Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2013, Az. I ZR 201/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4876

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

20. Juni 2013

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Markenheftchen II
[X.] §§ 242 Cd,
705; HGB § 128
a)
Besteht eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung einer [X.], haften ihre [X.]er regelmäßig allein auf das [X.] und nicht persönlich auf Unterlassung,
falls die [X.] das Unter-lassungsgebot verletzt.
b)
Wird eine Unterlassungserklärung für eine [X.] bürgerlichen Rechts abgegeben, nachdem sie vom Gläubiger abgemahnt worden ist, ist es grundsätzlich nicht treuwidrig, wenn sich ihre [X.]er darauf berufen, dass für sie keine vertragliche [X.] begründet worden ist.
[X.], Urteil vom 20. Juni 2013 -
I [X.] -
OLG München

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 20. Juni
2013 durch [X.] Dr. Büscher, Pokrant, Prof.
Dr.
Schaffert, [X.] und Dr.
Koch

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]n zu
2 wird das Urteil des 29.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20.
Oktober 2011 insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des [X.]n zu
2 erkannt worden ist.

Auf die Berufung des [X.]n zu
2 wird das Urteil des Landge-richts München
I, 7. Zivilkammer, vom 2.
August 2007 weiterge-hend abgeändert.

Die Klage gegen den [X.]n zu
2 wird insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger und die
[X.] zu
1 sind Verlage, in denen Briefmarkenka-taloge für Briefmarkensammler, Händler und Auktionshäuser erscheinen. Sie verwenden in ihren Katalogen jeweils ein Nummernsystem, das es den Samm-lern
ermöglicht, die einzelnen Briefmarken allein anhand einer individuellen 1
-
3
-
Nummer zuzuordnen. Im Verlag des [X.] erscheinen die sehr bekannten

Der [X.] zu
2 (nachfolgend: der [X.]) ist im Unternehmen der
[X.]n zu
1 für den Vertrieb der Kataloge verantwortlich. Zuvor war er einer der beiden [X.]er der P.

GbR (nach-
folgend: P.

GbR). Der damalige anwaltliche Vertreter der P.

GbR
unterzeichnete am 20.
August 1998 in deren Namen eine strafbewehrte Unter-lassungserklärung, in der es unter anderem heißt:

Hiermit verpflichtet sich der P.

zugunsten der Firma S.

zu geschäftlichen Zwe-
cken zu unterlassen, die Briefmarken-Katalognummern
der M.-Kataloge, insbe-sondere der Briefmarken der BRD, zu verwenden oder Werke, die diese Brief-marken-Katalognummern enthalten, in Verkehr zu bringen oder zu vertreiben.

Im Juli 2006 veröffentlichte die
[X.] zu
1 in erster Auflage
ihren
"Markenheftchen-Spezial-Katalog BUND
2006". In diesem Katalog findet sich hinter
einer
Klassifizierungsnummer für das jeweilige Markenheftchen die in Klammern gesetzte [X.] aus dem im Frühsommer 2006 erstmals vom Kläger veröffentlichten "M.
Handbuch-Katalog Markenheftchen [X.] und [X.] 2006/2007". Für die in den Markenheftchen enthal-tenen Briefmarken gibt die
[X.] zu
1 nach
ihrer Klassifizierungsnummer ebenfalls jeweils die Nummer des [X.] an.

Der Kläger
hat
die Klammerzusätze mit seinen Nummern im
Markenheft-chen-Katalog der
[X.]n
zu 1
für urheber-
und wettbewerbsrechtlich unzu-lässig
gehalten. Er hat
beide
[X.] auf Unterlassung der Verwendung seiner Briefmarken-Nummerierung, auf Erstattung von Abmahnkosten und den [X.] darüber hinaus im Wege der Stufenklage auf Auskunft, eidesstattliche 2
3
4
-
4
-
Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der zu erteilenden Auskunft sowie Schadensersatz in Anspruch
genommen.

Das [X.] hat durch Teil-
und Endurteil den [X.] unter Beschränkung auf die konkrete Verletzungsform zuerkannt, den Auskunftsanspruch auf die Angabe gewerblicher Empfänger beschränkt und die Abmahnkosten zugesprochen. Die Berufung der [X.]n ist ohne Erfolg ge-blieben. Auf die Revision der [X.]n hat der Senat das erste Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen ([X.], Urteil vom 19. Mai 2010 -
I [X.], [X.], 79 = [X.], 55

Markenheftchen I).

Das Berufungsgericht
hat daraufhin
die Klage gegen die [X.] zu
1 abgewiesen und die Verurteilung des [X.]n
hinsichtlich Unterlassung und Auskunftserteilung
bestätigt.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision des [X.]n verfolgt dieser seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entge-gen.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung hinsichtlich des Beklag-ten wie folgt begründet:

Der [X.] sei aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärung der P.

