Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2014, Az. II ZR 69/13

II. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8051

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II ZR 69/13
Verkündet am:

11. Februar 2014

Vondrasek

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche
Verhandlung vom 15.
Oktober 2013
durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann, [X.] Dr. Strohn, die Richterinnen [X.] und [X.] sowie den Richter Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] und unter Zurückweisung des [X.] Rechtsmittels wird das Urteil des 15. Zivilsenats des [X.] vom 9.
Januar 2013 im Kostenpunkt nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil der 32. Zivilkammer des [X.] vom 1. Februar 2012 über die vom [X.] vorgenommene Abänderung hinaus dahingehend abgeändert, dass die [X.] als Gesamtschuldner verurteilt

Höhe von 5 Prozent-punkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Februar 2011 bezüg-lich der [X.] zu 1 und dem 23. Februar 2011 bezüglich der [X.] zu 2 an den Kläger zu zahlen, Zug um Zug gegen Über-tragung seiner Rechte aus der Beteiligung an der D.

GmbH & Co.

M.

und Be.

, R.

straße

KG.
Es wird festgestellt, dass die [X.] in Bezug auf die Annahme der vorgenannten Rechte aus der Beteiligung im Verzug sind.
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Die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde trägt der Kläger. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufge-hoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger verlangt Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne. Er beteiligte sich im Jahr 1997 mit 100.000 DM nebst 5 % Agio über ei-nen Treuhandkommanditisten an dem geschlossenen Immobilienfonds D.

GmbH & Co.

M.

und Be.

, R.

straße

KG (im Folgenden: Fonds). Unter Berufung auf verschiedene Prospekt-mängel begehrt er von der [X.] zu 1) als Gründungskomplementärin und der [X.] zu 2) als Gründungskommanditistin des Fonds im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung der Beteiligung.
Mit seiner Klage hat der [X.] um Zug gegen Übertragung der Beteiligungsrechte an dem Fonds. Weiter hat er beantragt festzustellen, dass die [X.] im Annahmeverzug seien und dass sie verpflichtet seien, den Kläger von sämtlichen Pflichten aus der Beteiligung freizustellen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat Umfang stattgegeben. Dabei hat es Steuervorteile in Höhe von insgesamt 1
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e-zug auf die Frage zugelassen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Steuervorteile anzurechnen sind.
Nachdem der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] zu-rückgewiesen hat, verfolgt der Kläger mit der Revision nur noch sein Begehren, kürzen.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat nur teilweise Erfolg.
Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Anrechnung er-fehlt es an einer Revisionsbegründung im Sinne des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 ZPO.
Im Übrigen ist die Revision zulässig und führt auch in der Sache zum Er-

Infolge der Beschränkung der Revision steht fest, dass die [X.] verpflichtet sind, den Schaden, den der Kläger durch den Beitritt zu dem Fonds erlitten hat, zu ersetzen. Auf diesen Schaden sind die von den [X.] gel-tend gemachten Steuervorteile, die dem Kläger aufgrund der [X.] nach dem Fördergebietsgesetz gewährt worden sind, nicht anzurech-nen.
[X.] Das Berufungsgericht hat seine gegenteilige Entscheidung im [X.] wie folgt begründet:
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Die Steuervorteile seien anzurechnen, weil die Finanzverwaltung weder die Sonderabschreibungen nach § 4 [X.] gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] rückgängig machen noch die Schadensersatzleistung insoweit als Zufluss negativer Werbungskosten berücksichtigen könne. Das folge schon aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.], der insoweit eine Sperrwirkung entfalte.
Das gelte jedoch nicht für die übrigen Werbungskosten. Der Ersatz der-artiger Aufwendungen im Rahmen
der Rückabwicklung des Beitritts sei eine Einnahme, die der Kläger nach § 21 [X.] versteuern müsse und die deshalb seinen Schaden nicht mindere.

