 45 [X.]B X Rd[X.] 53, 61, mit Nachweisen aus der Rspr des B[X.]) nicht zu beantworten, ob Ermessensgesichtspunkte allgemein nur solche Umstände sein können, die nicht bereits im Rahmen der Abwägung zur Schutzwürdigkeit des Vertrauens nach § 45 Abs 2 [X.]B X zu berücksichtigen waren bzw unter welchen - ggf einschränkenden - Voraussetzungen Umstände bei der Ermessensausübung (gleichwohl) noch eine Rolle spielen können, die bereits zur Versagung des Vertrauensschutzes geführt haben. [X.] kann auch, ob ein grober Fehler der Verwaltung (allein oder in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten) ohne gleichzeitiges Verschulden des Begünstigten zu einer [X.] und sodann Ermessensausübung zu dessen Gunsten führen kann oder sogar muss (so etwa [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]B X, 3. Aufl 2011, § 45 Rd[X.] 65; Schütze in von [X.], [X.]B X, aaO, § 45 Rd[X.] 90, unter Hinweis auf B[X.] [X.] 3-1300 § 45 [X.] 2; zur Berücksichtigung von groben Fehlern der Verwaltung bei der Vertrauensschutzprüfung vgl auch B[X.]E 81, 156, 161 = [X.] 3-1300 § 45 [X.] 37 S 118, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr des B[X.]). Denn jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem - wie die Beklagte zutreffend ausführt - im Hinblick auf die von ihr versäumte Nachprüfung der ihr Anfang Mai 2006 von der [X.] erstatteten Meldung allenfalls ein normaler Verwaltungsfehler vorliegt und sich der Kläger außerdem vorwerfbar iS von § 45 Abs 2 [X.] [X.] 3 [X.]B X verhalten hat, stellt ein eigener Fehler der Verwaltung keinen Umstand dar, der bei der Ermessensausübung in die Interessenabwägung eingestellt (sodann zutreffend gewichtet und bei der Herstellung eines angemessenen Interessenausgleichs entsprechend berücksichtigt) werden müsste.

Das dargestellte Ergebnis folgt - in Ergänzung der vom 7. Senat des B[X.] hierfür genannten Gründe - auch aus folgenden Überlegungen:

Abgesehen von den in § 45 Abs 2 [X.] [X.]B X geregelten Fallkonstellationen, die generell einen Ausschluss von Vertrauensschutz wegen eines vorwerfbaren Verhaltens des Begünstigten begründen, liegt die Ursache für den Erlass eines begünstigenden rechtswidrigen Verwaltungsakts regelmäßig (allein) im Verantwortungsbereich der Verwaltung. Zutreffend weist die Beklagte deshalb - unter Bezugnahme auf das Urteil des 7. Senats des B[X.] vom [X.] ([X.] [X.] 6/00 R - Juris Rd[X.] 24; vgl auch schon B[X.] [X.] 3-3100 § 85 [X.] 1 [X.]) - darauf hin, dass Fehler der Verwaltung den Regelfall der Anwendung des § 45 [X.]B X darstellen und nach der Vorstellung des Gesetzgebers zu dieser Aufhebungsvorschrift ein solchermaßen von der Behörde verursachter rechtswidriger Zustand grundsätzlich - unter näher bestimmten Voraussetzungen - auch wieder beseitigt werden können soll. Würde jeder im Bereich der Verwaltung auftretende Fehler zu einem schutzwürdigen Vertrauen des durch den Verwaltungsakt Begünstigten führen, bedürfte es der Norm des § 45 [X.]B X letztlich gar nicht; eine solche Konstruktion liefe der Zielsetzung des § 45 [X.]B X, einen rechtswidrigen Zustand auch wieder beseitigen zu können, zuwider (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 6/00 R - Juris Rd[X.] 24). Kann also wegen dieser Ausrichtung des § 45 [X.]B X ein "normaler" Fehler der Verwaltung allein in Anwendung von § 45 Abs 2 S 1 [X.]B X die Annahme schutzwürdigen Vertrauens des Begünstigten in den Fortbestand eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts nicht rechtfertigen, so muss das umso mehr gelten, wenn in den Fällen des § 45 Abs 2 [X.] [X.] 3 [X.]B X zu der Verantwortlichkeit der Behörde für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts eine solche des Begünstigten hinzutritt (vgl entsprechend - zu § 48 Abs 2 [X.] [X.] 2 und [X.] 3 Bay[X.] - [X.] NVwZ 2001, 931, 932 f); § 45 Abs 2 [X.] [X.] 3 [X.]B X ordnet in solchen Fällen den Ausschluss von Vertrauensschutz explizit an, weil der Begünstigte (gerade) im Hinblick auf sein vorwerfbares Verhalten die ohne Rechtsgrund erbrachte Leistung nicht soll behalten dürfen. Der Senat folgt der [X.], wenn sie der Bestimmung im Hinblick hierauf entnimmt, dass der Gesetzgeber - bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen - auf [X.] der [X.] die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts als regelmäßige Rechtsfolge bestimmt.