GbR vom 20.
August 1998 unmittelbar in eigener Person verpflichtet,
die Verwendung der Briefmarken-
und [X.] des
[X.]
5
6
7
8
9
-
5
-
zu unterlassen. Die von der P.

GbR übernommene Verpflichtung sei
da-
hin
auszulegen, dass sie auch die [X.] umfasse, weil diese im [X.]punkt der Abgabe der Unterlassungserklärung
noch
in den allge-meinen Katalogen des
[X.]
enthalten
gewesen
und damit als Briefmarken-Katalognummern im Sinne der Erklärung anzusehen seien. Da der [X.] zur [X.] der Unterzeichnung der Unterwerfungserklärung [X.]er der P.

GbR gewesen sei, sei er durch die von Rechtsanwalt
P.
als Vertreter
der
[X.] bürgerlichen Rechts unterzeichnete Unterwerfungserklärung un-mittelbar in eigener Person verpflichtet worden. Als verantwortlicher Vertriebs-leiter der
[X.]n zu
1 habe der [X.] an der Verbreitung des vom
Kläger
angegriffenen Katalogs mitgewirkt und dadurch gegen die Unterlassungserklä-rung
verstoßen. Daher sei auch der [X.] auf Auskunftserteilung gegen den [X.]n begründet.

I[X.] Die Revision des [X.]n hat Erfolg und führt zur Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenom-men, dass der [X.] unabhängig von seiner Stellung als [X.]er der P.

GbR auch persönlich an die Unterlassungserklärung gebunden ist.

1. Die Unterlassungserklärung wurde ausschließlich im Namen der P.

GbR abgegeben. Soweit der [X.] für die Verbindlichkeiten dieser
[X.] auch persönlich haftet, ist der jeweilige Bestand der [X.]s-schuld analog §
128 HGB also auch für seine persönliche Haftung maßgebend
([X.], Urteil vom 29.
Januar 2001
II
ZR
331/00, [X.]Z 146, 341, 358). Er haf-tete
daher
für die Verbindlichkeiten der P.

GbR
in deren jeweiligem
Be-
stand grundsätzlich
unbeschränkt und persönlich
(vgl. [X.] in Bamber--Kommentar [X.], Stand [X.], §
714 Rn. 24; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 2.
Aufl., §
128 Rn.
5). [X.] hat die Unterlassung durch einen
[X.]er zwangsläufig einen an-10
11
-
6
-
deren Inhalt als diejenige der [X.]. Eine mit der [X.] der [X.]er kann bei [X.] nicht bestehen (vgl. [X.] in Henssler/Strohn, [X.]srecht, 2011, HGB §
128 Rn.
28).
Der [X.]er persönlich kann
daher
grundsätzlich nicht unmittel-bar für eine
strafbewehrte
Verpflichtung der [X.]
in Anspruch genom-men werden, die darauf gerichtet ist, eine Handlung zu unterlassen.
Er haftet vielmehr im Regelfall allein auf das Interesse des Gläubigers, falls die Gesell-schaft das
Unterlassungsgebot
verletzt (vgl. [X.]
in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn
aaO Rn.
29).

Danach hatte der [X.] im Rahmen seiner Haftung als [X.]er dafür einzustehen, dass die P.

GbR ihre Unterlassungsverpflichtung
einhielt. Eine von dieser
unabhängige Verpflichtung in eigener Person hat der [X.] aber nicht übernommen. Die [X.]sgläubiger können die [X.]er nur für die von der [X.] geschuldete Leistung in Anspruch nehmen. Demgegenüber treffen die Haftungsfolgen bei individuellem Auftreten einzelner [X.]er nach außen in eigenem Namen jeweils nur den [X.], der Vertragspartner oder Deliktsschuldner wird (vgl. [X.].[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
714 Rn.
11). Ein solches individuelles Auftreten des [X.]n liegt vor, wenn er
wie im Streitfall
unabhängig von
der P.

GbR in ein Anstellungsverhältnis bei der [X.]n zu
1 eintritt
und in
dessen Rahmen bestimmte Handlungen vornimmt.

2. Entgegen der Ansicht des [X.]s ist eine von dieser Rechtslage abweichende Auslegung der Unterlassungsverpflichtungserklärung mit der Fol-ge einer persönlichen Verpflichtung
des [X.]n nicht deshalb geboten, weil die Rechtsprechung des [X.] sich erst im Jahr 2001 der Ak-zessorietätstheorie angeschlossen hat.