schätzen.
I[X.] Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand. Auch die Steuervorteile aus den [X.] nach dem Fördergebietsnicht auf den Schadensersatzanspruch des [X.] anzurechnen.
1. Im Rahmen der Schadensberechnung sind vorteilhafte Umstände, die mit dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, zu berücksichtigen, soweit ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Scha-densersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet. Der Geschädigte darf nicht besser ge-stellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis begründeten Vorteile auf den [X.] anzurechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt ([X.], Urteil vom 14.
Januar 2002 -
II ZR 40/00, [X.], 813, 815; Urteil vom 17. November 2005 -
III ZR 350/04, [X.], 573 Rn. 7). Dazu können auch steuerliche Vor-10
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teile gehören, die der Anleger aus seiner Beteiligung an einem Immobilienfonds erlangt hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] scheidet aber im Rahmen der Schätzung des Schadens (§ 287 ZPO) eine Vorteilsan-rechnung bezogen auf Steuervorteile grundsätzlich dann aus, wenn die ent-sprechende Schadensersatzleistung ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist. Soweit die Schadensersatzleistung -
als Rückfluss der zuvor angefallenen Be-triebsausgaben oder Werbungskosten
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vom Anleger zu versteuern ist, ohne dass es bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise darauf ankommt, ob der Anleger die Schadensersatzleistung tatsächlich versteuert, sind die er-zielten Steuervorteile nur dann anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür [X.], dass der Anleger derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (siehe nur [X.], Urteil vom
18. Dezem-ber 2012 -
II
ZR
259/11, ZIP
2013, 311 Rn.
10; Urteil vom 23.
April 2012 -
II
ZR
75/10, [X.], 1342 Rn.
43
f.; Urteil vom 1.
März 2011 -
XI
ZR
96/09, ZIP
2011, 868 Rn.
8
f., 13; Urteil vom 15.
Juli 2010 -
III
ZR
336/08, [X.]Z
186, 205 Rn.
36
ff.; Urteil vom 31.
Mai 2010 -
II
ZR
30/09, [X.], 1397 Rn. 25).
Danach sind die Steuervorteile des [X.], die er infolge des Abzugs der Werbungskosten erlangt hat, nicht schadensmindernd zu berücksichtigen, weil er in diesem Umfang die ihm zufließende Schadensersatzleistung versteu-ern muss. Darüber besteht im Ergebnis kein Streit, weil die [X.] gegen das Berufungsurteil, das insoweit zutreffend entschieden hat, kein Rechtsmittel eingelegt haben.
2. Für die Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz gilt nichts anderes, wie der Senat ebenfalls bereits in seinem -
nach der Entschei-dung des Berufungsgerichts
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verkündeten Urteil vom 18. Dezember 2012 15
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(II
ZR 259/11, [X.], 311 Rn. 21) ausgesprochen und in dem heute [X.] Urteil in der Parallelsache II ZR 276/12 bestätigt hat.
Dem steht eine Sperrwirkung des § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht entge-gen. Vielmehr ist eine Schadensersatzleistung auch im Umfang der auf den betreffenden Gesellschafter entfallenden Sonderabschreibungen steuerbar. Damit entfällt auch insoweit eine Anrechnung zuvor erhaltener Steuervorteile.
a) Mit der Möglichkeit von Sonderabschreibungen nach dem [X.] verfolgte der Gesetzgeber den Zweck, die steuerlichen [X.] im Beitrittsgebiet zu verbessern und eine auf die Erleichterung und Be-schleunigung des dort notwendigen [X.] zielende Regelung zu schaffen ([X.], 503, juris Rn. 12; [X.], 444, juris Rn. 18). Dabei hat er, um ein einheitliches Ausüben des
Wahlrechts über die Inanspruchnah-me der Sonderabschreibung für alle beteiligten Steuerpflichtigen auf [X.] der Gesellschaft sicherzustellen, in § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] bestimmt, dass bei Personengesellschaften an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft tritt (Töben, Fördergebietsgesetz, 2. Aufl., § 1 Rn. 89). Insoweit entfaltet diese Be-stimmung eine Sperrwirkung (BFH, [X.], 503, juris Rn. 9; NV 2007, 2097, juris Rn. 13 f.). Die Sonderabschreibung kann danach dem Grunde und der [X.] nach nur einheitlich in Anspruch genommen werden. Diese Bestimmung verdrängt den § 7a Abs. 7 Satz 1 [X.], wonach erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen bei mehreren Beteiligten anteilig vorzunehmen sind, wenn die Voraussetzungen nur bei einzelnen Beteiligten erfüllt sind (Stuhrmann in [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], Stand: März 2010, [X.] § 1 Rn. 6; zweifelnd Töben, Fördergebietsgesetz, 2. Aufl.,
§ 1 Rn. 93).