Legt § 45 [X.]B X in Fällen wie dem vorliegenden (= normaler Fehler der Verwaltung und vorwerfbares Verhalten des Begünstigten iS von § 45 Abs 2 [X.] [X.] 3 [X.]B X) durch die Versagung von Vertrauensschutz tatbestandlich die Erreichung eines bestimmten Ergebnisses, nämlich die Rücknahme des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts nahe, so kann der Verwaltungsfehler nicht auf [X.] der Interessenabwägung im Rahmen der Ermessensausübung gleichwohl zu Gunsten des ursprünglich Begünstigten berücksichtigt werden (ähnlich [X.] in: [X.], aaO, § 45 [X.]B X Rd[X.] 53 ). Obwohl § 45 Abs 1 [X.]B X als allgemeine Ermessensermächtigung gefasst ist, wird der Ermessensspielraum der Behörde hier im Hinblick auf die Gewichtung des beschriebenen Zwecks der Vorschrift (und der Gesetzessystematik) verengt mit der Folge, dass einem Umstand - hier dem Vorliegen eines normalen Fehlers der Verwaltung - im Rahmen der Ermessensabwägung (von vornherein) keine Relevanz zukommt. Insoweit wird der Ermessensbetätigung über die im Tatbestand des § 45 Abs 2 [X.] [X.] 3 [X.]B X antizipierte Interessenbewertung des Gesetzgebers - und die (wertende) Entscheidung bei der Subsumtion unter diesen Tatbestand - in dem Umfang vorgegriffen, wie sich die jeweils zu beurteilenden Belange decken, und es wird der Abwägungsprozess hinsichtlich der einzustellenden [X.] (für den Regelfall) in eine bestimmte Richtung festgelegt. Zwar ist der Umstand des Verwaltungsverschuldens der Ermessensabwägung hier nicht schlechthin entzogen, jedoch ist die - im Wege der Auslegung gewonnene - tatbestandliche [X.] zu beachten. Mit der Verengung des [X.] reduzieren sich auch die Handlungsalternativen der Behörde bereits vor der eigentlichen (Ermessens)Abwägung (vgl insoweit auch das in der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit entwickelte Institut des "intendierten Verwaltungsermessens", dazu näher [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl 2008, § 40 Rd[X.] 28 ff; [X.]/[X.]/[X.], Verwaltungsrecht, [X.], 12. Aufl 2007, § 31 Rd[X.] 42, jeweils mit zahlreichen Rspr-Nachweisen).

cc) Die angefochtenen Bescheide der [X.] über die Rücknahme der [X.] für die Vergangenheit leiden danach nicht an einem Ermessensfehler in Form des Ermessens- bzw Abwägungsdefizits. Andere Ermessensfehler liegen ebenfalls nicht vor. Dass etwa (andere) wesentliche Tatsachen in die Interessenabwägung nicht eingestellt oder einbezogene abwägungsrelevante Tatsachen objektiv fehlerhaft gewichtet wurden (sog Abwägungsfehleinschätzung) oder zwischen widerstreitenden Belangen kein angemessener Ausgleich hergestellt wurde (sog [X.]), ist nicht ersichtlich und hat der Kläger auch nicht geltend gemacht.

d) Die im Bescheid der [X.] vom 8.8.2008 (in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom [X.]) auch enthaltene Erstattungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. Nach § 50 Abs 1 S 1 [X.]B X ist Voraussetzung für die Rückforderung der für die [X.] bis 30.6.2008 überzahlten Zuschüsse zur Krankenversicherung in Höhe von insgesamt 2347,20 Euro lediglich, dass der sie bewilligende Verwaltungsakt (durch die Verwaltung oder die Gerichte) aufgehoben wurde und der Rechtsgrund für diese Leistungen dadurch nachträglich entfallen ist. Das ist hier der Fall.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 [X.]G.

Meta

B 12 R 14/11 R

30.10.2013

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Frankfurt, 14. Januar 2010, Az: S 13 R 314/09, Urteil

§ 106 Abs 1 S 1 SGB 6, § 45 Abs 1 SGB 10, § 45 Abs 2 S 1 SGB 10, § 45 Abs 2 S 2 SGB 10, § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 Halbs 1 SGB 10, § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 Halbs 2 SGB 10, § 45 Abs 3 S 3 SGB 10, § 45 Abs 4 S 2 SGB 10, § 50 Abs 1 S 1 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 30.10.2013, Az. B 12 R 14/11 R (REWIS RS 2013, 1543)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1543

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