12
13
-
7
-
Schon bei Unterzeichnung der Erklärung im Jahr 1998 unterschied die Rechtsprechung des [X.] zwischen der Verpflichtung der [X.] als Gesamthand
und der persönlichen Haftung
ihrer
[X.]er (vgl. etwa [X.], Urteil vom 15.
Dezember 1980
II
ZR
52/80, [X.]Z 79, 374, 378
f.; [X.].[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
714 Rn.
3
f.
mwN).
Jedenfalls seit Ende 1991 hat der [X.] auch angenommen, dass die (Außen)[X.] bürgerlichen Rechts als Teilnehmer am Rechtsverkehr grundsätz-lich jede Rechtsposition einnehmen kann (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
November 1991
II
ZB
10/91, [X.]Z 116, 86, 88).
Um die persönliche Haf-tung der [X.]er zu begründen, war
nach damals herrschender Auffas-sung
ein besonderer Verpflichtungsgrund erforderlich.
Beim rechtsgeschäftli-chen Handeln der Geschäftsführer namens der [X.]
wurde dieser
häu-fig in der Mitverpflichtung der [X.]er kraft gewillkürter Vertretungsmacht gesehen
(sogenannte Theorie der Doppelverpflichtung, vgl. [X.].[X.]/[X.] aaO
§
714 Rn.
31; §
718 Rn.
38
f.).
Grundsätzlich konnte der Gläubiger danach zwar von allen [X.]ern persönlich Erfüllung ver-langen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wurde aber insbesondere für Unterlassungsverpflichtungen der [X.] bürgerlichen Rechts angenom-men, die von vornherein nur durch die [X.] erfüllbar sind, weil ihre Er-füllung durch einen [X.]er persönlich nicht ohne Änderung des [X.] möglich ist (vgl. [X.].[X.]/[X.] aaO
§ 714
Rn.
52; Soergel/Hadding, [X.], 11.
Aufl., §
714 Rn.
35; H.
P.
Westermann in [X.], [X.], 9.
Aufl., §
714 Rn.
16; [X.], Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1.
Bd., 1.
Teil, 1977, S.
306, 327). Da die personenbezogenen [X.] der [X.] nur von dieser erfüllt werden konnten, hafteten
die Gesell-schafter auch nach damaliger Auffassung bei Verstößen der [X.] ge-gen die [X.] nur auf das [X.]. Dementsprechend wurde
zwischen dem
Tun oder Unterlassen des [X.]ers
und der
von der [X.] zu erbringenden
Leistung unterschieden, so dass
zur persönli-14
-
8
-
chen Verpflichtung
der [X.]er ein besonderer Rechtsgrund für [X.] gehalten wurde (vgl. [X.] aaO S.
306, 327).

3. Auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§
242 [X.]) gebieten keine Erstreckung der
Unterlassungsverpflichtungserklärung auf den [X.]n
persönlich. Ein Rückgriff auf §
242 [X.] zur Begründung eigenständiger Haupt-leistungspflichten kann von vornherein nur zurückhaltend erwogen werden.
Im Streitfall kommt er nicht in Betracht. Dem
Kläger
waren die Rechtsform der P.

GbR und ihre [X.]er bekannt. Gleichwohl hat sie nur die Gesell-
schaft bürgerlichen Rechts abgemahnt und
nicht auch ihre [X.]er. Dementsprechend ist die Unterlassungserklärung auf die P.

GbR be-
schränkt. Unter diesen Umständen kann es nicht als treuwidrig angesehen wer-den, wenn sich der [X.]
darauf beruft, dass durch
die [X.] der [X.] bürgerlichen Rechts
für ihn persönlich -
außerhalb des [X.] für diese [X.] -
keine entsprechende
vertragliche
Unterlassungs-pflicht begründet worden ist.

4. Da der [X.] gegen keine [X.] verstoßen hat,
schuldet er dem
Kläger
auch weder Auskunft noch Schadensersatz. Weil damit auch den weiteren, im Rahmen der Stufenklage geltend gemachten Ansprü-chen
auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Schadenersatz
([X.] zu II
2 und 3) die Grundlage entzogen ist, kann das Rechtsmittelgericht die Klage in vollem Umfang abweisen ([X.], Urteil vom 8.
Mai 1985

IVa
ZR
138/83, [X.]Z 94, 268, 275).

15
16
-
9
-
II[X.] Die Kostenentscheidung folgt aus
§ 91 Abs. 1 ZPO.

Büscher
Pokrant
Schaffert

Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.08.2007 -
7 O 19314/06 -

OLG München, Entscheidung vom 20.10.2011 -
29 [X.] -

17

Meta

I ZR 201/11

20.06.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2013, Az. I ZR 201/11 (REWIS RS 2013, 4876)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4876

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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