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Das bedeutet aber nicht, dass auch bei einer Rückabwicklung des Ge-sellschaftsbeitritts in Form eines großen Schadensersatzanspruchs dem be-troffenen Gesellschafter die ihm wirtschaftlich zugeflossenen [X.] verblieben, dass also die Ersatzleistung im Umfang der [X.] nicht steuerbar wäre. Auch im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] bleibt es entgegen der Auffassung der Revision dabei, dass [X.] allein die Gesellschafter sind. Auf [X.] der Gesellschaft werden nur im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Feststellung die Einkünfte der Gesamtheit aller Gesellschafter ermittelt und den einzelnen Gesellschaftern zugerechnet (§ 39 Abs. 2 Nr. 2, §§ 179 ff. [X.]). Bei der Rückabwicklung der Gesellschaftsbeteiligung im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs kann damit durchaus der Teil der Schadensersatzleistung, der dem zugerechneten Teil der Sonderabschreibungen entspricht, besteuert werden.
Das steht nicht im Widerspruch zu der Auffassung des Bundesfinanz-hofs, die Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz seien von ei-nem Gesellschafterwechsel und einem Ein-
oder Austritt eines Gesellschafters unabhängig (BFH, NV 2007, 2097, juris
Rn. 14). Damit wird nur gesagt, dass es nicht darauf ankommt, ob der einzelne Gesellschafter die
Voraussetzungen für eine Sonderabschreibung erfüllt. Vielmehr sind insoweit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] allein die Verhältnisse der Gesellschaft maßgeblich. Das ändert aber nichts an der Steuerpflicht des Gesellschafters und damit an der Wirksamkeit der Sonderabschreibungen allein bei ihm. Im Übrigen ist die Rückabwicklung eines Gesellschaftsbeitritts im Wege des Schadensersatzes nach der Recht-sprechung des Senats weder rechtlich noch wirtschaftlich identisch mit der [X.] des [X.]. Die Herausgabe des zuvor angeschafften Wirtschaftsguts stellt keinen gesonderten "marktoffenbaren Vorgang", sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar ([X.], Urteil vom 18. Dezember 2012 -
II ZR 259/11, [X.], 311 Rn. 15). Dabei ist kein 21
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Grund ersichtlich, warum die Ersatzleistung beim betroffenen Gesellschafter nicht -
wie auch hinsichtlich der sonstigen Werbungskosten
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anteilig besteuert werden kann. Denn als Ergebnis der Rückabwicklung soll er so stehen, als [X.] er sich nie an der Gesellschaft beteiligt.
b) Entgegen der Auffassung der Revision steht diesem Ergebnis auch nicht entgegen, dass die durch die Besteuerung der Schadensersatzleistung beim Kläger rückabgewickelten Sonderabschreibungen von den [X.] nicht mehr geltend gemacht werden können. Die [X.] schulden dem Kläger Schadensersatz. In diesem Rahmen fallen Nachteile, die sich aus der Besteue-rung ergeben, ihnen zur Last. Dem Kläger kann nicht zugemutet werden, eine
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Minderung des Schadensersatzes hinnehmen zu müssen, nur weil die [X.] die mit einer Fondsbeteiligung verbundenen Abschreibungen für [X.] Zeiträume nicht mehr geltend machen können.

Bergmann

Strohn

[X.]

Reichart

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.02.2012 -
32 O 72/11 -

OLG München, Entscheidung vom 09.01.2013 -
15 U 1076/12 -

Meta

II ZR 69/13

11.02.2014

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2014, Az. II ZR 69/13 (REWIS RS 2014, 8051)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8051

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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